Kapitel 9 - Die Schwimmprüfung
»Wie viel Wahrheit steckt in der Geschichte über Flügelwächter?« Die Frage brannte Sturm auf der Zunge, seit sie den Bau verlassen hatten, was zugegeben noch nicht lange her war, und schließlich platzte sie damit heraus.
Frostpfote neben ihr schnurrte amüsiert und senkte seine Stimme. »Das weiß niemand so genau. Manche sagen die Geschichte ist tatsächlich so passiert und andere bezweifeln ihren Wahrheitsgehalt. Am Ende bleibt es eine Legende, von der niemand weiß, ob sie wahr oder erfunden ist.«
Der Kater ließ sie ein wenig darüber nachdenken. Er schnappte sich vom Frischbeutehaufen einen mittelgroßen Fisch, während sie noch in Gedanken versunken war.
Der Frischbeutehaufen war reichlich gefüllt. Die meisten Jagdrotten waren bereits zurück und durch die viele Bewegung musste auch Sturm sich eingestehen, dass sie einen Bissen vertragen könnte.
Sie setzten sich an ein schattiges Plätzchen, ein Stück weg vom Frischbeutehaufen, wo sich nun viele Katzen bedienten, an den Hang bei dem Heilerbau. Sturm frass nur wenige Bissen vom Fisch und überließ den Rest dem weißen Schüler, der ihr zwar einen fragenden Blick zuwarf, aber keine Fragen stellte.
Die sandfarben getigerte zweite Anführerin kam vor den beiden zum stehen.
»Wie läuft es?«, miaute sie.
Und während Sturm noch über ihre Worte rätselte, hatte Frostpfote bereits eine Antwort parat.
»Ganz gut. Wir waren sogar bereits bei Nachtschleier, die uns eine Geschichte erzählt hat. Viele waren auf Patrouille oder auf der Jagd, aber dafür sind jetzt die Meisten wieder da.« Er schnippte zuversichtlich mit dem Schweif.
»Sehr schön«, miaute Tigerstich und verabschiedete sich wieder.
»Du und die Jungen auch?«, meinte Sturm belustigt-entsetzt, als sie verstand. »Sag bloß nicht, der ganze Clan ist in unsere „Aufgabe" eingeweiht.«
Frostpfote warf ihr einen entschuldigenden Blick zu. Sturm winkte ab. Sie fand es vielmehr faszinierend, wie fest der Clan zusammenhielt. Nicht nur in solchen Belangen, aber in der Zeit, in der sie schon hier war, hatte sie beobachten dürfen, wie freundlich sie alle miteinander umgingen. Überwiegend. Kleine Streitigkeiten waren nichts, was nicht doch einmal vorkam.
»Sturm! Frostpfote!« Apfelschweif trat aus ihrem Bau und begrüßte die beiden fröhlich. Sie warf dem aufgegessenen Fisch einen Blick zu. »Wenn ihr euch jetzt ausreichend gestärkt habt, begleitet mich doch.«
Frostpfote und Sturm warfen sich einen Blick zu. »Warum nicht?«, antwortete Sturm für sie beide und während Frostpfote die Gräten des Fisches vergraben ging, folgte Sturm der rotbraunen Kätzin.
Apfelschweif führte sie zu dem hellgrauen Tigerkater, den Sturm als Kieselwächter, den Anführer des FlutClans erkannte. Bei ihm hatten es sich eine schwarz-weiß getupfte Kätzin, die sie Tupfschweif nannte, ein grauer Tigerkater, ein schwarz-grau gefleckter Kater, eine trächtige rauchgraue Kätzin, der sie den Spitznamen Rauchpfütze gegeben hatte und ein sandfarben-schwarz getigerter Kater, bequem gemacht.
»Das sind Rußteich und Falkenkralle.« Apfelschweif deutete auf die trächtige rauchgraue Kätzin, die dicht an den sandfarben und schwarz getigerten Kater geschmiegt saß. »Neben Falkenkralle sitzt Krallenfluss, sein Bruder,« sie deutete auf den grau getigerten Kater, »und neben ihm ihr Vater, Rabenruf.«
Tatsächlich hatte der schwarz-grau gefleckte Kater, Rabenruf, eine gewisse Ähnlichkeit zu den Katern neben ihm, jetzt, wo Apfelschweif es erwähnte. Ihre Statur ähnelte sich sehr und auch die Fellfarben fielen nicht weit vom Stamm.
