☆13. Kapitel☆ ✅
Eulenfeder wartete höflich am Eingang des Anführerbaues, bis Heidenstern ihr gelobte, einzutreten. Die Heilerin zwängte sich durch die Gänge und wählte schließlich die richtige Abkreuzung, die zum Hohlraum führte, in dem die Anführerin übernachtete und sich manch einmal mit der ein oder anderen Katze die Zunge gab. „Guten Morgen, Eulenfeder. Ich habe gehört, es ist etwas Schlimmes vorgefallen?" In Heidensterns Augen lagen Kummer und Sorge um ihren Clan und die Heilerin tröstete der Gedanke, dass Heidenstern eine ganz normale Clankatze war, sowie die anderen Krieger auch, und dass sie die selben Gefühle fühlte, wie diejenigen, die nur ein einziges Leben führten.
„Ja, das ist es", gab Eulenfeder mit trüber Stimme zu. „Seejunges wandelt nun mit dem SternenClan." Heidensterns Trauer rollte in Wellen auf die jüngere Kätzin über und diese konnte sie nur selbst wiedergeben. „Das ist wahrhaftig eine traurige Nachricht. Ich wusste von Anfang an, dass Scheinfell keine fünf Junge durch die Blattleere bekommen würde." Eulenfeder musste sich eingestehen, dass sie insgeheim dieselbe Befürchtung gehabt hatte, diesen Gedanken aber immer ins Abwägige verbannt hatte.
„Wie geht es ihr im Moment?", schob Heidenstern noch besorgt hintendrein und die Heilerin verstandt erst im zweiten Augenblick, dass Heidenstern nicht Seejunges, sondern Scheinfell meinte. Die Umsorgnis ihrer Anführerin um ihre Clangefährten rührte Eulenfeder ein wenig und sie musste sich Respekt für Heidenstern eingestehen. Sie war eine sehr gute Anführerin, mit all den Talenten, die sich ein Clan wünschte und außerdem war es keine leichte Aufgabe, einen Clan zu führen.
Sie übernahm würdevoll die Verantwortung für all ihre Clangefährten und traf Entscheidungen, die nur die Interesse ihres Clans und nicht ihre eigenen betrafen. Diese Selbstlosigkeit machte aus Heidenstern eine wirklich ehrenvolle Anführerin. Aber nicht zuletzt auch das Talent, genau das richtige Maß zwischen Härte und Gerechtigkeit zu finden. Sie würde niemals eine unschuldige Katze aufgrund irgendwelcher Verdachte oder Äußerlichkeiten bestrafen, auch keine eines anderen Clans.
Aber sie würde auch auf keine, teilweils auch harte, Strafe verzichten, wenn eine Katze einen wirklichen Fehler begangen hatte, ganz gleich aus welchem Clan. Mit bloßer Reue würde sie keine Katze ziehen lassen, sondern jedesmal eine Bestrafung zu Rande ziehen, die der jeweiligen Katze genau das richtige Maß an Lehre gab, ohne sie dabei äußerlich zu verletzen.
„Eulenfeder?" Heidensterns Stimme riss Eulenfeder aus ihren Gedanken und wieder in die Realität zurück. Die Heilerin schüttelte sich einmal kurz, um ihr Gehirn wieder auf die Frage zurückgreifen zu lassen und antwortete dann schließlich: „Den Umständen entsprechend. Ich habe ihr und Fleckenkralle ein bisschen Thymian gegen den Schock gegeben. Außerdem habe ich Braunpelz dazu angeordnet, Fleckenkralle mit auf Patrouille zu nehmen, um diesen abzulenken und Windblume ist bei Scheinfell und spielt ein bisschen mit den Jungen, damit diese in Ruhe schlafen kann."
Die Anführerin nickte anerkennend. „Ich wollte dir schon immer einmal gesagt haben, wie stolz ich auf dich bin. Du bist eine sehr gute Heilerin und dienst deinem Clan in deinen so jungen Jahren schon besser, als eine Katze ihm jemals dienen könntest. Dem SternenClan sei Dank, dass der Clan dich hat." Eulenfeder leckte etwas verlegen ihr Brustfell und hörte damit erst wieder auf, als Heidenstern den Blick von ihr abwandte.
In diesem Moment fielen der jungen Heilerin unwillkürlich wieder ein paar Kinderstubengeschichten ein, die über Heidenstern handelten. Eulenfeder erinnerte sich wage daran, wie Flügelbeere ihr erklärt hatte, dass Heidenstern eine der jüngsten Katzen im Clan war und bereits mit einem Alter von unter 25 Monden zur Anführerin ernannt wurde. Sie war eine der allerjüngsten Anführer in der Geschichte der drei Clans.
