☆ 6. Kapitel ☆

Eulenfeder machte sich gerade mit Tigersturm auf den Weg zurück zum HimmelClanlager. Von ihrem merkwürdigen Traum, den sie selber noch nicht deuten konnte hatte sie ihrer Schülerin oder den anderen Heilerkatzen nichts gesagt. Sie schienen ganz normale Träume gehabt zu haben. *Kein Wunder*, fiel es Eulenfeder ein. *Sie haben ja auch nicht den WolkenClan als Kriegerahen.* Eulenfeder beschloss den Gedanken an diesen merkwürdigen Traum zu verdrängen. Nun hatte sie noch etwas anderes mit ihrer Schülerin zu klären. Sie muss ihr mitteilen dass sie von nun an ihr Kriegertraining wieder aufnehmen wollte. Darüber was Tigersturm dazu sagen würde, hatte sie sich noch gar nicht so viele Gedanken gemacht. „Tigersturm?", fragte sie die jüngere Kätzin unsicher. „Ja?" Tigersturms Stimme war fröhlich. Sie war bestimmt immer noch stolz über ihren vollwertigen Heilernamen und hatte bestimmt auch eine schöne und vor allen Dingen normale Begegnung mit dem SternenClan gehabt. „Ich muss dir etwas gestehen. Dringend." Die Heilerin blieb stehen und nachdem auch ihre Schülerin überrascht abbremste, schenkte sie ihrer Mentorin einen besorgten Blick. „Ist etwas passiert? Hattest du einen schlimmen Traum mit dem SternenClan?" Eulenfeder schüttelte schon fast ironischer Weise den Kopf, was Tigersturm allerdings nicht bemerkte. „Nein, es geht um etwas ganz anderes." Sie zögerte einen Moment und fragte sich wie sie es ihrer Schülerin die Tatsache am geschicktesten erklären konnte, dann entschied sie sich für die direkte, knappe Variante. „Ich möchte Kriegerin werden." Der Blick ihrer Schülerin war zunächst überrascht und sie schien ziemlich überwältigt. Damit hätte sie wohl nicht gerechnet. Doch nach einer kurzen Zeit, in der sich die HimmelClankätzin scheinbar den Gedanken im Kopf wiederholte um sich dessen Bedeutung überhaupt erstmal richtig klar zu werden, hellte sich ihre Miene auf und sie lächelte. Es war mehr so eine Sorte wissendes als wirklich fröhliches Lächeln, aber Eulenfeder war dennoch erleichtert darüber. Die Reaktion ihrer Schülerin hätte schließlich auch ganz anders ausfallen können. „Weißt du was?", fragte Tigersturm. „Eigentlich passt Kriegerin viel besser zu dir als Heilerkatze." *Weißt du was? Zu dir eigentlich auch*, stieg Eulenfeder in den Kopf, doch sie erwiderte diese Worte Tigersturm nicht. Sie wusste, dass die Kätzin trotz ihres Charakters im Grunde ihres Herzens eine wahre Heilerkatze war. Ganz im Gegenzug zu ihr selbst. „Und du bist damit einverstanden?", fragte die Heilerin schließlich ihre Schülerin etwas unsicher und diese schmiegte sich schnurrend an ihre Mentorin. „Natürlich hätte ich dich lieber bei mir im Heilerbau behalten. Du bist eine großartige Heilerin und ich könnte noch so viel von dir Lernen..." In der Stimme der jüngeren Kätzin schwang ein wenig Bedauern mit und Eulenfeder bekam sofort Schuldgefühle. Konnte sie Tigersturm wirklich im Stich lassen? „Andererseits", bemerkte diese. „Bin ich nun eine vollwertige Heilerin und weiß eigentlich alles, was ich können muss um meinen Clan zu versorgen und du bist notfalls ja immer noch da... Wenn du auch zwischendurch auf Patrouillen gehst oder für den Clan jagst... Es ist ganz allein