Kapitel 55
Es war das nächste Sonnenhoch, winzige Schneeflocken rieselten auf den mit Frost überzogenen Erdboden. Vom Wind getrieben tanzten sie durch die Luft, sie schwebten, denn sie waren leichter als jede Feder. Der Himmel war mit hellgrauen Wolkenschwaden überzogen, die der Sonne jegliche Teilnahme an diesem Sonnenhoch verweigerten.
Flammenstern, in deren flammenroten Fell bereits winzige Eiskristalle hingen, saß vor der Kinderstube, in der sie die vergangene Nacht, wie Rottupf angeordnet hatte, verbracht hatte. Zu ihren Pfoten lag eine noch unangerürte Maus, die Glutherz ihr von seiner Jagdpatrouille mitgebracht hatte. Sie hatte keinen Hunger, auch wenn sich ihr Magen sehr leer anfühlte. So hohl wie das Loch in ihrem Herzen, an das sie zwanghaft nicht zu denken versuchte. Daran, wann sie zuletzt etwas gefressen hatte, konnte sie sich gar nicht mehr erinnern. Doch ihr war das einerlei, wenn sie diese Maus fressen würde, dann nur für ihre Jungen, nicht für sich selbst. Sie würde nicht kämpfen, also hätte sie ihren Anteil am liebsten an einen der Krieger abgetreten, doch niemand hätte ihr Angebot angenommen. Dafür hatten Glutherz und Staubwolke gesorgt, da war sie sich sicher.
Statt zu fressen, beobachtete sie also Blitzjunges, Gewitterjunges, Regenjunges, Hageljunges und Frostjunges, die mit vor Staunen geweiteten Augen wild umherrannten und nach etwas größeren Schneeflocken schnappten.
Fischschweif, die neben ihr saß, schnurrte entzückt, als Gewitterjunges eine Schneeflocke erwischte und sie seinen Freunden zeigen wollte, was aber nicht funktionierte. Der Schnee war schon längst auf der kleinen rosa Zunge des dunkelgrauen Katers geschmolzen. „Aber ich hab wirklich eine erwischt!", murmelte das Junge empört, während Frostjunges und Blitzjunges sich über ihn lustig machten.
„Und Igel können fliegen", brummte Diamantenjunges etwas stotternd zu Bussardjunges. Die beiden älteren Jungen saßen neben der schildpattfarbenen Königin, doch diese schien sie im Gegensatz zu Flammenstern nicht gehört zu haben.
„Aber er hat tatsächlich eine erwischt", stellte Bussardjunges, der bereits einen Kopf größer war als sein älterer Baugefährte, sachlich fest. Seinem hellgrau getigerten Freund schien das aber nicht so ganz einzuleuchten. „Das... nicht möglich", murmelte er, wie immer etwas stockend.
Flammenstern musste sich zwingen, nicht zu dem mageren Jungen zu blicken. Sie konnte es noch immer nicht fassen, dass sie es nie bemerkt hatte und dass ihr sonst nie jemand davon erzählt hatte. Erst seit letztem Sonnenuntergang, als sie in die Kinderstube umgezogen war, war es ihr klar: Etwas stimmte mit Diamantenjunges ganz und gar nicht. Als sie versucht hatte, Fischschweif darauf anzusprechen, hatte diese sich taub gestellt, doch allein an Blaumonds Blick, hatte sie erkannt, dass es keine Einbildung war und es nicht nur ihr aufgefallen war.
Das er weder taub, noch blind, noch stumm war, hatte sie bereits vorsichtig und unauffällig, was aufgrund der vielen umherhuschenden Jungen nicht gerade leicht gewesen war, überprüft. Was ihm jedoch fehlte, wusste sie nicht einmal ansatzweise.
