Kapitel 54

„Flammenstern ist auch deine Mama?", miaute Regenjunges verwundert und blickte erstaunt mit den gesprenkelten Augen seines Vaters zu ihm auf. Gewitterjunges, der ängstlich zwischen seinen Wurfgefährten kauerte, reagierte gar nicht. Egal wie oft Glutherz dem dunkelgrauen Kater bereits erklärt hatte, dass Flammenstern ihn nicht schimpfen würde – der Kleine schien davor mächtig Angst zu haben – er wollte ihm einfach nicht glauben.

„Ja, ist sie und Regenpelz, euer Vater, war auch mein Vater", erklärte er, noch immer fassungslos, dass die drei davon keine Ahnung hatten. Eigentlich hatte er ihnen nur erläutern wollen, wieso Flammenstern so traurig war, doch er hatte es nicht einmal geschafft, ihnen zu erklären, weshalb Regenpelz gestorben war, bevor er über haufenweise Fragen seiner jüngeren Geschwister gestolpert war.

Irgendwie war er aber auch froh, das vorerst nicht tun zu müssen. Er wollte nicht noch einmal den Schmerz durchleben, den er verspürt hatte, als er zum ersten Mal davon gehört hatte, wie sein geliebter Vater zu Tode gekommen war.

„Aber du siehst uns ja gar nicht ähnlich! Wie kannst du da unser Bruder sein?", wollte Blitzjunges, dem die Vorstellung, dass seine Mutter noch andere Junge hatte, nicht wirklich zu taugen schien, mit zusammengekniffenen Augen wissen. Der Wind spielte im gesprenkelten Pelz des kleinen Katers, der immer wieder versuchte, sein Fell mit der Zunge zu glätten.

„Flammenstern sehe ich aber ähnlich, oder nicht?", miaute er amüsiert. Daraufhin schien es dem gesprenkelten kleinen Kater die Sprache verschlagen zu haben, denn er betrachtete ihn nur mit schief gelegtem Kopf. Dann kam ihm wohl plötzlich eine Idee, denn er richtete sich kerzengerade auf. „Sicher, dass du nicht ihr Wurfgefährte bist?"

Glutherz schnurrte kopfschüttelnd. Der Kleine gefiel ihm, er hielt an seiner Meinung fest, selbst wenn diese bereits als falsch bewiesen schien. Willensstark, auch wenn er an seinen Argumenten wohl noch etwas arbeiten musste. Irgendwann würde er bestimmt einen stolzen Kämpfer abgeben.

„Sehe ich tatsächlich so alt aus?", schnurrte der dunkelrote Kater, was dazu führte, das sowohl Regenjunges als auch Gewitterjunges – seine Sorge hatte er nun wohl schon wieder vergessen - eifrig ihre Köpfchen schüttelten. „Aber Flammenstern sieht doch auch nicht alt aus!", miaute Blitzjunges trotzig und machte ein finsteres Gesicht, woraufhin ihm seine hellgraue Schwester in die Seite knuffte. „Lass' gut sein", schnurrte Regenjunges und sprang auf.

„Kommt! Lasst uns Moosball spielen!", jaulte sie, schnappte sich die Mooskugel, die Dämmerpfote zusammen mit Hageljunges gefunden hatte und rannte los. Noch bevor ihre Wurfgefährten auf die Pfoten kommen konnten, hatte sich die kleine Kätzin unter einer der Wurzeln hindurchgeschoben und stürmte nun Harken schlagend durch die Senke. Sie schien sich nicht daran zu erinnern, dass sie noch kurz zuvor hatte wissen wollen, wieso Flammenstern sich so komisch verhielt.

„Hey! Das ist unfair!", protestierte Gewitterjunges, der ihr taumelnd folgte. Auch Blitzjunges und Hageljunges, der bis dahin mit Dämmerpfote gespielt hatte, schlossen sich dem Spiel an und bald huschten vier Fellknäule vergnügt quiekend über die Lichtung, ohne auf die Krieger, die vereinzelt herumliefen, acht zu geben.

