Kapitel 35
Der eisig kalte Wind fegte durch das Lager des FeuerClans, das Flammenstern nun schon seit einem Halbmond nicht mehr verlassen hatte. Bald würde es schneien, die nötige Kälte hatte die Luft bereits erreicht. Kein einziges Blatt hing mehr in den Zweigen der Bäume und Sträucher, die im Lager und um es herum wuchsen. Kahl ragten sie dem ständig mit weißen Wolken verhangenen Himmel entgegen. Die Sonne hatte nicht mehr die nötige Kraft, nur ganz selten gelang es ihr, die dichte Decke zu durchbrechen.
Gähnend tappte die flammenrote Königin weg von ihrem Bau, vor dem sie schon eine ganze Weile gestanden hatte. Es war Zeit für ihren täglichen Besuch bei Rottupf. Jeder Schritt fiel ihr schwer, sie fühlte sich so unglaublich träge, dass es ihr wie ein Wunder vorkam, dass sie es überhaupt schaffte sich fortzubewegen. Der kalte, hart gefrorene Untergrund unter ihren Pfoten machten es ihr noch zusätzlich schwer, denn ihre Pfoten waren ihr derzeitiges Gewicht nicht gewohnt, weshalb sie schmerzten. Und der harte Boden verstärkte dieses Gefühl leider. Wie gerne Flammenstern länger in ihrem Nest liegen würde...
„Flammenstern! Wie geht es dir?", miaute Polarlicht fröhlich, die gerade dicht gefolgt von Rabensturm den Heilerbau verließ. Die Anführerin musste einen Moment überlegen, sie war in letzter Zeit so müde, dass auch die Geschwindigkeit ihrer Gedanken darunter litt.
„Ganz gut und dir?", murmelte sie. Noch immer fühlte sie sich nicht wirklich wach. Wahrscheinlich würde sie sogar einschlafen, sobald sie sich auch nur irgendwo hinlegen würde. Polarlicht betrachtete die Anführerin etwas verwirrt, als hätte sie eine andere Antwort erwartet, dann miaute sie: „Rottupf meint, dass Felsbart nur weißen Husten hat und keinen grünen wie Lavendelpfote, Forellenpelz und Gelbfang." Flammenstern nickte nur. Ohne ein weiteres Wort trottete sie um Polarlicht und deren Gefährten herum um sich mit ihrem angeschwollenen Bauch zwischen der Birke und dem Rinnsal hindurch auf die Heilerlichtung zu gelangen.
Sie konnte noch hören, wie Rabensturm flüsterte: „Sie erinnert mich etwas an Blaustern, als sie verrückt geworden ist." Den Rest des wohl überaus interessanten Gesprächs zwischen den beiden über sie, wurde von dem Husten der kranken Katzen verschluckt. Flammenstern verzog das Gesicht zu einer Grimasse, als ihr der Geruch nach bitteren Kräutern und Salben entgegenschlug.
Nachdenklich blickte die Anführerin sich auf der Lichtung um. Schuldbewusst stellte sie fest, dass sie gar nicht wusste, wie viele Katzen aus ihrem Clan eigentlich krank waren. Gelbfang, Forellenpelz, Lavendelpfote, Felsbart... oder war es Kieselpelz? Und dann noch Diamantenjunges, nein, der war schon wieder gesund. Herbstblatt befand sich jedenfalls auch noch im Heilerbau, auch wenn sie im Gegensatz zum Rest keinen grünen oder weißen Husten hatte. Stattdessen hatten ihre Wehen fast einen Halbmond zu früh eingesetzt und Rottupf hatte ihr etwas dagegen geben können. Weshalb genau die dunkelbraun-weiß gescheckte Königin jetzt eigentlich immer noch hier war, obwohl ja fast ein Halbmond vergangen war, war Flammenstern vollkommen schleierhaft. Sie hatte sich einfach nicht damit befasst.
Was sie jedoch wusste, war, dass Winterschweif noch immer nicht zurückgekehrt war, auch wenn Glutherz ihn noch an dem Tag gefunden hatte, an dem sie ihn darum gebeten hatte Patrouillen loszuschicken, um ihn zu suchen. Wie sehr er sie hassen musste... Glutherz hatte zwar behauptet, dass der weiße Kater nur Zeit bräuchte, um sich daran zu gewöhnen, dass sein ganzes Leben auf einer Lüge begründet war, doch langsam verlor die flammenrote Anführerin das Vertrauen in diese Worte. Es war gut möglich, dass ihr Sohn sie nur hatte aufheitern wollen. Glutherz war der einzige ihrer vier lebenden Jungen, der noch mit ihr sprach. Wasserwirbel und Ahornblatt behandelten sie wie Luft, wobei letztere sowieso nichts anderes mehr tat, außer Streifenfluss schöne Augen zu machen. Ihr Versuch Laubsprenkel eifersüchtig zu machen war wohl fehlgeschlagen, oder aber weit über das eigentliche Ziel hinaus geschossen.
