Kapitel 81
Besorgt lief Flammenstern an dem Rand der Lichtung auf und ab. Neben ihr wuchsen dichte Heidelbeersträucher in die Höhe und die ledrigen, behaarten Blätter strichen über ihr flammenfarbenes Fell, das vor Anspannung aufgestellt war. Als sie die umgestürzte Buche am Ende der Senke erreichte drehte sie sich wieder um und lief bis zum Eingang, vorbei am Heidelbeerbusch. Die herabhängenden Weidenblätter strichen über ihre Ohren, am liebsten hätte sie in diesem Moment nach ihnen geschlagen. Sie tigerte nun schon die ganze Nacht immer zwischen dem umgestürzten Baum und der Weide hin und her. Anfangs hatte Bienenfell sie beobachtet, nun aber hatte sich die gelbbraune Kriegerin auf eine der knorrigsten Wurzeln des großen Eichenbaumes in der Mitte der Senke gesetzt um Wache zu halten. Nicht weit von ihr entfernt kauerte Rottupf neben Keks und Apfel. Dem Welpen ging es anscheinend einigermaßen gut, aber die ehemalige Stammeskätzin war noch nicht über den Berg, wie Rottupf kurz zuvor verkündet hatte. Irgendwann, nachdem Rabensturm und Ahornpfote losgezogen waren, um den FeuerClan zu suchen und herzubringen, hatte sie aufgehört zu stöhnen, aber ihr Atem ging noch immer flach und keuchend. Auch wenn Bienenfell mehrmals auf die Anweisung der Heilerin hin losgezogen war, um Kräuter zu holen, war sie immer mit recht wenig Ausbeute zurückgekehrt. Die Kriegerin hatte von Kräutern ungefähr so viel Ahnung wie Igel vom Fliegen, doch Flammenstern selbst hatte auch so gut wie nichts gefunden, als sie es selbst versucht hatte. Es war stockdunkel gewesen und die Gerüche von Kräutern hatten es einfach nicht geschafft den Holunder zu überbieten, dessen Duft tief in ihrer Nase hing.
Noch immer wusste Rottupf nicht, woher die Verletzungen der Kätzin und des Welpen kamen. Sie mussten, nachdem ihnen das angetan worden war, noch geschwommen und davor noch durch Katzenminze gekrochen sein, was doch sehr verwunderlich war. Die einzigen Gerüche die sie bisher erkennen konnten waren Blut, Minze, Donnerweg und ihr natürlicher Geruch. Und das war wahrlich nicht sehr aussagekräftig. Katzenminze gab es im Zweibeinerort zu Massen. Der Donnerweg war nur ein weiteres Zeichen dafür, dass Zweibeiner ihre Pfoten im Spiel gehabt haben könnten. Flammenstern schnaubte genervt auf und fuhr ihre Krallen aus, nur um sie einen Herzschlag später wieder einzufahren.
Die flammenfarbene Anführerin erreichte die junge Trauerweide ein weiteres Mal und dachte ernsthaft darüber nach die störenden Äste abzubeißen. Wenigstens würde dann vielleicht die Leere in ihrem Magen verschwinden, auch wenn es nicht sehr verlockend war, Blätter zu fressen. Sie ließ von der Idee ab und wandte sich wieder um, um auf die umgestürzte Buche zuzutrotten. Ihre Ballen schmerzten, als würde sie abwechselnd über Igel und brennende Erde laufen. Blut sickerte aus ihnen und auch wenn es gut getan hätte sich endlich einmal in Ruhe hinzusetzen, schaffte Flammenstern es nicht länger als ein paar Herzschläge zu sitzen. Wenn sie nicht irgendetwas tat, dann würde sie noch vor Anspannung durchdrehen. Sie konnte einfach nicht verstehen, was der SternenClan gegen ihren Clan hatte. Erst starb ihre Tochter Tüpfeljunges noch vor ihrem ersten Atemzug, danach überlebte Rehfarn die Geburt ihrer Jungen nicht. Klingenpelz durfte nicht einmal einen Sonnenaufgang lang Krieger sein, Rennpelz, Düstersturm und Kämpferherz wurden von Hunden so stark verletzt, dass alle drei Kandidaten für den Ältestenbau wurden, später ertrank Steinpfote und nun schwankte auch noch Apfel auf der Schwelle des Todes. So viele Schicksalsschläge hatte ein einziger Clan bisher nur zu Zeiten von Tigerstern aushalten müssen! Doch der FeuerClan hatte keinen solchen bedrohlichen Feind. Viel eher wendete sich alles und jeder gegen sie. Und dann war da noch die Prophezeiung, von der Rottupf ihr vor einigen Sonnenaufgängen erzählt hatte und die sie bisher mehr oder weniger erfolgreich unterdrückt hatte. „Die dunklen Monster kehren zurück. Fünf weitere Leben zerreißen sie in Stück.“ Was konnte das denn nur bedeuten? Die Sonne ging bald auf, Flammenstern zerbrach sich den Kopf nun schon seit Mondhoch darüber.