„Flammenstern! Schau mal, ich habe auch eine Schneeflocke gefangen!", verkündete Regenjunges triumphierend und rannte zu der aus ihren Gedanken gerissenen Anführerin. Stolz präsentierte die hellgraue Kätzin die schmelzende Flocke auf ihrer Nasenspitze. Flammenstern rang sich ein – wie sie fand – recht authentisches Schnurren ab und miaute: „Aus dir wird einmal eine ausgezeichnete Jägerin", was die blau gesprenkelten Augen, seine Augen, zum leuchten brachte.
Aufgeregt hüpfend sprang sie zu ihren Baugefährten zurück und erzählte allen Jungen, ob sie es hören wollten, oder nicht, was Flammenstern gesagt hatte. Schnurrend schüttelte die rotorangene Königin ihren Kopf. Zu keinem Jungen hätte Regenpelz' Name besser gepasst als zu ihrer hellgrauen Tochter. Sie war ihm schon jetzt wirklich ähnlich und damit meinte sie nicht nur ihr Aussehen. Sie war stark und stand für das ein, was sie für richtig hielt. Immer wieder stellte sie sich auf die Seite des Jungen, das gerade von einem anderen unfair behandelt wurde. Und sie hatte seinen Mut. Flammenstern hoffte so sehr, dass ihr das nicht auch eines Tages zum Verhängnis werden würde. Zugern wüsste sie, wessen Wiedergeburt die Kleine war. Das es nicht Regenpelz war, wusste sie mit absoluter Sicherheit. Er war zwar gestorben, als sie geboren wurde, war aber von niemandem gefragt worden, ob er eine weitere Chance wollte. Außerdem war sie sich ganz sicher, dass er nein gesagt hätte, das hatte er ihr gegenüber überdeutlich angedeutet.
„Flammenstern?", wurde sie schon wieder aus ihren grüblerischen Gedanken gerissen. Ohne es zu bemerken, hatte sie die ganze Zeit auf einen Punkt zwischen den Wurzeln der Eiche gestarrt und sie musste sich erst einmal wieder sammeln, bevor sie feststellte, dass sie nicht wusste, wer überhaupt gesprochen hatte.
Der Sprecherin – es war Fischschweif, wie sie gleich darauf feststellte – war das aber wohl gar nicht aufgefallen, denn sie miaute: „Was du bei Sonnenaufgang verkündet hast, hat mich sehr berührt, weißt du?"
Sofort dachte die flammenfarbene Anführerin zurück an die Versammlung, bei der sie allen von dem zugegebenermaßen ziemlich guten Plan erzählt hatte. Seither war zuerst eine Jagdpatrouille, die genügend Beute für den restlichen Tag fangen sollte, was sogar fast gelungen war, aufgebrochen und zurückgekehrt. Danach hatten Glutherz, Staubwolke und Polarlicht, die die Planung für den Angriff nun zusammen übernahmen, die Katzen, die kampffähig waren, um sich gescharrt und mit zur Trainingslichtung genommen. Deshalb war es nun, mal abgesehen von den Jungen, ziemlich still im Lager. Nur Rabensturm, der sich gerade mit Düstersturm unterhielt, war zurückgeblieben und hielt Wache.
„Wie du gesagt hast, dass wir sie rächen werden. Bienenfell, Felsbart, Regenpelz und auch Lahmpelz. Das hat es besser gemacht. Zu gern würde ich mitkämpfen. Weil, auch wenn Lahmpelz und ich keine Gefährten mehr waren, ist er doch der Vater meiner Jungen", erklärte die schildpattfarbene Königin und Flammenstern konnte an ihrem verträumten Blick erkennen, dass Fischschweif ihre Worte mehr als ernst meinte.
Bevor sie also selbst zu sprechen begann, räusperte sie sich. „Aber du weißt, dass du hier bleiben solltest, oder? Du hast das richtige Kämpfen doch nie gelernt..."
