Kapitel 42
Sie hatte nun eigentlich erwartet aufzuwachen und in besorgte Gesichter zu blicken. Stattdessen befand sie sich nun an einem Ort, der ihr unglaublich vertraut erschien. Flammenstern stand mitten auf einer Lichtung, ein Felsen neben ihr und Baue aus Brombeersträuchern, Farnen und anderen Pflanzen umgaben sie. Es war dunkel um sie herum, wie sie es im SternenClan bisher noch nie erlebt hatte. In den anderen Treffen mit ihren Ahnen hatte sie immer die strahlende Sonne begrüßt. Doch hier, im ehemaligen Lager des DonnerClans funkelten Sterne über ihr und der Mond beleuchtete die warme Nacht der Blattgrüne. Die Luft war sehr frisch, als hätte es gerade geregnet und die junge Anführerin konnte auch einige Tautropfen auf den Blättern der Sträucher erkennen.
Suchend blickte sie sich um. Die flammenfarbene Kätzin spitzte die Ohren in Erwartung einer SternenClan-Katze. Normalerweise tauchten jene immer kurz nach ihr auf um sie zu begrüßen, deshalb fragte sie sich, wo ihre Ahnen so lang blieben.
Sie hatte nun Zeit, um über die Neuigkeit, die ihr ihre Ahnen gerade überbracht hatten nachzudenken. Die Schüler des FeuerClans waren alle Widergeburten großer und bekannter früherer Krieger. Sie wunderte sich, dass sie nicht eher die Parallelen zwischen den Schülern und diesen Katzen bemerkt hatte. Blaupfote war für ihr Alter unglaublich entschlossen und weise. Schon allein ihr Äußeres ähnelte Blaustern sehr, denn einzig der halbmondförmige weiße Fleck an der Seite des Kopfes der Schülerin unterschied sie. Gelbpfote und Rotpfote sahen Gelbzahn und Rotschweif dagegen kaum ähnlich. Trotzdem war Gelbpfotes Wissen über Kräuter wirklich auffällig.
Flammenstern wurde aus ihren Gedanken gerissen, als plötzlich ein Ast am Rand der Lichtung knackte. Vor dem Eingang zum ehemaligen Heilerbau wackelten ein paar Farne, dann war alles still. Auf leisen Pfoten und mit gespitzten Ohren schlich die flammenfarbene Anführerin des FeuerClans auf den früheren Bau zu. Kein Lüftchen regte sich in der warmen Nacht, es musste dort also etwas gewesen sein. Sie schlich den von vielen Pfotenabdrücken geprägten Weg durch die Farne entlang, bis sie die kleine Lichtung des Heilerbaus erreichte. Dort versammelten sich zu ihrer Verwunderung einige Katzen in deren Pelzen Sternenstaub glitzerte und vorsichtig duckte sich Flammenstern, damit die Krieger sie nicht sahen. „Sie steht noch unschlüssig auf der Lichtung, müsste aber gleich kommen. Ich hab extra einen Ast unter meinen Pfoten zertreten, damit sie mich bemerkt!“, gähnte ein silberner Kater. Ein gefleckter grauer Kater krächzte: „Gut Federbart. Ich hoffe sie wird uns zustimmen.“ Kurz darauf erhob eine schildpattfarbene Kätzin das Wort: „Flammenstern? Du brauchst dich nicht zu verstecken.“ Ertappt schlüpfte sie aus ihrem Versteck.
Sie erkannte unter den anwesenden Katzen Tüpfelblatt und Gelbzahn, die restlichen Katzen waren ihr unbekannt, auch wenn ihr ein älterer Kater bekannt vorkam. In ihren Pelzen funkelte das Sternenlicht unglaublich hell und sie hoben sich stark von dem Dunkel, das sie umgab, ab.