Sie war müde, erschöpft, hungrig, angespannt, besorgt und langsam wurde sie auch immer reizbarer. Wenn das noch etwas so weiter gehen würde, würde sie noch irgendetwas tun oder sagen, dass sie bereuen würde. Sie war die Anführerin des FeuerClans, sie musste sich zusammenreißen, sagte sie sich. Doch langsam wurde das immer schwerer.
Rabensturm und seine Schülerin waren schon seit einer gefühlten Ewigkeit aufgebrochen und sollten eigentlich bald zusammen mit ihren Clangefährten zurückkehren. Wenn sie nicht unterwegs von dem Ding erwischt worden waren, das Apfel und Keks so zugerichtet hatte. Flammenstern bohrte ihre Krallen tief in die kühle, feuchte Erde unter ihren Pfoten, die mit einer feinen Moosschicht bewachsen war. Wenn der Boden nicht so weich wäre, wären der feuerfarbenen Kätzin schon längst die Pfoten abgefallen. Kein schöner Gedanke. Wobei ihre Gedanken gerade im Allgemeinen nicht schön waren.
Plötzlich knackten Zweige am Eingang der Senke und aufgeregte Stimmen erklangen. Bienenfell sprang sofort von ihrem Platz auf der Wurzel auf und stürmte zum Lagereingang, Flammenstern tat es ihr nach kurzem Zögern gleich. Ihre Clangefährten mussten sie endlich erreicht haben! Gerade als Bienenfell vor ihr neben dem Stamm der Weide stehen blieb tauchte ein grauer Kopf zwischen den Weidenästen auf, der sich genervt schüttelte. Regenpelz! Flammenstern begrüßte ihren Gefährten Nase an Nase, woraufhin dieser tief schnurrte. „Wie geht es dir?“, raunte er besorgt und schmiegte sich an sie, während hinter ihm die Katzen des FeuerClans in die kleine Senke, die in langsam immer heller werdendes Morgenlicht getaucht wurde, strömten. „Es geht eigentlich“, antwortete sie und drückte sich seufzend an ihn. „Und wie geht es dir?“ Der dunkelgraue Krieger zögerte, als wollte er etwas sagen, schüttelte dann aber nur den Kopf. „Außer der Müdigkeit fehlt mir nichts.“
Flammenstern musterte ihn prüfend, beließ es dann aber dabei und verschränkte ihren Schweif mit dem seinen. „Ist irgendetwas Nennenswertes bei den anderen Patrouillen vorgefallen?“, miaute sie, während sie ihren besorgten Blick über die Katzen schweifen ließ, die sich nun in der Senke verstreuten und untereinander murmelten. „Nicht das ich wüsste“, brummte Regenpelz, seine Ohren waren aufmerksam gespitzt. Er ließ seinen Blick über die Senke gleiten und blieb an der Eiche hängen. „Wie geht es Apfel und Keks?“, wollte er wissen, seine blau gesprenkelten Augen fixierten Rottupf und ihre Patienten. Flammenstern seufzte ein weiteres Mal, was wohl Antwort genug war.