deine Entscheidung und ich glaube du solltest den Weg holen, der für dich am besten ist und mit dem du deinem Clan am meisten dienen kannst. Was dieser Weg ist kannst nur du selbst wissen." Tigersturms Verständnis und ihre Weisen Worte ließen die Heilerin Erleichterung verspüren, die durch ihren ganzen Körper lief und sie sich leicht wie eine Feder fühlen ließ. „Und außerdem ein gutes hat es ja auch noch", betonte Tigersturm noch. „Ich kann eine Schülerin ausbilden ohne zuvor auf deinen Tod warten zu müssen und du kannst mich dabei immer unterstützten." Einerseits gab Eulenfeder ihrer Schülerin voll und ganz recht. Sie war ja nicht tot und konnte ihr immer noch helfen, wenn diese irgendwie Hilfe brauchte. Aber andererseits machte das sie auch ein wenig unglücklich. So schlecht es auch für den Clan war, am liebsten wäre es der Heilerin, wenn sie alle ihre Heilkünste vergessen würde. Sie wollte eine richtige Kriegerin sein. Doch das würde sie nie werden. Bis zum Ende ihres Lebens würde sie zu einem gewissen Teil Heilerkatze bleiben. Solange ihr Wissen vom Clan gebraucht wurde. Nie würde sie eine richtige, echte Kriegerin sein. Dieser Erkenntnis ließ Eulenfeder wieder etwas schwerer werden und sie fühlte sich nicht mehr ganz so leicht wie eine Feder, unter anderem auch weil ihr einfiel, dass sie auch noch mit Heidenstern sprechen musste. Wenn die Anführerin es ihr nicht erlaubte, würde sie keine andere Wahl haben als Heilerin zu bleiben...

Im Lager angekommen war bereits die Morgendämmerung angebrochen und lockte so langsam die ersten Katzen aus ihren Bauen. Die Morgenpatrouille mit Haselblüte an der Spitze brach gerade auf und ein paar Katzen waren bereits schon auf der Lagerlichtung und bescherten sich ein Frühstück. Eulenfeder war sehr müde und sie wusste dass es Tigersturm nicht anders ging. Die beiden Heilerkatzen steuerten auf direktem Wege auf den Heilerbau zu. Wäre nicht Kristallpfote aufgetaucht um ihre Schwester eifrig nach ihrem ersten richtigen Heilertreffen zu befragen, hätten die beiden vermutlich ganz vergessen, dem Clan von Tigersturms Heilerzeremonie zu berichten, doch Kristallpfotes eifriger Ruf erinnerte sie daran. „Tigerpfote, Tigerpfote, wie war es?", rief sie und kam vom Ältestenbau angeprescht. Tigersturm schenkte ihrer Wurfgefährtin ein müdes aber auch sehr stolzes und glückliches Lächeln. „Ich heiße jetzt Tigersturm!", verkündete sie und Kristallpfote machte große Augen. „Was, wirklich? Wow! Meine Schwester eine vollwertige Heilerin, wer hätte das gedacht? Herzlichen Glückwunsch!" Die Schülerin leckte Tigersturm stolz übers Fell. „Wenn du uns nun entschuldigen würdest?", bar Eulenfeder freundlich. „Wir haben noch etwas Schlaf nach zu holen..." „Oh, natürlich!" Kristallpfote verabschiedete sich schnell von ihrer Schwester und verschwand wieder im Heilerbau, während die beiden Heilerkatzen ihren Bau aufsuchten und es sich in ihren Nestern bequem machten. Das gleichmäßige Atmen von Tigersturm verriet Eulenfeder, dass die Kätzin schon sehr bald im Land der Träume ruhte. Doch trotz ihrer enormen Müdigkeit konnte die Heilerin einfach nicht einschlafen. Zu sehr drückte sie der Gedanke daran, dass sie ja noch mit Heidenstern sprechen musste.