Der graugefleckte Kater, der vorher schon gesprochen hatte, richtete das Wort an sie: „Wir sind wegen einem ziemlich wichtigen Thema hier: Dein Clan hat noch keine Heilerin beziehungsweise Heiler!“ Tüpfelblatt seufzte: „Gänsefeder! Ich hab dir doch schon gesagt, dass Rotpfote Heilerin werden will!“ Gänsefeder kniff die Augen zusammen. „Das bringt doch nichts, wenn sie keine Ausbildung hat. Wenn sie wirklich Heilerin werden will, braucht sie einen Mentor!“
Der ihr bekannt vorkommende Kater mit langem, hellbraunen Fell zuckte interessiert mit den Ohren. „Und wenn einer von uns ihr Mentor werden würde?“ Gelbzahn, die neben ihm saß, schnurrte belustigt: „Wie willst du das bitteschön anstellen, Schmutzfell?“
Schmutzfell also. Wie konnte Flammenstern ihn nur vergessen? Der Kater war vor Mottenflügel der Heiler des FlussClans gewesen und kurz vor der Großen Reise gestorben. Er hatte seinem Clan lange und treu gedient und sie hatte in mehrfach auf den Großen Versammlungen gesehen, auch wenn er zu dieser Zeit schon sehr alt war. Jetzt im SternenClan wirkte er schon fast jung, wie er mit strahlenden Augen dasaß und sich mit seinen Heilerfreunden unterhielt.
Federbart, wie der silberne Kater von Gänsefeder genannt worden war, zuckte mit dem Schweif. „Wir könnten sie in ihren Träumen aufsuchen. Tagsüber wird sie ganz normal jagen und kämpfen üben und nachts alles über Kräuter lernen. Ich finde Schmutzfells Idee überhaupt nicht schlecht!“
Gelbzahn rollte mit den Augen. „Na von mir aus.“ Tüpfelblatt und auch alle anderen SternenClan-Krieger, bei denen es sich wohl auch um ehemalige Heiler handelte, murmelten Zustimmung. Flammenstern legte den Kopf schief. „Aber ihr könnt doch nicht alle Rotpfotes Mentor sein.“ Wieder nickten die Katzen schemenhaft.
Zögernd ergriff Tüpfelblatt das Wort. „Dürfte ich das übernehmen? Wie alle wissen starb ich zu früh um einen Schüler zu bekommen und wenn Gelbzahn nicht gewesen wäre, hätte der DonnerClan keinen Heiler mehr gehabt.“ Einstimmig nickten die SternenClan-Katzen und auch Flammenstern hielt dies für eine gute Idee, denn Tüpfelblatt war, wenn sie den Geschichten ihres Vaters glauben schenken durfte eine ausgezeichnete Heilerin gewesen. Wenn der SternenClan Rotpfotes Ausbildung übernahm hatte sie wenigstens eine Sorge weniger. „Vielen Dank. Der FeuerClan wird euch das nie vergessen.“ Die flammenfarbene Anführerin verneigte sich vor ihren Ahnen. „Machen wir doch gern“, murmelte Gänsefeder und trottete davon. Die Versammlung der Katzen löste sich nun langsam auf und die Heiler liefen in alle möglichen Richtungen davon.
Tüpfelblatt blickte sich um und kam dann auf Flammenstern zu. „Das war noch nicht alles. Ich muss noch etwas mit dir bereden.“ Die schildpattfarbene Kätzin lief an ihr vorbei und ging, ohne sich zu vergewissern, ob die Anführerin des FeuerClans ihr überhaupt folgte, in den Wald. Mit zusammengekniffenen Augen rannte Flammenstern ihr hinterher. Was jetzt wohl noch kam? Für ihren Geschmack hatte sie heute schon genug Botschaften vom SternenClan erhalten.
Ein Wind kam auf und die Blätter und Äste der Bäume rauschten über ihr. Es kam ihr so vor, als würden die Bäume ihr etwas zuflüstern. Sand und Staub wehten ihr in die Augen und sie blieb blinzelnd stehen. Ihre Nase juckte und sie musste niesen. Als sie wieder klar sehen konnte blickte Flammenstern sich suchend nach Tüpfelblatt um, konnte sie aber nirgends entdecken. „Tüpfelblatt?“ Es kam keine Antwort. Der Wind wurde stärker und zerzauste ihr Fell. Sie drehte sich im Kreis. Wo war sie nur hergekommen? Jeder Baum glich dem anderen in der nur vom Mond beleuchteten Nacht, jeder Strauch roch gleich.
