15. Kapitel

Eulenflug freute sich, als sie die große Gruppe erblickte, die sich versammelt hatte, um zur großen Versammlung aufzubrechen. Der Clan war nun wieder so viel stärker, wo die Katzen sich von dem grünen Husten erholt hatten. Das Büschel Katzenminze hatte wahre Wunder getan. Seidenfell zum Beispiel war zwar noch sehr schwach, aber endlich hatte das Husten aufgehört und die Katzen kamen langsam wieder zu Kräften. Außerdem kam Tigersturm nun endlich mal zur Ruhe und konnte in der Nacht tief und fest schlafen, ohne von dem ganzen Husten geweckt zu werden.

Blitzjunges war wie ein vom SternenClan geschicktes Wunder gekommen. Oder vielleicht vom WolkenClan geschickt? Eulenflug war eins klar: Sie musste mit dem kleinen Kater reden. Wenn er wirklich einer dieser drei Katzen war, dann fehlte nun nur noch eine. Eine Katze, bis sie den Kampf gegen die Todeskrieger antreten konnten. Die, die den LichtClan einst zerstört hatten. Was auch immer das nun für den Wald mit den drei neuen Clans bedeutete...

„Lasst uns aufbrechen", tönte Heidensterns Ruf durch das Lager und die HimmelClanpatrouille setze sich in Bewegung. Eulenflug ordnete sich neben Pfützenpfote in die Gruppe ein. Der Schüler war schon ganz aufgeregt. Es war schließlich seine erste große Versammlung. „Du kannst dich gerne mit ein paar anderen Clankatzen unterhalten, wenn wir in der Senke angekommen sind", erklärte die zweite Anführerin ihrem Schüler. „Aber pass auf, dass du keine Geheimnisse über den Clan preis gibst." Pfützenpfote nickte bedächtig. Er hatte verstanden und Eulenflug wusste, dass sie sich auf ihn verlassen konnte.

Eine Weile später kam die HimmelClanpatrouille am Versammlungsplatz an. Der MoorClan war bereits eingetroffen, nur vom HöhlenClan gab es noch keine Spur. Die beiden Clans vermischten sich untereinander und tauschten Neuigkeiten aus. Eulenflug machte sich auf die Suche nach Regen. Vorher begrüßte sie aber noch Schieferglanz und erkundigte sich bei dieser, ob die Streunerin überhaupt da war. Die grau-schwarze Kätzin zeigte ihr, wo sich die beiden Schwestern ein bisschen abseits vom Geschehen in den Schatten einer Linde niedergelassen hatten. Aschenpfote war auch bei ihnen. Er saß dicht neben Asche.

„Regen, oh wie schön dich zu sehen!", begrüßte Eulenflug ihre neugewonnene Freundin. „Gut siehst du aus! Es scheint mir, dass sich der MoorClan gut um deine Wunde gekümmert hat." „Das hat er", bestätigte Asche. Es war das erste Mal, dass die zweite Anführerin die Streunerin, von der sie schon viel gehört hatte, sprechen hörte. Asche neigte ihren Kopf vor Eulenflug. „Ich bin Asche, Regens Schwester. Und du musst wohl Eulenflug sein. Ich habe schon viel von dir gehört. Danke, dass du meiner Schwester geholfen hast."

Die HimmelClankätzin zuckte mit den Schnurrhaaren. „Das habe ich gerne getan. Ich bin froh, dass ich helfen konnte. Und froh, dass ihr wieder zusammengefunden habt. Wie ergeht es euch so im MoorClan?" Asche sah etwas unsicher aus, ob sie Eulenflug solche Sachen anvertrauen konnte, doch Regen fing offen an zu erzählen: „Es ist sehr ungewohnt, mit so vielen Katzen zusammenzuleben. Aber alle sind sehr freundlich und hilfsbereit und ich bin dankbar, dass sie mir helfen. Das Clanleben und das Gesetz der Krieger sind wirklich eindrucksvoll! Vater hat uns nie davon erzählt, welchen starken Zusammenhalt und Vertrauen es in einem Clan gibt. Und diese Hilfsbereitschaft. Ihr Clankatzen seid wirklich etwas Besonderes. Ich bin froh, euch kennengelernt zu haben."