»Kieselwächter kennst du ja schon und neben Rußteich sitzt Hauchtropfen.« Und mit der schwarz-weiß getupften Kätzin schloss sich der Kreis. Tupfschweif hätte allerdings auch gepasst.
Apfelschweif stellte Sturm vor, auch wenn Sturm sich sicher war, jede Clankatze kannte sie bereits und dann setzte sie sich neben Apfelschweif und Hauchtropfen, wobei Letztere ihr eine freundliche Begrüßung zumiaute, die Sturm höflich erwiderte.
»Apfelschweif«, wandte Kieselwächter sich an die Heilerin und nahm so das Gespräch wieder auf. »Hast du nicht berichtet, Sturm und du wären neulich auf eine MoorClan Patrouille gestoßen?«
Die Heilerin nickte. »Wolfsbiss hat sie angeführt und mit ihm waren Veilchenklang und Nesselstrauch mit ihren neuen Schülern Sumpfpfote und Natterpfote. Als neue Schüler und da Wolfsbiss uns auf die Versammlung angesprochen hat, werden sie wohl bei der Versammlung dabei sein.«
Sturm hatte Mühe überhaupt zu verstehen, worum es hier ging, aber von der Versammlung wusste sie noch ein wenig etwas. Apfelschweif hatte es ihr erklärt, nach ihrem Aufeinandertreffen mit den MoorClan Katzen und da bald wieder zunehmender Halbmond war, war die nächste Versammlung nicht mehr weit.
»Sehr schön«, miaute Kieselwächter. »Mit ihrem zweiten Anführer auf der Versammlung kommt es nur noch darauf an, wie es beim LuftClan aussieht. Obwohl es eigentlich schade wäre, müsste Tigerstich im Lager bleiben, aber beim LuftClan weiß man schließlich nie so genau was sie als nächstes planen.« Er wandte sich an die Runde. »Wissen wir schon etwas über Taubenmuts Anwesenheit auf der Versammlung?«
Sturm erinnerte sich nur wage an den Namen, aber sie entnahm dem Gespräch, dass Taubenmut der zweite Anführer des LuftClans war. Anscheinend wollte Kieselwächter erst sicherstellen, dass der Clan sicher war, ehe die Zurückgebliebenen im Lager angreifbar waren, da die meisten Krieger auf der Versammlung waren.
»Auf dem...«
»Sturm!« Hauchtropfen wurde jäh unterbrochen von Frostpfote, der auf Sturm zukam, die sich bei dem Ruf nach ihm umgedreht hatte. Sie warf ihm einen fragenden Blick zu.
»Ich muss jetzt leider gehen. Wellenflug erwartet mich zum Training.«
Er sah etwas geknickt aus, bemerkte Sturm. »Dann sehen wir uns später«, riet sie auf gut Glück, dass ihn das beruhigen würde. Ob er sich ärgert, dass er mich jetzt doch nicht seinen Clanmitgliedern vorstellen kann, wie es geplant war?
»Wir sehen uns«, miaute er mit einem zustimmenden Nicken, neigte noch respektvoll den Kopf vor Kieselwächter, oder womöglich schlicht vor den älteren Katzen, und eilte dann zu dem flauschigen, grau und cremefarbenem Kater, der am Lagereingang bereits auf ihn wartete.
