23. Kapitel

Schleierpfote wusste nicht, wo er hinschauen sollte. Von allen Seiten kamen nun langsam knurrende Hunde auf sie zu.
,,Es tut mir leid...", fing Stummelkralle an.
,,Es ist nicht deine Schuld. Wie soll man diese Viecher auch im strömenden Regen riechen?", miaute Schleierpfote leise.
Flammenpfote fauchte einen kleinen Hund an und stellte ihr nasses Fell auf.
Blatthimmel schaute zum immer dunkler werdenden Himmel.
,,HimmelClan, steh uns bei!"

Die vier Katzen drängten sich mit aufgestelltem Fell zusammen und fauchten die Hunde wütend an. Schleierpfote spürte Flammenpfotes Fell an seiner Seite.
Wir dürfen hier nicht sterben.
Die Hunde waren stehen geblieben, knurrten und bellten aber trotzdem noch. Der Ruß wurde von ihren Pelzen gewaschen und man konnte das zerzauste Fell der Hunde besser erkennen. Ein großer weißer Hund mit langem Fell bellte zwei andere an.
Schleierpfote merkte die Kälte nun mehr als zuvor. Der Regen wurde immer stärker, obwohl er schon längst dachte, dass nicht mehr geht.

Ein kleiner brauner Hund schoss nach vorne und packte Blatthimmel am Vorderbein. Der zog ihm sofort die Krallen über die Nase. Er jaulte erschrocken auf und die anderen Hunde bellten immer lauter. Der große Weiße warf sich auf Flammenpfote und drückte sie zu Boden. Schleierpfote sprang zu ihr rüber. Im gleichen Moment schossen die Hunde von allen Seiten auf sie zu. Der graue Schüler wollte sich gerade auf den Leithund werfen, da traf ihn etwas schwer an der Flanke. Er wurde eine Schwanzlänge durch die Luft geschleudert und kam da mit einem harten Aufprall auf. Schleierpfote blieb kurz die Luft weg. Doch er hatte keine Zeit sich auszuruhen. Der Hund, der ihn gerammt hatte, rannte erneut auf ihn zu. Schleierpfote wich im letzten Moment aus, bevor scharfe Zähne sich in sein Bein bohren konnten. Der Hund schlug mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden auf.

Schleierpfote erkannte seine Chance und warf sich auf seine Schultern. Mit voller Kraft zog er ihm seine Krallen mehrmals über die Schultern. Kurz danach floh er winselnd aus der Gasse raus.
Schleierpfote schaute sich um. Flammenpfote kämpfte noch immer mit dem weißen Hund. Stummelkralle hatte zwei weitere am Hals und Blatthimel...
Wo war Blatthimmel?

Schleierpfote drehte sich um und entdeckte ihn unter einem Berg von Hunden, die alle auf ihn losgingen. Schnell sprang der Schüler zu ihm. Er biss einem Hund in das Hinterbein, der sich sofort zu ihm umdrehte und ihn knurrend anstarrte. Mit einem einzigen Hieb schleuderte er Schleierpfote an den harten Stein, der die Gasse begrenzte.
Schleierpfotes Brust bebte. Was sollte er tun? Weiter helfen? Sie waren sowieso deutlich in der Unterzahl.
Vielleicht sollte ich Hilfe holen?!

Ohne genauer darüber nachzudenken, sprang Schleierpfote auf und raste aus der Gasse. Wo ging es nochmal zu Minka und Biene? Es war so dunkel, dass die Umgebung ganz anders aussah als bei Tageslicht. Weiter hinten in der Ferne flackerte immer noch das helle Licht vom Feuer und schrille Geräusche waren zu hören. Schleierpfote entschied sich schnell in die entgegengesetzte Richtung zu laufen. Er versuchte sich trotzdem den Weg für den Rückweg zu merken, falls Minka oder Biene den Weg nicht kennen sollten. Konzentriert auf seine Umgebung merkte er nicht, dass vor ihm plötzlich eine Katze stand, in die er nun mit vollem Tempo reinrannte.
,,Pass doch auf", fauchte sie und rappelte sich wieder auf.

Schleierpfote schüttelte sich ebenfalls den Dreck aus den Schnurrhaaren. Vor ihm stand eine goldene Kätzin, die ihn herausfordernd anschaute. Sie sah nicht aus wie ein Hauskätzchen.
,,Entschuldigung, ich suche etwas. Und da habe ich nicht auf die Umgebung geachtet", miaute Schleierpfote und schaute auf seine Pfoten.
,,Was suchst du denn? Deine Augen?", fragte die Katze immer noch leicht verärgert.
Schleierpfote musste trotz der schlimmen Lage ein Schnurren unterdrücken.
,,Nein, ich suche zwei Katzen."
,,Da bist du ja genau auf die Richtige gestoßen. Ich kenne jede Katze hier im Ort."