„Sie vergessen es", erklang auf einmal eine Stimme gleich neben Glutherz, der den Jungen mit den Augen gefolgt war. Überrascht blickte er zur Seite auf Dämmerpfote, deren ungewöhnlich graue Augen ihn direkt anschauten, ihn fast zu durchdringen schienen. Die junge Schülerin musste seine Verwirrung bemerken, denn gleich darauf fuhr sie fort: „Sie vergessen vieles von dem, was ihnen gesagt wurde, oder was sie getan haben. Das ist vollkommen normal in den ersten Monden. Deshalb wussten sie nicht, dass du ihr Bruder bist, oder dass Regenpelz tot ist. Alles, was ihnen nicht furchtbar wichtig erscheint, löscht sich aus ihrem Gedächtnis. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie sich von heute an daran erinnern werden."

Erstaunt blickte er die dunkelbraune Kätzin an. Das ergab so viel Sinn! Wieso war er nicht selbst darauf gekommen? Schließlich vergaßen seine eigenen Jungen ja auch ständig Dinge, wie beispielsweise, dass sie Diamantenjunges nicht für sein seltsames Verhalten hänseln durften. Zumindest Frostjunges vergaß das, wobei Glutherz sich nicht ganz sicher war, ob sein Sohn sich nicht einfach nicht daran erinnern wollte.

„Das... danke!", stotterte er, da er nicht so ganz wusste, was er nun sagen sollte. Das peinliche Schweigen, in das die beiden Katzen, die in ihrem Leben bisher kaum miteinander gesprochen hatten, sich gleich darauf hüllten, wurde jäh von Gewitterjunges gepeinigten Aufschrei unterbrochen.

„Aua!", quiekte der dunkelgraue Kater und blickte vorwurfsvoll zu Blitzjunges und Hageljunges, die auf ihm lagen. Glutherz sah das Gezanke zwar kommen, konnte es aber nicht mehr verhindern, denn schon setzte Gewitterjunges zu einem wimmernden Gejammer an: „Mein Bein! Das tut so weh, ihr seid so gemein!"

Die anderen beiden Jungen, die davon wenig beeindruckt schienen, feixten daraufhin nur. Glutherz wollte bereits dazwischen gehen und herausfinden, was genau geschehen war, als Regenjunges für ihren Bruder Partei ergriff. „Ihr kämpft wie Feiglinge! Zwei gegen einen ist unfair!"

Die kleine graue Kätzin hatte sich mit funkelnden Augen vor ihren dunkelgrauen Wurfgefährten geschoben, so, als wollte sie ihn beschützen. Hageljunges rollte die Augen, während Blitzjunges übertrieben seufzend erwiderte: „Wenn er über seine eigenen Pfoten stolpert, dann ist das ganz sicher nicht unfair!"

„Gar nicht wahr! Hageljunges hat mich angerempelt!", knurrte Gewitterjunges, der sich aufgerappelt hatte und ein Vorderbein anziehend neben seine Schwester humpelte.

Glutherz, der genug gesehen hatte, um zu wissen, dass diese Diskussion niemals zu einer Lösung führen würde, unterbrach die Jungen, bevor der Streit noch ausarten würde, indem er zwischen die beiden Gruppen trat. „Gewitterjunges, geht es dir gut?", murmelte er und leckte dem dunkelgrauen Kater tröstend über das dunkle Fell, wobei er überrascht zurückzuckte.