»Auf dem Rückweg zum Lager nach meiner Grenzpatrouille«, nahm Hauchtropfen wieder den Faden auf, »bin ich der Patrouille zum LuftClan begegnet, Forellenblatt, Windschleier und Eisschweif. Sie sind wohl Birkenwolke beim Kräuter sammeln begegnet und wie wir alle wissen, ist sie einfach zu freundlich, um etwas zu verschweigen, ein richtiges Plappermaul.« Sie schnippte mit den Ohren, als würde sie eine lästige Fliege verscheuchen. Die schwarz-weiß getupfte Kätzin senkte die Stimme. »Es ist davon auszugehen, dass auch Taubenmut anwesend sein wird. Scheinbar setzt Windwächter alles darauf, uns zu blamieren.«
Kieselwächter nickte verstehend und warf einen seltsamen Blick in die Runde, eher der Blick auf Sturm fiel, die nicht ganz wusste, ob sie darauf reagieren sollte. Was hatte sie denn mit dem LuftClan zu tun? Abgesehen davon, dass sie sie bei ihrer Ankunft hier aus dem Wasser gefischt hatten und dann fälschlicherweise für FlutClan Schüler gehalten hatten.
»Bald ist schon Sonnenuntergang«, miaute Apfelschweif freundlich an Sturm gewandt und zog damit ihre Aufmerksamkeit auf sich. »Am besten du ruhst dich noch etwas aus oder tauscht dich mit deinen Freunden über euren Tag aus. Tigerstich wird sicher nicht mehr lange auf sich warten lassen.« Sie schnippte ihr aufmunternd zu.
Zögerlich erhob Sturm sich und miaute einen Abschiedsgruß. Diese Konversation hatte sie mehr verwirrt, als sie angenommen hatte.
»Viel Glück«, wünschte ihr Kieselwächter und schaute sie wieder mit diesem seltsamen Blick an. Jetzt allerdings konnte sie ihn besser einordnen. Er verschwieg irgendetwas wichtiges und warum auch immer hatte sie damit etwas zu tun.
Sturm bedankte sich höflich und schaute sich auf der Lichtung um. Bei den Wurzeln der Weide, dicht beim Frischbeutehaufen, hatten ihre Freunde samt Leopardenpfote und Nebelpfote sich zusammen gefunden und waren tief in ihr Gespräch vertieft.
»Wie auch immer«, hörte Sturm Kieselwächter sagen, kaum, dass sie der Runde den Rücken gekehrt hatte. »Weiterschauen können wir erst, wenn wir wissen, ob die drei die Prüfung bestanden haben oder nicht.« Sie Stille die darauf folgte, war beinahe noch unerträglicher, als das Wissen, dass der Anführer des Clans über sie und ihre Freunde sprach. Was meinte er damit? »Ich bin mir nicht sicher, ob es Tigerstichs beste Idee war, die Schüler die Aufgabe zu überlassen.«
Apfelschweifs Antwort hörte Sturm nicht mehr, aber für ihre Verhältnisse, hatte sie bereits genug gehört.
»Hey, Leute«, grüßte Sturm gedankenverloren und ließ sich zwischen Tinte und Hagel nieder.
»Leute?«
»Was ist los?« Tinte überging Nebelpfotes verwunderte Frage einfach. »Sturm?«, fragte ihre beste Freundin erneut nach, als diese nicht antwortete.
»Mhm?« Sturm riss sich aus ihren Gedanken und schaute in fragende Gesichter. »Ach ja«, erinnerte sie sich. »Kieselwächter hat gerade gemeint, dass sie erst weiterschauen könnten, wenn unsere Prüfungsergebnisse da sind«, berichtete sie. Den zweiten Satz, den sie aufgeschnappt hatte, ließ sie aus, sie wollte nicht, dass Leopardenpfote ihn ihrer Mutter berichtete und damit womöglich einen Streit vom Zaun brechen.
Hagel schaute sie genauso ratlos an, wie sie sich fühlte. Nebelpfote sah ebenso verwundert aus, und Leopardenpfote sah viel zu sehr nach ganz normalem Katzengeschrei aus, als dass sie irgendetwas daraus erkennen könnte. Tintes Gesichtsausdruck allerdings erkannte sie selbst in Katzengestalt.
»Tinte? Alles gut?«, hakte sie nach. »Weißt du womöglich etwas darüber?«
Tinte schüttelte nach kurzem Zögern den Kopf. »Nein«, miaute sie. Sturm konnte ihr nicht ganz glauben, beließ es aber dabei. Das Gespräch wechselte schnell in eine andere Richtung, nachdem keine etwas damit anfangen konnte und damit war das Thema schnell vergessen.
