2. Kapitel - Ein Plan
Nebelpfote hörte den bekannten Ruf einer Wasseramsel, nicht weit entfernt vom Fluss. Sie ging in Kauerstellung und kroch langsam über den Boden auf den Vogel zu.
Dort auf der Lichtung saß er und versuchte, einen Regenwurm aus dem Boden zu ziehen.
Nebelpfote hatte ihn fast erreicht und spannte schon die Hinterläufe zum Sprung an, als plötzlich ein lautes Rascheln hinter ihr ertönte.
»War ein Schüler jemals so mäusehirnig, sich mit dem Wind anzuschleichen? «
Bei dem lauten Gebrüll schreckte der Vogel auf, flog davon und stieß einen lauten Alarmruf aus.
Wütend drehte sich Nebelpfote um, um zu sehen, wer sie um ihre Wasseramsel gebracht hatte.
»Ich hätte sie gehabt! «, schnautzte sie Krötenpelz an, der hinter ihr aus dem Gebüsch kam.
»Das kannst du doch gar nicht wissen!«, entgegnete der gereizt. »Es reicht schon, das du die Jagdtechnik falsch ausgeführt hast. «
»Mir doch egal! «, maulte Nebelpfote. »Ach, ist es das? Tja, dann wirst du wohl für immer eine Schülerin bleiben! «
Nebelpfote schnaubte verächtlich. Egal ob Fisch oder Landtier, Krötenpelz konnte nicht immer an ihrer Jagdtechnik meckern!
»Und falls es dich interessiert, ich wollte dich abholen zum Kampftraining mit den anderen Schülern, aber bitte! Wenn du hier bleiben und Frischbeute verscheuchen willst, dann tu das! «
Krötenpelz trampelte davon, seine massigen Pranken hinterließen Spuren im sumpfigen Boden.
»DU verscheuchst doch alles, was rumläuft! «, protestierte Nebelpfote, aber ihr Mentor drehte sich nicht mehr um.
Missmutig folgte sie ihm mit einigem Abstand. Seit Sprungstern das letzte Mal verschlafen hatte und seit dem Gespräch der Krieger war Nebelpfote öfters, genau wie die anderen Schüler, nerviger und auch etwas frecher zu ihrem Mentor gewesen, hatte ihn oft zur Weißglut gebracht und ihm immer den schleimigen Fisch direkt ins Nest gelegt, weshalb er immer sein Nestmaterial wechseln musste. Und sie war immer noch der Meinung, dass Schüler alles durften, auch, wenn sie schon viel gelernt hatte.
»Leg mal einen Zahn zu!«, rief ihr Krötenpelz über die Schulter zu. »Oder willst du als Kriegerin Nebelschnecke heißen, falls du jemals eine wirst? «
Nebelpfote kochte vor Wut, versuchte es sich aber nicht anmerken zu lassen.
Auch Krötenpelz hatte sich verändert, was man ihm jedoch nicht anmerkte. Er war schon immer schlecht gelaunt und nichts war ihm recht, doch jetzt benahm er sich noch schlimmer, weil Nebelpfote ihn dauert reizte.
Eigentlich konnte sie es ihm nicht verübeln, aber sonst wäre die Zeit als Schüler nur halb so witzig.
Als sie zur Lichtung kamen, war das Erste, was Nebelpfote sah, Sturmpfote, der sich leise fortbewegte und dann auf seine Schwester Espenpfote sprang, die friedlich einen Schmetterling beobachtet hatte. Sie kreischte auf und wand sich mühsam unter ihrem Bruder hervor.
»Sturmpfote! «, schallte Rabenstolz ' Stimme. »Das Kampftraining hat noch nicht begonnen! Also verhalte dich wie ein Schüler, der weiß, wie man sich benimmt! «
»Aber mir ist langweilig! «, klagte dieser. »Mir auch «, stimmte Kieselpfote mit ein.
»Als Krieger wird euch nie langweilig werden, da bin ich mir sicher! «, miaute Sprungstern ruhig. »Du wirst ihnen bestimmt immer etwas zu tun geben! «, schnurrte Silberschwinge ihm entgegen.