Fischschweif nickte zustimmend, ohne im geringsten zu zögern. Eine verirrte Schneeflocke flog ihr in ein Auge und sie blinzelte. „Es ist eine romantische Vorstellung, den Tod seiner Liebe zu rächen. Aber ja, dass es für mich nichts ist, ist mir mehr als klar. Ich wollte dir eigentlich nur sagen, dass, wenn sogar ich mitkämpfen will, du wohl fast platzen musst, weil du nicht daran teilhaben kannst. Meiner Meinung nach solltest du dich jedoch nicht davon abhalten lassen."
Vollkommen überrumpelt warf die flammenrote Königin der schildpattfarbenen einen langen, prüfenden Blick zu. Vor Verblüffung stand ihr ihr Maul offen. Fischschweif war so ziemlich die letzte, von der sie solche Worte erwartet hätte. „Aber... meine Jungen", stammelte sie wenig anführerhaft. Wie kam gerade die immer fürsorgliche und verträumte Kätzin dazu, ihr so etwas zu sagen?
„Blaumond, Herbstblatt, Gelbfang und ich werden uns in dieser Nacht um sie kümmern", erklärte sie schlicht. Dass Gelbfang zu diesem Zeitpunkt wohlmöglich bereits als dritte Katze an dem Husten gestorben war, schien sie nicht in Betracht zu ziehen.
„Du meinst das ernst, oder?", murmelte sie noch immer erstaunt. Sie konnte hören, wie die Jungen darüber diskutierten, welches Spiel sie jetzt spielen würden und wie Bussardjunges und Diamantenjunges sich den anderen anschlossen, doch darauf achtete sie nun kaum. Das Blut begann in ihren Ohren zu rauschen, während sie sich ausmalte, wie sie eine der großen, sprechenden Ratten zu Boden schlug. Wie das dunkle Leuchten in den Augen der Ungetüme, die Regenpelz getötet hatten, erlosch und sie röchelnd nach Luft schnappten. Wie Blut spritzte. Das Blut ihrer Gegner. Ihre Pfoten kribbelten, kampfbereit.
„Todernst", miaute Fischschweif ohne jede Scheu, „aber du solltest dich davor vielleicht einmal mit Düstersturm unterhalten. Und am besten auch noch mit Rabensturm. Sie könnten das gebrauchen."
Der plötzliche Themenwechsel irritierte Flammenstern etwas, was sie sich aber nicht anmerken ließ. Nachdenklich ließ sie ihren Blick durch das Lager schweifen. Das kalte Weiß, dass sich zögernd über den sandig-erdigen Boden der Senke legte und auch schon die Bäume und Sträucher langsam überzog, jagte ihr einen Schrecken ein, auch wenn es schon seit vergangenem Mondhoch langsam angefangen hatte zu schneien, realisierte sie erst in diesem Herzschlag, was das bedeutete. Die Blattleere hatte Einzug gehalten. Der beschwerlichste Blattwechsel war eingetreten. Die erste Blattleere, seit sie ihr neues Zuhause gefunden hatten. Nun würden sie beweisen müssen, dass sie ein Clan waren und überleben konnten.
Was aber, wenn etwas entscheidendes in diesem Clan fehlte? Eine alte, fast vergessene Angst wallte wieder auf und drohte Flammenstern zu ersticken. Der Zusammenhalt in ihrem Clan war nicht sonderlich stark. Es war nicht so, wie es im DonnerClan gewesen war, wo jeder so gut wie jedem sein Leben anvertrauen würde. Hier war es, als würden sich Clangefährten in Grüppchen unterteilen. In ihrem alten Zuhause waren sie eins gewesen. Hier waren es einzelne Katzen, die sich zusammengeschlossen hatten. Aber viele kannten nur einen Teil ihrer Clangefährten wirklich. Würde die Blattleere ihren Clan unter eine Probe stellen?
„Worüber denkst du noch nach? Geh zu ihnen", miaute eine sanfte Stimme bestimmend. Eigentlich nahm Flammenstern von niemandem Befehle entgegen, immerhin war sie die Anführerin. Aber da sie davon ausging, dass Fischschweif ihr diesen Rat als Freundin gegeben hatte, sagte sie nichts weiter dazu als: „Wieso denkst du, dass sie mir mir reden wollen?"
