1. Kapitel - Schüler dürfen alles!
Nebelpfote sah sich um. Ihre Schwester Rauchpfote und sie standen mit den anderen Schülern und den Mentoren schon auf der Lichtung des FlussClan Lagers und warteten. Das Training sollte schon längst begonnen haben, aber wieder einmal fehlte einer der Mentoren. "Er kommt immer zu spät! ", beklagte sich Sturmpfote, einer von Nebelpfotes Wurfkameraden aus der Kinderstube, und lief unruhig auf und ab. "Der Kleine hat recht ", meldete sich Krötenpelz, ein stämmiger Krieger und gleichzeitig Nebelpfotes Mentor, zu Wort. "Sprungstern hat wieder verschlafen!" "Ach Krötenpelz, nun lass ihn doch!" Hasenfuß, Rauchpfotes Mentorin, kam zu Krötenpelz getrottet und streifte ihn an der Flanke. "Er ist der Anführer. Er hat sicher viel zu tun, so dass er abends müde in sein Nest fällt." Sie schnurrte.
"Und wenn schon!", knurrte ein eleganter, schwarzer Kater, der hocherhobenen Hauptes über die Lichtung stolzierte. "Dann sollte er sich nicht noch mehr Arbeit mit einem Schüler anschaffen! He Kieselpfote, spring mir gefälligst nicht so um die Beine!"
"Aber mir ist langweilig!", protestierte der schwarz weiß gefleckte Schüler. "Und außerdem hat Espenpfote gesagt, ich soll mich irgendwie beschäftigen!" "Aber nicht damit!", fauchte sein Mentor ihn an. "Rabenstolz! Beruhige dich doch!" Nebelpfote beobachtete ihre Mutter Silberschwinge, Espenpfotes Mentorin, die mit peitschendem Schweif auf Rabenstolz zuschritt. "Ich weiß, Sprungstern kann es sich nicht leisten, zu spät zu kommen, da die Schüler ihr Training gerade erst begonnen haben, aber er wird sich schon noch daran gewöhnen. Schüler, ihr geht am besten zu seinem Bau und weckt ihn. Danach wird er es sich bestimmt abgewöhnen, zu verschlafen!" Nebelpfote schnaubte. "Was soll das denn heißen? Das wir unerträgliche Quelgeister sind?" "Schon möglich", murmelte Krötenpelz und Hasenfuß schnippte ihm liebevoll mit dem Schwanz über das Ohr. "Also los!", rief Espenpfote, die voller Tatendrang steckte und mit dem Training beginnen wollte. "Worauf wartet ihr noch?" Sie und ihre beiden Brüder sprangen voraus zum Bau ihres Anführers, Nebelpfote und Rauchpfote folgten ihnen.
»Sag mal, wie ist Hasenfuß den so? «, fragte Nebelpfote ihre Schwester. »Ja, eigentlich ganz gut «, antwortete diese, »Nur sie nennt mich immer "Schätzchen"! Ich meine, ich bin doch kein Junges mehr!«
Nebelpfote schnaubte. »Wenn das dein größtes Problem ist! Du kennst Krötenpelz nicht! Viel schlimmer! Immer grummelig und schlecht gelaunt. Er flucht dauernt herum und verscheucht die ganze Frischbeute. Ehrlich Rauchpfote, ich beneide dich wirklich!«
Rauchpfote streifte sie mit ihrem Schwanz. »Dieser alte Sack Knochen hat dich nicht verdient! Komm schon, Nebelpfote! Du wirst es ihm schon noch beweisen, was für eine tolle Schülerin du bist! Und sonst bin ich ja noch da! «
»Danke, das will ich auch hoffen!«, entgegnete Nebelpfote und schnippte ihrer Schwester mit dem Schwanz um die Ohren.
»Wo bleibt ihr denn?«, gröllte Sturmpfote. Nebelpfote und Rauchpfote kamen herbeigetrabt. Kieselpfote schaute in die Höhle des Anführers. »Schläft wie ein Junges!«, schertzte er. »Also, wie wollen wir ihn wecken? «
»Können wir nicht einfach schnell machen? «, miaute Espenpfote. »Ich will trainieren!«
»Nein! «, widersprach Sturmpfote, »Er soll sich doch merken, das wir, wir nervige Schüler, ihn jedes Mal wecken, wenn er verschläft. «
Nervig, dachte Nebelpfote grimmig, wir sind nur nervige Schüler, sonst nichts!
Die fünf Schüler schoben sich hintereinander in den engen Bau ihres Anführers.