„W...was hast du da auf deinem Rücken?", stammelte der rote Krieger, in Angst, dass nicht nur Gewitterjunges Bein verletzt war. „Was meinst du?", grummelte Gewitterjunges, der noch damit beschäftigt war, Hageljunges und Blitzjunges wütende Blicke zuzuwerfen. Daraufhin betrachtete Glutherz die seltsame Erhebung, die er unter seiner Zunge gespürt hatte, näher. Dort, wuchs kein Fell! Die Stelle musste also schon länger dort sein, was Glutherz im ersten Moment sehr erleichterte. Doch dann zögerte er. Was konnte das sein? Er beugte sich über seinen jüngeren Bruder, der ihn für reichlich seltsam halten musste, aber das war dem roten Krieger egal, immerhin ging es hier möglicherweise um die Gesundheit des Kleinen.

„Meinst du die Narbe?", miaute Regenjunges, die bisher nur mit verwirrt gerunzelter Stirn an seiner Seite gestanden hatte. Einen Herzschlag blickte Glutherz zu der jungen Kätzin auf. Eine Narbe? Woher konnte Gewitterjunges eine Narbe haben? Er war gerade einmal etwas älter als einen Viertelmond!

„Ach, die Narbe!", stöhnte Gewitterjunges ziemlich genervt und huschte in Richtung von Blitzjunges und Hageljunges davon. Sein Bein schien ihn schon nicht mehr zu stören, also konnte es nicht so schlimm gewesen sein. „Die hab' ich doch schon immer!"

Damit nahmen die Kater ihr Spiel mit dem Moosball wieder auf und Regenjunges schloss sich den dreien gleich darauf an. Von ihnen würde er wohl nicht erfahren, was es mit Gewitterjunges' Narbe auf sich hatte.

„Weißt du...?", wollte er sich an Dämmerpfote wenden, die ja irgendwo in der Nähe sein musste, doch als er sich dabei zu ihr umwenden wollte, musste er feststellen, dass sich diese gerade mit Kieselpelz unterhielt. Da er die beiden nicht unbedingt unterbrechen wollte und er jemanden wusste, der die Antwort ganz sicher parat hatte, war ihm klar, das er diesen jemand jetzt nicht länger allein in ihrem Bau lassen konnte. Er musste zu Flammenstern – wahrscheinlich konnte sie jemanden gebrauchen, mit dem sie darüber sprechen konnte. Außerdem musste er ihr endlich von seinem Plan erzählen, bevor die Ratten sich ganz von dem Kampf erholt hatten.

So tappte er also, nicht ohne fast über Hageljunges zu stolpern, der ihm zwischen den Beinen hindurchrannte, zum Bau der Anführerin. Gerade, als er sich vor den Efeuranken ankündigen wollte, fiel ihm wieder ein, dass irgendwer ein Auge auf die Jungen haben musste und so musste er Dämmerpfote doch noch unterbrechen.

„Passt du weiter auf sie auf?", miaute er und nachdem sie, ohne sich überhaupt zu ihm umzuschauen, genickt hatte, wandte er sich der nicht gerade leichten Aufgabe zu, die vor ihm lag.

„Flammenstern? Kann ich rein kommen?", murmelte er und da es ihm eigentlich egal war, was sie antworten würde – immerhin musste irgendwer nach ihr sehen. Er hätte auch viel lieber Ahornblatt oder Wasserwirbel zu ihr geschickt, aber dummerweise war erstere ungefähr so feinfühlig wie eines der Monster, die über den Donnerweg rannten und letztere gerade auf der Jagd.

Seine Augen mussten sich erst an die Dunkelheit in Flammensterns Bau gewöhnen, bevor er irgendetwas erkennen konnte. Die Wärme in der Höhle war irgendwie mehr stickig als angenehm, was wohl daran lag, dass hier nun bei weitem mehr Katzen schliefen, als eigentlich für die Höhle gedacht war. Früher waren es immer genau zwei gewesen. Flammenstern und Regenpelz.

„Hab ich dich hereingebeten?", seufzte Flammenstern, deren schlechte Laune schon fast greifbar war, genervt. Glutherz musste mehrfach blinzeln, erst dann entdeckte er seine Mutter in deren Nest am Rand des mit wohliger Wärme gefüllten Baus. Die flammenfarbene Königin hatte ihren Kopf auf ihren Pfoten abgestützt und blickte trübsahlblasend auf irgendeinen Punkt im Bau, den nur sie sehen konnte.

