Kapitel 3
„Brombeerkralle, hast du Feuerstern gesehen?“, miaute Flammenblüte fragend. Der junge Stellvertreter stand neben der Hochnase und unterhielt sich mit Farnpelz, als sie ihn ansprach. Der getigerte Kater wirkte kurz überrascht, warf dann aber Farnpelz einen entschuldigenden Blick zu und antwortete nach kurzem überlegen: „Ja, aber das ist schon etwas länger her. Er ist mit Sandsturm und Lichtherz auf Patrouille gegangen. Das kann noch etwas länger dauern. Was brauchst du? Vielleicht kann ich dir ja helfen.“ Enttäuscht schüttelte die flammenfarbene Kätzin ihren Kopf. „Ich wollte mit meinem Vater reden, als mein Vater und Anführer, wenn du verstehst was ich meine“, miaute sie und bereute ihre Wortwahl sofort, als der Zweite Anführer zusammenzuckte. Natürlich wusste er nicht, was Flammenblüte meinte. Sein Vater war kurz nach seiner Geburt aus dem DonnerClan verbannt worden. Später war er Anführer des SchattenClans geworden und hatte versucht den DonnerClan zu vernichten. Er war von einem seiner Verbündeten so stark verletzt worden, dass er alle neun Leben gleichzeitig verlor. Woher sollte Brombeerkralle nun denn wissen, wie es war, mit seinem Vater sprechen zu wollen?
„Um ehrlich zu sein, habe ich nicht die leiseste Ahnung was du meinst“, miaute der Kater ungewohnt schnippisch. Noch bevor die Kätzin sich entschuldigen konnte drehte sich der Gefährte ihrer Schwester um und stolzierte Richtung Lagerausgang. „Na super“, knurrte sie. Jetzt hatte sie den Zweiten Anführer vergrault. Sie musst wirklich damit beginnen über das was sie sagte nachzudenken.
Flammenblüte ging seufzend zum Frischbeutehaufen und nahm sich einen Spatz und eine Wühlmaus, die sie Blattsee bringen wollte. Es brachte jetzt nichts sich Vorwürfe zu machen. Brombeerkralle würde sich schon wieder einbekommen, er war nicht von der nachtragenden Sorte.
Flammenblütes Schwester war Heilerin und somit meist zu beschäftigt um ans Essen zu denken. Als sie zum Heilerbau ging, fiel ihr auf, dass sie das heute schon einmal versucht hatte, aber von Ampferschweif aufgehalten worden war. Sie beschloss Blattsee erst einmal von den Jungen zu erzählen, und gleich danach von ihrem Traum. Als sie den Bau ihrer Schwester betrat wehte ihr der bekannte Geruch vieler verschiedener Kräuter entgegen, den auch Blattsee immer an sich trug. Sie miaute fröhlich zur Begrüßung, bekam aber nur ein genervtes „Wer ist da?“ zur Antwort. Da sie solche Begrüßungen aber sehr wohl gewohnt war ließ sie sich nicht einschüchtern. „Hier ist deine tolle Schwester, die daran gedacht hat dir etwas Beute vorbei zu bringen und mit dir essen will“, verkündete sie mit gespielter Entrüstung.
Viel schneller als erwartet tauchte Blattsees Kopf aus der Felsspalte auf, in der sie schlief und ihre Kräuter aufbewahrte. „Wenn das so ist, kannst du mir ja danach auch noch helfen, die Kräuter auszusortieren, oder?“, miaute die gestreifte Heilerin mit einem etwas überfordert wirkenden Blick. „Ich habe etwas ziemlich wichtiges mit dir zu besprechen, aber danach natürlich“, antwortete Flammenblüte mitfühlend. Ihre Schwester hatte erst vor wenigen Monden ihre Mentorin Rußpelz verloren und war es noch nicht gewohnt, die Kräuter alleine zu sortieren.