Nebelpfote unterdrückte ein amüsiertes Schnurren. Sprungstern sah tatsächlich aus wie Junges, welches sich zusammengerollt hatte und seelig schlummerte. Rauchpfote stieß sie kichernd an.
»Also «, wisperte Kieselpfote, » Wir springen gleich alle zusammen auf ihn drauf oder wecken ihn so, dass er niemals mehr verschlafen will, klar? «
»Klar wie Flusswasser!«, rief Sturmpfote laut.
»Psst!«, zischte Espenpfote ihn an.
»Bereit? «,fragte Kieselpfote die Anderen.
Nebelpfote wurde ungeduldig. »Los jetzt! «, rief sie und auf ihr Kommando sprangen alle auf Sprungstern zu.
Während Rauchpfote an seinem Schwanz zog, leckte Nebelpfote an seinen Ballen. Sie wusste nur zu gut, wie sich das anfühlte, da es ihre Mutter immer mit ihr in der Kinderstube getan hatte, um sie zu säubern.
Espenpfote zupfte etwas zierlich an seinen Schnurrhaaren und Sturmpfote und Kieselpfote bearbeiteten seinen Bauch.
Nebelpfote bemerkte, wie Sprungstern sich regte. »Was... «, murmelte er verschlafen, rollte sich dann aber von einer Seite zur anderen. »Ihr frechen, kleinen Schüler!«, rief er und versuchte, sie abzuschütteln. »Espenpfote, reiß mir nicht die Schnurrhaare ab, Sturmpfote und Kieselpfote, runter von meinem Bauch!«
Die drei Geschwister ließen von ihm ab und rollten kichernd über den Boden. »Und wer hängt da an meinem Schwanz?« Mit einem kurzen Schnippen seines Schwanzes schüttelte er Rauchpfote ab. Sie flog in hohem Bogen auf ein Moospolzter.
Ich lasse mich nicht so leicht abschütteln, dachte Nebelpfote und plötzlich fand sie es gar nicht mehr schlimm, nervig zu sein. Es machte sogar Spaß! Ich darf das, dachte sie mit einer Prise Stolz, ich bin noch eine Schülerin!
Sie leckte nun ausgiebiger an
Sprungsterns Ballen, ihre kleine Zunge schnellte hin und her.
»He Nebelpfote, hör auf! Das kitzelt! «
Sprungstern lachte ausgelassen und plötzlich warfen sich die restlichen Schüler noch einmal auf ihn herauf, um ihm das Fell zu lecken.
Sprungstern wand sich lachend unter ihrem Gewicht. »Genug! «, jaulte er und sprang so plötzlich auf die Pfoten, dass alle Schüler durcheinander wirbelten. Dann trieb er sie aus seinem Bau hinaus auf die Lichtung.
»Ihr kleinen Racker! «, murmelte er, doch ein amüsiertes Blitzen in seinen Augen verriet Nebelpfote, dass er selbst auch seinen Spaß gehabt hatte.
Die vier Mentoren saßen immer noch auf dem selben Fleck wie vorher und unterhielten sich. Rabenstolz schnippte ungeduldig mit der Schwanzspitze und wollte gerade einen respektlosen Kommentar einwerfen, doch Silberschwinge kam ihm zuvor.
»Na Sprungstern «, schnurrte sie und kam auf ihn zu, »gut geschlafen? «
Sprungstern schnippte ihr mit der Schwanzspitze freundlich um die Ohren. »Deine Idee «, miaute er. »Die kleine Nebelpfote kommt genau nach dir! Ich weiß, du warst früher nicht anders! «
»Du auch nicht! « Silberschwinge lächelte bei der Erinnerung an ihre Schülerzeit.
»So, können wir? «, brummte Krötenpelz und trottete voraus, Hasenfuß dicht hinter ihm.
Nebelpfote folgte den anderen als Letzte. Als sie den Lagerausgang fast erreicht hatten, hörte sie vom Rande der Richtung ein Gespräch. Als sie sich umdrehte, sah sie zwei Krieger, die miteinander redeten und dabei sehr auffällig in ihre Richtung schauten.
»Immer diese Schüler!«, murmelte der Eine etwas genervt. »Ich wäre nicht gerne an Sprungsterns Stelle gewesen! «
»Ja nun, als Schüler macht man solche Sachen «, antwortete der Andere.
Vor ein paar Momenten hätte Nebelpfote wahrscheinlich die Augen verdreht, bei der Annahme, dass Schüler nervig sein dürfen, doch eben hatte sie festgestellt, das es Spaß machte, nervig zu sein.
Ich bin eine Schülerin, entschied sie in Gedanken und stolzierte in großen Schritten hinter den Anderen her, ich darf das!
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