6. Kapitel

Ein leichter Stoß in die Flanke weckte Windbrise aus seinem Schlaf. Blinzelnd hob er den Kopf und sah sich um. Alle Krieger schliefen noch. Das Mondlicht schien fahl durch den Eingang. Er erschrak, als etwas auf ihn drauf sprang.

"Ha! Hab ich dich, du räudiger Dachs!"
Der Krieger wandte den Kopf nach hinten und erblickte Raven, der mit wilden Pfotenschlägen Windbrises Fell bearbeitete. "Raven, du solltest doch in der Kinderstube bleiben."

Das schwarz-weiße Junge plumpste von Windbrises Rücken. "Aber ich will spielen!"
Sein Vater gähnte. "Wir werden morgen spielen. Du solltest jetzt schlafen." Raven trat von einer Pfote auf die andere. "Ich bin überhaupt nicht müde!", protestierte er.

Windbrise setzt sich nun auf. "Deine Mutter wird böse sein, wenn sie bemerkt, dass du wieder das Nest verlassen hast." Raven sah schuldig weg. Windbrise gab ihm einen sanften Stups mit der Nase. Sein Sohn sprang auf und flitze mit hoch erhobenem Schwanz aus dem Kriegerbau.
Windbrise schnurrte amüsiert und rollte sich in seinem warmen Nest zusammen. Der Schlaf packte ihn nach wenigen Herzschlägen.

Am frühen Morgen schob sich Windbrise aus dem Kriegerbau. Die angenehme Sonne wärmte sein Fell. Der Himmel war klar und die Vögel zwitscherten laut. Was für ein schöner Tag. Der Krieger streckte sich ausgiebig und begann mit einer raschen Fellpflege.

"Papa!", quickte eine Stimme. Windbrise hob den Kopf und sah Raven, der auf ihn zu stürmte. Er blieb rutschend vor seinem Vater stehen. "Kannst du mir ein paar Kampf-Tricks zeigen?", fragte er und wedelte dabei aufgeregt mit dem Schwanz. Windbrise entgegnete freundlich: "Du musst warten, bis du ein Schüler bist."

Raven wiedersprach: "Aber dass dauert viel zu lange! Ich will jetzt ein Schüler sein. Schau her, ich kann wie ein Krieger kämpfen!" Das Junge warf sich knurrend auf einen Moosball und bearbeitete ihn mit den Krallen. Die Mooskugel entwischte aus seinen Pfoten und kullerte in Windbrises Richtung.

Der schwarze Kater schleuderte den Moosball quer über die Lichtung. Raven raste mit einem erfreutem Quieken hinterher. Doch bei halbem Weg rannte er in Schlangenzahn hinein, der gerade auf den Lagereingang zusteuerte. Der kahle Kater fauchte Raven an. Das schwarz-weiße Junge sprang zurück und wimmerte.

"Geh mir aus dem Weg, du Balg!", fauchte Schlangenzahn und fuhr die Krallen aus. Windbrise hastete über die Lichtung und stellte sich vor seinem Sohn. "Lass ihn in Ruhe! Er ist nur ein Junges", knurrte er. Schlangenzahn schaubte. "Aber ein nerviges Junges!", ergänzte er und trottete mit einem Zischen weiter.

Raven sah traurig zu seinem Vater hoch. "Warum mögen mich die anderen nicht?" Windbrise zuckte bei der Frage zusammen. Er hatte seinem Sohn nie gesagt, dass seine Mutter eigentlich eine Einzelläuferin war. Er ließ ihn glauben, dass Veilchenhauch seine Mutter war.

"Das stimmt doch nicht. Natürlich mögen deine Clangefährten dich. Schlangenzahn ist außerdem immer etwas gereizt", erklärte Windbrise und schob Raven näher zu sich. "Aber viele betrachten mich mit diesen verächtlichen und angewiederten Blicken, als wäre ich ein Stück Krähenfraß!", jammerte das Junge.

Windbrise leckte ihm tröstend über den Kopf. "Beachte sie nicht. Für mich, und für deine Mutter, wirst du immer was besonderes sein." Raven sah zu ihm hoch. "Aber ich will für den ganzen Clan was besonderes sein!", protestierte er. "Was ist anders an mir?"

Windbrise zögerte kurz. "Nichts ist anders an dir. Du bist einzigartig." Der Krieger berührte seinen Sohn mit der Nase. "Na, was ist? Wolltest du dem Moosball nicht hinterherjagen?"
Ravens blaue Augen leuchteten wieder und er stürmte auf die Mooskugel zu. Das Junge rang wild damit. "Ich bin der stärkste Krieger! Ergib dich!", knurrte er.

Windbrise schnurrte amüsiert, doch seine Gedanken schweiften wieder zu Kira und sein Herz wurde schwer. Er blickte in den Himmel. Ich wünschte, du wärst jetzt bei uns. Du fehlst mir so sehr.

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