14. Kapitel
Eulenflug wartete am Lagereingang auf ihre Patrouille. Ein Viertelmond war vergangen seit Regen zum MoorClan gegangen war. Die HimmelClankätzin hatte sie seit dem nicht gesehen. Aber bald war große Versammlung und vielleicht würde sie ja dann schon fit genug sein zu kommen.
Pfützenpfote lief aufgeregt am Lagereingang hin und her. „Wo bleiben denn die anderen?", fragte der Schüler ungeduldig. Eulenflug freute sich über den Eifer, mit dem Pfützenpfote an seine täglichen Aufgaben herantrat. Er war immer aufmerksam und trainierte so lange wie es Eulenflug ihm erlaubte. Sie war sich sicher dass er einst ein großer Krieger sein würde.
„Muss das sein, das wir immer so früh am Morgen auf Patrouille gehen?", fragte Weißblume gähnend und streckte ihre steifen Glieder. Die zweite Anführerin sah die Kriegerin verwundert an. Normalerweise beschwerte sie sich nie über Patrouillen. Sie war eher die Art von Katzen die die Langschläfer aus ihren Nestern scheuchte. Doch als Eulenflug die grau weiß gefleckte Kätzin mal genauer ansah, fiel ihr auf, wie alt diese eigentlich geworden war. Sie war ja schon nicht mehr die jüngste Katze im Clan gewesen, als Eulenflug geboren worden war. Aber jetzt... jetzt schienen ihre Tage als Kriegerin wirklich gezählt.
Wenn Weißblume in den Stand einer Ältesten eintrat, würde der Clan eine sehr erfahrene und intelligente Kriegerin verlieren. Aber sie hatte dem HimmelClan schon so viel gegeben, sodass sie sich den Ruhestand wirklich verdiente. Krallenpelz folgte hinter ihr zusammen mit Karottenschweif. Die Patrouille war nun komplett.
„Lasst uns aufbrechen", miaute die zweite Anführerin und schlüpfte als erstes durch den Lagertunnel in den schneebedeckten Wald. Eulenflug hatte entschieden, dass sie die Grenze zum HöhlenClan heute nochmal überprüfen und die Duftmarken erneuern würden. Pfützenpfote lief auf dem Weg zur Grenze die ganze Zeit neben ihr, seine Aufmerksamkeit immer vor ihn auf den Wald gerichtet. Die anderen Katzen folgten ihnen etwas weniger aufmerksam, die meiste Zeit tuschelten Weißblume und ihr Gefährte Krallenpelz zusammen. Karottenschweif bildete das Schlusslicht.
Auf einmal witterte Eulenflug eine Amsel ganz in der Nähe. Sie bedeutete ihrer Patrouille stehen zu bleiben und leise zu sein. Schnell konnte sie das Beutetier in einem Brombeerdickicht ganz in der Nähe entdecken. Die zweite Anführerin winkte ihren Schüler mit dem Schwanz herbei und bedeutete ihm, dass er versuchen sollte, die Amsel zu fangen. Sie konnte den Stolz in Pfützenpfotes Augen sehen, dass er zu dieser Aufgabe auserkoren worden war. Schließlich war Beute in der Blattleere rar und jedes Stück Fleisch zählte.
Ganz vorsichtig setzte der cremefarbene Schüler eine Pfote vor die andere. Dann wechselten er geschickt und vollkommen geräuschlos die Seite, damit der Wind dem Vogel nicht seinen Geruch zutrug. Pfützenpfote tat sich zwar im Kampftraining schwer aber im Jagen lernte er schnell dazu und war immer sehr bedächtig darauf keine Fehler zu machen. Vermutlich weil ihm der Erfolg klarer vor Augen war, als der vom Kampftraining. Aber bei seinem ersten echten Kampf würde er schon noch lernen wie wichtig das Kampftraining war. Auch wenn es bis dahin hoffentlich noch lange dauerte.
Eulenflug beobachtete, wie sich Pfützenpfote weiter an die nichtsahnende Amsel anschlich. Dann blieb er stehen, duckte sich sprungbereit und... ehe er abspringen konnte, drehte sich die Amsel um, erblickte den Kater und schwang sich ohne zu zögern in die Luft. Pfützenpfote hatte keine Chance ihn zu fangen. Niedergeschlagen trottete er zur Patrouille zurück.
„Tut mir leid", murmelte er, doch keine der Katzen sah irgendwie wütend aus. „Das hätte jedem passieren können. Auch mir", tröstete Weißblume ihn und Karottenschweif fügte zu seinem Sohn noch liebevoll hinzu: „Du hast das sehr gut gemacht!" „Aber scheinbar nicht gut genug", grummelte Pfützenpfote so leise, dass es nur Eulenflug hören konnte. Mitgefühl erfüllte sie. „Sei nicht immer so selbstkritisch Pfützenpfote", flüsterte sie ihm zu, als sich die Patrouille wieder in Bewegung setzte. „Wir alle sind sehr stolz auf dich."