Blattsee war sofort ganz Ohr und kam etwas schwerfällig zu ihr herüber getappt. Sie nahm die Wühlmaus und setzte sich ins Moos. „Nimm Platz. Was gibt es?“, miaute die gestreifte Kätzin gähnend. Flammenblüte setzte sich gehorsam neben sie ins Moos und begann etwas von ihrem Spatz zu fressen. Wie würde Blattsee wohl auf die Neuigkeit reagieren? Da sie selbst nie Jungen haben würde, wäre es möglich, dass sie eifersüchtig wäre. Mit einem Zucken der Schnurrhaare verbannte Flammenblüte diesen Gedanken. Blattsee und eifersüchtig? Nie im Leben! Sie war doch glücklich Heilerin zu sein!
Nach einiger Zeit entschied sie sich, dass es keinen Zweck hatte es noch länger hinaus zu zögern und ihrer Schwester von den Jungen zu erzählen. „Ich werde Junge bekommen“, miaute Flammenblüte voller Stolz. Blattsee blickte sie kurz mit einem seltsamen Ausdurck in den Augen an, aß dann aber weiter ohne einen Kommentar ihre Wühlmaus. Kurz darauf begann sie nachdenklich zu sprechen: „Das freut mich für dich. Hast du es Regenpelz schon gesagt? Und Feuerstern?“ Flammenblüte schüttelte den Kopf. „Regenpelz schon, Feuerstern war nicht da. Weißt du wie viele es sein werden?“, fragte Flammenblüte aufgeregt. Blattsee ignorierte ihre Frage und schaute sie ein paar Augenblicke lang an. Sie wirkte verunsichert, fast ängstlich, als sie weiter redete: „Ich auch“
Es schien als würde eine unglaubliche Last von ihren Schultern fallen, als sie das sagte. Flammenblüte verstand nicht, was sie damit meinte. Sie auch? Auch was? Hatte sie Feuerstern auch nicht gefunden, als sie mit ihm reden wollte, oder was meinte sie? Da viel es ihr wie Schuppen von den Augen. Ihre Schwester, die Heilerin des DonnerClans, erwartete Junge! Aber das verstießt gegen das Gesetz der Krieger! Dem Anschein nach hatte Blattsee erraten, was in ihr vorging den sie zuckte zusammen. Doch Flammenblüte konnte darauf jetzt keine Rücksicht nehmen. Was sollte der DonnerClan jetzt machen? Wenn Blattsee zurücktreten würde hätte er keinen Heiler mehr, aber sie kann unmöglich Heilerin bleiben, wenn herauskommt, dass sie Junge erwartete. „Krähenfeder ist der Vater, oder?“, fragte die flammenfarbene Kätzin, ohne dass sie wirklich eine Antwort benötigte. „Ja“, raunte ihre Schwester und konnte ihr nicht in die Augen blicken. Die Jungen waren von einem WindClan-Krieger! Das verstieß ja gleich doppelt gegen das Gesetz der Krieger!
„Mäusedreck“, war alles was sie herausbrachte. „Ja mäusedreck“, antwortete Blattsee seufzend, wirkte aber auch etwas beleidigt. „Wirst du es dem Clan sagen?“, fragte die gestreifte Kätzin ängstlich. „Nein“, miaute Flammenblüte mit plötzlicher Bestimmtheit. „Was willst du machen?“, war die erste Frage, die ihr in den Sinn kam. Die beiden Kätzinnen hatten die Beute schon komplett vergessen. „Ich habe einen Plan“, antwortete die Heilerin prompt, „aber du must mir dabei helfen. Ich weiß es ist viel verlangt, …“ Sie zögerte.
„Du könntest meine Jungen zusammen mit deinen aufziehen. Wir könnten sagen, dass sie alle dir gehören.“ Blattsees Stimme war schmerzerfüllt. „Wir könnten kurz bevor sie geboren werden verreisen. Wir können auch noch Eichhornschweif mitnehmen, sie hilft uns bestimmt. Wenn wir wiederkommen sagen wir, du hättest so viele Junge zur Welt gebracht. Ich werde ein Kraut nehmen, um meinen Milchfluss zu stoppen und du wirst ganz viel Borretsch essen müssen, aber wir können das schaffen!“ Nun schaute ihre Schwester sie flehend an. „Bitte“
Für einen Moment schloss die flammenfarbene Kriegerin die Augen. Was sollte sie nur tun? Ihre Schwester würde alles verlieren, wenn sie ihr nicht half!