„Flammenstern?", miaute Mondpfote verblüfft, der gerade mit einer dunklen Pflanze im Maul auf die Farne, in denen sich die Nester für die kranken und verletzten Katzen befanden, zu lief. Was genau so verblüffend an ihrer Anwesenheit sein sollte, konnte Flammenstern nicht nachvollziehen, fragte aber nicht nach. „Komm doch gleich mit, Blaumond ist auch schon da, dann kann Rottupf euch alle drei auf einmal anschauen", nuschelte er durch das seltsame Kraut hindurch, deutete mit dem Schweif auf den hintersten Teil der Farne und verschwand selbst im vorderen Bereich nur um zwei Herzschläge später wieder aufzutauchen - diesmal ohne das Kraut - und ihr mit einem Schwanzschnippen zu bedeuten, dass sie ihm folgen sollte.
Dafür, dass er erst einen Mond lang Schüler war, hatte er ein verstörend großes Maß an Selbstvertrauen gewonnen.
Da sie nicht wirklich wusste, ob sie darauf missbilligend reagiere sollte oder nicht, schließlich war sie eigentlich die Anführerin und einer Anführerin gab man keine Befehle, zuckte sie nur mit den Schultern, was Mondpfote selbstverständlich nicht sah, schließlich lief er vor ihr her und hatte keine Augen im Hinterkopf. Er schien aber auch keine Antwort erwartet zu haben.
Flammenstern folgte dem Heilerschüler zwischen die bräunlichen Farne, die gerade in diesem Moment durch einen der seltenen Momente, in denen die Sonne zu dieser Jahreszeit schien, golden glänzten. Sie knisterten, als die beiden Katzen hindurchliefen. Flammensterns Pfoten schmerzten weiterhin, sie dachte darüber nach, ob es etwas bringen würde, wenn sie Rottupf jetzt gleich davon erzählen würde. Sie bezweifelte es.
„Sie ist nicht mehr dieselbe, wisst ihr", erklang Rottupfs Stimme unweit von ihnen entfernt, worauf zustimmendes Gemurmel seitens Blaumond und Herbstblatt erklang. „Das wird wieder besser, wenn Winterschweif zurückkehrt und ihre Jungen da sind. Das sind bestimmt nur die Gefühlsschwankungen", miaute Blaumond und sofort war Flammenstern klar, über wen hier geredet wurde. Es ging um sie. Mal wieder. Mondpfote vor ihr räusperte sich und streifte extra laut an den Farnen entlang. Die Stimmen verklangen.
Gleich darauf erreichten die beiden Katzen die Nester, in denen es sich Rottupf, Herbstblatt und Blaumond gemütlich gemacht hatten. Alle drei blickten beschämt zur Seite, als sie bemerkten, dass die flammenrote Anführerin hinter Mondpfote hertrottete. Sie schnaubte nur.
„Flammenstern! Leg dich zu uns, Rottupf wollte gerade sicher gehen, dass es uns und unseren Jungen gut geht", miaute Herbstblatt mit ehrlich gemeinter Freundlichkeit. Ihre grauen Augen funkelten entschuldigend, sie wusste, dass es nicht in Ordnung gewesen war, in ihrer Abwesenheit über sie zu sprechen. Doch das taten die meisten ihrer Clangefährten. Allein Regenpelz hielt zu ihr, wie ihr Fels in der Brandung. Er war einer der wenigen, der seine Sorge und Kritik ihr gegenüber ehrlich äußerte. Er baute sie auf. Es ging ihr schon bei weitem nicht mehr so schlecht, wie am Anfang, als Winterschweif davongelaufen war. Doch andere sahen das nicht. Sie sahen die rundliche Kätzin mit dem hängenden Kopf und dem stumpfen Fell, doch bisher war wohl kaum jemand auf die Idee gekommen, dass nicht nur die Flucht ihres Adoptivsohnes ihr zu schaffen machte. Sie erwartete Junge, in ihrem Clan musste es eine 'falsche' Katze geben, vier weitere ihrer Clangefährten würden sterben. Sie litt unter diesem Wissen.
Eine Anführerin zu sein hatte viele Schattenseiten.