Nach einer Weile verließ Karottenschweif seinen Posten am Ende der Patrouille und gesellte sich neben Eulenflug. Zuerst glaubte sie, dass er näher bei seinem Sohn sein wollte, aber dann dämmerte ihr, dass es ihm eigentlich eher um sie ging. Die beiden redeten nicht mit einander, aber es war keine peinliche Stille. Sie beide genossen es. Ihre Pfoten bewegten sich im Gleichschritt und sie atmeten im selben Rhythmus kleine Kondenswolken in die kühle Luft aus. Worte waren nicht nötig.
Eulenflug fragte sich zwischenzeitlich, ob ihr die Situation unangenehm sein sollte. Sie könnte einfach aus dem Rhythmus ausbrechen und so würde sie wieder eine gewisse emotionale Distanz zwischen sie bringen. Aber eigentlich fühlte es sich für sie in dem Moment eigentlich gar nicht so falsch an. Sie genoss diese stille Verbindung zwischen ihnen. Da war etwas das sie teilten. Irgendein Gefühl. Eine Urverbundenheit, aber die zweite Anführerin konnte diese nicht genau benennen.
Erst als sie sich der HöhlenClangrenze näherten wurden sie aus dieser Verbindung gerissen, als Krallenpelz bemerkte: „Sehe ich Gespenster oder läuft da gerade ein winziger HöhlenClankater über unsere Grenze." Eulenflug spitzte sofort aufmerksam ihre Ohren und richtete ihren Blick in die Richtung der Grenze. Der braune Krieger hatte recht. Eine kleine Katze, vermutlich noch nicht einmal Schüler, mit cremefarben-weiß geflecktem Fell hatte bereits die Grenze zum HöhlenClan überquert und kam geradewegs auf die Patrouille zugelaufen.
„Was zum SternenClan tut dieser Kater?", sprach Karottenschweif die Gedanken der ganzen Patrouille laut aus. Die HimmelClankatzen sahen sich ratlos an. „Ich regel das. Wartete ihr hier", verkündete Eulenflug und lief dem jungen HöhlenClankater entgegen. Beim näherkommen stellte sie fest, dass das Junge Kräuter in seinem Maul trug. Und zwar nicht nur irgendwelche Kräuter, sondern Katzenminze. Ein ganzes Büschel Katzenminze.
*Mach dir keine Hoffnungen!*, ermahnte sich Eulenflug. *Vielleicht ist das ja auch nur ein Traum.* Ein bisschen zu komisch um wahr zu sein war die Situation schon, aber die zweite Anführerin war sich sicher, dass dies kein Traum war. „Na, wer bist denn du? Und was tust du hier so ganz alleine?", fragte Eulenflug mit freundlichem Ton. Sie wollte das Junge nicht verängstigen. Es legte die Katzenminze vor den Pfoten der HimmelClankätzin ab.
„Ich bin Blitzjunges, vom HöhlenClan", erklärte der Kater mit seiner piepsigem Jungenstimme. „Und ich wollte dem HimmelClan diese Kräuter bringen." Eulenflug war einen Moment wirklich sprachlos. „Ähm... Also...hat Nachtbrise dich geschickt?", fragte sie und beschloss, mit dem Heiler mal ein ernstes Wort zu reden, wenn er so junge Katzen losschickte, doch Blitzjunges schüttelte den Kopf. „Er weiß nicht, dass ich hier bin. Keiner in meinem Clan weiß das. Aber ich wollte helfen."
Nun wusste Eulenflug noch weniger was sie sagen sollte. „Naja... wenn das so ist... aber weißt du überhaupt, was du da tust? Ich meine, was es mit den Kräutern auf sich hat?" Der cremefarben-weiße Kater nickte. „Das ist Katzenminze", erklärte er stolz. „Hilft gegen grünen Husten. Ich weiß dass es im HimmelClan einen ziemlichen Mangel an diesem Kraut gibt und deshalb habe ich euch welches vorbeigebracht. Ihr braucht es dringender als wir."
Eulenflug zuckte nachdenklich mit den Ohren. Wie es aussah hatte sie hier einen zukünftigen Heilerschüler, der nun unbedingt schon sein Heilerwissen unter Beweis stellen und helfen wollte, ohne dabei aber genug Hintergrundwissen und Erfahrung zu haben, als dass er solche Entscheidungen alleine treffen sollte. Außerdem war er viel zu jung um alleine durchs Territorium zu streifen. Eulenflug sollte ihn eigentlich zurückschicken und ihn am besten sogar begleiten, damit er auch sicher im Lager ankam, aber die Aussicht auf das heilige Kraut das nun direkt vor ihren Pfoten lag und einigen Katzen ihres Clans das Leben retten könnte, ließ sie ihren Verstand ein wenig ausschalten.