„Ich mach es", antwortete Flammenblüte, auch wenn sie sich bewusst war, wie viele Probleme das mit sich bringen könnte. „Danke“, schnurrte die Heilerin. „Das werde ich dir nie…“
„Flammenblüte?“ Feuersterns Kopf erschien im Eingang des Heilerbaus. „Brombeerkralle sagt, dass du mich sprechen willst“, miaute der feuerrote Anführer müde. „Oh ja genau“, stotterte sie. Flammenblüte hoffte inständig, dass man ihr ihre Aufregung nicht anmerkte. „Wir reden später weiter Blattsee, in Ordnung?“ Sie versuchte zu klingen, als hätten sie nur über das Wetter geredet und folgte ihrem Vater nach draußen. Es war windig geworden und überall lagen Blätter auf dem Boden. Das Laub knisterte unter ihren Pfoten „Können wir in deinen Bau gehen? Ich habe etwas wichtiges mit dir zu besprechen. Sandsturm soll am besten auch gleich mitkommen.“ Feuersterns smaragdgrüne Augen begannen wissend zu leuchten, alle Müdigkeit war augenblicklich aus ihnen verschwunden. „Ich hole sie. Geh du gleich mal vor.“ Sie beeilte sich nicht ganz so schwerfällig den felsigen Weg zu Feuersterns Bau hinaufzuklettern und ging in die Höhle hinein, wo es gemütlich und windgeschützt war.
Nach kurzer Zeit kamen auch Feuerstern und Sandsturm und legten sich ihr gegenüber an die Wand der Höhle. Ihre Mutter schien nicht zu wissen was los war und Flammenblüte entschloss sich sofort mit der Sprache heraus zu rücken. „Ich erwarte Junge. Sie werden ungefähr in einem Mond zur Welt kommen“, verkündete sie fröhlich. „Das ist ja toll! Hast du gehört Feuerstern? Wir werden Großeltern.“ Feuerstern schnurrte amüsiert. „Für mich hört es sich eher danach an, dass ich langsam richtig alt werde. Sieh uns an. Wir sind ja schon fast reif für den Ältestenbau“, schnurrte er. Dann wurde er wieder ernst. „Ich hoffe ja sehr das der Vater Regenpelz ist“, miaute er bemüht heiter. Die Kätzin, die ihrem Vater unglaublich ähnlich sah verdrehte die Augen, was Feuerstern wohl als Antwort genügte. „Du wirst in einem Viertelmond in die Kinderstube umziehen. Minka und Ampferschweif werden sich über deine Gesellschaft freuen.“
„Du solltest es jedem sagen, der dir wichtig ist, weil Feuerstern es in sieben Sonnenaufgängen offiziel verkünden wird. Meine Halbschwester Rauchfell war damals unglaublich sauer, weil ich ihr nicht erzählt habe, dass ich Junge erwartete“, warf Sandsturm dazwischen. Sie schien wirklich in ihrem Element zu sein, wie sie ihr Tipps wegen ihren Jungen gab. Flammenblüte wurde plötzlich unglaublich traurig, als ihr einfiel, dass sie Blattsee diese Tipps nie geben würde, auch wenn sie Junge erwartete. Sie würde es geheim halten müssen. Regenpelz würde ein paar Junge für die seinen halten, auch wenn sie gar nicht mit ihm verwandt waren. Sie konnte nur hoffen, dass er ihr das nicht allzu übel nehmen würde, falls es doch irgendwann ans Licht kam.
„Ich bin etwas müde.“ In der Zwischenzeit war die Sonne untergegangen. „Ich werde mich in den Bau der Krieger schlafen legen“, miaute sie, da sie allein sein wollte. Sandsturm schien das für normal zu halten und begleitete ihre Tochter hinunter, was einigen Katzen sehr seltsam vorkommen musste, schließlich war sie sonst immer sehr schnell und wendig. Borkenpelz rief sogar: „Flammenblüte bist du verletzt?“, über das Ganze Lager hinweg. Doch der Kätzin machte es an diesem Abend überhaupt nichts aus, dass die anderen Katzen über sie redeten und sie legte sich in ihr gewohntes Nest im Bau der Krieger. Das letzte woran sie dachte, bevor sie einschlief, waren drei Sterne am Himmel, obwohl man im Bau den Himmel gar nicht sehen konnte.
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