Sie entdeckte Herbstblatt, die etwas verwirrt mit einem Jungen im Maul auf und ab tigerte. Staubwolke trat neben sie und miaute etwas, doch die gescheckte Königin ignorierte ihn und peitschte wild mit dem Schweif. Flammenstern konnte die Zerrissenheit verstehen, wegen der Herbstblatt so verwirrt war. Ihre Schwester, die für sie bisher eine Mörderin gewesen war, war schwer verletzt und hatte sie am vergangenen Tag vor Scharfkralles Kritik bis aufs Blut verteidigt. Die flammenfarbene Anführerin war kurz davor an die Seite ihrer Freundin zu eilen, als sie sich daran erinnerte, dass diese sie wohl kaum bei sich haben wollte. Mondjunges, der in ihrem Maul baumelte, wimmerte verstört, als er hin und her geschüttelt wurde. Staubwolke, der neben seiner Gefährtin, oder vielleicht auch ehemaligen Gefährtin, stand, blickte sich hilflos um. „Unfassbar“, miaute Regenpelz nachdenklich neben Flammenstern und berührte ihr Ohr mit seiner Schnauze. Überrascht blickte sie zu ihm auf, sie hätte beinahe vergessen, dass ihr Gefährte neben ihr stand, auch wenn sie die Wärme seines dichten Pelzes an ihrem Körper spürte. Zuerst dachte sie, dass er das offensichtliche Problem zwischen dem Stellvertreter und seiner Gefährtin meinte, doch dann fiel ihr auf, dass sein Blick zu der Eiche geglitten waren, unter dem Rottupf neben Keks und Apfel kauerte. Einige Katzen hatten sich zu ihr gesellt und warfen immer wieder zweifelnde Blicke auf die zwischen den Wurzeln liegenden Körper. Die gescheckt-getupfte Heilerin schien mit ihrem Wissen am Ende zu sein und hatte nur niedergeschlagen die Augen geschlossen. Gab es wirklich so wenig Hoffnung für Apfel?
Was auch immer Regenpelz mit „Unfassbar“ gemeint hatte, er blieb trotz dem auffordernden Blick seiner Gefährtin stumm. Flammenstern verengte seine Augen zu Schlitzen. Hatte er nun nicht vor mit ihr zu reden? Nach kurzem Zögern begann der dunkelgraue Kater dann doch zu miauen: „Deine Clangefährten trauen sich nicht dich anzusprechen. Doch an einem normalen Tag zeigen sie kaum den nötigen Respekt. Wir sind ein Clan und trotzdem würden einige der Katzen sich niemals trauen das Wort zu erheben, weil sie denken, dass sie nicht so wichtig sind. Schau dir zum Beispiel Fischschweif an. Sie muss gerade auf sieben Junge aufpassen, bittet aber niemanden ihr zu helfen!“
Verblüfft blickte die flammenfarbene Kätzin sich um. Tatsächlich. Fischschweif saß vor einem Holunderstrauch und sieben Junge kletterten auf ihr herum, ohne auf sie zu hören. Flammenstern wandte sich den Katzen zu und ließ ihren Blick schweifen. Keine der FeuerClan-Katzen schien sich zu trauen Rottupf, Staubwolke oder Flammenstern anzusprechen, doch es war vielen anzusehen, dass sie auf Anweisungen warteten. Gelbfang, neben der Kämpferherz, der sein Augen geöffnet hatte, lag, saß halb unter den Zweigen eines Heidelbeerstrauchs versteckt, der sich gar nicht allzu weit von der flammenfarbenen Anführerin entfernt befand. Ihre namensgebenden gelben Augen funkelten erwartungsvoll. Polarlicht, ihre Söhne Felspfote und Kieselpfote und Düstersturm standen zwischen kleineren Wurzeln der Eiche und warfen ihr immer wieder prüfende Blicke zu. Bienenfell, Ahornpfote und Rabensturm waren von einer ganzen Schar Neugieriger umringt, die alles über den Fund der Verletzten wissen wollten.
Ihr Gefährte hatte Recht. Sie hätte noch bis zum Sonnenuntergang gedankenverloren mit ihm reden können und niemand außer vielleicht Rottupf, Staubwolke oder Rabensturm hätte etwas gesagt. So konnte das nicht weitergehen!