Glutherz beschloss leichthin, darauf jetzt einfach mal nicht zu antworten und musterte seine Mutter eingehend. Ihr Blick war wieder getrübt, wie zu der Zeit, als es ihr wegen Regenpelz' Tod so schlecht ging. Er glaubte, auch zu erkennen, dass sie leicht zitterte. Die tiefen Schatten unter ihren Augen ließen sie alt wirken, wie eine Kriegerin, die ihre besten Zeiten bereits hinter sich hatte und bald in den Ältestenbau umziehen würde. Dabei war sie doch noch recht jung!

Aber er konnte verstehen, das Regenpelz' Tod sie hatte altern lassen. Eigentlich hätte sie ihn erst in hohem Alter verlieren sollen, nicht jetzt. Auch er selbst fühlte sich älter, seit sein Vater nicht mehr auf Erden weilte. Die Trauer ließ Katzen altern.

„Was war das gerade?", miaute er bemüht feinfühlig. Er trottete langsam zu ihr und ließ sich ihr gegenüber auf den mit Moos ausgepolsterten Boden fallen, sodass er ihr direkt in die smaragdfarbenen Augen blickte. Er hoffte, dass sie dadurch seiner Frage nicht ausweichen würde, was anscheinend aber eine unbegründete Befürchtung gewesen war, denn sie begann sofort zu erklären: „Es tut mir so leid, Glutherz! Die armen Kleinen! Dabei haben sie doch einfach nur eine Frage gestellt. Eine Frage, die vollkommen normal ist! Es... es tut mir so schrecklich leid. Auch, dass Regenpelz nie mit ihnen spielen wird und dass sie immer den anderen mit ihren Vätern zuschauen werden müssen. Auch dir und deinen Jungen! Immer werden sie daran erinnert werden, dass sie keinen Vater mehr haben." Die Stimme der Kätzin wirkte gebrochen, verzweifelt. Wie sie in ihrem Nest lag, erinnerte nichts an die große Anführerin, die Glutherz als seine Mutter kannte. Es war, als wäre mit Regenpelz auch ein Teil von ihr verschwunden.

„Denkst du das wirklich? Dass sie - wir keinen Vater mehr haben? Regenpelz ist vielleicht tot, aber er wird immer über uns wachen! Und nur weil du ihn nicht siehst, heißt das nicht, dass er nicht immer bei uns ist!", verkündete er voller Inbrunst und musste sich zusammenreißen, nicht aufzuspringen. Sein Schweif fegte aufgebracht über den moosigen Untergrund. „Gerade du solltest es doch besser wissen!"

Nach seinen Worten verharrte Flammenstern erst ein paar Herzschläge, bevor sie erst blinzelte und dann ein Ruck durch ihren – wie Glutherz in diesem Moment bemerkte, mageren – Körper ging und sie ihren Kopf hob. Mit festem Blick schaute sie ihm in seine Augen, trotz des fahlen Lichts im Bau konnte er sein eigenes Spiegelbild in ihnen erkennen und er sah, wie sie ihn sah. Einen Krieger mit feuerrotem Fell und Smaragdaugen. Genau, wie sie ihren Vater Feuerstern immer beschrieben hatte, wenn auch etwas jünger.

„Ich mache ein Mäusehirn aus mir", flüsterte sie mit erstickter Stimme, bevor sie mit einem beachtlichen Wechsel in ihrem Auftreten, der sich vor allem durch die feste Stimme und das vorgereckte Kinn zu erkennen gab, fortfuhr, „ich verhalte mich wie ein verweichlichtes Hauskätzchen! Trauere meiner Liebe auf eine unangebrachte und respektlose Weise nach und beschimpfe meine Jungen, wenn sie nach ihm fragen!"