Die Heilerin schluckte schwer. Da war Heidenstern schließlich nicht viel älter gewesen, als sie selbst jetzt. In diesem jungen Alter war es der Anführerin bestimmt schwer gefallen, abzuwägen, welches richtige Entscheidungen waren. Doch dann musste sich Eulenfeder eingestehen: Es gab kein richtig oder falsch. Niemand wusste, was in der Zukunft passieren würde. Die Aufgabe eines Anführers war es nur, zu überlegen, was der Theorie nach für den Clan am besten war, aber in der Praxis kam dann doch immer alles anders als erwartet.
Nur der SternenClan wusste, was in der Zukunft passieren würde. Aber ob dies richtig oder falsch war, konnte dieser genauso wenig wissen wie die Lebenden. Eulenfeder seufzte und musterte das Fell der Anführerin, das durch die frühen Morgenstrahlen, die durch ein paar Löcher in der Höhlendecke einfielen, eigenartig glänzte.
*Auch bei dieser Entscheidung gibt es kein richtig oder falsch*, überlegte die Heilerin, als sie wieder an den MoorClan und den Kampf dachte, der ihren Planungen entsprungen war. *Und Heidenstern wird sich wohl für das entscheiden, was den Clan mehr schützt, ohne zu bedenken, dass dies verheerende Folgen für den Clan im Nachhinein haben könnte, wenn die Dachse bis den MoorClan besiegt haben. Dann wird es für sie ein Leichtes sein, die Clans für immer zu zerstören.*
Etwas verunsichert wandte sich Eulenfeder an Heidenstern, um sie die entscheidende Frage zu fragen: „Bist du bereit, einen Kampf einzugehen, um dem MoorClan und dem ganzen Wald zu helfen?" Die Anführerin sah sie etwas irritiert an. „Was genau meinst du?", fragte sie die Heilerin und diese seufzte, ehe sie zu einer Erklärung ansetzte: „Dem MoorClan geht es gar nicht gut. Sie werden von Tag zu Tag schwächer und hungriger. Und das alles... liegt daran, dass sie Dachse in ihrem Territorium haben."
Heidenstern sah Eulenfeder schockiert und überrascht an, unterbrach sie jedoch nicht, weshalb diese fortfuhr: „Momentan hat zwar nur der MoorClan ein Problem mit den Dachsen, jedoch sind diese der gemeinsame Feind aller Clans und können auch nur gemeinsam besiegt werden. Das hat mir der SternenClan gesagt und er hat mir auch eine Vision geschickt", endete die HimmelClankätzin und sah Heidenstern etwas erwartungsvoll an. Die Anführerin brauchte sichtlich einen Augenblick, um diese ganzen Informationen zu verarbeiten.
Die Heilerin wartete in dieser Zeit schweigend, um Heidenstern nicht zu drängen. Doch allzu lange dauerte es nicht, bis die Anführerin ihre Sprache wiedergefunden hatte. „Das hat dir der SternenClan also gesagt... Er scheint dir sehr zu vertrauen, Eulenfeder", erklärte Heidenstern und begegnete schließlich dem erwartungsvollen Blick der Heilerin. Diesen erwiderte sie einige Zeit, ehe sie schließlich seufzend den Kopf schüttelte. „Ich weiß, dass es dem MoorClan sehr schlecht geht und dich ehrt deine Hilfsbereitschaft, die du für ihn aufbringst. Doch der Clan wird von Tag zu Tag schwächer und zu diesen Zeiten kann ich ihn nicht in einen Kampf schicken, dessen Ausgang ungewiss ist."
Die Worte der Anführerin leuchteten Eulenfeder zwar ein, aber sie wollte sie nicht bis zu ihrem Verstand durchsickern lassen. Zwar hatte sie schon mit einer derartigen Antwort der Anführerin gerechnet, doch ihre Hoffnung, dass Heidenstern auch diesesmal die Entscheidung treffen würde, die Eulenfeder selbst am besten fand, war größer gewesen und ließ auch jetzt nicht nach, weshalb Eulenfeder widersprach: „Aber der SternenClan will, dass wir dem MoorClan helfen!", erklärte sie. „Möchtest du dich dem Wort des SternenClans widersetzen?"
Die Entrüstung in der Stimme der Heilerin ließ Schmerz in Heidensterns Augen auflodern, aber keine Wut. Eulenfeder wusste, dass es sich nicht gehörte, einer Anführerin auf solche Weise zu widersprechen und es tat ihr leid, dass sie diese verletzt hatte, aber für das Wohl des MoorClans und das des ganzen Waldes war es ihr das wert.
