31. Kapitel

Flutpfote hatte gar nicht gemerkt, dass er die Luft angehalten hatte und stieß sie wieder aus, sein fassungsloser Blick war auf die anderen Katzen gerichtet. 

Das war doch nicht möglich! Er... Er war doch keine Clankatze! Doch, war er, aber nicht in dem Sinne! Er war nicht hier geboren! Oder doch...? Ein tosender Sturm aus Fragen, Satzfetzen und Gedankenschnipseln wirbelte durch seinen Kopf und machte es ihm schwer, klar zu denken. 

"Ich weiß, das kommt jetzt unerwartet. Aber wir haben lange nachgedacht und alle Möglichkeiten durchgenommen, aber es gibt keine andere. Ich erinnere mich noch sehr gut an eure Fellfarben, an eure Gerüche... Es ist das gleiche", sagte Rauchkralle leise. 

Aschenpfote war der Erste, der etwas darauf antworten konnte. 

"Aber... das müsste doch heißen... dass wir unser ganzes Leben lang betrogen wurden?!"

"Ja, das heißt es", bestätigte Kleefall und sah die beiden unsicher an. "Aber... wundert euch das? Ich meine, ihr wurdet als Junge entführt. Ich glaube nicht, dass sie wollten, dass ihr wieder zu uns kommt." 

Flutpfote neigte zögerlich den Kopf. Es stimmte schon, was sie sagte. Und vielleicht hatten die Reißer ihn so unfair behandelt, weil er seine Clanader gezeigt hatte, indem er sich gewehrt und geweigert hatte, Beute zu quälen? 

"Ihr seid jetzt also unsere Eltern", stellte Aschenpfote fest und trat einen Schritt an Rauchkralle heran, bis sich ihre Nasen fast berührten. 

"Ja." Der Krieger schnurrte leise und senkte den Kopf, sodass seine Schnauze die seines Sohnes streifte, der leicht zusammenzuckte. Rauchkralle trat einen Schritt zurück und ihm war es sichtlich unangenehm, dass der jüngere seine Berührung eher als störend und nicht als zärtlich empfunden hatte. 

Kleefall schien erleichtert, dass die Geschwister keine allzu negative Reaktion gezeigt hatten. Was hatte sie denn erwartet? Einen Wutanfall? Innerlich musste Flutpfote bei dem Gedanken fast lachen, doch ihm war nicht wirklich nach Fröhlichkeit zumute. 

"Was ist eigentlich passiert?", wiederholte er die Frage, die er Minzbart auch gestellt hatte. 

"Nachdem du fast umgekippt bist?" Rauchkralle zuckte mit den Schnurrhaaren. "Der TeichClan ist uns zur Hilfe gekommen. Sie haben die Reißer von hinten angegriffen." 

"So eine rote Kätzin hat dich mit einer anderen Schülerin zu Minzbart gebracht, der sich im Lagerwall versteckt hat", fügte Aschenpfote hinzu. "Wie hieß sie noch gleich? Rainfarnpfote?"

"Rainfarnpfote?!" 

Der Schüler fuhr aus seinem Nest hoch. So hieß doch die Kätzin, die er mal an der Grenze getroffen hatte!
Kleefall und Rauchkralle tauschten einen besorgten Blick. 

"Was ist denn los?", erkundigten sie sich. 

"Ach, nichts." Flutpfote sank wieder ins Nest zurück und gab sich dabei Mühe, seinen hektischen Atem zu verlangsamen, der im Vergleich zu den Geräuschen der anderen laut durch den Bau hallte. 

Die Krieger schienen ihm nicht so recht zu glauben, beließen es aber dabei. 

