☆2. Kapitel☆ ✅

Erschöpft kam Eulenpfote im Lager an. Der Weg war weit und anstrengend gewesen und sie wünschte sich nichts sehnlicher, als in ihr weiches Nest in der Kinderstube zu fallen... falsch! Ihr neues Nest im Schülerbau! Der Gedanke, nun eine Schülerin zu sein, erfüllte sie mit Stolz und ließ sie kurz ihre Müdigkeit vergessen, doch als der warme Duft ihrer heraneilenden Mutter sie umhüllte, kehrte die Müdigkeit wieder zurück.

Ihr Bruder stand mit hochgeregtem Kinn und erhobenem Schwanz da, doch Eulenpfote wusste, dass auch er müde war. Schnurrend rieb sich Flügelbeere an ihren beiden Jungen. „Und, wie wars?", fragte sie neugierig. „Wir sind nun Schüler! Du brauchst dich nicht zu benehmen, als wären wir auf einer riesigen Reise gewesen!", sagte Falterpfote und Eulenpfote trat ihm mit der Pfote auf seinen Schwanz, bis er aufheulte.
Sie wollte nicht, dass ihr Bruder sich in einen arroganten Kater verwandelte, der seine Mutter nicht respektierte.

„Es war unser erster Ausflug!", sagte sie entrüstet zu ihm. „Natürlich war das ein Abenteuer und natürlich erkundigt sich Flügelbeere darum, wie es war, da wir die vorherige Nacht noch in ihrem Bau geschlafen haben!", erinnerte sie ihren Bruder und wandte sich dann an ihre Mutter.

„Es war wunderbar und sooo aufregend!", schnurrte sie. „Wir haben die Grenze zum MoorClan gesehen und einen Bach und..." Sie gähnte. „Und es war auch sehr anstrengend", gab sie zu. Ihre Mutter schnurrte und leckte ihr über das Kopffell. „Das dachte ich mir schon, daher habe ich euch schon Moosnester im Schülerbau eingerichtet." Dankbar ging Eulenpfote in Richtung ihres neuen Baus, ohne auf das entsetze Miauen „Das hätte ich auch selbst geschafft!" ihres Bruders zu achten.

Als Eulenpfote wieder erwachte, befand sie sich nicht im Schülerbau, sondern auf einer Waldlichtung. Sie träumte also. Doch zu ihrer Verwunderung waren keine WolkenClan Krieger zu sehen. *Solange schon ist es her, seit ich einen normalen Traum geträumt habe!*, dachte sie, war aber nicht traurig darüber.

Sie lief über die Wiese und spielte mit einer Mooskugel. Die Sonne brannte unter ihrem Fell und sie ließ sich erschöpft im Gras nieder. Da erblickte sie eine kleine Katzengestalt, die aus dem Schatten der Bäume trat und sich nervös umsah. Sofort war Eulenpfote hellwach. Wer war das?

Neugierig schlich sie sich näher an die Katze heran und setzte ihre Pfoten so leise auf, wie sie nur konnte. Sie hielt sich in dem Schatten der Bäume, sodass die fremde Katze keine Chance hatte, sie zu sehen. Eulenpfote erstarrte, als sie die junge Katze erkannte. Es war Flugpfote vom MoorClan, den sie auf ihrer Grenzpatrouille gesehen hatte.

*Was macht dieser Kater in meinem Traum? Er gehört doch einem anderen Clan an!* Die junge Schülerin war ziemlich entrüstet. Wie kam der Kater bloß hier in ihre Traumwelt? Sie blieb regungslos in ihrer Kauerhaltung und beobachtete den feindlichen Kater. Eigentlich müsste sie ihn jetzt angreifen und verjagen, doch irgendwas hielt sie davon ab.

Der Schüler war nicht viel größer als sie und schien selbst nicht zu wissen, wie er hier her kam und außerdem war er doch so schön! Also rappelte sich die HimmelClankätzin auf und trat aus dem Schatten. Flugpfote drehte sich erschrocken zu ihr um und sah im ersten Moment verängstigt aus, doch im nächsten Moment stellte sich sein Nackenfell auf und er fletschte die Zähne.

Er wirkte plötzlich doppelt so groß und Eulenpfote wich einen Schritt zurück. *Er ist nur ein Schüler sowie du, Mäusehirn! Und außerdem ist er in deinen Traum eingedrungen!*, schalt sie sich und stellte sich dem Schüler mutig gegenüber mit ebenfalls gesträubtem Fell und wütend peitschendem Schwanz.

„Du bist eine HimmelClankätzin!", fauchte Flugpfote mit Verachtung in der Stimme. „Ja, das bin ich." Eulenpfotes Stimme war fest als sie dem MoorClankater konterte. „Und du bist in meinen Traum eingedrungen! Dazu hast du kein Recht!" Mit einem gewaltigen Stoß drückte sich die Schülerin vom Boden ab und landete auf Flugpfotes Rücken.

