7. Kapitel

Eulenflug öffnete blinzelnd ihre Augen. Sie erwartete am Flussufer aufzuwachen, oder im Lager des MoorClans oder möglicherweise auch beim HimmelClan, schließlich war sie ja auf deren Seite aus dem Bach geklettert. Doch sie erwachte in ihrem Traumterritorium, wo sie sich früher so viele Monde mit Flugmond getroffen hatte. Unter ihr erstreckte sich das Feld mit den goldenen Blüten. Sie ließ ihren Blick über die Landschaft schweifen und genoss das Gefühl der Sonne auf ihrem Pelz, welches sie schon seit mehreren Tagen nicht hatte fühlen können. „Hallo Eulenflug!" Flugmonds Stimme ertönte hinter ihr und sie wirbelte zu ihrem Gefährten herum. „Schön dich zu sehen", schnurrte sie. „Wie geht es dir?", fragte der MoorClankater etwas besorgt. *Na wenn ich das wüsste!*, dachte sie sich. Hier im Traum konnte es ihr gut gehen, aber vielleicht ja nicht in Wirklichkeit. „Gut", miaute sie dennoch. „Ich bin bloß noch nicht aufgewacht..." Flugmond nickte. „Wir haben gerade Nacht. Dann schläfst du jetzt seit einem halbe Tag... Keine Sorge, du wirst Morgen früh bestimmt aufwachen!", erklärte er ihr zuversichtlich und leckte sie zwischen den Ohren. „Ehrenkralle hat mir alles erzählt. Unsere Patrouille hat am Bach gewartet, bis eine HimmelClanpatrouille kam", klärte er sie auf. „Sie haben gesagt, sie nehmen dich mit ins Lager und kümmern sich um dich." „Und Feuer?", fragte die Kriegerin alarmiert und ihr Fell sträubte sich besorgt. Der kleine Fuchs brauchte dringender Hilfe als sie! „Na dafür hat Lina auch gesorgt, keine Sorge", schnurrte er leicht amüsiert. „Ich kann nicht verstehen warum du so viel für diesen Fuchs tust..." Eulenflug zuckte mit den Schnurrhaaren. „Ich auch nicht...", gab sie zu und schmiegte sich schnurrend an Flugmond. Sein warmer Atem, sein seidiges Fell und seine starke Brust... Das war ein so angenehmes Gefühl. Sie liebte diesen Kater so sehr. „Ich will dich nie verlieren, Flugmond!", miaute sie und dieser leckte ihr zärtlich übers Gesicht. „Ich dich auch nicht!", erklärte er ihr. Eine gefühlte Ewigkeit verging, bis Flugmond schließlich erklärte. „Ich glaube ich wache jeden Moment auf. Machs gut Eulenflug und komme sobald wie möglich zurück! Ich werde am Bach Wache halten und von euren Patrouillen die neusten Nachrichten einholen. Bis dann." Und schon löste sich der Kater in Luft auch und der Kriegerin blieb nur noch eine Spur seines Geruchs, die bald verblasste. Sie seufzte und legte sich ins saftig grüne Gras, wo sie ihr Fell einer gründlichen Wäsche unterzog. *Ich wünschte nur ich könnte auch aufwachen...*, dachte sich diese. Angst erfüllte sie und sie dachte besorgt darüber nach, ob sie vielleicht eine ganze Ewigkeit in diesem Traum gefangen sein würde. Sie erinnerte sich an ihre schlimme Verletzung nach dem Fuchsangriff, als sie einen Viertelmond lang geschlafen hatte. Nur dass sie da keine Träume gehabt hatte. Und plötzlich spürte Eulenflug, wie sich die Landschaft um sie herum aufzulösen begann und sie atmete erleichtert auf, als sie in einem ihr bekannten, ja sehr bekannten Bau erwachte. Dem Heilerbau des HimmelClans, der so viele Monde ihr eigener gewesen war. Sie blinzelte um sich ans dunkle Höhlenlicht zu gewöhnen. Neben ihr lag Feuer in einem weichen Moosnest. Der junge Fuchs wirkte kleiner und hilfloser