Plötzlich erschienen fünf schemenhafte Gestalten zwischen den Bäumen und der Sturm wurde schwächer. In ihren Fellen glitzerte das Sternenlicht und ihre Augen funkelten wie Edelsteine, als sie auf Flammenstern zukamen. Direkt vor ihr blieben sie stehen und die orangene Kätzin fühlte sich fast erdrückt von der Macht die diese Katzen ausstrahlten. Sie konnte die fünf nun auch besser erkennen. Ein breitschultriger, orangener Kater mit weißen Pfoten und Bernsteinaugen stand direkt vor ihr und nickte ihr aufmunternd zu. Eine schwarze Kätzin stand neben ihm und funkelte sie aus in diesem Licht milchig gelben Augen an. Die echte Augenfarbe konnte Flammenstern aber nicht erkennen, dafür war es zu dunkel. Eine drahtige braune Kätzin setzte sich neben die schwarze und ein silbergrauer Kater folgte ihrem Beispiel. Zuletzt erkannte die Anführerin einen weißen Kater der sich irgendwie unbehaglich zu fühlen schien, weil er von einem Bein auf das andere trat und sich immer wieder suchend umblickte, als erwarte er einen Angriff. Flammenstern fiel wieder ein, dass sie diese Katzen schon einmal gesehen hatte. Sie waren kurz nach ihrer Anführerzeremonie erschienen und hatten seltsame Dinge gesagt, über die sie aber nicht weiter nachgedacht hatte.
Die schwarze gähnte und begann zu sprechen: „Schön dich endlich persönlich kennen zu lernen, Flammenstern!“ Ihre Stimme klang irgendwie fremd und trotzdem sprach sie mit einer Macht und Autorität, dass die Anführerin des FeuerClans sich am liebsten vor ihr verneigt hätte. „Es freut mich auch … euch kennen zu lernen. Ich weiß nur leider nicht, wer ihr seid…“, antwortete sie etwas unschlüssig.
Der orangene Kater schnurrte amüsiert und brummte mit tiefer Stimme: „Du kennst unsere Namen, auch wenn du uns vielleicht im Moment nicht zuordnen kannst. Ich bin Donner und das sind Schatten, Wind, Fluss und Wolke.“ Verblüfft schnappte Flammenstern nach Luft. Vor ihr standen doch nicht etwa wirklich die Gründer der Clans? Aber wer war dann Wolke? Plötzlich dachte sie wieder daran, wie Memory den WolkenClan erwähnt hatte. Hatte dieser Wolke etwa etwas damit zu tun?
„Also ich finde es ja äußerst unpassend, dass keiner der uns sieht zuordnen kann! Wir haben diese Clans gegründet! Da sollte man uns doch wenigstens kennen.“ Entrüstet schüttelte der silberne Kater seinen Kopf. „Was…was wollt ihr von mir? Ich sollte jetzt doch eigentlich mit Tüpfelblatt reden.“ Immer noch verunsichert zuckte Flammenstern mit den Ohren. Der Wind verebbte so plötzlich, wie er begonnen hatte. Die drahtige braune Kätzin, Wind hieß sie wohl, rollte mit den Augen. „Die junge Heilerin wollte nur irgendwas über die Widergeburten reden. Komplett unwichtiges Zeugs. Clan der neuen Chancen…“ „Was wir zu sagen haben ist viel wichtiger!“, miaute Donner und seine Augen blitzten.
„Weißt du jetzt schon, wo du deinen Clan hinführen musst?“ Wolke musterte sie eingehend. „Ähm… ich denke schon. Geißel und Memory meinten…“ Wind erhob sich auf die Pfoten und schlug wild mit dem Schweif. „Geißel will sich doch nur mit dem SternenClan gutstellen, damit er sich bei Blaustern bedanken kann. Das was sie dir erzählt haben, dass ihr euch verirren werdet und das sie euch helfen können, kann schon stimmen. Wahrscheinlich weiß Memory sogar wirklich, wo ihr hinmüsst, aber sie wird euch zuerst zu dem Rest des Clans ihrer Mutter führen.“ Wolke schnaubte und fiel der Kätzin ins Wort. „Diese Katzen, sind Katzen meines Clans! Sie sollen sogar von dir gerettet werden! Sie irren schon viel zu lange herum und wissen nicht einmal etwas von der Wiedervereinigung des WolkenClans!“ Donner trottete zu dem weißen Kater und legte ihm den Schweif auf die Schultern. „Reg dich nicht auf Wolke. Flammenstern wird sich um diese Katzen kümmern und sie in ihren Clan aufnehmen. Sie hat es Memory sowieso schon versprochen.“ Seufzend setzte sich Wolke und nickte.