Nervös wurde Sturm erst, als Tigerstich auf die kleine Gruppe zukam und die drei Freunde bat, mitzukommen. Mit bei der zweiten Anführerin waren noch zwei weitere Katzen, denen Sturm allerdings kaum Beachtung schenkte.
»Ihr schafft das!«, miaute Nebelpfote aufmunternd mit steil in die Höhe gerecktem Schwanz und großen Augen. »Glaubt an euch und denkt an unser fabelhaftes Training!«
Von Leopardenpfote bekamen sie ein aufmunterndes Nicken und Frostpfote, der gerade erst wieder zum Lager reinkam, warf Sturm ein ermutigendes Nicken und ein Schwanzschnippen zu.
Tigerschweif führte sie über die Wurzeln der Weide auf die andere Seite des Hanges, der das Lager begrenzte, an genau die Stelle, an der sie auch mit den Schülern trainiert hatten. Nur, dass sie dieses Mal die flache Stelle am Kiesstand hinter sich ließen und die zweite Anführerin sie direkt zu einer tieferen Stelle führte, wo sie dann stoppte und sich zu den Freunden umdrehte.
»Leopardenpfote hat mich über euren Trainigsstand auf dem Laufenden gehalten, aber ich muss mich natürlich erst selbst davon überzeugen, dass ihr in der Lage seid sicher zu schwimmen, ohne euch und damit unmittelbar andere Katzen in euerer Nähe, in Gefahr zu bringen.«
Jetzt wurde es ernst. Sturm schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter und sammelte ihre Konzentration.
»Heideschatten«, Tigerstich deutete auf die sandfarben-schwarz gefleckte Kätzin neben sich, die Sturm inzwischen als Mutter der Jungen eingespeichert hatte, »und Forellenblatt«, dabei deutete sie mit ihrem halben Schwanz auf den hellgrauen Kater mit den blauen Augen und dem geringelten Schweif, der auf den zweiten Blick ziemlich Ähnlichkeit zu Teichwirbel, dem Bruder von Frostpfote und Nebelpfote, hatte.
»Tinte, du gehst mit Forellenblatt und Heideschatten prüft Hagel.«
Übrig blieb nur noch Sturm und Tigerstich selbst. Andere hätten es womöglich als Ehre empfunden, von der zweiten Anführerin persönlich die Prüfung abgenommen zu bekommen, aber Sturm war sich noch nicht ganz sicher, ob sie es so empfinden sollte.
»Sturm kommt mit mir.« Sturm kamen Leopardenpfotes Worte wieder in den Sinn. »Wer auch immer von euch Mutter bekommt, viel Glück. Streng sein gehört zu ihren Stärken.« Allerdings hätte sie nicht ein ernsteren und nicht so einen belustigten Tonfall gehabt, wenn es wirklich ernst gewesen wäre? Zudem hatte sie in der Schule bereits mit allen möglichen idiotischen Lehren umgehen können, was für einen Unterschied machte das also ob es sich um einen Mensch oder eine Katze handelte?
Sturm wünschte ihren Freunden Glück und starke Nerven, wobei Tinte und Sturm dabei bereits Erfahrung vom Tanzen hatten und dann ging es auch schon los.
Tinte und Forellenblatt würden die Insel einmal halb umrunden und Hagel blieb in Sichtweite von Sturm und Tigerstich. Sturm bezweifelte allerdings, dass sie Zeit hätten, sich gegenseitig zuzuschauen.
Sturm folge der zweiten Anführerin zu einer ebenfalls tieferen Stelle, beinahe schon wieder am Lagerausgang.
»Als erstes möchte ich sehen, wie gut du bereits schwimmen kannst.« Ohne Sturm weitere Zeit zu geben, sich mental darauf vorzubereiten, begann die Prüfung auch schon und Sturm spitzte die Ohren. »Also ab mir dir ins Wasser und von da an gebe ich dir weitere Anweisungen.«
Sicherer als sie es zu Beginn gekonnt hätte, kletterte Sturm auch an der tiefen Stelle ins Wasser, ohne den sichernden Halt der Kiesel wie an ihrem Übungsplatz. In Gedanken ging sie die ganzen Lektionen durch, die die drei Schüler ihr beigebracht hatten.