denn je, aber seine Atmung war regelmäßig, was Eulenflug einen Schwall der Erleichterung einbrachte. Sie rochTigersturm, auch wenn die junge Heilerin nicht im Bau war. Aber sie hatte allem Anschein nach Feuers Fell sowie Eulenflugs warm und sauber geleckt und vom Schmutz des Bachwassers gereinigt. Als sich die MoorClankätzin auf ihre Pfoten erhob spürte sie immer noch die Erschöpfung in ihren Pfoten und ihr Kopf schmerzte. Aber es ging ihr soweit gut und sie als sie taumelnd den Heilerbau verließ wurde ihr Fell von warmen Sonnenstrahlen beschienen, die jeden Schmerz vergessen ließen. Es waren nur vereinzelte Wolken am Himmel und die Sonne schien nach so langer Zeit endlich wieder in ihrer ganzen Pracht und tränkte die durchnässte Landschaft in warmes, helles und trocknendes Licht. „Eulenflug!" Es war Frostblüte, die sie als erstes entdeckte und ihren Namen rief. Die ehemalige Schülerin ihres Bruders war zu einer ausgewachsenen, ernstzunehmenden Kriegerin herangewachsen und im Hinblick auf ihre zierliche Gestalt und das schöne seidene Tigerfell, das im Licht der Sonne silbrig funkelte, konnte Eulenflug verstehen warum Faltersprung sie als Gefährtin ausgewählt hatte. „Eulenflug geht es dir gut?", fragte die Kriegerin besorgt und musterte ihre ehemalige Clangefährtin nachdenklich. Diese nickte. „Ja, alles bestens", versicherte sie der jüngeren Kätzin und lächelte. Sie sah sich auf der Lichtung um. Die meisten Katzen schienen noch zu schlafen. Die Morgenpatrouille allerdings war schon weg und vereinzelte Katzen torkelten müde aus ihren Bauen. Sie entdeckte Krallenpelz und Rosenwolke und... Tropfenfell! Bei dem Anblick des kräftigen, muskulösen Katers, der so aussah als wollte man ihm im Kampf nicht begegnen, stieg ein lautes Schnurren in Eulenflugs Kehle auf. Sie erinnerte sich an das kleine grau schwarze Bündel, das zusammen mit Seejunges das einzige Junge von Regenwolkes Wurf gewesen war, das überlebt hatte. Nach dem Tod derer Mutter hatte sich dann Scheinfell bereit erklärt, sich um die beiden zu kümmern obwohl sie selbst schon einen Wurf mit vier Jungen hatte. Seejunges war die schwächste gewesen und hatte es nicht geschafft. Auch Tropfenfell war sehr mager gewesen und Eulenflug hatte jeden Tag um das Leben des jungen Katers gebangt, doch er hatte es geschafft und war zu einem starken Jungen ran gewachsen. Und schließlich zu einem starken Krieger. Eulenflug seufzte. Es war schön, wieder im altbekannten HimmelClanlager zu sein. Dem Ort, an dem sie geboren worden und aufgewachsen war. Und es tat gut wieder ihre alten Clangefährten zu sehen. Sie hatte all das sehr vermisst. „Eulenflug!", Tigersturms Stimme klang an ihr Ohr und die Heilerin kam mit glänzenden Augen auf sie zugerannt. „Ich habe mir solche Sorgen gemacht als sie dich ins Lager getragen haben! Geht es dir gut? Hast du noch Schmerzen?" Eulenflug schnurrte. „Nein, Dank deiner hervorragenden Arbeit geht es mir blendend!", erklärte sie und leckte ihrer ehemaligen Schülerin über di Schulter. „Ich bin froh dass du hier bist", verkündete diese etwas verlegen und sah auf ihre Pfoten. „Du fehlst mir." Die MoorClankätzin schnurrte mitfühlend. „Es tut mir leid, dass ich dich verlassen musste. Aber meine Zukunft liegt nun mal im MoorClan." Sie war froh, dass sie hier, zumindest