7. Kapitel

Fleckenkralle trat zurück in die Reihen der SternenClankatzen und wurde dabei von Kristallschimmer abgelöst. Die angehende Anführerin spürte den Stich in ihrem Herzen. Kristallschimmer war noch so jung gewesen, als sie hatte sterben müssen. Das war einfach nicht gerecht und Eulenflug spürte wie es sie innerlich zerriss, doch sie musste jetzt stark genug sein um ihr nächstes Leben in Empfang zu nehmen. Kristallschimmer legte ihre Schnauze auf die ihre und verkündete ihr: „Mit diesem Leben gebe ich dir Ausdauer. Nutze sie gut, um für deinen Clan da zu sein und bis zum Ende durchzuhalten. Gebe niemals auf auch wenn deine Kräfte noch so sehr schwinden und vertraue immer darauf, dass der SternenClan dir beisteht bis zum Ende."

Für Eulenflug war es schon fast selbstverständlich wieder mal in einen anderen Körper zu schlüpfen und in Kristallschimmers Inneres hineinzusehen. Doch sie wusste, dass es eine Kostbarkeit war und sie es mehr wertschätzen sollte.

Sie fand sich auf einem langen mit hohem Gras bewachsenen, seichten Abhang wieder. Sie kannte diesen Abhang, er war am Rande des HimmelClanterritoriums und die Katzen kamen in ihrer Freizeit gerne mal hier hin um einfach nur zu entspannen und die Aussicht zu genießen. Eulenflug war nicht alleine. Neben ihr saß Flutenkralle, der Wind kräuselte sanft sein schwarzes Fell. Die Kätzin bemerkte sofort, dass Kristallschimmer gewisse Sympathien für Flutenkralle hegte und diesem schien es ähnlich zu ergehen. Sie saßen dicht beisammen und genossen die Stille. Es war ein warmer Tag in der Blattdürre aber die Briesen die ab und an den Hang hinauf wehten waren ziemlich erfrischend.

„Es wird Zeit, dass wir zurück zum Lager gehen...", murmelte sie bedauernd und Flutenkralle stimmte ihr stumm nickend zu, seinen Blick immer noch in die Ferne gerichtet. Doch schließlich wandte er ihr seinen Blick zu und fragte herausfordernd: „Wettrennen?" Eulenflug antwortete mit einem Lächeln. Eigentlich mochte sie Wettrennen nicht wirklich, mit ihren kurzen, kräftigen Beinen kam sie da einfach zu Nichts, aber Kristallschimmer schien das anders zu ergehen. Sie war mit voller Begeisterungen dabei und mit nur einem Satz auf den Pfoten. Auf ein Nicken Flutenkralles hin schossen die beiden Katzen los den Abhang hinab.

Kristallschimmers Beine waren lang und die Kriegerin war mit einer guten Ausdauer gesegnet, sodass Eulenflug Gefallen an dem Lauf fand. Sie war sich sicher, dass sie so schnell noch nie gerannt war. Flutenkralles Gestalt erkannte sie dicht hinter ihr. Immer wieder holte sie zu einem neuen riesigen Satz aus und die Landschaft raste nur so an ihr vorbei. Es war ein unbeschreibliches Gefühl und sie fühlte sich nicht als würde sie schwächer werden sondern es durchflutete sie eher immer mehr Kraft. Auch Flutenkralle wurde nicht langsamer und so machten sie auch nicht halt als sie in den Wald kamen. Die Bäume rasten an ihnen vorbei, denen sie manchmal nur knapp ausweichen konnten und sie sprangen über Wurzeln.

Die Ausdauer flutete nur so Eulenflugs Körper und sie hatte das Gefühl, sie könnte noch ewig weiter laufen. Doch plötzlich flog die Zeit wieder an ihr vorbei und die ganze Situation änderte sich schlagartig. Der grüne Husten war über sie hergefallen und sie lag in einem Nest im Heilerbau. Jeder Atemzug schmerzte höllisch in ihren Lungen und sie wünschte sich fast nichts sehnlicher, als dass das alles aufhörte, auch wenn das der Tod hieße. Doch sie konnte noch nicht aufgeben, nicht bevor sie Flutenkralle noch ein letztes Mal gesehen hatte.