Irgendwann hatte Eulenfeders Müdigkeit dann dochüber ihre Sorgen gesiegt und als sie ihre Augen wieder öffnete befand sie sichim Land der Träume. Um genau zu sein auf dem von einer großen, warmen Sonnebeschienen Hang, der ihr den Blick auf das Feld mit den goldenen Blumenbescherte. Ihr Herz schlug schneller. So viele Nächte schon hatte sie sich hiermit Flugmond getroffen und so lange schon war ihre letzte Begegnung mit demMoorClankater her. Auf den großen Versammlungen waren sie sich nie über den Weggelaufen, zusammen geträumt hatten sie auch nicht mehr und beim Kampf hatte dieHeilerin nicht weiter auf den MoorClankater achten können. Ihre letzteBegegnung war schon Monde her, bis auf die letzte, wo sie zumindest malgeglaubt hatte den Duft von Flugmond wahrzunehmen. Es war damals gewesen, alsder Dachs sie angegriffen und Flugmond sie gerettet hatte. Und wo sie ihm ihreLiebe gestanden hatte... Bei dem Gedanken fräste sich Verunsicherung in Eulenfeders Kopf ein. Sie hatte wirklich geglaubt zu sterben und wollte demMoorClankater noch die Wahrheit gestehen. Doch nun, wo sie doch überlebt hatte,hätte sie es lieber wenn sie damals die Wahrheit für sich behalten hätte. Siehatte schließlich keine Ahnung, was Flugmond für sie empfand. Sie wollte ihmnur ungern in die Augen sehen mit dem Wissen dass er wusste wie sie für ihnempfand. *Aber besser als ihm gar nichtmehr in die Augen zu sehen...*, musste sich die Heilerin dann docheingestehen und sie ließ ihren Blick suchend über das goldene Feld und dieLandschaft dahinter schweifen, auch wenn ihre Hoffnungen eigentlich nicht allzugroß waren. Doch auf einmal entdeckte sie ihn! Da war er, Flugmond wie erleibte und lebte... Naja, wie er halt im Traum war, aber das war ja annähernddasselbe. Es war schließlich immer noch der gleiche Kater. Derjenige, denEulenfeder liebte. Er glitt geschicktzwischen den Blüten hindurch und richtete seinen Blick dabei nur auf seinePfoten, sodass er die Heilerin nicht erblickte. Dieser blieben nun zweiMöglichkeiten. Entweder versteckte sie sich schnell und beobachtete Flugmondheimlich. Im unaufmerksamen beobachten anderer Katzen in ihre Träumen war sienun schließlich schon eine Meisterin. Oder aber sie konnte sich Flugmond aucheinfach präsentieren und endlich nach so langer Zeit mit ihm reden. Auf wennihr letzteres ein nervöses Kribbeln im Bauch beförderte, entschied sie sichohne die Folgen abzuwägen spontan dafür. Es war einfach das was ihr Herzwollte. „Hallo Flugmond", sprach sie daher und der Kater schrak zusammen. SeinBlick richtete sich auf und da - traf er auf Eulenfeders. Überraschungspiegelte sich in seinen Augen wieder und verbarg den Blick auf seine anderenGefühle und Gedanken. „Eulenfeder", miaute er und starrte sie einen Momentfassungslos an, dann kam er langsam aber sichtlich unsicher auf sie zu. Mitjedem Schritt den er sich ihr näherte schlug das Herz der Heilerin noch einbisschen schneller und sie glaubte das Flugmond es auch schon längst hörenmusste. Als der Kater bei ihr ankam, wusste er nicht recht was er sagen sollteund starrte verlegen auf seine Pfoten. „Ich äh..." Eulenfeder schnitt ihm dasWort ab, indem sie ihm mit einem Heben des Schwanzes gebot zu schweigen. „Estut mir leid", verkündete sie. „Was ich da letztens gesagt habe... das war zuübereifrig von mir. Du bist ein MoorClankater und ich eine HimmelClankätzin,die bloß Befreundete sind, mehr nicht. Dabei sollten wir es belassen..."