von Frostblüte und Tigersturm so herzlich empfangen wurde und dass diese sie immer noch wie Clangefährte behandelten. Nunja, das würde bestimmt nicht jede Katze... Sie dachte an Stachelkralle und erschauderte. Wie wurde der Kater, der dafür gesorgt hatte dass ihr Leben im HimmelClan keinen Sinn mehr hatte, ihr wohl gegenübertreten? Und Eichenfall... Ihr ehemaliger Mentor und Freund war schließlich auch nicht unschuldig daran, dass der ganze Clan von ihrem Geheimnis mit Flugmond erfahren hatte. Hätte er sie nicht im Traum ausspioniert, wäre es nie dazu gekommen. *Aber er hat mich nicht verraten...*, überlegte Eulenflug nachdenklich. Im Grunde war sie selber schuld. Sie hatte sich durch ein dummes Missgeschick an Stachelkralle verraten. Sie seufzt. Wenn sie das nicht getan hätte, wäre sie dann vielleicht immer noch im HimmelClan. Dem Clan, dem ihre Loyalität wohl immer gelten würde. In dem sie geboren wurde und Freunde und Familie hatte. Bei dem Stichwort Familie sah sie sich unwillkürlich nach Faltersprung und ihrem Vater Braunpelz um. Doch sie konnte die beiden nicht entdecken. Sie wollte gerade Tigerturm fragen wo sie waren, als eine andere wohlbekannte Katzengestalt ihren Weg kreuzte. Eulenflugs Magen verkrampfte sich vor Unbehagen, als sie Karottenschweif entdeckte. Der attraktive orangene Kater war nicht nur der beste Freund ihres Bruders sondern auch immer ein guter und treuer Freund von ihr gewesen und hatte ihr stets zur Seite gestanden. Der MoorClankriegerin war erst langsam klar geworden dass er sich in sie verliebt hatte und wie gern hätte sie diese Gefühle widergespiegelt und hätte den Kater als ihren Gefährten gewusst. Sie hätten zusammen glücklich werden können, ganz ohne irgendwelche Probleme. Sie wären zusammen alt geworden, hätten einen, zwei oder vielleicht auch drei Würfe Junge gehabt und sich dann nach vielen gemeinsamen Abenteuern ihren Ruhestand als Älteste verdient. Sich Geschichten von früher erzählt und gegenseitig die Flöhe aus dem Pelz gebissen. Doch so hatte es nicht kommen sollen. Das Schicksal hatte sich nicht diesen einfachen Weg für Eulenflug ausgesucht. Stattdessen hatte sie sich in Flugmond verliebt und ihre ganz Treue hatte nur dem MoorClankater gegolten. Eulenflug fragte sich unwillkürlich was passiert wäre, wenn Flugmond nicht in ihrem Leben aufgetaucht wäre. Sie wäre eine HimmelClankatze geblieben, klar. Aber hätte sie wirklich Karottenschweif als ihren Gefährten gehabt? Hätte sie sich in ihn verliebt, wenn Flugmond nicht gewesen wäre oder ihn genauso enttäuschen müssen? Sie schüttelte seufzend den Kopf. Das würde sie wohl nie erfahren. Sie hatte Karottenschweif sitzen lassen. Ja sich nicht einmal von ihm verabschiedet. Sie hatte sein Herz gebrochen und er würde ihr bestimmt nicht verzeihen. Die MoorClankätzin fasste einen Beschluss. Sie würde mit dem orange getigerten Kater reden. Er hatte sich beim Frischbeutehaufen niedergelassen ohne sie zu bemerken. Sie wollte sich gerade von Tigersturm verabschieden und zu dem Krieger gehen, da kam Blitzherz, eine hübsche junge Kätzin mit sandfarbenem Fell, die auch einst zu Wassersprungs Streunerbande gehört hatte und setzte sich dicht neben den Kater. Dessen Augen leuchteten und er leckte die Kriegerin behutsam zwischen den Ohren, die dies mit einem lauten Schnurren anerkannte. Eulenflug vergaß vor Erstaunen fast zu atmen. Karottenschweif schien sich schneller von ihrem Weggang erholt zu haben und für eine neue Freundschaft bereit gewesen zu sein, als die MoorClankriegerin erwartet hätte. Irgendwie ertappte sie sich selbst dabei, wie sie ein wenig enttäuscht und ja sogar eifersüchtig war. Sie hatte erwartet, dass Karottenschweif immer noch traurig und allein sein würde und jeden Tag an sie denken würde. *Mäusehirn!