20. Kapitel
Etwa einen Mond später trainierte Eulenflug mit Pfützenpfote in der Trainingskuhle ein paar Kampftricks. Es waren deutlich weniger Ratten im Wald, weshalb Katzen nun auch das Lager nur zu zweit verlassen durften. Dies brachte Pfützenpfotes Training sehr voran, da sie so viel öfter das Lager verlassen konnten, weil sie nicht immer noch andere Krieger aufsuchen mussten, die bereit waren und Zeit hatten sie zu begleiten.
Der Schüler lernte schnell und war jetzt schon ein fast perfekter Jäger. Im Kämpfen wurde er auch immer besser. Er wollte besonders Tricks gegen Ratten lernen. Der zweiten Anführerin war klar, dass ihr Schüler sehr praxisbezogen war. Er wollte immer das vertiefen, was er im Moment am nützlichsten fand und was er auch gleich in der Praxis umsetzen konnte.
Doch Kampftricks gegen Katzen waren auch sehr wichtig. Eulenflug hoffte, dass er dies nicht auf die harte Tour erfahren musste, sondern dass sie ihn auf den Tag, an dem er das erste Mal gegen Katzen kämpfte, vorbereiten konnte.
„Nun, versuch den Trick nochmal", forderte sie den Kater auf. „Und denke daran, höher zu springen, sodass du genug Zeit hast dich in der Luft zu drehen und auf deine Landung vorzubereiten." Pfützenpfote nickte und sprang ab, doch dieses Mal gelang ihm der eigentlich recht einfache Kampftrick noch schlechter. Er verfehlte Eulenflugs Rücken und rutschte seitlich an ihr ab. Wenn das in einem Kampf passiert wäre, hätte Eulenflug ein leichtes Spiel mit dem cremefarbenen Kater gehabt.
„Das ist dir aber jetzt mal gründlich misslungen", tadelte sie den Kater. „Tut mir leid Eulenflug... Ich versuchs nochmal!" Doch die zweite Anführerin schüttelte den Kopf. „Das reicht erstmal, glaube ich. Heute bist du sowieso nicht so bei der Sache." Pfützenpfote sah etwas ertappt aus, aber er zuckte nur ohne eine Anmerkung mit den Schnurrhaaren.
„Also komm", meinte Eulenflug schließlich. „Lass uns zurück zum Lager gehen. Dann kannst du dich auch noch für die große Versammlung ausruhen." Pfützenpfote nickte und sie liefen Seite an Seite durch den Wald.
„Du Eulenflug...?", fragte der Kater schließlich. „Ja?" „Du bist ja eine Kätzin und da dachte ich mir... Also was denkst du gefällt einer Kätzin besser, so ganz allgemein? Ein Kater der gut im Jagen ist oder eher im Kämpfen?" Die zweite Anführerin war etwas überrascht über das Thema, das Pfützenpfote da angebracht hatte.
Zuerst wusste sie nicht recht, was diese Frage sollte, aber dann dämmerte es ihr. Wollte Pfützenpfote, ihr kleiner Pfützenpfote, vielleicht einer Kätzin imponieren? „Nun, das kommt auf die Kätzin an...", erklärte sie dem Schüler. Dieser sah etwas unzufrieden mit dieser Antwort aus. „Oder denkst du ich sollte einfach versuchen in beidem so gut wie möglich zu werden?" Eulenflug zog eine Augenbraue hoch und der Schüler erkannte schnell dass er gerade damit verraten hatte, dass es um ihn ging.
„Weißt du was ich glaube, Pfützenpfote. Es ist gar nicht so wichtig für eine Kätzin, dass du ein guter Kämpfer oder Jäger bist. Was viel mehr zählt, ist was du in deinem Herzen bist. Loyalität, Fleiß, Opferbereitschaft und ein starker Wille machen dich doch zu einer viel besseren Katze, als wenn du als guter Kämpfer geboren bist, selbst wenn du dann vielleicht kein so guter Kämpfer bist.