Nebelpfote zischte ärgerlich bei dem Anblick ihrer Mutter und Sprungstern. Sie hatte sich immer gefragt, wer ihr Vater war und hatte ihrer Mutter als Junges einmal die Frage gestellt. »Nun, du kannst es herausfinden! «, hatte Silberschwinge geantwortet. Seit dem Moment an hatte Nebelpfote ihre Mutter immer in Sprungstern's Nähe gesehen. Sie hatte gesehen, wie ihre Mutter in seiner Nähe schnurrte und sie sich gegenseitig neckten. Von da an hatte Nebelpfote geglaubt, Sprungstern wäre ihr Vater. Sie hatte nie eine Bestätigung gebraucht, vor allem, weil Silberschwinge ihr jedesmal vergnügt zugeblinzelt hatte.
Doch als sie vor kurzem am Bau der Ältesten vorbeigeschlichen war, hatte sie, ohne, dass sie es wollte, ein Gespräch mitangehört.
»Damals war die Kinderstube sehr lebendig gewesen«, hatte eine Älteste gekrächst. »Während meine Jungen friedlich geschlummert hatten, haben Sprungjunges und Silberjunges wilde Kämpfe ausgeführt. «
»Die beiden Geschwister konnten es nicht lassen! «, hatte ein Anderer amüsiert geschnurrt. »Sie haben immer das Abenteuer gesucht! Wir mussten sie manches Mal aus dem Bau der Krieger fischen. «
»Und einmal sind sie sogar aus dem Lager gelaufen, um einen Dachs zu fangen! Welch ein Glück, dass sie nicht in den Fluss gefallen sind. Ihre Mutter hat sich die größten Sorgen gemacht! Und während sie schliefen, sind sie durch die halbe Kinderstube gerollt. Diese Jungen! Was ist bloß aus ihnen geworden! «
Die Ältesten hatten geschnurrt, aber Nebelpfote hatte schon bei dem Wort "Geschwister " aufgehört zuzuhören. Frustriert war sie zu ihrer Mutter gelaufen und hatte sie angefaucht, warum in SternenClan's Namen sie ihrer Tochter glauben machen wollte, Sprungstern wäre ihr Vater.
Silberschwinge hatte darauf keine Antwort gewusst, aber Nebelpfote hatte den Schmerz in ihren Augen nicht übersehen.
»Aber wer ist denn nun mein Vater?«, hatte sie geklagt und ihre Mutter hatte sie traurig angeguckt. »Du musst noch warten, um das zu verstehen!«, hatte sie geflüstert. Das war alles gewesen.
Bis jetzt hatte sie mit ihrer Mutter nicht mehr geredet, genauso wie mit Sprungstern.
Rauchpfote hatte von all dem nichts mitbekommen. Sie dachte nicht so viel wie Nebelpfote, vor allem jetzt nicht, als sie an Kieselpfote ihren neuen Kampfzug ausprobierte.
»Rauchpfote, Schätzchen «, miaute Hasenfuß,»Ich hab nicht gesagt, dass du schon anfangen sollst. Außerdem war der Kampfzug nicht ganz korrekt. Schau, du musst es so machen!«
Hasenfuß schlich gebückt auf Krötenpelz zu, sprang ihn an und riss ihn von den Pfoten, bevor der bemerkte, was vor sich ging.
»Nicht schlecht «, bemerkte Rauchpfote trocken.
»Da bist du ja endlich! «, rief Sturmpfote und kam auf Nebelpfote zugeprescht. »Jetzt kann das Training beginnen! «
»Einen Moment!«, meinte Sprungstern. » Ich habe Rabenstolz und Silberschwinge heute für eine Grenzpatrouille eingeteilt. Sie ist wichtig, denn der DonnerClan Geruch hat sich in letzter Zeit sehr verstärkt. Überprüft bitte, was sie vorhaben! «
»Geht klar! « Silberschwinge schien erfreut darüber zu sein und machte sich auf den Weg. Mit undurchdringlicher Miene stolzierte Rabenstolz hinter ihr her.
»Da fällt mir plötzlich etwas ein! «, miaute Hasenfuß. »Ich hab doch Honigblüte versprochen, ihr beim Kräutersammeln zu helfen, weil sie im Moment keinen Schüler hat! «
»Die süße, kleine Heilerin«, raunte Kieselpfote Rauchpfote zu, doch die schnippte nur ärgerlich mit dem Schwanz.
Sprungstern dachte kurz nach. »In Ordnung! «, murmelte er dann. »Aber ich muss unbedingt noch mit Krötenpelz unter vier Augen reden! Ihr wartet hier! «, sagte er an die Schüler gewandt.
Hasenfuß rannte in Richtung Lager und Sprungstern und Krötenpelz trotteten weiter weg ins Gebüsch.