*, beschimpfte sich Eulenflug selbst. Sie sollte doch glücklich sein und sich für ihren Freund freuen, dass er über sie hinweg war und eine Gefährtin gefunden zu haben schien. Die Kriegerin entschied sich schnell dafür, die beiden nicht zu stören und stattdessen zum Kriegerbau zu gehen und sich mit ihren alten Freuden die Zunge zu geben. Doch da wurde sie von Karottenschweif bemerkt. Ihr ehemaliger Clangefährte hatte den Kopf zu ihr gedreht du blickte sie an. Nichts an seinem Ausdruck verriet was er gerade dachte. Eulenflug war etwas unwohl in ihrem Pelz. Doch sie konnte ihn jetzt nicht einfach ignorieren. Also ging sie vorsichtig näher an ihn und Blitzherz heran. „Hallo Karottenschweif...", begann sie nervös. Sie hatte seit ihrem Weggang nicht mehr mit dem orangenen Kater gesprochen und ihn auch nur einmal kurz auf einer großen Versammlung gesehen. Außerdem wusste sie auch nicht was er jetzt über sie dachte. War er froh sie wieder zu sehen? Oder wütend auf sie oder enttäuscht von ihr, weil sie gegangen war. Und das Schlimmste war dass sein Ausdruck nichts preisgab, doch er musterte sie eindringlich ohne seinen Blick auch nur eine Sekunde von ihr zu nehmen. Blitzherz sah neugierig von Karottenschweif zu Eulenflug. Sicherlich erinnerte sie sich noch an die MoorClankätzin. Schließlich war Eulenflug die, die als erstes auf die Streuner gestoßen war und sie schließlich auch zum Clan gebracht hatte. Außerdem war sie die Heilerin des HimmelClans gewesen, als die vier Streuner sich dem Clan angeschlossen hatten, und da Blitzherz nach dem Kampf mit den Dachsen eine der verwundetsten Katzen gewesen war, war sie sehr lange im Heilerbau gewesen. Doch genau deshalb hatte sie wohl noch nicht viel vom Clanleben und Karottenschweif mitbekommen, sodass Eulenflug noch gar nicht hatte auffallen können, dass die beiden Katzen sich mochten und Blitzherz ihrerseits hatte keine Chance gehabt etwas über das Verhältnis zwischen Karottenschweif und Eulenflug herauszufinden. „Können wir mal kurz unter vier Augen reden?", fragte die MoorClankätzin Karottenschweif schließlich. Ihr war die Situation so schon unangenehm genug, doch zu wissen dass sie auch noch von der ehemaligen Streunerin beobachtet wurde, machte das Ganze nicht gerade besser. Der orange getigerte Kater zögerte einen Moment. Nun nahm er seinen Blick endlich wieder von Eulenflug und richtete ihn fragend auf Blitzherz. „An mir soll es nicht liegen", miaute diese schließlich. Ihre Augen hatten einen freundlichen und fröhlichen Glanz und gleichzeitig wirkte sie sehr temperamentvoll. Sicherlich wurde sie nicht gerade von wenigen Katern gemocht. „Gut", miaute Karottenschweif und nickte an Eulenflug gewandt. „Das sollten wir wohl tun."

Schönes Halloween euch noch! ^^

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