Der Kater war mit der HimmelClanpatrouille aufgebrochen zur großen Versammlung. Erst hatte er sich dagegen geweigert zu gehen und hatte bei ihr bleiben wollen doch Eulenflug hatte darauf beharrt dass es ihr gut ging und er sich keine Sorgen um sie machen musste und somit ruhig zur großen Versammlung gehen sollte. Dies war eine ziemliche Lüge gewesen, denn Eulenflug ging es überhaupt nicht gut und sie spürte schon wie sie nicht mehr ganz in der Welt der Lebenden weilte sondern schon mit irgendeinem Teil ihres Körpers im SternenClan stand. Wenn sie überhaupt noch einen Sonnenaufgang miterlebte, dann würde es ihr letzter sein.

Sie war sehr erleichtert gewesen, dass es ihr gelungen war, Flutenkralle davon zu überzeugen zur großen Versammlung zu gehen, doch jetzt spürte sie, was ein Verrat es wäre, wenn er jetzt zurückkam und sie dann tot wäre und außerdem wollte sie ihn auch unbedingt nochmal sehen und mit ihm sprechen. Das einzige was sie wollte, war durchzuhalten bis Flutenkralle zurückkam und sie wusste sie würde es schaffen. Sie hatte ein gutes Durchhaltevermögen und genug Ausdauer nicht aufzugeben, bis sie erreicht hatte, was sie wollte. Und so quälte sie sich durch die Nacht bis die frühen Sonnenstrahlen den Heilerbau fluteten. Oft hatte sie am liebsten aufgeben wollen aber sie hatte es dennoch geschafft. Irgendwie hatte sie immer wieder einen weiteren Atemzug genommen, auch wenn der Schmerz ihren ganzen Körper zum Beben brachte und sie eigentlich schon jede Kraft verloren hatte.

Und schließlich nach dieser langen Nacht kam er dann: Flutenkralle. Der schwarze Kater kam in den Bau gestürzt, sein Blick war sehr besorgt als er sie so schwach in ihrem Nest sah, doch seine Anwesenheit brachte Eulenflug zum Lächeln und mobilisierte nochmal die letzten Kräfte in ihr. „Wie geht es dir?", fragte der Kater mit belegter Stimme. „Du musst mir jetzt was versprechen, Flutenkralle", miaute die angehende Anführerin um Kräfte zu sparen, ohne auf die Frage des schwarzen Kriegers einzugehen. „Ich möchte, dass du mich vergisst, Flutenkralle. Ich werde sehr bald sterben und das einzige was ich will, ist dass du nicht um mich trauerst, dass du dein Leben weiter gehst und glücklich wirst, kannst du mir das versprechen?"

Flutenkralle riss seine Augen weit auf. „Nein, Kristallschimmer! Wage es nicht erst zu denken, dass ich dich jemals vergessen werde, denn das könnte ich niemals! Das kannst du nicht von mir verlangen!" Diese Worte rührten Eulenflug ungemein. „Aber du musst", erklärte sie ihm. „Bitte versuche es wenigstens, für mich. Ich... ich möchte dass du jetzt gehst, ohne zurückzusehen und dein Leben weiterlebst." „Ich werde dich nicht verlassen, bis du deinen letzten Atemzug getan hast!", widersprach dieser sofort bevor sie überhaupt richtig ausgeredet hatte.

„Oh Flutenkralle... Musst du es mir so schwer machen?", fragte Eulenflug den schwarzen Kater und wurde dabei von einem schwachen Husten erschüttert. „Ich kann nicht gehen, solange du hier bei mir bist, aber ich muss. Ich habe nun lange genug durchgehalten und man muss auch wissen wann es genug ist. Ich habe mein Ziel erreicht, ich konnte dich noch einmal sehen und noch einmal mit dir reden. Aber nun möchte ich gerne dem SternenClan beitreten... alleine."

Tiefer Schmerz stand in Flutenkralles Augen geschrieben aber schließlich senkte er ergeben seinen Kopf und murmelte: „Ich liebe dich, Kristallschimmer. Und ich liebe dich so sehr, dass ich nicht anders kann, als deinen Wunsch zu befolgen", erklärte er und sah ihr noch ein letztes Mal tief in die Augen, ehe er sich umdrehte und den Heilerbau verließ. Ohne zurück zu sehen, wie es sich Eulenflug gewünscht hatte.

Sie spürte die Erleichterung in ihr. Jetzt hatte sie alles geschafft, was sie schaffen wollte. Sie hatte lange genug durchgehalten. Jetzt konnte sie in gutem Gewissen gehen. Und mit diesen Gedanken löste sich die Landschaft um Eulenflug herum wieder auf und sie fand sich im SternenClanterritorium wieder.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top