Flammenstern holte tief Luft und blickte sich in der Senke um. Von wo aus könnte am besten etwas zu ihrem Clan sagen, damit sie alle sehen und hören konnten? Ihr Blick fiel auf die knorrige Eiche, die hoch in den Himmel ragte. Etwa eine Fuchslänge über den Köpfen der Katzen befand sich ein dicker, tiefer Ast, der ihr Gewicht mit Sicherheit tragen würde.
Kurzerhand lief sie zu der Eiche, sprang auf eine der größten Wurzeln und betrachtete den Ast. Er befand sich jetzt eine Fuchslänge über ihrem Kopf und dort konnte sie auch eine Fläche entdecken, auf der keine Zweige wuchsen und wo sie perfekt sitzen könnte. Wendig wie sie war, sprang Flammenstern den Stamm hinauf, grub ihre Krallen in die harte Rinde und zog sich hinauf, bis sie den Ast erreicht hatte. Mehr oder weniger elegant schob sie sich an einigen Zweigen vorbei bis zu dem freien Plätzchen, das sie zuvor ausgemacht hatte. Ihre Ballen brannten wie Feuer und gleich nachdem sie sich gesetzt hatte musste sie sich erst einmal ihre blutigen Pfoten lecken. Wenn Rottupf nicht mehr mit Apfel beschäftigt sein würde, musste sie sie unbedingt nach etwas Helfendem fragen.
„Alle Katzen die alt genug sind um ihre eigene Beute zu machen sollen sich unter der großen Eiche versammeln!“, jaulte Flammenstern, nachdem sie tief Luft geholt hatte. Augenblicklich kehrte Ruhe unter den Clankatzen ein und sie versammelten sich zwischen den Eichenwurzeln. Nur Rottupf blieb zusammen mit ihren Patienten wo sie war. Staubwolke sprang auf die größte aller Wurzeln, die sich direkt unter Flammenstern befand und setzte sich dort, wobei er seinen Schweif über seine Pfoten legte. Die sechs Schüler liefen zu ihren Mentoren um sich mit ihnen an der Versammlung zu beteiligen. Glutpfote setzte sich zur selben Zeit neben Blaumond, schließlich war Staubwolke Stellvertreter und konnte nicht neben ihm sitzen. Fischschweif, die darum kämpfte Überblick über die Jungen zu bekommen, ließ sich etwas weiter Abseits zwischen kleinere Wurzeln fallen. Regenpelz gesellte sich zu Rabensturm, Polarlicht und Rennpelz. Die Felle der Katzen schimmerten im Morgenlicht, die von Ahornpfote, Staubwolke und Glutpfote schienen sogar zu glühen.
Als endlich alle einigermaßen ruhig saßen, begann Flammenstern mit ihrer Rede, über die sie wohl besser im Voraus nachgedacht hätte, denn wie sie sprach, stotterte sie: „Regenpelz und mir ist etwas… aufgefallen. Deswegen werde ich diese… dieses Treffen anders als sonst beginnen. Ich möchte euch nämlich sagen, dass ihr mit mir sprechen könnt und dass ich nur in seltensten Fällen… nicht auf euch eingehen werde. Wenn ihr Fragen habt, dann könnt gerne jederzeit ihr zu Staubwolke, Rottupf oder mir kommen. In einem Clan ist dies eigentlich selbstverständlich, doch überraschenderweise scheint euch das nicht klar zu sein. Deshalb… wollte ich es einmal betonen.“ Während sie sprach, senkten mehrere Katzen verlegen die Blicke, andere, darunter auch Rabensturm und Staubwolke, nickten zustimmend, als hätte dies schon lange gesagt gehört. Auch Forellenpelz‘ blaue Augen leuchteten erfreut, als hätte sie schon lange auf eine solche Ankündigung gewartet.
