24. Kapitel

Raven und Windbrise tappten am Flussufer entlang. Das Kies knirschte unter ihren Pfoten. "Was kannst du riechen?", fragte Windbrise seinen Schüler. Raven sog die Luft ein und verkündete: "FinsterClan-Geruch, sehr stark." Er blinzelte und fragte: "Ist das die Grenze?"

Windbrise nickte und miaute: "Ganz recht. Der Fluss trennt das Territorium zwischen dem FinsterClan und den SonnenClan." Raven schnippte mit dem Schwanz auf die Baumbrücke. "Über diesen Baum gelangt ihr in das SonnenClan-Gebiet, nicht wahr?"

Der Krieger antwortete: "Das ist richtig. Am Baumstumpf setzen wir auch unsere Markierungen." Raven betrachtete Windbrise mit aufmerksamen Augen und wollte dann wissen: "Gibt es noch einen anderen Weg, um in das SonnenClan-Territorium einzudringen?" Sein Vater schüttelte den Kopf. "Nein, bis jetzt nicht."

Die zwei Katzen trotteten zurück zum Lager. Windbrise hatte Raven das gesamte Gebiet gezeigt und erklärt. Trotzdem war der junge Schüler kein bisschen erschöpft. Seine blauen Augen leuchteten aufgeregt.

Windbrise blickte unwillkürlich in den Himmel. Bist du stolz auf unseren Sohn, Kira? Er merkte wieder wie sehr er sie vermisste. Die grau-weiße Kätzin starb, nachdem Raven geboren wurde, an Grünem Husten. Windbrise konnte Kira nicht mehr retten, er fühlte sich für ihren Tod schuldig.

"Vater?", miaute Raven plötzlich. Der Krieger zuckte zusammen und wandte sich an den schwarz-weißen Kater. "Glaubst du ich werde auch so ein starker Krieger wie du werden?", fragte der Schüler. "Stärke ist nicht alles, was einen Krieger auszeichnet. Ein Krieger ist seinem Clan treu ergeben und beschützt ihn mit seinem Leben", erklärte Windbrise.

"Ich bin mir sicher, dass du eines Tages ein großartiger Krieger sein wirst." Raven reckte stolz das Kinn in die Höhe.

Als Windbrise und Raven das Lager betraten, sagte der Krieger zu seinem Sohn: "Du darfst dir nun ein Stück vom Frischbeutehaufen nehmen und dich ausruhen." Raven nickte,  sprang auf den Beutehaufen zu, nahm sich eine Ratte und gesellte sich zu Felszahn und Veilchenhauch, die sich unter einer Tanne die Zunge gaben.

Windbrise wandte sich zufrieden ab und schlüpfte in den Kriegerbau. Er rollte sich in seinem Nest zusammen und schlief geschwind ein. Während er schlief träumte er von Kira. Die grau-weiße Kätzin lag dicht neben Windbrise und schnurrte sanft.

"Oh, Kira, du fehlst mit so sehr." Kira sah ihn mit ihren leuchtend bernsteinfarbenen Augen liebevoll an. Sie beugte sich vor und grub ihre Nase in sein Fell. Windbrise genoss ihre Wärme und wünschte sich, dass es für immer so sein könnte.

Windbrise schreckte hoch, als er einen leichten Stoß in seinen Rippen spürte. Er war nun aus seinem süßen Traum erwacht und fand sich im Kriegerbau wieder, ohne Kira. Ein weiterer Tritt ließ den schwarzen Kater zusammenzucken und als er nach hinten blickte, entdeckte er Sprenkelfell, der sich unruhig im Schlaf wälzte.

Na vielen Dank , dachte er verärgert und erhob sich. Er streckte sich ausgiebig und verließ den Bau. Überrascht stellte er fest, dass es schon Abend war. Die Sonne ging langsam am Horizont unter und tauchte das Lager in ein dunkles Rot.

Windbrise erblickte Raven, der am Rand der Lichtung mit Karminpelz redete. Der Krieger tappte zu den beiden Katzen und fragte Karminpelz: "Wollen wir jagen gehen? Ich denke der Frischbeutehaufen sollte gefüllt werden." Der Ältere Kater erhob sich. "Gute Idee."

Raven sprang sofort auf und quengelte: "Darf ich mitkommen?" Windbrise nickte. "Natürlich. Solange du die Beute nicht verjagst", scherzte er. Der Schüler erwiderte schnell: "Ich werde ganz leise sein!"

Die Katzen trotteten durch den ruhigen Wald. Die Luft war kühl und die Sonne war nun fast verschwunden.
Nach einer Weile verharrte Windbrise und sog kräftig die Luft ein. Karminpelz blieb neben ihm stehen. "Riechst du was?"

Windbrise zögerte kurz, ehe er antwortete: "Ja, ich glaube es ist eine Amsel." Der Geruch war so schal, dass er schon fast glaubte, er würde es sich, weil er so hungrig war, nur einbilden. Doch Karminpelz bestätigte: "Du hast recht."

Raven reckte die Nase in die Luft und meinte verzweifelt: "Ich rieche nichts." Er machte ein enttäuschtes Gesicht, aber Karminpelz munterte ihn auf: "Das ist nicht schlimm. Der Geruch ist ziemlich schwach." Windbrise stimmte zu und als die Katzen weiter durch das Unterholz liefen, entdeckte der schwarze Krieger die Amsel auf einem Felsvorsprung.

Der Vogel scharte mit seinem Schnabel zwischen den Ritzen des Steines. Windbrise deutete Raven mit einem Schwanzschnippen sich zu ducken. "Beweg dich nicht", wies er ihm an. "Ich zeige dir jetzt wie man Vögel fängt. Pass also gut auf."

Raven nickte nur und beobachtete seinen Vater mit Bewunderung. Langsam kroch Windbrise näher zu der Amsel und spannte seine Muskeln an. Einen Herzschlag verharrte er in seiner Position, ehe er zu einem gewaltigen Sprung ansetzte.

Doch er hatte die Entfernung falsch abgeschätzt, deshalb sprang Windbrise viel zu weit, flog über den Vogel hinweg und schlitterte den Felsabhang hinab. Panisch versuchte der Krieger festen Halt zu finden, doch er stürzte unsanft in einen Brombeerbusch.

Windbrise keuchte auf und sandte dem SternenClan ein stilles Dankesgebet, dass sie ihn am Leben ließen. Hinter sich hörte er den Fluss rauschen und war erleichtert, dass der Fels nicht in der Nähe des Ufers lag, sonst wäre er, im Schlimmsten Fall, im Fluss gelandet und ertrunken.

Der schwarze Kater blickte nach oben und stellte fest, dass der Fels nur eine - oder zwei - Fuchslängen hoch war. Karminpelz und Raven blickten mit weit aufgerissenen Augen zu Windbrise hinunter. "Alles in Ordnung?", wollte Karminpelz wissen und kletterte auf sicheren Pfoten den Fels hinab.

Raven folgte ihm etwas langsamer. Windbrise wollte aufstehen, doch durch seine Vorderpfote schoss ein quälender Schmerz, sodass er wieder in das Gras sackte. "Ich glaube, ich habe mir die Pfote verstaucht."

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