In dem Moment, als sie es aussprach, wusste sie es. Rabensturm hatte eine Tochter verloren und sie hatte noch nicht einmal die Zeit gefunden, ihm ihr Beileid auszusprechen. Sie hasste solche Gespräche. Bei Düstersturm war es jedoch noch viel schwerer, mit ihm zu sprechen, denn das Thema war Apfelteich. Sie hatte seine Gefährtin verbannt und seither nicht mit ihm gesprochen. Im Allgemeinen hatte sie mit niemandem bisher darüber gesprochen, wenn sie sich richtig erinnerte.
„Das weißt du viel besser als ich. Geh, ich pass auf die Jungen auf", antwortete die Schildpattkätzin, als Flammenstern sich bereits mühsam erhoben hatte. Vom langen Sitzen waren ihre Beine ganz steif, weshalb sie sich, bevor sie zu den schwarzen Katern lief, erst einmal ausgiebig streckte. Es konnte wohl auch als der Versuch, sich vor den vor ihr liegenden Gesprächen gedeutet werden. Wieso konnte jetzt nicht eine Katze ins Lager geeilt kommen, die dringend etwas mit ihr besprechen musste? Irgendetwas, was ihr nicht so ein unliebsames Gesprächsthema wäre?
Natürlich wurde ihr dieser Wunsch nicht erfüllt. Das Glück war zurzeit nicht auf ihrer Seite. So schlenderte sie also hinüber zu den zwei schwarzen Katern, die neben der Weide, deren lange Zweige mit Raureif überzogen waren, saßen.
Als Rabensturm sie entdeckte verstummte er und auch Düstersturm, der sie natürlich nicht sehen konnte, aber wahrscheinlich ihre knisternden Schritte vernahm.
Sie gab sich Mühe nicht durchscheinen zu lassen, wie sehr es ihr widerstrebte und setzte sich zu den Katern.
Düstersturm, dessen blinde, blaue Augen direkt auf sie gerichtet waren, schnupperte nachdenklich, dann miaute er: „Was verschafft uns die Ehre, Flammenstern?"
Das verschmitzte Funkeln seiner Augen konnte die Anführerin nicht täuschen. Sie wusste, dass der schwarze Kater meist alle negativen Gefühle hinter seinem Humor verbarg. So hatte er es auch mit der Erblindung gehandhabt. Witze zu reißen war seine Art den Schmerz zu überspielen.
„Deine Ansprache heute Morgen war sehr eindrucksvoll", murmelte Rabensturm, seine grünen Irden hatte er auf den Eingang des Lagers gerichtet. Flammenstern hatte das Gefühl, dass der Krieger nur so tat, als wäre er so sehr auf seine Aufgabe, das Lager zu bewachen, konzentriert. Sie ging nicht auf seine Worte ein.
„Ich habe euch beiden etwas zu sagen", miaute sie und blickte zwischen den schwarzen Katern hin und her. Sie reagierten nicht, schienen darauf zu warten, dass sie fortfuhr. „Rabensturm, Lavendelpfotes Tod tut mir sehr leid. Ich wünschte, wir hätten ihr irgendwie helfen können", sofort spitzte der Krieger seine kleinen Ohren, „ich weiß, seit du dich dem Clan angeschlossen hast, hast du Rehfarn und nun auch Lavendelpfote verloren. Wahrscheinlich bereust du deine Entscheidung, aber ich muss dir sagen, dass ich..."
Rabensturm hatte sich bei ihren Worten zu ihr umgedreht und blickte ihr direkt in die Augen, als er vehement den Kopf schüttelte und sie zum verstummen brachte.
„Flammenstern, bitte lass das. Du kannst doch nichts dafür, dass die beiden gestorben sind. Niemand kann etwas dafür. Der SternenClan hat die zwei zu sich gerufen, es war ihre Zeit zu gehen. Ja, es war viel zu früh, aber so etwas kommt vor. Worte bringen sie nicht zurück", murmelte er, tiefes Bedauern lag in seiner Stimme, „und Flammenstern; ich bereue es nicht, dass wir uns dem FeuerClan angeschlossen haben."