*Mäusehirn!*, schalt Eulenfeders innere Stimme sie. *Eine verlegene Situationüberspielen indem du leugnest? Ist das deine Methode.* Mit Mühe und Notschaffte es die Heilerin ihre innere Stimme zum Schweigen zu bringen, auch wennsie irgendwie ja recht hatte. Doch jetzt war es zu spät um die Wortezurückzunehmen, sie waren gesprochen. Flugmond hob seinen Blick und sahEulenfeder in die Augen. Für den Bruchteil eines Herzschlags glaubte sie Trauerin dem Blick des Katers zu sehen. Dann wurde sein Blick wieder ausdruckslos under verbarg jegliches Gefühl. Stattdessen nickte er bloß schnell. „Ja,Eulenfeder, da hast du vollkommen recht", bemerkte er hastig. „Wir sollten dasEreignis... einfach vergessen." Die Heilerin nickte. „Ganz genau", entgegnete sieschnell, ehe ihre innere Stimm sich wieder zu Wort melden konnte. Einen Momentsaßen die beiden Katzen stumm da, ohne sich in die Augen zu blicken. Dann löstesich die Landschaft um Eulenfeder herum auf und sie erwachte wieder in ihremNest im Heilerbau. Tigersturm hatte allem Anschein nach bereits den Heilerbauverlassen. Eulenfeder streckte sich und gähnte genüsslich. Der Traum undFlugmond verblassten aus ihren Gedanken und die warmen Sonnenstrahlen locktensie auf die Lichtung. Das Gewitter von gestern hatte sich schnell verzogen, undden Wald ohne Schauer verlassen. Eigentlich bedauernswert, denn gegen einbisschen Regen hätte niemand etwas gehabt in dieser trockenen Blattdürre. Die Heilerinverließ ihren Bau und blickte sich auf der Lichtung um. Sie entdeckteHeidenstern die sich gerade mit ihrem Stellvertreter Fleckenkralle unterhielt."Äh Heidenstern? Kann ich dich mal kurz sprechen?" Die beiden Katzensahen die Heilerin überrascht an und sie fühlte sich etwas unwohl, dass siederen Gespräch unterbrochen hatte. Doch sie wollte sich ihr Anliegen nunendlich von der Seele sprechen. Die Anführerin nickte und die beiden HimmelClankatzenentfernten sich zu Heidensterns Bau. Die weiße Kätzin machte es sich im Hohlraum bequem und sah Eulenfedererwartungsvoll an. Den Schwanz hatte sie sorgfältig um die Pfoten gewickelt."Also...", begann die Heilerin. "Ich habe einen Wunsch.""Nur zu", forderte die Anführerin sie auf. "Ich würde gerne...Also natürlich nur wenn es möglich ist... vielleicht Kriegerin werden?"Sie wartete auf eine Reaktion im Gesicht der Anführerin, die daraufhindeutete was diese über Eulenfeders Bitte dachte, doch HeidensternsGesichtsausdruck verriet nichts. "Ich wäre eine schlechte Anführerin, wäremir das nicht schon zuvor aufgefallen", verkündete sie und maß dieHeilerin von den Pfoten bis zur Schwanzspitze. War jetzt etwa schon jedem imClan aufgefallen, dass Eulenfeder Kriegerin werden wollte? "Und ich wäreauch keine gute Anführerin", fuhr Heidenstern fort. "Wüsste ichnicht, dass das besser für dich ist." "Heißt das jetzt, ich darfKriegerin werden?", hakte die Heilerin hoffnungsvoll und die Anführerinnickte lächelnd. "Das ist der Pfad, den der SternenClan für dich ausgewählthat. Und ich will dich nicht daran hindern ihn zu gehen."

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