Ich glaube, das ist es, worauf Kätzinnen achten, dass du bereit bist zu kämpfen, für dich und deinen Clan. Bereit bist Opfer zu bringen für die, die du liebst. Vertrauen und Zuwendung sind so wichtige Güter. Wenn eine Kätzin spürt, dass du ihr vertraust, ja möglicherweise dein Leben anvertrauen würdest und sie dasselbe für dich tun würde, dann wird ihr das viel mehr bedeuten als nur einen starken Kämpfer oder guten Jäger an ihrer Seite zu wissen. Außerdem brauchen Kätzinnen viel Aufmerksamkeit und Zuwendung. Gerade die kleinen Dinge, die du für sie tun kannst, sind so viel wichtiger für sie als Prahlereien. Wenn du spürst, wenn es der Kätzin nicht gut geht und du sie dann aufheiterst oder wenn du spürst, dass sie etwas bedrückt und du ihr dann Mut machst, das ist es was einen Kater wirklich ausmacht."
Pfützenpfote blinzelte etwas nachdenklich, dann miaute er schließlich: „Danke Eulenflug, ich glaube das hat mir geholfen." Der kleine Kater lächelte glücklich. Glücklich und verliebt. Das sorgte dafür, dass die zweite Anführerin auch lächeln musste. Sie freute sich für Pfützenpfote und hoffte für ihn, dass er die Kätzin als Gefährtin bekam, in die er verliebt war.
Er war ein guter Kater. Klug, freundlich und aufmerksam. Außerdem ehrgeizig, willensstark und mit einem beeindruckenden Durchhaltevermögen. Kein Wunder mit Karottenschweif als Vater war auch nichts anderes zu erwarten. Sie wünschte ihm so sehr, dass er kein so kompliziertes Liebesleben wie sie führen musste.
Zurück im Lager machte sich Eulenflug auf den Weg zum Anführerbau. Sie musste sich noch mit Heidenstern darüber beraten, wer mit zur großen Versammlung gehen durfte. Bald hatten sie eine Patrouille zusammengestellt und die zweite Anführerin verließ den Bau wieder.
Auf der Lichtung verkündete sie den jeweiligen Katzen, dass sie sich auf die Versammlung vorbereiten sollten. Vor dem Schülerbau traf sie Teichpfote, Pfützenpfote und Lerchenklang an. „Teichpfote, du gehst auch mit zur großen Versammlung und..." „Ich auch?", fragte Lerchenklang. Sie war eine temperamentvolle, selbstbewusste, junge Kriegerin. „Tut mir leid. Du musst hier bleiben, das Lager bewachen." Die Kätzin wirkte etwas enttäuscht. „Nun gut...", murmelte sie.
„Oh Eulenflug. Darf ich auch hier bleiben? Ich bin schon den ganzen Tag so erschöpft und glaube nicht, dass ich den Weg schaffen würde." Der Schüler gähnte demonstrativ, Lerchenklang warf ihm einen verwirrten Seitenblick zu. „Hä? Seit wann willst denn du nicht mit auf die große Versammlung?", fragte sie, doch Eulenflug hatte ihren Schüler durchschaut und musste sich ein amüsiertes Schnurren unterdrücken.
„Natürlich, dafür habe ich Verständnis. Du kannst ruhig im Lager bleiben." „Oh, kann ich dann seinen Platz auf der großen Versammlung haben?", fragte Lerchenklang. Pfützenpfote warf Eulenflug einen bittenden Blick zu. „Tut mir leid, das geht nicht. Du wurdest schon eingeplant vor dem Lagereingang Wache zu halten... Haltet ihr beide doch einfach gemeinsam Wache."
Die zweite Anführerin zwinkerte Pfützenpfote zu. Dieser blinzelte dankbar. Ein leises Lächeln spielte auf seinen Lippen. „Nun gut", stimmte Lerchenklang schließlich zu und schnippte mit dem Schwanz zu Pfützenpfote. „Dann kann ich dir mal einen Trick zeigen, den ich gestern von Stachelkralle gelernt habe..."
Eulenflug entfernte sich von den drei jungen Katzen, im Wissen das Richtige getan zu haben. Dass Lerchenklang diejenige war, zu der Pfützenpfote aufschaute, hätte sie zwar nicht erwartet, aber es lag auf der Pfote. Da hatte er wohl eine gute Wahl getroffen.
In dem Moment kam gerade Karottenschweif zusammen mit Blitzherz durch den Lagereingang. Sie beide trugen Beute im Maul, die sie auf dem Frischbeutehaufen ablegten. Es fing ein bisschen an zu regnen und die Clankatzen verschwanden in ihren Bauen, auch Blitzherz. Doch Karottenschweif ließ sich nicht von den paar Tropfen stören. Er nahm sich eine Maus vom Frischbeutehaufen und begann zu fressen. Eulenflug gesellte sich zu ihm. Sie störte der Regen auch nicht. Sie war schließlich nicht wasserscheu und außerdem tat ein bisschen warmer Regen bei diesem warmen Wetter auch gut.