,,Wirklich?", fragte Schleierpfote hoffnungsvoll. 
,,Ja, wirklich!", miaute die Kätzin und machte Schleierpfotes Stimme nach.
Der ignorierte das einfach.
,,Weißt du wo Minka und Biene wohnen?"
,,Ja, wie schon gesagt, ich kenne hier alle", miaute die Kätzin ruhig.
,,Kannst du mich hinbringen?", fragte Schleierpfote hoffnungsvoll.
,,Ja, ich denke, ich werde ein paar Augenblicke meiner Erkundungstour entwenden können."

,,Was für eine Tour?", fragte Schleierpfote neugierig.
,,Ich wollte mir das Feuer anschauen", miaute die Kätzin und schnippte mit dem Schwanz in eine Richtung, wo die Flammen noch immer zu sehen waren.
,,Das kannst du später ja noch, wenn es ungefährlicher ist", miaute Schleierpfote ungeduldig. ,,Ich muss sie schnell finden."
,,Ich mache gerne gefährliche Sachen... Aber sag mal, wozu willst du die beiden überhaupt finden?"
,,Lass uns das unterwegs besprechen. Es geht um Leben und Tod."
,,Das klingt ja sehr dramatisch. Dann mal los."
Schleierpfote hörte trotzdem den ironischen Unterton in ihrer Stimme. Irgendwie machte ihn das sauer, aber er konnte die sarkastische Kätzin trotzdem leiden. 
Die goldene Kätzin rannte los und Schleierpfote hatte Mühe ihr zu folgen. Sie war viel größer als er, weshalb sie deutlich schneller vorankam. Auf dem Weg dahin erklärte Schleierpfote ihr die Lage. Die goldene Kätzin gab darauf allerdings keine Reaktion von sich. Deshalb setzten sie ihren Weg schweigend fort.

Nach einer Weile blieb die Kätzin stehen und überquerte dann vorsichtig einen kleinen Donnerweg. Schleierpfote erinnerte sich. Von hier aus konnte man sein altes Nest von vorne sehen. Und dahinter lag der Wald. Und Minkas und Bienes Bau war hier dann auch.

Die Kätzin blieb vor einem schmalen Bau stehen und sprang den Steinweg hoch. Mit einem Schwung ihrer Pfoten hämmerte die kräftig gegen die Wand. Ein kleiner brauner Kopf kam aus der Katzenklappe raus. Kurz danach stand Minka auch schon in voller Größe vor der anderen Kätzin. Hinter ihr kam auch Biene raus.
,,Was willst du?", fauchte Minka die Fremde an.
,,Ähm Minka, da hinten ist Schleierpfote", merkte Biene an.
Die braune Kätzin schob sich an der Goldenen vorbei und blieb vor Schleierpfote stehen.
,,Was ist los", miaute sie besorgt. ,,Wo sind die anderen?"
,,Ich brauche eure Hilfe", miaute Schleierpfote schnell. ,,Meine Clankameraden sind von Hunden umzingelt. Wir waren deutlich in der Unterzahl. Deshalb wollte ich Hilfe holen."

,,Wir helfen dir natürlich", miaute Biene. ,,Diese Hunde können was erleben."
Schleierpfote drehte sich zu der goldenen Kätzin um.
,,Und vielen Dank für deine Hilfe...ähm..."
,,Buche! Und ich komme natürlich mit. Dieses Kämpfchen lasse ich mir doch nicht entgehen."
,,Umso mehr, umso besser", miaute Schleierpfote fröhlich. ,,Weißt du, wo es zurückgeht?"
,,War die Frage ernst gemeint? Natürlich weiß ich das", antwortete Buche hochnäsig. ,,Aber ab dem Punkt wo wir uns getroffen haben, weiß ich nicht weiter."
,,Dann übernehme ich ab da."
Er hatte Zweifel, ob er sich den Weg überhaupt richtig gemerkt hatte.

Buche schoss wieder los. Die anderen drei Katzen folgten ihr mit schnellen Sprüngen. Deutlich schneller, als Schleierpfote es in Erinnerung hatte, erreichten sie die Stellen, wo er Buche getroffen hatte.
,,Ab hier übernimmst du", miaute die Kätzin.
Schleierpfote schaute kurz zur Seite. Das Feuer war nicht mehr zu sehen, aber ein hellblaues Leuchten verriet, dass dort noch immer die wasserspeieneden Zwebeinermonster parkten. So ein Monster hatte er schon mal in seiner Hauskätzchenzeit gesehen. Er rannte in die Richtung de Feuers und hörte schon bald fernes Fauchen. Mit großen Sätzen eilte er den Geräuschen entgegen. Als er um die Ecke bog, sah er seine Clangefärten. Sie drückten sich fauchend ans Ende der Sackgasse. Aber es waren nur Stummelkralle und Flammenpfote. Wo war Blatthimmel?