Eulenflug freute sich, dass Regen das so sah. Ob ihre Schwester wohl auch so darüber dachte? Und ob sich die beiden wohl dazu entschlossen, für immer beim Clan zu bleiben? Der MoorClan würde sie gewiss herzlich aufnehmen, schließlich waren sie halbe MoorClankatzen und zur anderen Hälfte floss TagesClanblut in ihren Adern, auf den der MoorClan gut zu sprechen war. Ob sie wohl mal die Patrouille zum TagesClan begleiten würden?

Die Ankunft der HöhlenClankatzen riss die zweite Anführerin aus ihren Gedanken und sie gesellte sich an ihren Platz am Fuß des Großfelsens, als die Anführer dort hinaufsprangen und die wichtigsten Neuigkeiten vor allen versammelten Clans verkündeten. Eulenflug spürte Stolz in ihr austeigen, als die Clans den Namen ihres Schülers riefen und ihn willkommen hießen. Dann löste sich die Versammlung wieder in kleinere Gruppen auf und Eulenflug machte sich auf die Suche nach Blitzjunges. Erst da fiel ihr ein, dass er noch ein Junges war und wohl somit nicht auf der großen Versammlung anwesend.

*Vielleicht wäre es auch besser, wenn ich erst mal warte bis ich die dritte Katze der Prophezeiung gefunden habe. Dann können wir immer noch weiter sehen, was wir zu tun haben.* Eulenflugs Pfoten prickelten. Irgendwas sagte ihr, dass diese dritte Katze auf dieser großen Versammlung anwesend war. Dass sie sie auch schon gesehen hatte. Doch ehe sie weiter darüber nachdenken konnte, teilten sich die Clans wieder auf, um die Senke zu verlassen. Die große Versammlung war beendet.

Eulenflug gesellte sich zu ihren Clangefährten. Auf Heidensterns Zeichen hin verließen die HimmelClankatzen die Senke, Eulenflug gesellte sich zu Karottenschweif und Blitzherz. „Und ist es schön, endlich wieder auf einer großen Versammlung gewesen zu sein?", fragte die zweite Anführerin ihre Clangefährtin. „Oh ja", bestätigte Blitzherz. „Und vor allem weil es ja die erste große Versammlung meiner Jungen war. Ich bin ja so stolz auf sie!" Eulenflug schnurrte. Vermutlich so stolz wie sie auf Aschenpfote war...

„Das kannst du auch sein. Pfützenpfote ist ein wunderbarer Schüler! Er lernt schnell und ist immer sehr bedacht. Ich bin mir sicher, dass er ein großartiger Krieger wird!" Blitzherz schnurrte stolz. „Das werden sie beide. Du kannst ja gar nicht glauben, was für ein Gefühl das ist, wenn du siehst, wie groß und stark deine Jungen werden, auf ihre erste große Versammlung gehen... Junge zu haben ist einfach ein ganz besonderes Gefühl. Ich würde einfach alles für sie tun."

*Oh du weißt ja gar nicht wie viel ich schon weiß!*, dachte sich Eulenflug. Zu gerne würde sie ihre Erfahrungen, die sie mit Aschenpfote gemacht hatte, mit der jungen Mutter teilen. Doch sie wusste, dass das nicht möglich war. Keiner in ihrem Clan wusste schließlich, dass Aschenpfote ihr Junges war. Ihr eigenes, wunderbares Junges, dass sie nie wieder hergeben würde und für dass sie unter allen Umständen sofort ihr Leben geben würde.

Eulenflug fragte sich, warum sie das nicht schon früher bemerkt hatte. Warum die Mutterinstinkte sie nicht hatten aufhalten können ihr Junges zu verlassen. Die zweite Anführerin konnte nicht sagen dass sie ihre Entscheidung bereute, zum HimmelClan zurückgegangen zu sein. Eigentlich war sie sehr glücklich damit und sie wusste, dass es so auch am besten für ihren Clan war. Ihr Clan hatte sie als Heilerin gebraucht und brauchte sie jetzt als zweite Anführerin. Vielleicht würde er sie auch bald als Anführerin brauchen. Doch was war das schon wert. Ja was war das alles schon wert, wenn er sie brauchte. Ihr Junges, ihr einziger Sohn, für den sie alles aufgeben würde.

Eulenflug fragte sich manchmal, ob Aschenpfote wusste, wie sehr sie ihn liebte und wie viel er ihr bedeutete, auch wenn sie ihn kaum kannte. War es das, was Treue zum Clan bedeutete? Alle eigenen Interessen zu missachten, seine Gefühle zu ignorieren und die Katzen, die einem am meisten bedeuteten, zurückzulassen? Wenn es das war, was Treue zum Clan wirklich bedeutete, dann fragte sich Eulenflug, ob sie das Gesetz der Krieger überhaupt noch so verehren sollte.