»Wer weiß, was diese kleinen Quälgeister in unser Abwesenheit tun! «, hörte Nebelpfote ihren Mentor grummeln. »Krötenpelz, es ist langsam Zeit, Vertrauen zu ihnen zu entwickeln «, beschwichtigte Sprungstern.
Als ihre Pfotenschritte verklungen waren, ergriff Kieselpfote das Wort. »So, wir haben nur wenig Zeit, um einen Plan zu entwickeln! «
»Was für einen Plan? «, wollte Nebelpfote wissen. »Wir müssen Kieselpfote retten! «, meinte Espenpfote. »Ja genau! «, stimmte Sturmpfote zu. »Rabenstolz ist echt das Letzte! «
Nebelpfote seufzte. Anscheinend wussten all ihre Baugefährten schon über den Plan bescheid, nur sie war noch nicht eingeweiht.
»Also ich bin ja immer noch dafür, ihm Froschleich ins Nest zu legen! », meinte Rauchpfote begeistert.
»Lieber Diesteln und Dornen! «, brummte Kieselpfote.
»Wie wär's mit Kletten? «, fragte Espenpfote. »Es dauert, bis man sie wieder abbekommt!«
»Nö, lieber Harz! «, protestierte Sturmpfote.
»Was denn jetzt?! « Nebelpfote wurde ungeduldig. »Also erstens hättet ihr mich schon vorher einweihen sollen und zum zweiten ist Krötenpelz ein genauso abscheulicher Mentor! «
»Krötenpelz? Ehrlich? «, fragte Espenpfote neugierig.
»Ehrlich! «, bestätigte Nebelpfote. »Aber das kannst du ja nicht wissen. Deine Mentorin ist ja meine Mutter!«
»Und Meine! «, stimmte Rauchpfote mit ein. »Und sie ist die Netteste!«
»Ich glaub euch ja «, beeilte sich Espenpfote zu sagen, »aber wir müssen dringend an unserem Plan arbeiten! «
»Allmählich glaube ich, dass meine Idee wohl doch zu stachelig ist «, murmelte Kieselpfote, »vor allem, weil Rabenstolz ganz dünnes Fell hat. Ich bin dann eher für Harz. «
»Ich stimme dir zu! «, miaute Rauchpfote und rannte an Kieselpfotes Seite.
Nebelpfote konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken. In letzter Zeit fand Rauchpfote ständig alles gut, was Kieselpfote sagte und sie war meistens bei ihm. Aber warum nur? Das konnte Nebelpfote nicht verstehen.
»Und wo kriegen wir Harz her? «, wollte sie wissen. »Da ist ein Baum, im Wald! «, platzte es aus Sturmpfote raus. »Ein Baum? Im Wald? Ist das dein Ernst? «, neckte ihn Nebelpfote.
»Ja, mein voller Ernst! «, konterte Sturmpfote. »Eine dicke Kiefer am anderen Ende des FlussClan Territoriums. Ich habe sie beim Jagen entdeckt. Dort fließt der Harz ununterbrochen. «
»Sehr gut!«, meinte Kieselpfote zufrieden. »Die Sonne der Blattfrische wird ihn aufweichen.«
»Und wir können ihn mit Moos aufsaugen «, schlug Espenpfote vor.
»Das ist ja alles gut und schön, aber was machen wir mit Krötenpelz? «, drängte Nebelpfote.
»Kletten? «, fragte Rauchpfote knapp. »Die sollten schwer aus seinem dicken Pelz zu entfernen sein. «
»Gut! «, meinte Nebelpfote. »Aber wo gibt es denn hier Kletten? Die Einzigen, die ich gesehen hab, wachsen auf der anderen Seite des Flusses, also beim DonnerClan. «
»Was ist mit dem DonnerClan? «, polterte eine Stimme. Kurz darauf brachen Krötenpelz und Sprungstern aus den Büschen. »Wie ich es dir doch sagte «, meinte Sprungstern. »Sie sind noch hier! «
»Schön «, brummte Krötenpelz, »aber was ist mit dem DonnerClan? «
»Wir... «, begann Nebelpfote, Aber Espenpfote kam ihr zuvor.
»Wir haben uns gefragt, wie die Katzen aus dem DonnerClan kämpfen! «
Schlau, dachte Nebelpfote.
Krötenpelz warf ihr einen prüfenden Blick zu und Espenpfote setzte ihre Unschuldsmiene auf.
»Nun gut «, miaute Krötenpelz. »Sprungstern und ich werden das Training heute zu zweit durchführen. Also, lasst uns beginnen!«
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