Der graue Schüler suchte mit den Augen die Umgebung ab und fand ihn still auf dem Stein liegend. Schleierpfote hielt für einen Augenblick die Luft an. An der Flanke des Anführers war eine große Wunde und auch an seinem Hals war eine Bisswunde, aus der Blut sickerte. Schleierpfote hatte keine Zeit darüber nachzudenken, denn Buche warf sich mit voller Leidenschaft auf einen der größten Hunde und zog ihm mit vor Freude glühenden Augen die Krallen quer durchs Gesicht.
Auch Biene und Minka sprangen in die Hundeschar rein und schlugen wild um sich. Schleierpfote entschied sich für einen großen braunen Hund, der nach Flammenpfote schlug und biss ihm kräftig in die Hinterbeine.

Der drehte sich um und versuchte Schleierpfote zurückzubeißen. Doch der sprang im letzten Moment weg und wäre fast mit Biene zusammengekracht, der einen kleinen Hund verjagte. Auch Buche trieb zwei Hunde aus der Gasse, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Stummelkralle und Flammenpfote hatten sich freigekämpft und wehrten drei Hunde ab, die sich auf sie stürzen wollten. Minka sprintete an Schleierpfote vorbei und zog dem großen braunen Hund die Krallen über die Schnauze, bis er auch winselnd davonlief. Jetzt waren es nur noch drei Hunde. Schleierpfote warf sich auf einen Hund, der gerade Stummelkralle zu Boden drückte und zerkratzte ihm den Rücken. Kurz darauf floh er ebenfalls. Die beiden übrigen Hunde erkannten, dass sie keine Chance mehr hatten und ließen ebenfalls von den Katzen ab.

Stummelkralle lief als erster zu Blatthimmel. Flammenpfote humpelte ihm langsam hinterher. Schleierpfote lief ebenfalls zu den beiden.
,,Ist er tot?", flüsterte Biene von weiter hinten.
,,Komm, wir gehen lieber", miaute Minka zurück. ,,Wir sind hier keine Hilfe mehr."
,,Blatthimmel?", miaute Stummelkralle und leckte dem braunen Kater den Pelz.
Der Kater rührte sich nicht.
,,Ich glaube, wir müssen akzeptieren, dass er jetzt beim HimmelClan ist", schluckte Flammenpfote.

In dem Moment schlug Blatthimmel schlagartig die Augen auf. Die klaffenden Wunden an seiner Flanke und an seinem Hals waren verschwunden.
,,Er hat ein Leben verloren", flüsterte Flammenpfote.
,,Es tut mir so leid...", wimmerte Schleierpfote. ,,Ich wollte das doch gar nicht. Ich war feige und..."
Blatthimmel stemmte sich auf die Beine und legte Schleierpfote den Schwanz auf die Schultern.
,,Ich mache dich für nichts verantwortlich. Wenn du nicht den Mut gehabt hättest, Hilfe zu holen, wären wir jetzt alle tot. Du bist deinem Herzen gefolgt und nur das zählt. Ich bin stolz auf dich."
Schleierpfote schaute überrascht. Er hatte erwartet, dass er Ärger bekommen würde und kein Lob.
,,Lasst uns nach Hause gehen."
Blatthimmel drehte sich zu Buche um.

,,Wer ist das?"
,,Das ist Buche. Sie hat uns geholfen die Hunde zu vertreiben", schnurrte Schleierpfote.
Flammenpfote Augen blitzen verärgert und sie warf Buche einen bösen Blick zu.
,,Vielen Dank, Buche", miaute Blatthimmel und schaute die Kätzin dankbar an.
,,Kann ich vielleicht noch ein Stück mit euch mitkommen?", fragte die goldene Kätzin nervös und schaute zum Himmel, aus dem sich noch immer Regen ergoss.
Ein greller Blitz zuckte über den Himmel. Im ganzen Trubel hatte Schleierpfote das Gewitter ganz ausgeblendet.
,,Der schnellste Weg in den Wald ist über die Berge", miaute Blatthimmel und raste davon. Schleierpfote folgte ihm mit wehendem Schwanz.

Blatthimmel rannte immer weiter, bis das Gras zu Stein überging und der Hang immer steiler wurde. Der braune Kater bog auf einen Pfad ab, der sich durch eine kleine Schlucht schlängelte, die wieder etwas weiter abwärts führte. Über ihnen zuckten weiter viele Blitze über den Himmel. Plötzlich gab es ein ohrenbetäubendes Krachen und Blatthimmel blieb kurz stehen und schaute nach hinten.
,,Was war das?", fragte er besorgt.

Stummelkralle spitzte die Ohren.
,,Ich höre nichts weiter."
,,Hier knistert was", miaute Buche mit weit aufgerissenen Augen.
Blatthimmel hielt die Nase in die Luft.
,,Feuer!", kreischte er und rannte schneller. ,,Unten im Tal."
Er brach aus der kleinen Schlucht raus und kam auf einen Felsvorsprung zum Stehen. Schleierpfote kam als zweites rausgeschossen. Fast wäre er hinten wieder runtergefallen. Unten im Wald loderten große orangene Flammen, die sich immer weiter in den Wald fraßen.

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