„Und du bist dir sicher, dass dein Clan die Kräuter nicht mehr braucht?" Blitzjunges nickte. Er wirkte sehr überzeugt. „Wir haben riesige Vorräte an Katzenminze und kaum kranke Katzen, die die Kräuter benötigen. Es wäre mäusehirnig, wenn wir euch nicht ein paar abgeben würden. Nachtbriese will das nur nicht einsehen, weil er im Moment nicht so gut auf den HimmelClan zu sprechen ist..."
Was der kleine Kater sagte schien Sinn zu machen. Der HöhlenClan war dafür bekannt, meistens die größten Vorräte an Katzenminze zu haben. Und das Nachtbrise nicht gut auf den HimmelClan zu sprechen war, war der zweiten Anführerin auch bekannt. Aber trotzdem zögerte sie. War es richtig, ein Junges dabei zu unterstützen, seinen Clan zu hintergehen?
*Du bist ein Mäusehirn! Dies ist das beste Angebot, das du bekommen wirst. Und wenn du es nicht eingehst, werden Katzen mit ihrem Leben bezahlen.* „Vielen Dank für dieses Angebot", sagte sie also schließlich. „Mein Clan wird dies zu schätzen wissen. Wir stehen in eurer Schuld." Eulenflug wurde klar dass sie gerade mit einem Jungen wie mit einer ausgewachsenen Katze sprach, aber er hatte diesen Respekt verdient. Er hatte ein gutes Herz und würde es bestimmt noch weit bringen.
„Du wirst gewiss ein großartiger Heiler werden", bemerkte sie noch, als sie vorsichtig die Katzenminze in ihr Maul nahm. Der frische Duft der weißen Blüte umhüllte sie. Blitzjunges zog verwundert seine Stirn kraus. „Heiler? Ich will kein Heiler werden. Ich möchte Anführer werden. Ein Anführer, den kein Clan vergessen wird. Einer, der für das Wohl aller Clans sorgt und sie vor unnötigem Blutvergießen schützt. Wenn meine Zeit gekommen ist wird Frieden im Wald herrschen."
Eulenflug hatte das Gefühl, als wären das nicht Blitzjunges eigene Worte. Mehr als wäre das ganze eine Prophezeiung, die der kleine Kater wiedergab. Vielleicht war ihm ja eine große Zukunft als Anführer zugeschrieben, so wie ihr.
Der kleine Kater senkte den Kopf. „Es war mir eine Ehre, dich kennen zu lernen, Eulenflug." Mit diesen Worten drehte sich Blitzjunges um und rannte zurück zum HöhlenClanterritorium. Die zweite Anführerin wusste, dass sie ihm vielleicht eine Begleitung anbieten sollte. Es war ihre Verantwortung zu sorgen, dass das Junge sicher zurück zum Lager kam, doch sie schaffte es nicht, so weit zu denken.
Das einzige, was sie konnte, war dem kleinen Kater hinterher sehen. Er hatte irgendetwas Besonderes an sich. Und damit meinte Eulenflug nicht nur, dass er so hilfsbereit schien und für sein Alter schon so weit denken konnte. Auch nicht, dass er ein so großes Heilerkenntnis hatte, obwohl er Anführer werden wollte. Es war etwas anderes, das sie in seinen Augen gesehen hatte. Etwas, dass ihn umgeben hatte. War es ein Duft? Oder etwas anderes, das irgendwas in ihr auslöste.
Eine Assoziation. Eine Assoziation mit dem WolkenClan. Ob das Sinn machte oder nicht wusste sie nicht genau, aber sie war sich trotzdem ganz sicher. Dieser Kater hatte etwas mit dem WolkenClan zu tun. Mit ihren Kriegerahnen.
Eulenflug erinnerte sich wieder an die Prophezeiung: „...Du bist nicht die einzige. Der LichtClan war auch nie der einzige Clan, Eulenflug. Es waren immer drei Clans, bevor die Zerstörung durch die Todeskrieger begann. Und es braucht auch wieder alle drei um die Todeskrieger zu besiegen. Finde sie, Eulenflug! Finde sie und helfe ihnen, sich von den Wolken zu lösen und einen neuen Pfad zu gehen. Den Pfad der Sterne."
Konnte es sein, dass Eulenflug gerade schon eine Katze dieser Prophezeiung gefunden hatte? Dass sie nun schon zu zweit waren...? Aber wer war dann die dritte Katze?
Hallihallöchen und Miau, ich melde mich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich wieder zurück. Es tut mir total leid, dass ich euch schon wieder so lange hängen gelassen habe... Aber durch den Abistress und Sonstiges müsste ich Wattpad leider vernachlässigen. Aber jetzt bin ich wieder voll da und es werden auch wieder regelmäßig Kapitel kommen, versprochen!
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