Heidenstern schluckte, ehe sie erklärte: „Der Wille des SternenClans ist kein Gesetz für die Clans." Ihre Stimme klang ruhig und geduldig. „Dieser Kampf ist nicht der des HimmelClans. Ich kann meine Krieger nicht in einen solchen Kampf führen. Dies muss der MoorClan tun." Eulenfeder konnte sich nicht zurückhalten, sondern konterte mit vorwurfsvoller Stimme: „Achja? Und wie sollen sie das deiner Meinung nach bitteschön tun? Sie sind noch viel schwächer als wir und wenn Kalbstern sie in einen Kampf führen würde, wäre es für seine Krieger kein Kampf, bei dem sie keine Ahnung hätten, wie er ausgeht, sondern ein Kampf, bei dem sie wüssten, dass sie niemals zurückkehren würden."
Heidenstern sah sie noch einen Moment entschuldigend an, dann schüttelte sie schließlich den Kopf. „Ja, vielleicht hast du Recht. Aber ich riskiere einfach zu viel, wenn ich meinen Clan in die Schlacht führe. Ich muss als Anführerin zuerst an meinen eigenen Clan denken, es tut mir leid."
Nun sprudelte die Wut wieder in Eulenfeder hoch und sie sagte etwas, das sie im nächsten Moment sehr bereute, aber die Worte sprudelten einfach aus ihrem Maul raus: „Ja, das glaube ich dir. Aber wenn der HöhlenClan in einer solchen Situation wäre, würdest du das anders sehen, nicht wahr? Denn Felsstern ist schließlich ein ganz besonderer Kater." Heidenstern war zu geschockt und überwältigt, um zu antworten und Eulenfeder biss sich schnell auf die Lippen um zu verhindern, dass noch mehr Wörter hinaus sprudelten.
Hatte sie das gerade wirklich gesagt? Dachte sie so wirklich über ihre Anführerin? Bevor die Situation zu peinlich wurde, verließ die Heilerin eilig den Anführerbau und in einem auch das Lager. Die kühle, frische Luft gab ihr frischen Atem und ließ sie ihre Wut schnell verpuffen. Doch die dicken Flocken, die langsam zur Erde fielen, während Eulenfeder ziellos durch den Wald trabte, stimmten sie nachdenklich.
Über die Worte, die sie gerade zu Heidenstern gesagt hatte, hatte sie zuvor nie wirklich nachgedacht und war selbst überrascht gewesen, wie sie auf einen solchen Gedanken gekommen war. Doch war es vielleicht die Wahrheit gewesen? Und war dort wirklich ein tieferes Geheimnis der Anführerin, was den HöhlenClananführer betraf?
Die Heilerin konnte sich jedenfalls noch gut daran erinnern, wie schockiert Heidenstern gewesen war, dass sich Felsstern mit seinem Clan dem Kampf gegen den HimmelClan angeschlossen hatte. Vielleicht hatten der HimmelClan und der HöhlenClan ja einst untereinander eine Art Friedensvertrag geschlossen. Das wäre jedenfalls eine plausible Erklärung für Heidensterns Entrüstung, doch Eulenfeder glaubte dies nicht. Sie wusste, dass das einen anderen Grund gehabt hatte.
Ihr kam auch wieder ins Gedächtnis, wie Heidenstern Felsstern bei den großen Versammlungen ansah und wie die beiden Katzen einen zu kurzen und unauffälligen, aber innigen und wissenden Blick miteinander tauschten, ehe sie sich in den formalen Worten begrüßten. Ihr Verhalten erinnerte die Heilerin aus unerfindlichen Gründen ein wenig an sie selbst, wenn sie sich mit Flugmond traf.
Doch war es vielleicht ein bisschen zu hoch gegriffen, Heidenstern wegen winzigsten Merkmalen zu etwas solchem zu verdächtigen? Aber was war es eigentlich für eine Beziehung zwischen ihr selbst und dem MoorClankrieger? Für was beschuldigte sie Heidenstern? War es vielleicht... Nein! Eulenfeder schüttelte den Gedanken ganz schnell von ihrem Fell. Das konnte nicht sein!
Sie und Flugmond waren bloß zwei Katzen aus unterschiedlichen Clans, die sich gegenüber nicht ganz so feindlich gesinnt waren, wie andere unterschiedliche Clankatzen. Doch was war das für ein Gefühl, das in Eulenfeders Bauch rumorte, sobald sie an Flugmond dachte? Und was versetzte ihrem Herzen immer einen Sprung, wenn sie den Kater sah? Und konnte es vielleicht sein, dass Heidenstern für Felsstern dasselbe empfand?
Dieses Kapitel widme ich der lieben Funkenpfote. (Was eigentlich schon längst überfällig ist!) Sie hat nämlich mein Buch gelesen, ausführlich bewertet und kommentiert und votet immer fleißig! DANKEEE!!! Außerdem hat sie dieses unglaublich schöne Bild (siehe oben) für mich gemalt! Vielen Dank dafür es ist so unglaublich schön! Findet ihr das auch? Es soll Eulenfeder auf dem Heilerstein darstellen <3
Also dann noch schöne Ferien euch allen! Und frohe Weihnachten nachträglich, sowie nen guten Rutsch!
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