Glutherz wollte Flammenstern, die viel zu viel Selbsthass in ihre Worte legte, beruhigen, doch die flammenrote Anführerin war noch lange nicht fertig – sie hatte gerade erst begonnen. „Oh Glutherz, du hast ja so recht! Er ist bei uns, immer! Auch jetzt!", miaute sie und ihre Gesichtszüge wurden augenblicklich weich, bevor sie sich genauso schnell wieder verhärteten. „Aber er sollte jetzt leibhaftig neben uns sitzen können! Allein den Ratten ist es zuzuschreiben, dass er das jetzt nicht kann!"

Dem roten Krieger war klar, das er nun etwas entfacht hatte, was er nicht mehr löschen konnte. Ein Feuer, das in seiner Mutter brannte, ein Rachefeuer. Ihre nächsten Worte, die die nach dem vorherigen Wortsturm schon fast mild klangen, es aber nicht waren, bestätigten seine Vorahnung. „Und dafür sollen sie bezahlen!"

Jetzt wollte seine Mutter handeln.

Eigentlich kam ihm dies ja sogar recht, immerhin beinhaltete sein Plan den Tod von nicht gerade wenigen Ratten, trotzdem jagte die Schärfe, mit der Flammenstern sprach, ihm etwas Angst ein. Nichts und niemand würde sie von ihrem Vorhaben jetzt noch abbringen können, so viel war klar. Irgendwann während sie gesprochen hatte, war sie aufgesprungen, ihr Fell war gesträubt und die Entschlossenheit in jeder Faser ihres Körpers war fast greifbar.

„Erzähl mir von deinem Plan", verlangte sie dann plötzlich und legte sich zurück in ihr Nest, plötzlich erschöpft wirkend. Sie war noch immer vom Husten, der Trauer und der Geburt seiner Geschwister geschwächt.

Noch bevor er sein Maul geöffnet hatte, um überhaupt irgendetwas zu sagen, hatten sich ihre Augen bereits an seine Lippen geheftet. Gierig – ein anderer Ausdruck fiel dem roten Krieger nicht ein, auch wenn es irgendwie unpassend war – sog sie jedes seiner Worte ein, als er zu sprechen begann.

„Wir müssen die Plage am Kern packen, so wie es Feuerstern damals schon versucht hat. Aber dieses Mal werden wir keine Gnade zeigen. Sie dürfen sich später nicht einfach neu formieren können", miaute er, sehr zu seinem Missfallen bemerkte er, dass Flammenstern dabei ihre Krallen immer wieder ein und ausfuhr, wie wenn sie deren Funktionstüchtigkeit überprüfen wollte. Sie dachte doch nicht ernsthaft, dass sie mitkämpfen konnte?!

„Sprich weiter", forderte sie ihn mit diesem ungewohnten Befehlston auf. Jetzt, wo er angefangen hatte, konnte er keinen Rückzieher mehr machen, auch wenn er wohl besser Staubwolke dazugeholt hätte. Der Wurfgefährte der flammenroten Königin hätte sie bestimmt zur Vernunft bringen können, falls sie tatsächlich an seinem Plan teilnehmen wollte.

Bevor er also fortfuhr, atmete er tief ein und aus. „Die Ratten leben im Zweibeinerort, so viel ist sicher. Kekstatze und Seepelz haben dort gelebt, sie können uns bestimmt zu ihnen führen und falls sie selbst nicht wissen, wo der Ort ist, an dem sie leben, dann kennen sie bestimmt ein paar Hauskätzchen oder Streuner, die das wissen." Diese Idee war ihm gekommen, kurz bevor Kekstatze wieder dem Clan beigetreten war. Es war nur ein Mond gewesen, den der junge Hund im Zweibeinerort verbracht hatte, aber es hatte gereicht, um ihn zu verändern. Ihn stark zu machen und ihm einiges über das Leben zu lehren.