Der feindliche Schüler ließ ein überraschtes Schnauben hören und glitt unter Eulenpfotes Gewicht zu Boden. Die Kätzin zögerte nicht, sondern presste den Kater fest auf den Grund. Doch sie hatte unterschätzt, dass er ein Kater war und schon kräftigere Beine hatte. Mit aller Kraft schlug er diese gegen Eulenpfotes Flanke und schleuderte sie so von sich weg.

Keuchend rappelte sich die Schülerin auf und stellte sich ihrem Gegner gegenüber. Sie spürte seinen Atem, doch er war nicht heiß und stinkig, sondern ein süßer Duft.

Verwirrt öffnete Eulenpfote die Augen. Flugpfote war verschwunden und sie sah ihren Bruder, der sich über sie gebeugt hatte. Sanfte Lichtstrahlen strömten in den Bau. „Beim SternenClan, kann man nicht einmal in Ruhe schlafen? Warum hast du so einen Radau gemacht?", fragte Falterpfote wütend. Doch Eulenpfote konnte eine Spur von Besorgnis in seiner Stimme hören.

„Ich habe schlecht geträumt", murmelte sie. Sie wollte ihrem Bruder vorerst nichts von Flugpfote erzählen. *Damit warte ich lieber noch, bis er wieder normaler wird!*, dachte sie sich und kroch verschlafen aus dem Bau.

Der Frischbeutehaufen sah sehr karg aus. *Wahrscheinlich ist die Morgenpatrouille noch unterwegs*, dachte sich Eulenpfote und nahm ein großes Kaninchen vom Haufen. Sie verzichtete erstmal auf ihr eigenes Frühstück und machte sich mit der Beute im Maul auf den Weg zum Ältestenbau.

Raurabe, Fichtenfell und Lilienwiese waren schon wach und erzählten sich Geschichten von der Jagd. „...Und dann habe ich es gepackt und hoch in die Luft geschleudert. Es hatte kein Entfliehen vor meinen scharfen Krallen und ich tötete es mit Leichtigkeit", prahlte Raurabe gerade, als Eulenpfote in den Bau trat und sich räusperte.

„Ist das für uns?", fragte Lilienwiese sanft und deutete mit ihrer flauschigen weißen Schwanzspitze auf das Kaninchen. Die Schülerin nickte, legte das Kaninchen vor Lilienwiese ab und neigte respektvoll den Kopf vor der Ältesten. „Möchtest du dir die Geschichte von meiner ehemalig so berühmten Hasenjagd anhören?", fragte Raurabe mit kratziger Stimme.

Fichtenfell, der erst seit kurzem den Ältestenbau bewohnte schnurrte amüsiert. „Ich glaube, die Schülerin hat noch ein paar Aufgaben zu erledigen", wandte er sich an Raurabe. Lass uns lieber nach deinen Zecken gucken." Er ging zu dem älteren Kater und wischte dabei mit seinem braunen, glatten Schwanz über Eulenpfotes Flanke, sodass sie wusste, dass er sie vor dem Geschichtenansturm von Raurabe hatte schützen wollen.

Dankbar schlüpfte die Kätzin aus dem Bau. Sie hatte nichts gegen ein paar Geschichten, aber sie wollte viel lieber raus in den Wald, Jagen oder Kämpfen gehen.

Ein Rascheln im Dornentunnel kündigte die Morgenpatrouille an. Braunpelz, Regenwolke, Eichenfall und Karottenpfote tauchten aus dem Tunnel auf. Ein mageres Eichhörnchen baumelte Eichenfall aus dem Maul und Karottenpfote hatte einen Spatzen gefangen. Der Rest der Patrouille konnte den Frischbeutehaufen nur mit ein paar kleinen Wühlern bereichern.

*Die Beute ist jetzt schon so mager. Wie wird es dann erst in der Blattleere sein, wenn der Frost einsetzt?*, fragte sich Eulenpfote ängstlich. Sie merkte, dass sie zitterte und erst da fiel ihr auf, wie kalt es eigentlich schon war. Hatte die Blattleere etwa schon eingesetzt?

Sie trottete in Richtung ihres Mentors, doch dann entschied sie sich doch anders und wandte sich an den Schüler Karottenpfote. „Guten Morgen", begann sie und nickte anerkennend zu dem Spatzen, den der Schüler gerade auf den Frischbeutehaufen fallen ließ. Der ließ nur ein Grummeln hören und miaute: „Nunja. Eigentlich ist es nicht gerade viel."

„Aber du hast mehr gefangen als Braunpelz und Rosenwolke!", bemerkte Eulenpfote anerkennend. Karottenpfote leckte sich ein wenig verlegen das Brustfell. Die Schülerin schnurrte und stieß ihren Kopf an seine Schulter. „Du bist ein guter Jäger. Sogar fast so gut, wie du als Junges immer behauptest hast", neckte sie ihn liebevoll.