"Wir konnten mithilfe der TeichClan-Katzen Federpfote, Buchenpfote und Gänsepfote befreien, Rainfarnpfote hatte dich ja schon zu Minzbart gebracht. Dann sind wir wieder ins Lager, die Reißer haben wir verletzt zurückgelassen", berichtete Kleefall und musterte seinen Gesichsausdruck dabei mit einer Sorge, dass er nicht genau wusste, ob sich die Mutter nicht etwas zu viel bei ihrem Verhältnis vorgestellt hatte. 

"Wie seid ihr eigentlich zu den Reißern gekommen?", fragte der Schüler interessiert und dutzende Ideen zuckten durch seinen Kopf, wie das geschehen sein konnte, doch auf eine Antwort brauchte er nicht lange zu warten. 

Sind sie etwa meiner Duftspur gefolgt? 

"Na ja, Lorbeerpfote hat gemerkt, dass du nicht mehr im Schülerbau warst, und ist deinem Geruch nachgegangen. Als er aber plötzlich beim Schmutzplatz mit anderen Gerüchen vermischt war, hat er Alarm geschlagen und wir sind euch alle zusammen gefolgt; Wir haben euch nicht angegriffen, weil sie dich einfach hätten töten können", erklärte Rauchkralle. 

Lorbeerpfote ist wirklich ein guter Freund.

"Du kannst froh sein, einen Freund wie Lorbeerpfote zu haben", sprach Kleefall seinen Gedanken aus und Flutpfote nickte zustimmend. Das konnte er wirklich. 

"Wer ist jetzt eigentlich dein Mentor?", fragte er an seinen Bruder gewandt. 

"Reisigmaul." Aschenpfote grinste. "Hast du mal gesehen, wie stark der ist?" 

Der Graue schüttelte den Kopf und lächelte ebenfalls. "Nein, aber ich habe ihn kämpfen gesehen. Das kann er." 

Sein Bruder sah ziemlich begeistert aus, er schien mit Regensterns Wahl zufrieden zu sein. 

Rauchkralle und Kleefall lächelten, auch sie schienen sich darüber zu freuen, dass die Schüler gute Mentoren hatten und sie einigermaßen akzeptierten. Trotzdem hatte der Kater das Gefühl, dass sie sich erst noch an den Gedanken gewöhnen mussten, Junge zu haben, genau wie sein Bruder und er. 

"Jetzt geht aber mal raus und lasst Flutpfote in Ruhe. Er muss schlafen und seine Wunden heilen lassen", vernahm er auf einmal Minzbarts Stimme aus der Ecke und er zuckte leicht zusammen. Die Anwesenheit des Heilers hatte er schon längst vergessen und das dunkle Fell des Älteren war in der Dunkelheit kaum sichtbar gewesen. 

Aschenpfote murrte und verließ, nicht ohne ihm noch einmal über den Kopf zu lecken, den Bau,  die Krieger erhoben sich und schoben sich nacheinander durch den Ausgang. 

"Gute Besserung!", flüsterte Kleefall ihm noch zu, bevor ihre Schweifspitze ebenfalls verschwunden war. 

Ich habe jetzt Eltern. 

Es war ein komisches Gefühl. Er hatte immer gedacht, dass Reis seine Mutter war, auch wenn sie sich ein bisschen strenger verhalten hatte, denn das war bei den Reißern normal. Über seinen Vater hatte er sich nie Gedanken gemacht, obwohl er manchmal geglaubt hatte, Zuneigung in Reis' Augen zu erkennen. Wem diese aber gegolten hatte, hatte er nie herausfinden können. 

Flutpfote beschloss, der Anweisung des Heilers zu folgen und rollte sich in dem weichen Nest zusammen, wobei er darauf achtete, dass er seine Wunden nicht berührte und aufriss. 

Nach einer Weile war er schließlich eingeschlafen, das geschäftige Rascheln der Heilkräuter in den Ohren. 

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Ich weiß, das Kapitel ist nicht sehr lang, aber ich wollte die kommenden Ereignisse nicht alle mit in ein Kapitel stecken. Das Nächste kommt bald ;) 


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