Was war edel daran, sich selbst und seine Liebsten zu vergessen, nur um so zu tun, als sei man für alle da. Als sei man stark und wüsste, was man tut. Aber innerlich zerbrach man. Waren Clananführer immer genau diese Katzen? Gebrochene, allein gelassene Katzen, die in ihrer Vergangenheit vieler Fehler gemacht hatten und ihren einzigen Ausweg darin sahen, auf den SternenClan zu Vertrauen und sich selbst zu vergessen? Das konnte doch unmöglich der Wille des SternenClan sein. Doch Eulenflug war sich sicher, dass sie nicht die einzige solche Anführerin sein würde...

„Ah! Mich hat was gebissen!" Teichpfotes schriller Schrei zerriss die Stille der Nacht, die sich über die Patrouille gelegt hatte. Karottenschweif brach sofort aus der Ordnung der HimmelClankatzen heraus und lief besorgt zu seiner Tochter, die etwas abseits der Patrouille gelaufen war und nun mit schmerzverzerrtem Gesicht stehen blieb. Nun löste sich die ganze Patrouille auf und die Katzen umringten besorgt die kleine Schülerin. Tigersturm schlängelte sich durch die Schar Katzen nach vorne zu Teichpfote durch. Eulenflug folgte ihr.

Die kleine graue Schülerin hielt ihnen ihr schmächtiges linkes Vorderbein hin, das mit zwei tiefen Bissspuren von spitzen zähen versehen war. Blut quoll aus den Wunden hervor und troff auf den Schnee. „Das sind Rattenbisse!", stieß die Heilerin erstaunt aus. Eulenflug hatte dies auch bereits erkannt. „Hier in der Nähe wächst leider keine große Klette. Wir sollten sie zurück zum Lager tragen und da behandeln", schlug die zweite Anführerin vor und fühlte sich sogleich wieder schuldig, dass sie sich mal wieder in Tigersturms Heilerangelegenheiten einmischte. Doch die Kätzin nickte nur, ihr Blick war jedoch sehr erschrocken.

„Eulenflug, wie kann es sein dass sich Ratten so nah an eine solch große Patrouille heranwagen? Von so etwas habe ich noch nie gehört!", bemerkte die Heilerin, ihr Fell war vor Angst gesträubt. Die zweite Anführerin schüttelte nur ratlos den Kopf. „Ich weiß es nicht", gab sie zu. Ratten waren normalerweise scheue Tiere und griffen eher kleine Gruppen Katzen an oder nur einzeln umher streunende. Solche Gegner, gegen die sie auch eine realistische Chance hatten, wenn sie in Gruppen von vier bis fünf Ratten unterwegs waren, wie es für die Nager üblich war. Esseidenn...

„Eulenflug denkst du, diese Ratte könnte vielleicht Tollwut gehabt haben?", fragte Tigersturm, mit noch mehr Angst die in ihren Augen aufflammten. Das war auch der Gedanke der zweiten Anführerin gewesen, doch als sie etwas genauer nachdachte und nochmal an Teichpfotes Wunde schnüffelte, schüttelte sie den Kopf. „Das schließ ich aus", erklärte sie. „Ich habe schon mal einen Hasen gesehen, der von einem tollwütigen Fuchs gebissen wurde. Die Wunde entzündet sich sofort und riecht von Anfang an ganz anders. Vielleicht war das hier einfach nur eine sehr naive Ratte. Oder sie sind in einer sehr großen Gruppe unterwegs. Wir sollten uns einmal umsehen."

Alle HimmelClankatzen hatten Eulenflugs Worten gelauscht und nahmen sich ihren Rat zu Herzen. Sie witterten die Luft und sahen sich um. Die zweite Anführerin lief noch ein Stück tiefer in den Wald hinein, wo der Rattengeruch sehr stark war. Sie drehte sich um und da wurde ihr klar, dass ihr letzer Verdacht wahr war. Unzählige gelbe Augenpaare blitzten ihr drohend aus dem Dunkeln entgegen. Das war die größte Rotte von Ratten, die sie und vermutlich je eine Clankatze zu Gesicht bekommen hatte.

Ich hoffe mein neues Kapitel gefällt euch :)

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