„Also gut. Ich soll diesen Katzen also wirklich helfen.“ Flammenstern verstand nicht wirklich, wieso die Gründer der Clans zu ihr kamen nur um ihr das zu sagen.
Fluss schien ihre Gedanken zu erraten denn er schnurrte: „Das ist aber nicht der Grund, weshalb du hier bist.“
Da diese Unterredung wohl noch länger dauern konnte setzte die flammenfarbene Kätzin sich auf den moosbewachsenen Boden und begann ihr Fell zu glätten, das von dem Wind noch ganz zerzaust war. „Du bist eine von uns. Das haben wir dir schon kurz nach deiner Anführerzeremonie gesagt.“ Erinnerte sich der silbergraue Kater. „Damit meinten wir, dass du wie wir die Gründerin eines Clans bist.“ Jetzt ergab dieser Satz für die Anführerin des FeuerClans endlich einen Sinn. Wind blinzelte und legte dann den Kopf auf ihren Pfoten ab. „Das scheint jetzt im ersten Moment wahrscheinlich nichts Besonderes zu sein…“ „…aber die ganze Sache ist viel komplizierter“, beendete Schatten den Satz. Dass die Gründer verfeindeter Clans sich so gut verstanden überraschte Flammenstern. Sie hatte wohl eher erwartet, dass sie sich hassen würden. Wieso sonst, sollten sie verschiedene Clans gegründet haben?
Donner begutachtete seine weiße Pfote, während er fortfuhr: „Als Gründerin eines Clans wirst du auf ewig in den Gedanken deines Clans weiterleben. Auch wenn alle deine Freunde, deine Familie schon lange nur noch Sternenstaub am Himmelszelt sind, selbst dann wirst du noch im SternenClan wandeln.“ Flammenstern verstand die Welt nicht mehr. Wieso zu Sternenstaub verfallen? Kamen nicht alle Katzen in den SternenClan?
Schatten bemerkte wohl, dass sie verwirrt war, denn sie schnurrte belustigt. „Dachtest du etwa, alle Katzen würden auf ewig im SternenClan wandeln? Ist dir nie in den Sinn gekommen, dass es dann viel zu voll werden würde? Katzen, an die sich niemand mehr erinnert lösen sich auf. Werden zu Nichts.“ „Aber…“, die rotorangene Kätzin wusste selbst nicht, was sie antworten sollte. Vollkommen fassungslos starrte sie die fünf Katzen an.
„Wir wissen, dass es hart ist. Du aber wirst wie wir nie in Vergessenheit geraten. Auf ewig wirst du im SternenClan leben, auch dann, wenn jeder, wirklich jeder, den du kennst weg ist.“ Wolkes Augen waren trüb und Flammenstern erkannte, dass dies allen fünfen geschehen sein musste. Donner räusperte sich. „Du hast vielleicht Glück. Dein Vater ist Feuerstern. An seinen Namen wird man sich aufgrund seiner Taten noch lange sehr lange erinnern. Beim WolkenClan möglicherweise sogar noch länger als beim DonnerClan. Aber auch im FeuerClan, schließlich hast du deinen Clan nach ihm benannt.“ Schmerz übermannte die junge Anführerin. Sie würde ewig im SternenClan weiterleben. Feuerstern an ihrer Seite und alle anderen weg. Im Nichts.
„Warum erzähl ihr mir das? Wollt ihr, dass ich schon im Vorraus leide?“ Alle fünf schlugen gleichzeitig die Augen nieder und schüttelten die Köpfe. „Du schätz uns falsch ein, Flammenstern, Tochter des Feuers. Wir sind nicht hier um dir Schmerz zuzufügen. Wir wollen dich warnen. Verbringe dein Leben mit den Katzen, die du liebst. Jeden freien Augenblick. Denn es wird eine Zeit kommen, in der du es bereust, wenn du es nicht getan hast.“
I´m back :D Ja heute mal ein etwas längeres Kapitel. Ich hoffe es gefällt euch ;) Ich entschuldige mich jetzt auch gleich, dass Wolke wahrscheinlich anderes aussieht, aber ich konnte beim besten Willen nirgends eine Beschreibung seines Aussehens finden.
Ich werde jetzt anfangen die älteren Kapitel auch zu widmen... die die heufig voten und kommentieren haben die besseren Chancen ;) Ich schreibe in die Kommis wem welches Kapitel gewidmed ist ;) Lg Flamme
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top