Zufrieden stellte die flammenfarbene Anführerin fest, dass die meisten Katzen nach ihrer Ansprache die Köpfe hoben und sie direkt anschauten, nicht mehr versuchten ihrem Blick auszuweichen. Dies war bisher nur bei den Katzen der Fall gewesen, die seit Gründung des FeuerClans bei ihr waren. Nachdem sie eine Mücke verjagt hatte, die sich auf ihrer Schulter nieder gelassen hatte, fuhr sie fort: „Deswegen würde ich euch nun bitten, mir die Fragen zu stellen, die euch offensichtlicher Weise auf dem Herzen liegen, bevor wir über das weitere Vorgehen diskutieren.“
Flammenstern bemerkte, wie skeptische, aber auch erfreute, Blicke unter den Katzen getauscht wurden. Trotzdem blieb es, bis auf das ferne Zwitschern der Vögel, die gerade erwachten, anfangs still. Sie dachte schon, dass es doch keine Fragen gab, oder sich ihre Clangefährten weiterhin nicht trauten, mit ihr zu reden, als sich eine zarte Stimme erhob. „Ist das hier das neue Lager des FeuerClans?“, fragte Lavendeljunges unsicher. Das getigerte Junge wirkte etwas verloren auf der Wurzel, auf der es stand. Rabensturm warf seiner Tochter einen anerkennenden Blick für ihren Mut zu, was die Kleine dazu brachte, aufrechter zu stehen. Flammenstern dachte über die Frage der jungen Kätzin nach. Sie hatte diese Möglichkeit noch gar nicht in Erwägung gezogen. Konnte das, das Lager ihres Clans werden? Ihr Blick huschte über die nun vom Morgenlicht erhellte Senke, die durch die Holunder-, Heidelbeer- und Weißdornsträucher von allen Seiten vor Wind geschützt wurde. Die Büsche bildeten dichte Barrieren am Rand der Lichtung, aus denen man gleichzeitig auch noch Baue machen könnte. Die umgestürzte Buche am einen Ende der Lichtung Würde ebenfalls einen geschützten Bau abgeben, da sich unter ihm ein Hohlraum befand, wie sie vorher gedankenverloren festgestellt hatte. Das Rinnsal, das etwas weiter hinter ihr entlang floss und zwischen ein paar Farnen und zwei Birken verschwand und das sie erst jetzt bemerkte, würde den Clan mit Wasser versorgen können. Die Weide mir ihren herabhängenden Zweigen verwirrte jeden, der zum ersten Mal die Senke betrat und könnte sie vor Angriffen absichern. Und auch die Wurzeln am Boden würden jeden Gegner, der sie nicht gewohnt war, sofort in die Flucht schlagen. Die knorrige, alte Eiche, auf der sie saß, hielt Regen davon ab direkt auf die Lichtung zu prasseln. Eigentlich war alles perfekt für ihren Clan. Wieso war sie nicht vorher auf die Idee gekommen, dass sie nicht grundlos hier war?
„Möglicherweise“, flüsterte Flammenstern, noch etwas überrumpelt von ihrer Erkenntnis. Die Mienen ihrer Clangefährten hellten sich augenblicklich auf, als ihnen klar wurde, wie nahe sie ihrem Ziel wohlmöglich waren. Lavendeljunges sprang zu ihren beiden Schwestern und miaute stürmisch auf sie ein. Rabensturm musste amüsiert schnurren, als er seine Töchter betrachtete, aber es lag auch Wehmut in seinem Blick. Fast zum Greifen schienen seine Gedanken an Rehfarn, die im SternenClan weilte.
Abwesend blickte Flammenstern über die Köpfe ihrer Clangefährten hinweg auf die heller werdenden Himmelsfetzen über ihr, die sie durch die Blätter der Eiche erkennen konnte. Die Sonne ging gerade auf und die Wärme begann sich über den Wald auszubreiten. Es würde ein heißer Tag der Blattgrüne werden, stellte sie verträumt fest. Ihr Clan hatte wohlmöglich sein Lager gefunden! Dieser Tag würde wohl doch nicht so trist und grau werden, wie sie erwartet hatte.