Erleichtert atmete Flammenstern aus, ihr war bis dahin gar nicht bewusst gewesen, dass sie die Luft angehalten hatte. Die Schneeflocken wurden langsam größer und immer weniger davon schmolzen, als sie auf dem Boden aufkamen. Ein paar Herzschläge herrschte Schweigen zwischen den drei Katzen, bevor die flammenrote Anführerin murmelte: „Ich hätte ihr gerne noch ihren Kriegernamen gegeben. Aber meine eigene Gesundheit... es tut mir schrecklich Leid, dass sie ihn nicht mehr bekommen hat. Lilienpfote wird ernannt, noch bevor wir gegen die Ratten kämpfen werden. Das verspreche ich."
Die einzige Reaktion des Kriegers war ein stummes Nicken. Mehr gab es darauf wohl auch nicht zu sagen.
Wieder schwiegen die Katzen kurz, doch dieses Mal brach die Königin die Stille schneller. Hätte sie zu lange gezögert, so hätte sie es wahrscheinlich nicht mehr geschafft, zu Düstersturm zu sprechen. Sie machte sich Sorgen, was er antworten würde.
„Düstersturm. Seit Apfelteich uns verraten hat, habe ich noch nicht mit dir gesprochen. Ich schäme mich dafür, dass ich mich so lange davor gedrückt habe. Meine Gesundheit allein ist keine Ausrede, das ist mir bewusst." Sie hatte viel zu hastig gesprochen.
„Sie war deine Gefährtin und du hast sie geliebt, da bin ich mir ganz sicher. Ich weiß, wie groß der Schmerz ist, einen Gefährten zu verlieren. Ich habe das bereits zweimal durchgemacht, auch wenn es beim zweiten Mal viel schlimmer war als beim ersten Mal. Die Trauer zerfrisst einen von Innen. Aber es gibt einen bedeutenden Unterschied. Apfelteich ist nicht tot. Sie hat den Clan verraten und ist dann weggelaufen. Sie hat ihre Schwester und alle anderen Katzen den Ratten ans Messer geliefert." Düstersturm hatte während ihren Worten den Kopf gesenkt. Sie sah, wie ein innerer Zwiespalt sich in seinen Gesichtszügen widerspiegelte.
„Ich war mit ihr befreundet. Seither hätte ich ihr das nicht mehr zugetraut und du bestimmt genauso wenig. Aber wir haben uns getäuscht, wohlmöglich kannten wir sie gar nicht wirklich. Ich bereue nicht, sie verbannt zu haben. Es tut mir nur leid, dass du deine Gefährtin verloren hast."
Wieder folgte Stille. Schneeflocken wirbelten durch die Luft, der Wind – an diesem Tag wehte er nur ganz sachte – wehte den Freundenschrei der Jungen zu ihnen herüber. Anscheinend hatten sie ein Spiel gewonnen. Rabensturm schien es unangenehm zu sein, an diesem Gespräch teilzunehmen. Sein Nackenfell war vor Unbehagen gesträubt. Düstersturm jedoch hob schließlich den Kopf wieder. Zu Flammensterns Verwunderung konnte sie Reue aus seinen blinden Augen lesen.
„Ich weiß, dass sie etwas schrecklich Falsches getan hat. Dass sie sie alle indirekt umgebracht hat und es beinahe noch mehr geworden wären. Und trotzdem kann ich nicht aufhören, sie zu lieben." Verzweiflung schwang in seinen Worten mit. „Ich habe sie getroffen, nachdem sie verbannt wurde. Irgendwie wusste ich, wo ich sie finden würde. Es tut ihr leid, Flammenstern! Sie bereut ihre Tat! Aber den Hass, den sie auf Herbstblatt verspürt, kann sie nicht loswerden."