Einen Mond lang war Karottenpfote ihr Baugefährte gewesen und hatte in der Kinderstube immer geprahlt, wie toll er einmal Jagen und Kämpfen können würde. Damals hatte sie seine Arroganz verachtet, doch diese war nun verflogen und Eulenpfote bewunderte seine Vernunft und seine Opferbereitschaft zum Gesetz der Krieger.*Es dauert bestimmt nicht mehr so lange, bis zu seiner Namenszeremonie*, dachte Eulenpfote. *Er wird ein guter Krieger!*

„Sag mal, weißt du, wie lange es noch dauert, bis die Blattleere einsetzt?", fragte sie und musterte den Schüler neugierig. Ihre erste Blattleere... Dieser deutete mit der Schnauze auf die Bäume. „Sie tragen nun schon länger keine Blätter mehr", erklärte er. „Es kann also nicht mehr lange dauern, bis der Frost und damit auch die Blattleere einsetzt."

Eulenpfotes Herz machte einen kleinen Sprung. Sie freute sich schon sehr auf ihren ersten Schnee. Sie würde so toll spielen können. „Dann machen wir eine Schneeballschlacht, einverstanden?", fragte sie. „Einverstanden", schnurrte der HimmelClanSchüler amüsiert.

„Eulenpfote." Eine tiefe Stimme hinter der Schülerin verriet ihr, dass ihr Mentor sie gerufen hatte. Sofort drehte sie sich um und lief zu Eichenfall. „Was gibt es?", fragte sie aufgeregt. „Gehen wir jagen? Oder auf Patrouille?" „Haselblüte und ich werden dir und deinem Bruder ein paar Jagdtechniken beibringen", erklärte ihr Mentor. „Falterpfote kommt also auch mit! Supi!"

Eichenfall ließ sich nicht anmerken, ob er über den Eifer seiner Schülerin erfreut war, oder eher genervt, daher sprach sie, bis die Patrouille an der großen Eiche in der Nähe des Baches angelangt war, kaum mehr ein Wort.

Haselblüte, die voranging, blieb abrupt stehen und signalisierte mit ihrem Schwanz, dass der Rest der Patrouille still sein sollte. „Seht genau zu, wie ich es mache!", flüsterte sie den Schülern zu und verfiel in ein Jagdkauern. Blitzschnell und ohne Geräusche näherte sie sich einer kleinen Spitzmaus, die in einem Blätterhaufen nach etwas Fressbarem suchte.

Bevor Eulenpfote registrieren konnte, was geschah, hatte sich die Kriegerin auf den Wühler gestürzt und schleuderte ihn hoch in die Luft. Mit einem gewaltigen Sprung drückte sich Eichenfall vom Boden ab. Eulenpfote spürte den Luftzug und ehe sie sich versah, landete der Krieger mit der Maus im Maul neben Haselblüte auf dem Boden. Er hatte das Beutetier noch in der Luft gefangen, sodass es keine Chance zu fliehen hatte.

Die Kriegerin neben ihm schnippte mit dem Schwanz gegen Eichenfalls Schulter. „Guter Fang!", lobte sie, doch  dieser erwiderte nichts. „Wenn man mit mehreren in der Gruppe jagt, sollte man das auch ausnutzen, um besser jagen zu können", erklärte sie nun den Schülern.

„Doch erst einmal bringen wir euch bei, alleine zu jagen. Stellt euch vor, dieses Grasbüschel wäre eure Beute." Sie deutete auf ein kleines Grasbüschel, das neben der Eiche aus einem Blätterhaufen hervorsah. „Versucht euch, an es anzupirschen, wie ich gerade an meine Beute."

Falterpfote machte den Anfang. Er schlich sich relativ geräuschlos an und sprang dann ab. Doch er hatte sich mit seinem Hinterbein in einer Wurzel verfangen und landete unelegant ein paar Pfotenlängen neben seiner Übungsbeute. Der Schüler trottete mit einem verächtlichen Fauchen zu den anderen zurück.

„Das kann jedem mal passieren", tröstete seine Mentorin ihn. „Nun du", forderte Eichenfall seine Schülerin auf. Sie verfiel in eine Kauerhaltung und schlich so geräuschlos wie möglich an das Grasbüschel heran. Dann drückte sie sich mit aller Kraft vom Boden ab und flog durch die Luft. Sie hatte nicht erwartet so weit springen zu können. Im letzten Moment zielte sie mit ihren Pfoten nach unten und landete punktgenau auf ihrer Übungsbeute.

Mindestens genauso überrascht, über die punktgenaue Landung, wie der Rest der Patrouille, trottete sie zu ihnen zurück und stellte sich neben ihren Bruder. „Sehr gut!", schnurrte Eichenfall und Haselblüte nickte zustimmend. „Das hätte ich auch geschafft! Vielen Dank, dass ich jetzt wie ein Fuchshirn dastehe!", zischte Falterpfote ihr wütend ins Ohr.

„Entschuldigung. Ich wollte dich wirklich nicht schlecht dastehen lassen", murmelte Eulenpfote schuldbewusst. Aber sie hatte ja selbst nicht wissen können, dass ihr der Sprung so gut gelingen würde und ein bisschen Stolz keimte in ihr. Vielleicht würde die sie ja wirklich eine ausgezeichnete Kriegerin werden...

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top