Prolog

Eisiger Wind pfiff durch den Wald und ließ die Äste der Bäume mitsamt ihren Blättern hin und her wehen. Der fast volle Mond, dessen helles Licht durch das Gras strich, beleuchtete eine Gestalt, die steifbeinig durch das stachelige Gestüpp lief. Sie hatte die Ohren angelegt und ihre leuchtenden Augen zusammen gekniffen, während der Wind ihr das graue Fell aus dem Gesicht peitschte.

In ihrem Maul baumelte ein kleines Fellbündel. Nur bei genauerem Hinsehen konnte man erkennen, dass es zwei Junge waren, die sicher im Griff der Kätzin baumelten.

Diese hatte das Ende des Waldes erreicht, sah sich noch einmal wachsam um und verließ dann den Schutz der Schatten, um auf eine Lichtung zu treten. Ihr Atem ging stoßweise und erschöpft tappte sie zu einem großen Felsen, um auf der windabgewandten Seite zwischen ein paar Farnhalmen herum zu stöbern, während die beiden Fellbündel daneben lagen und maunzten.

Kurz schweifte ihr wachsamer, hellblauer Blick über die Lichtung, bevor sie die Farnhalme zur Seite schob und dadurch den Eingang einer Höhle freigab. Die Kätzin wusste genau, wie gefährlich es an diesem Ort war. Wenn man sie erwischte, würde man sie und vielleicht auch ihre Jungen töten. Bei diesem Gedanken schlang sie ihren Schweif fester um ihre Kleinen und zog sie näher an sich, bevor sie die kleine in die Erde gegrabene Höhle betrat und es sich auf einem Moosfleck bequem machte.

Die kleinen Fellbündel hatten sich zitternd vor Kälte aneinander gekuschelt. Mit mulmigem Gefühl schluckte die Kätzin. Wenn er sich doch beeilen würde...

"Rauchglanz" Eine tiefe Stimme ließ Rauchglanz aufschrecken. An den Höhleneingang trat ein breitschultriger, dunkel getigerter Kater mit blauen Augen, die so kalt wie Eis zu sein schienen. Die Kätzin schluckte wieder und wich zurück, während sie ihre Jungen mit dem Schweif mit sich zog. Diese beschwerten sich mauntzend und schlugen mit ihren kleinen Pfötchen um sich.

Der Kater tappte selbstsicher in die Höhle und leckte sich verächtlich über die Lippen, als er auf die Jungen blickte. "Das sollen also meine Jungen sein?" Er verzog seine Schnauze, die von einer diagonalen Narbe gezeichnet war. "Na ja. Es wird sich schon etwas mit ihren anfangen lassen"

Er wollte eines am Nackenfell packen, aber Rauchglanz sprang fauchend dazwischen. "Pfoten weg! Du tust ihnen nur weh!" Der Kater richtete sich wieder zur vollen Größe auf. Im schwachen Licht des Mondes, das in den Bau hinein fiel, sah er gruselig und gefährlich aus, wie er seine Muskeln anspannte. "Rauchglanz" Seine Stimme war genervt, jedoch ungewöhnlich ruhig. "Ich dachte, wir hätten das schon geklärt. Aber von mir aus sage ich es dir noch einmal"

Er hob eine Pfote, fuhr die Krallen aus und zeigte damit auf die Jungen. Ein dunkler Schatten bedeckte seine eiserne Miene. "Entweder, du überlässt sie mir, oder sie werden sterben!" Die Kätzin zitterte vor Angst, sträubte aber tapfer ihr Fell und zeigte die Zähne. "Du würdest deine eigenen Jungen niemals töten! So kaltherzig bist du nicht!" Er blinzelte. Seine Miene schien immer noch so emotionslos, wie ein Felsen. "Oh glaube mir, ich würde alles tun, damit unser Geheimnis nicht gelüftet wird! Das alles war ein Fehler. WIR waren ein Fehler"

Verletzt legte Rauchglanz die Ohren an und zuckte zusammen. In ihren Augen war Schmerz zu erkennen. "Ich dachte, du liebst mich..." Sichtlich wütend knurrte der Kater aus tiefster Kehle. "Komm mir jetzt nicht damit! Ich bin schwach geworden! Und das wird niemals jemand erfahren! Und jetzt gib mir diese Jungen! Sie würden sowieso viel glücklicher sein, als Kinder des 2. Anführers aufzuwachsen, anstatt als Kinder einer Sklavin!" Bei dem Wort 'Sklavin' huschte ein verächtliches Grinsen über sein Gesicht.

Rauchglanz zuckte wieder zusammen. Das hatte gesessen. Würde es den Jungen wirklich bei ihm besser gehen? In einem anderen Clan? Der Kater schien ungeduldig zu werden. Unruhig knetete er mit seinen Pfoten den Boden und warf nervöse Blicke um sich. "Komm schon", zischte er mit zusammen gebissenen Zähnen. "Bringen wir es jetzt hinter uns. Gib mir unsere Jungen..."

Zu spät bemerkten die beiden Katzen die Gerüche von sich näherenden Katzen, die das Gespräch belauscht hatten. Nun war es zu spät. Ein weißer Kater sprang wütend in den Bau und baute sich vor den beiden erschrockenen Katzen auf. "Ihr habt JUNGE zusammen?" Seine zusammengekniffenen, grünen Augen sprühten fast Funken vor Wut. Der dunkel getigerte Kater sträubte zitternd sein Fell. "Ich... ich kann das erklären..."

Eine rote Kätzin trat neben den weißen Kater. "Wir scheißen auf deine Erklärung!", fauchte sie hasserfüllt. "Unser 2. Anführer hat uns verraten! Indem er sich in eine SKLAVIN verliebt hat!" Verächtlich schnaubte sie. "Ich hätte echt mehr von dir erwartet, Reißzahn!"