Als sie hörte, dass Düstersturm seine Gefährtin getroffen hatte, kam ihr das vor wie ein Schlag ins Gesicht. Sie hatte Apfelteich verbannt, damit der Clan sicher war. Und was tat Düstersturm? Das konnte einfach nicht sein ernst sein! Mit Mühe hielt sie ihre Wut zurück, als sie miaute: „Es mag sein, dass sie Reue empfindet. Aber das ändert nichts an meiner Entscheidung, oder daran, dass sie eine Verräterin ist."
Von ihren Worten nicht überrascht, nickte Düstersturm, bevor er murmelte: „Das ist mir bewusst. Ich habe nichts anderes erwartet. Ich will nur, dass du es weißt. Und dass du Rottupf frägst, was Apfelteich ihr gesagt hat."
Verwundert riss Flammenstern ihre sowieso schon geweiteten Augen auf. Wovon sprach Düstersturm denn jetzt wieder? Ihm schien klar zu sein, dass sie keine Ahnung hatte, denn er fügte hinzu: „Frag sie einfach danach."
Stumm nickte Flammenstern. Damit wäre wohl alles geklärt. Sie würde Düsterstrum keine Vorwürfe machen, nahm sie sich vor. Er liebte Apfelteich.
Aber anscheinend war der schwarze Älteste, der eigentlich gerade einmal so alt wie Regenpelz es war war, noch nicht fertig, denn er räusperte sich. Er hatte die Schultern gestrafft und seine durchdringenden blinden Augen suchten ihre. Flammenstern erwartete schon, dass er sie irgendetwas bezüglich Apfelteich bitten würde, weshalb sie über das was folgte, schon fast erleichtert war. „Ich will auch gegen die Ratten kämpfen", erklärte er und machte dabei ein Gesicht, als würde er eine Absage erwarten. Kurz dachte Flammenstern darüber nach. Da sie selbst auch mitkämpfen wollte, konnte sie schlecht nein sagen. Aber sie wusste nicht, ob Düstersturm bei dem Plan überhaupt nützlich sein konnte. Doch eigentlich war das ja egal. Wenn er kämpfen wollte, sollte er das dürfen, genau wie sie selbst. „In Ordnung. Ich selbst will es auch nicht auf mir sitzen lassen, nicht mitmachen zu dürfen", erwiderte sie deshalb, was ihr ein verblüfftes Aufatmen von Düstersturm und Rabensturm einbrachte. Damit hatten sie wohl nicht gerechnet. Flammenstern konnte beiden ansehen, dass sie zugern protestiert hätten, es aber nicht taten. Gut so. Wenn die zwei ihr schon nicht widersprachen, würden es viele andere bestimmt auch nicht tun.
Sie wusste nicht wirklich, was sie nun noch sagen sollte, doch die Entscheidung wurde ihr glücklicherweise abgenommen, denn Blitzjunges kam aufgeregt zu ihr gesprungen.
„Flammenstern! Flammenstern! Forellenpelz will uns keine Geschichte erzählen!", miaute der kleine getupfte Kater. Er wirkte darüber äußerst unglücklich, weshalb sie gar nicht lange über ihre Antwort nachdenken musste, als er fragte: „Erzählst du uns stattdessen eine?"
Rottupf würde also noch etwas warten müssen. Und danach sollte sie Staubwolke und Glutherz mitteilen, dass sie und Düstersturm kämpfen würden. Die zwei wären bestimmt nicht begeistert, aber das war ihr egal.
Durch das leichte Schneegestöber hindurch folgte sie Blitzjunges zur Kinderstube zurück. Sie wusste schon ganz genau, welche Geschichte sie erzählen wollte.
Als nächstes lautet die Frage: Wessen Wiedergeburt ist Regenjunges? Wer es nicht ist, wissen wir jetzt ja schon ;) Bin mal gespannt, ob im Gegensatz zu Blitzjunges, jemand drauf kommt
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