Seufzend tappte Flammenstern um Blaumond und Herbstblatt herum und legte sich zwischen die dunkelbraun-weiß gescheckte Königin und Rottupf. Letztere erhob sich nun auf ihre Pfoten und beschnupperte und betastete die drei Königinnen nacheinander. Flammenstern schloss die Augen. Sie war so müde. Als die Heilerin bei ihr ankam und ihren Bauch betastete, zuckte die Anführerin zusammen. Die gescheckt-getüpfelte Kätzin ließ sich davon jedoch nicht weiter stören und suchte ihren Bauch nach ungewöhnlichen Ausbeulungen und Geschwülsten ab. Fündig wurde sie glücklicherweise nicht und so ließ sie sich schließlich wieder in das Nest fallen, in dem sie zuvor gelegen hatte. Sie schnurrte.
„Allerhöchstens ein bis zwei Tage. Bei jeder von euch. Es könnte theoretisch jeden Augenblick losgehen", verkündete sie mit beschwingt. Ihre Bernsteinaugen funkelten. Die anderen beiden Königinnen schnurrten sofort zufrieden, während Flammenstern nur ungläubig blinzelte. „Schon so bald? Aber ich hatte gehofft..." Dass Winterschweif wieder hier ist, wenn meine Jungen geboren werden, dachte sie, sprach es aber nicht aus.
Herbstblatt leckte ihrer Freundin aufmunternd über die Wange. Rottupf seufzte nur resigniert. Die Kätzinnen hatten ihren Gedanken wohl erraten.
„Bitte, Flammenstern, vertrau mir. Er wird wiederkommen. Er ist ein viel zu treuer Krieger um uns einfach so zu verlassen. Wahrscheinlich will er einfach, dass sich das Gerede über Feuersonne und ihn gelegt hat, bevor er zurückkehrt", startete Blaumond einen Aufmunterungsversuch. Die flammenfarbene Anführerin schluckte schwer. Sie fühlte sich deplatziert, am liebsten wäre sie aufgesprungen und davon gerannt. Doch dies war ihr nicht möglich, bei ihrem Pech wäre sie nur gestrauchelt und zu Boden gefallen, was ihren Jungen sicherlich nicht gutgetan hätte. Deshalb erhob sie sich nur langsam auf ihre schmerzenden Pfoten.
„Ich muss hier weg", nuschelte sie und lief in die Richtung, aus der sie gekommen war. Sie wollte einfach nur noch in ihr Nest. Ihr wunderbar warmes, gemütliches Nest. Regenpelz an ihrer Seite, der sie wärmte und aufmunterte. Ja, das brauchte sie jetzt.
„Flammenstern! Bitte bleib hier, ich glaube, du bist krank", protestierte Rottupf, was die Anführerin mit einem eisigen Blick quittierte. Mit einem Schnauben murmelte sie: „Da glaubst du falsch. Die Prophezeiungen und die Jungen sind das, was mir zu schaffen macht. Ich bin nicht krank."
Mit diesen Worten presste sie sich an dem verdattert dreinblickenden Mondpfote vorbei, der noch immer dort stand, wo er vorhin stehen geblieben war. So schnell ihre schmerzenden Pfoten sie trugen, lief sie über die Heilerlichtung, zwängte sich zwischen dem Rinnsal und der Birke hindurch in die Senke. Mehrere besorgte Gesichter blickten ihr entgegen, was sie ohne Umschweife mit einem wütenden Schnauben bedachte. Träge tappte sie zu ihrem Bau, wobei sie fast über einige Wurzeln stolperte und quetschte sich dicht gefolgt von einem besorgte Fragen stellenden Regenpelz in ihren leeren Bau. Wo Apfelteich sich mal wieder aufhielt, wusste sie nicht. Es war ihr auch egal. Sie wollte nur ihre Ruhe. Und natürlich Regenpelz.
Ich wurde von @_ParisLove_ nominiert, heute zwei Kapitel zu schreiben, und ich habs geschafft... da ich jetzt theoretisch auch jemanden nominieren muss, wenn ich das Prinzip richtig verstanden habe, entscheide ich mich jetzt einfach für... okay, das ist schwer... na gut, ich weiß niemanden. Oder aber so viele, das es eindeutig zu viele sind. Ich nimm jetzt ganz einfach die beiden, deren Geschichten als erste kommen, wenn ich 'Warrior Cats' eingebe, also: @CatZonex3 und @Sternenglanz1 Ich hoffe mal die beiden machen mit ;)
Außerdem: Ich habe im Rahmen dieser Aktion auch mein erstes Kapitel bei einem ganz neuen Buch, das aber nichts mit Warrior Cats zu tun hat, reingestellt :) Ihr könnt gerne mal bei "My own fairytale - Looking for happily ever after" vorbeischauen (Möglicherweise ändere ich den Titel aber noch, also nicht wundern, wenn es plöztlich anders heißt)
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