Außerdem hatten Ratten mehr Angst vor Hunden als vor Katzen, weshalb ihnen Kekstatze nicht nur hinführen, sondern auch während dem Kampf sehr behilflich sein konnte.

„Du willst also eine Kampfpatrouille in den Zweibeinerort schicken und die Ratten dort überfallen, wo sie sich am besten auskennen? Ich glaube, du hast noch einiges zu lernen, Glutherz", murmelte Flammenstern. Sie wirkte etwas enttäuscht, auch wenn sie noch immer diese sture Entschlossenheit ausstrahlte. Das sorgte dafür, dass der rote Krieger ihr alles erzählen wollte, jeden Teil seines sehr wohl gut ausgeklügelten Plans. Er hatte das Gefühl sich beweisen zu müssen, auch wenn er nicht wusste, woher dies auf einmal kam.

„Keine Patrouille, nein. Wir werden als Gruppen gehen, so viele Krieger, wie wir entbehren können. Und wir werden den WolkenClan bitten sich uns anzuschließen. Diese Gruppen werden aber nicht einfach aus zusammengewürfelten Katzen bestehen, nein. Wir werden das ausnutzen, was diese jeweils am besten können! Schwimmen, Klettern, Anschleichen und so weiter! Und bei unseren Clangefährten meine ich damit, dass wir uns ihre vergangenen Leben zu Nutze machen", erklärte er und es erfüllte ihn mit stolz, als die Miene seiner Mutter erst nachdenklich und dann anerkennend wurde.

Eine Weile lang sagte sie nichts, sondern setzte sich schwerfällig auf und leckte tief in Gedanken versunken ihre Pfote. Glutherz beobachtete dabei jede ihrer Bewegungen. Das funkeln ihrer grünen Irden entging ihm dabei nicht. Auch, dass ihre Körperhaltung nicht mehr so zusammengesunken war, wie die vergangenen Sonnenaufgänge, fiel ihm sofort auf. Ein Ziel vor Augen zu haben, schien ihr zu helfen. Dennoch war ihm bewusst, dass sie persönlich sich nicht würde rächen können. Dazu war sie zur Zeit nicht stark genug.

Außerdem war Rache nichts, was die Trauer in jeglicher Weise besser machte. Und trotzdem brannte, irgendwo in seinem Inneren, auch in ihm das Feuer, dass seinen Vater rächen wollte. Das diese Ratten augenblicklich in der Luft zerfetzen wollte. Denn auch er vermisste ihn und auch wenn die Trauer nun von seinen Planungen etwas verdrängt wurde, ruhte sie noch immer in ihm.

Als sie schließlich sprach, klang ihre stimme sehr grüblerisch: „Ich habe dich wohl unterschätzt." Sie zögerte einen Augenblick „Gut gemacht, du hast dir Gedanken gemacht, wie es ein Anführer machen würde. Ich schätze, du hast dir auch überlegt, dass wir die Katzen davor auf einen Kampf vorbereiten müssen? Und dass der Ort unseres Kampfes ausgekundschaftet werden muss, bevor wir in ein paar Sonnenaufgängen dorthin aufbrechen?"

Es kam ihm nicht so vor, als würde sie darauf eine Antwort erwarten, weshalb er sich einfach nur aufsetzte. Verlegen leckte er sich sein Brustfell, er wusste nicht, was er mit so viel Lob anstellen sollte.

„In Zeiten, in denen ich selbst nicht in der Lage war, eine gute Anführerin zu sein, hast du dir einen Plan eines Anführers würdig ausgedacht. Ich bin wirklich stolz auf dich, mein Sohn", miaute sie und blickte ihm dabei direkt in die Augen. Dann zögerte sie wieder für einen Herzschlag, er konnte den inneren Konflikt in ihren Irden sehen.

Glutherz wusste, dass sie sich entschieden hatte, zu sagen, was sie zu sagen hatte, als sie ganz plötzlich wieder müde wirkte. Trotzdem lag eine Zufriedenheit in ihrem Blick, wie er sie schon lange nicht mehr bei seiner Mutter gesehen hatte.