Karottenschweif sah zu ihr auf, als sie sich neben ihm niederließ. Er schob ihr die Maus hin. „Willst du ein Stück?" Eulenflug nahm dankbar einen Bissen. „Und, wie war dein Training mit Pfützenpfote?", fragte er schließlich. Das war seine Standardfrage, wenn er sich mit Eulenflug die Zungen gab. Und meistens antwortete die zweite Anführerin dann, dass es großartig war und sich Pfützenpfote zu einem großen Krieger entwickelte. Aber nicht dieses Mal.
„Nunja. Ganz gut so weit. Pfützenpfote war nicht ganz bei der Sache... Seine Gedanken kreisen im Moment um was anderes..." „Und was?", fragte Karottenschweif interessiert und neugierig. „Hm...Ich weiß nicht ob ich dir das sagen sollte", wandte Eulenflug ein. „Schließlich hat mir das dein Sohn anvertraut. So zwischen Mentor und Schüler, verstehst du?" Karottenschweif zog die Augenbrauen hoch. „Ich bin sein Vater", wandte er ein. „Ach komm schon, du weißt doch dass man mit seinen Eltern nicht über alles redet", sagte Eulenflug, doch Karottenschweif sah etwas verletzt aus.
„Habe ich etwas falsch gemacht?", fragte er. Er war wirklich ein typischer Vater von einem ersten Wurf. Versuchte alles immer richtig zu machen, vergaß dabei aber manchmal, seinen Jungen die Freiheit zu geben, die diese brauchten. „Nein", beruhigte sie den orange getigerten Krieger und stieß ihm liebevoll ihre Nase in seine Schulter. „Du hast alles richtig gemacht! Es ist nur... Ach das ist schwer zu erklären. Aber ich kanns dir nicht sagen."
Der Krieger sah sie etwas beleidigt an. „Nun komm schon, Eulenflug... Ich will doch wissen, was meinem Sohn so durch den Kopf geht..." Die zweite Anführerin seufzte. „Nun gut... Ich glaube er ist verliebt." Karottenschweifs Gesichtsausdruck verwandelte sich zu einem erfreuten Schmunzeln. „Oh, das ist schön zu hören..." Dann setzte er einen charmanten Blick auf. „Ich bin auch verliebt, musst du wissen."
Eulenflug warf ihm diesen Muss-das-jetzt-sein-Blick zu und miaute dann: „Ich hoffe für dich, du redest von Blitzherz." „Du weißt genau von wem ich rede", bemerkte der orange getigerte Kater mit einem jetzt etwas ernsteren Gesichtsausdruck und versuchte Eulenflug tief in die Augen zu schauen, doch diese wandte ihren Blick ab. Ihr war etwas unwohl zumute. Sie mochte es nicht, dieses Thema so lässig anzugehen. Generell mochte sie es gar nicht, mit Karottenschweif darüber zu sprechen.
„Nun, wer ist dann die Glückliche?", fragte der Krieger und Eulenflug sah ihn verwirrt an. „Was meinst du?" „Na Pfützenpfote." „Achso... Naja, ich glaube das kannst du selber sehen, wenn du nur mal ganz genau hinguckst." Sie blickte in Richtung Schülerbau, wo sie vorher Pfützenpfote zusammen mit Lerchenklang gesehen hatte. Doch jetzt waren die beiden in den Bauen verschwunden. „Naja, du wirst es schon noch früh genug sehen", erklärte sie ihm.
Kurze Zeit später brach die Patrouille zur großen Versammlung auf. Es hatte aufgehört zu regnen und der Mond kam zwischen den Wolken hervor. Die HimmelClankatzen waren die letzten Katzen, die auf der Versammlung eintrafen, weshalb sie keine Chance mehr hatten, sich mit Katzen aus anderen Clans die Zungen zu geben, da die Anführer sofort mit ihren Berichten anfingen.
Heidenstern fing an und erzählte von Eichenfalls Tod. Ansonsten signalisierte sie aber, dass es dem Clan gut ging und alle stark waren in der frühen Blattfrische. Eulenflug hoffte, dass das eine Warnung für die anderen Clans war, sodass sie sich nicht wagten, einen Kampf mit dem HimmelClan zu provozieren.