„Was wird aus dem Training von Felspfote und mir?“, jaulte plötzlich Wasserpfote über die Lichtung. Auf ihr silbern-weißes Fell wurden durch das Laub der Eiche hindurch Sonnenflecken geworfen, weshalb es aussah, als würden Schneekugeln an ihr hängen. Im ersten Augenblick musste Flammenstern verwirrt blinzeln. Wofür hatte sie den Schülern Mentoren gegeben? Verlief ihr Training etwa nicht wie gewöhnlich? Plötzlich fiel es ihr wieder ein: Düstersturm und Rennpelz waren die Mentoren! So ein Fuchsdung, daran hatte sie gar nicht mehr gedacht! Automatisch wanderte ihr Blick zu den verletzten Kriegern, die gar nicht so weit voneinander entfernt saßen. Noch bevor sie irgendetwas sagen konnte, erhob sich Düstersturm auf seine Pfoten, seine blinden Augen fixierten die Anführerin. „Gib ihnen neue Mentoren. Sind wir ehrlich, wir beide können sie nicht mehr trainieren. Unsere Zeit als Krieger ist vorbei und das weißt du auch. Wir werden meiner Mutter im Ältestenbau Gesellschaft leisten.“ Rennpelz weiter vorne nickte bekräftigend und setze sich so gut es ging auf. Der Anblick der beiden Kater, wie sie so tapfer dem Ende ihrer viel zu kurzen Kriegerzeit entgegenblickten, versetzte Flammenstern einen Stich. Hilfesuchend blickte sie sich nach Rottupf, die sich um Apfel kümmerte, um, doch diese seufzte nur und nickte blinzelnd. Dann war das Urteil wohl gefallen.
Sie erhob ihre Stimme und wäre in diesem Moment am liebsten wieder eine ganz gewöhnliche Kriegerin gewesen. Doch dieses Leben war schon lange vorbei, es brachte nichts, ihm nachzutrauern. „Düstersturm und Rennpelz, ihr habt eurem Clan treu gedient und im Kampf für ihn vieles verloren – aber auch gewonnen. Ich möchte euch hiermit anbieten euch in den Ältestenbau zurückzuziehen und den Dank eurer Clangefährten für den Rest eures Lebens, das noch lange sein möge, zu erfahren. Nehmt ihr mein Angebot an?“
„Ja“, wisperte Düstersturm. Rennpelz fügte tief luftholend hinzu: „Es ist Zeit.“
Seufzend schlug Flammenstern die Augen nieder. Gerade hatte sie zwei großartige Krieger an den Ältestenbau verloren. „Wir danken euch für alles, was ihr eurem Clan gegeben habt!“, jaulte sie aus tiefstem Herzen und ihre Clangefährten wiederholten ihre Worte bedächtig. Danach kehrte wieder Ruhe ein.
„Wasserpfote, Felspfote, tretet vor“, befahl die feuerfarbene Kätzin mit einem Schwanzschnippen. Die weißen Schüler wirkten unsicher, taten aber, wie sie es ihnen gesagt hatte. Kurz zögerte Flammenstern, welche Katzen geeignet als Mentoren für die Schüler wären, dann zuckte sie zufrieden mit den Schnurrhaaren. Sie wusste genau, wem sie diese Schüler anvertrauen würde. „Wasserpfote, dein Mentor wird von jetzt an Streifenfluss sein, der wahren Mut und Geschicklichkeit bewiesen hat!“, verkündete sie, woraufhin der junge Krieger nach vorne kam, um seine Schülerin Nase an Nase zu begrüßen.
Gleich darauf nickte sie Regenpelz zu, der überrascht aufblickte und dann nach vorne trottete. „Felspfote, dein Mentor wird Regenpelz sein. Er hat Gelbfang hervorragend ausgebildet und ich vertraue darauf, das aus dir ebenso ein großartiger Krieger wird.“ Die beiden Kater tauschten den Nasengruß und blickten dann etwas verwirrt zu Flammenstern auf.
Sie konnte es den Katzen nicht verübeln, schließlich lief heute alles etwas anders, als normalerweise. „Düstersturm! Rennpelz! Wasserpfote! Felspfote! Regenpelz! Streifenfluss!“, jaulte sie. Augenblicklich fielen ihre Clangefährten in ihre Glückwünsche mit ein.
Ich weiß, es hat länger gedauert, aber ich wurde einfach nicht fertig. Und ich bin noch immer schrecklich unzufrieden. Nun auf jeden Fall werdet ihr erst im nächsten (und letzten) Kapitel erfahren, was mit Apfel und Keks passiert ist.
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