Und dann sprach die Königin – und für einen Herzschlag in keinem Sinne die Anführerin – zu ihrem Sohn: „Weißt du, die Last auf meinen Schultern ist mir zu schwer geworden. Ich war, und vielleicht bin ich das noch immer, kurz davor, an seinem Tod zu Grunde zu gehen. Aber durch dich habe ich heute eines verstanden; ich kann Regenpelz vielleicht nicht von den Toten zurückholen, aber ich kann andere davor bewahren, sein Schicksal zu teilen. Indem ich, nein wir, unseren Clan gut vorbereitet in einen Kampf führen. Dein Plan ist dazu die perfekte Grundlage."

Glutherz wusste nicht, was er darauf erwidern sollte, also schwieg er. Schwäche zuzugeben war selten Flammensterns größte Fähigkeit gewesen und das sie so ehrlich und offen zu ihm sprach, ließ ihm den Glauben daran, dass sie eines Tages wieder zu ihrer alten Stärke zurückfinden würde, wieder aufflammen. Jetzt musste er sie nur noch davon überzeugen, dass sie nicht mitkämpfen konnte...

Dieses Problem löste sich jedoch jäh, als Flammenstern ihre nächsten Worte – Glutherz schwieg bei diesem Gespräch ungewöhnlich viel, die orangerote Kätzin ließ ihn aber auch kaum zu Wort kommen – miaute: „Vielleicht ist es jetzt Zeit, dass du dein Vermächtnis antrittst. Die Prophezeiung wird sich erfüllen und du wirst die dunklen Monster ein für alle Mal besiegen. Dann wirst du auch lernen, was es wirklich heißt, ein Krieger zu sein."

Was ihre letzten Worte bedeuten sollte, wusste Glutherz nicht. Eigentlich dachte er, zu wissen, was es hieß, ein Krieger zu sein, aber er wollte das jetzt nicht hinterfragen. Viel wichtiger erschien ihm der Teil mit der Prophezeiung. Das hatte er ja ganz vergessen! Er war erleichtert, dass sein Plan die Lösung zu sein schien. Endlich würde diese Last von ihm genommen werden!

„Aber in der Prophezeiung ist die Rede von 'allein'. Wie glaubst du ist das gemeint?", miaute er, sehr in der Hoffnung, es könnte so ausgelegt werden, dass Flammenstern ihn nicht begleiten musste.

Die Augen zu Schlitzen verengt antwortete sie: „Das ist mir auch ein Rätsel. Wahrscheinlich musst du sie anführen. Du wirst sie besiegen. Du wirst die Ratten in die Flucht schlagen, sie zu Beute machen! Und wenn du das tust, dann bitte ich dich; Tu es für deinen Vater, aber auch für Lahmpelz, Kieselpelz, Bienenfell und auch für Scharfkralle und all die WolkenClan-Katzen, die ihnen zuvor zum Opfer gefallen sind."

Überzeugt, das er genau das tun würde, nickte er. Es war ein bedeutungsvolles Nicken, wie ein Versprechen. Und das würde er mit Sicherheit nicht brechen. Er würde diese Tode rächen.

„Die Ratten werden sich noch wünschen, keiner Katze je ein Haar gekrümmt zu haben!", knurrte Glutherz und entlockte seiner Mutter damit ein etwas eingerostetes Schnurren. „Sie werden bereuen, was sie getan haben", stimmte sie ihm zu.


Und obwohl ich haufenweise Zeit hatte, war ich unfähig zu updaten. Schreibblockade. Tut mir echt leid -.- Naja, es sind ja noch sechs Wochen Ferien.

Da ich weiß, dass einige von euch schon eine ganze Weile darauf warten, kommt hier die ersehnte Frage: Was denkt ihr, wessen Wiedergeburt Blitzjunges ist?

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