Reißzahn schluckte und spürte, wie seine Beine weich wie tote Vogelkörper wurden und drohten, unter ihm zusammen zu brechen. Er hatte einen Klos im Hals und war unfähig, zu sprechen. Wie sehr hatte er diesen Moment verhindern wollen! Wieso War das alles nur passiert? Kurzerhand wurden die beiden Katzen gepackt und nach draußen geschleift. Keiner von ihnen wehrte sich, denn sie wussten, dass es sinnlos war. Der weiße Kater folgte mit den beiden Jungen, die ängstlich wimmerten.

"Was ist hier los?" Eine weitere Stimme meldete sich von Richtung des Waldes und zwei Katzen, ein schwarzer Kater und eine cremefarbene Kätzin traten zwischen den Bäumen hervor. Der weiße Kater wandte seinen grünen Blick von Reißzahn ab und blickte ihnen entgegen. "Unser zweiter Anführer und eure Sklavin haben gegen die Regeln verstoßen", erklärte er kalt und wies mit einem Schwanzschnippen auf die beiden Jungen. "Und sie haben Junge!"

Die Neuankömmlinge kamen näher und blickten wütend auf ihre Sklavin herab. "Stimmt das?", knurrte die cremefarbene Kätzin und wimmernd drückte sich Rauchglanz auf den Boden. "Ja", schluchzte sie. "Es tut mir so leid! Vergebt mir!" Der schwarze Kater fauchte als Antwort: "Weißt du überhaupt, was du da angerichtet hast?! Du hast den Clan verraten! Das Blut dieser beiden Jungen ist verunreinigt, wegen deiner Dummheit!" Auf seiner Miene bildete sich ein blutdurstiges Lächeln, dass Rauchglanz einen kalten Schauder über den Rücken laufen ließ. "Und du weißt, was die Strafe dafür ist!" Entsetzt riss die hellgraue Sklavin die Augen auf. "NEIN..." Das Lächeln des schwarzen Katers verwandelte sich in ein breites Grinsen. "Doch!" Dann erhob er die Stimme: "Diese beiden Katzen haben gegen die Regeln verstoßen, indem sie Halbclankatzen gezeugt haben! Die Eltern und ihre Jungen müssen als Strafe sterben!"

Rauchglanz fuhr entsetzt ihre Krallen aus, als sich die Katzen alle gleichzeitig auf sie und Reißzahn stürzten. Schon war die Luft erfüllt von Kampfgeschreien. Verzweifelt versuchte sie, sich zu wehren, doch als jemand sie an der Kehle packte, konnte sie nur noch einen schwachen Schrei ausstoßen, der jedoch bald erstarb und ihr inmitten ihres Blutes schwarz vor Augen wurde.

Als die beiden Köper von Rauchglanz und Reißzahn zu Boden fielen, erhob sich der schwarze Kater mit blutverschmierter Schnauze und gierigem Blick. Er leckte sich genüsslich über die Lippen und wandte sich den beiden Jungen zu, die, obwohl sie blind waren, die Gefahr zu spüren schienen und ängstlich wimmerten. "So..." Seine Stimme klang rau wie der Felsen neben ihm. "Und jetzt zu denen..." - "Warte!" Die rote Kätzin sprang ihm mit einem eleganten Satz in den Weg. Ihre Augen funkelten. "Ich habe eine bessere Idee..."

~

Als Rauchglanz erwachte, fand sie sich auf einer hellen erleuchteten Licht wieder. Verwirrt stand sie auf und war noch etwas wackelig auf den Beinen, als sie sich umsah. "Wo bin ich hier?", flüsterte sie. Ihre Stimme klang seltsam hallend, während sie die Lichtung um sich herum genauer betrachtete. Warme Sonnenstrahlen wärmten ihren grauen Pelz und das hohe frische Gras strich ihr sanft um die Pfoten.

"Willkommen, Rauchglanz", sprach auf einmal ein sanfte, ihr sehr bekannte Stimme hinter ihr. Die Sklavin wirbelte herum und erblickte im Gras eine weiße Kätzin mit blauen Augen, die freundlich lächelnd vor ihr stand. "Schneefell!", brachte Rauchglanz krächzend hervor. Sie war so froh, die Katze endlich wieder zu sehen, die starb, als sie noch ein Junges war. "Mama..." - "Schhh..." Sanft legte Schneefell ihren buschig Schweif um die Schultern ihrer Tochter. "Alles ist nun gut. Du bist gestorben und wieder bei mir" Rauchglanz schluckte. "Ich... hatte mir den Wald der Finsternis anders vorgestellt... irgendwie... unheimlicher!" - "Das ist nicht der Wald der Finsternis", unterbrach sie Schneefell und legte den Kopf schief. "Dies ist der Sternenclan. Aber dazu später mehr. Wir sind in Aufruhr, denn wir haben eine Prophezeiung erhalten!"

Rauchglanz spitzte interessiert die Ohren. Eine Prophezeiung? Davon hatte sie schon mal gehört! Aber zu ihren Lebzeiten hatte es keine gegeben. "Erzähl!", meinte sie eifrig. Ihre Augen leuchteten, die Miene ihrer Mutter jedoch verdüsterte sich, als sie mit monotoner Stimme und leerem Blick anfing, zu sprechen:

"Längst vergessene Clans, längst vergessene Zeiten.
Die Katzen lassen sich vom Bösen leiten.
Aber ein reines Herz wird kommen,
dass wiedergibt, was euch wurde genommen.
Doch wenn die Seelen's Schwester sich rächt,
wird Blut fließen im entscheidenden Gefecht"

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