Als nächstes trat Felsstern vor. Vom HöhlenClan gab es nicht viel zu berichten, außer dass sie in letzter Zeit keine Probleme mehr mit den Ratten gehabt hatten. Die anderen Clananführer stimmten diesem zu. Eulenflug hoffte, dass das mit den Ratten damit ein für alle Mal ein Ende hatte. Doch sie hatte nicht die Vision vergessen, in der Felsstern und Heidenstern etwas davon gesagt hatten, dass ihre Patrouillen von Ratten angegriffen wurden. Doch der SternenClan konnte sich ja auch mal irren. Vielleicht würde diese Vision ja niemals wahr werden. *Hoffentlich, SternenClan, hoffentlich...*
Als letztes verkündete Kalbstern ein paar Neuigkeiten. Unter anderem, dass Regen nun ein vollkommenes Mitglied des MoorClans war und den Schülernamen Regenpfote trug. Er selbst bildete sie zur Kriegerin aus. Eulenflug war überrascht von dieser Entscheidung der ehemalige Streunerin. Vor allem dass sie diese ohne ihre Schwester gefällt hatte.
Als sich die Katzen nach den Worten der Anführer vermischten, suchte Eulenflug ihre Freundin auf. Diese unterhielt sich gerade mit Laubfall und Lärchenfell, den beiden jüngsten Kriegern des MoorClans. Sie schien diese bereits als Freunde gewonnen zu haben. Als Regenpfote Eulenflug näherkommen sah, entschuldigte sie sich bei ihren beiden Clangefährten und wandte sich an die zweite Anführerin des HimmelClans.
„Oh, Eulenflug. Schön dich zu sehen!", schnurrte sie. Ihre Bauchwunde war vollkommen verheilt, nur eine kleine Narbe war zurückgeblieben. „Und schön dich zu sehen!", miaute die HimmelClankätzin fröhlich. „Du hast dich also jetzt entschieden ganz beim MoorClan zu bleiben?" Die Schülerin nickte. „Ich habe lange überlegt. Doch der MoorClan mit all den lieben Katzen ist mir sehr ans Herz gewachsen und ich weiß die Lebensweise eines Clans sehr zu schätzen. Außerdem..." Ihr Blick verfinsterte sich. „Außerdem wäre ich ja ganz alleine, würde ich wieder als Streunerin umherziehen."
Eulenflug verstand die junge Kätzin gut. Sie vermisste ihre Schwester und wartete auf deren Wiederkehr. Möglicherweise hoffte sie auch, dass sich Asche ebenfalls dafür entschied beim MoorClan zu bleiben. Jedenfalls wollte sie nicht ohne ihre Schwester wieder aufbrechen. „Du vermisst Asche, nicht wahr? Ich vermisse Aschenpfote auch..." Regenpfote nickte. „Sie ist doch die einzige, die ich noch habe... Du hast zumindest noch den Rest deines Clans..."
„Das stimmt", gab Eulenflug zu. „Aber du hast jetzt auch einen Clan. Sie stehen alle hinter dir, da bin ich mir ganz sicher." Die Streunerin sah etwas unsicher aus. „Ich weiß, dass ich jetzt schon ziemlich lange im Clan lebe, aber...Ich brauche immer noch Zeit mich einzufinden. Mit Asche hingegen teile ich fast mein ganzes Leben. Wenn sie nicht zurückkommt, dann..."
Doch Eulenflug ließ die Schülerin diesen Gedanken nicht zu Ende fassen. „Sie wird zurückkommen!", versicherte sie ihr. „Da bin ich mir sicher. Weißt du, was Aschenpfote einst zu mir gesagt hat, als er mir gesagt hat, dass er glaubt, dass sein Vater noch lebt?" Regenpfote zog die Augenbrauen hoch. „Nein."
„Er hat gesagt, ich solle ihm vertrauen. Und das tue ich und ich glaube, das solltest du auch tun. Du kannst Aschenpfote vertrauen, dass er nicht zulassen wird, dass Asche irgendwas passiert und Asche kannst du vertrauen, dass sie zur dir zurückkommen wird, egal was passiert." Regenpfote nickte langsam. „Ich glaube, du hast Recht. Wenn wir nur genug Vertrauen haben, dann werden sie das schon schaffen. Wir müssen einfach nur auf sie warten..."
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