Das Wasser war noch immer kalt, trotz der Sonne, die es kontinuierlich aufwärmte, und auf dem glatten Fels rutschte sie ein wenig ab, aber nach einer etwas ungeschickten Landung im Wasser, fiel es ihr leichter wieder in den stetigen Rhythmus des Paddelns zu kommen, den sie so oft geübt hatten.
Nach einem Moment auf der Stelle paddeln, wagte Sturm sich etwas mehr vom Ufer weg. Sie kam nicht nur einmal aus dem Takt und nicht nur einmal schluckte sie Wasser, aber das viele üben hatte sich ausgezahlt. Auch ihre Bewegungen fühlten sich nicht mehr ganz so fremd an, wie zu Beginn noch.
»Gut«, miaute Tigerstich ohne Wertung vom Ufer aus. »Wenn du mir jetzt folgen könntest und dabei näher am Ufer schwimmst.«
Sturm kam zurück und paddelte neben Tigerstich her, die tatsächlich auf den Lagereingang zusteuerte. Das Wasser hier wurde wieder etwas flacher und da Tigerstich nichts dagegen sagte, nutzte Sturm die Gelegenheit für eine kurze Pause.
Tigerstich deutete auf die Strecke, die jede Katze zurücklegen musste, um ins FlutClan Lager zu kommen. »Von Tinte und Hagel weiß ich, dass sie bereits auf Patrouillen dabei waren. Öfter als nur ein Mal. Deswegen schwimmst du jetzt die Strecke zum Ufer, gehst an Land und kommst zurück.«
Mehr Anweisung bekam Sturm nicht und nach einem Nicken war sie schon auf dem Weg. Leichte Wellen schaukelten sie hin und her und platschten ihr ins Gesicht. Der Fortschritt war dennoch deutlich zu sehen zu ihren ersten Überquerungen. Ohne weitere Vorkommnisse kam sie am anderen Ufer wieder an und machte sich direkt wieder an den Rückweg.
Auf halbem Weg zurück, erwischte Sturm unerwartet eine etwas heftigere Welle. Unbemerkt von ihr, hatte der Wind zugenommen und steigerte so die Größe der Wellen. Sie geriet ins Taumeln, versuchte noch sich zu fangen, und tauchte dann dennoch unter.
Schnell schloss sie Ohren und Mund und öffnete die Augen zur Orientierung, ehe sie in Panik ausbrechen konnte. Das sandfarben getigerte Fell aus dem Augenwinkel bemerkte sie kaum. Sturm drehte sich und wie aus Reflex fingen ihre Beine wieder zu paddeln an.
Keine Sekunde später hatte sie die Wasseroberfläche wieder durchbrochen und holte Luft. Wasser hatte sie keines verschluckt, dank dem vielen Training mit den Schülern, die darauf bestanden hatten, ihnen beizubringen, als erstes Ohren und Mund zu schließen, wenn sie sich unerwartet Unterwasser wieder finden würden und dann, nicht in Panik auszubrechen. Sturm könnte ihnen nachher berichten, dass ihre vielen Bemühungen Früchte getragen hatten.
Überrascht stellte Sturm fest, dass Tigerstich keine Schwanzlänge von ihr entfernt im Wasser war. Sturm hoffte nur, dass sie damit nicht durchgefallen war.
Ohne weitere Worte schwammen die beiden zurück ans Ufer und beinahe erwartete Sturm schon Tigerstichs Miauen, die verkündete, sie habe die Prüfung nicht bestanden und müsse mit den Jungen trainieren bis sie ein nächstes Mal geprüft werden würde.
Als nichts davon kam, entspannte Sturm sich wieder etwas, um weiterhin konzentriert dabei zu sein.
Zurück an der tiefen Stelle, kletterte Sturm erneut ins Wasser.
»Die Stelle hier ist nicht sehr tief«, meinte Tigerstich. »Ich möchte, dass du auf den Grund tauchst und einen Stein hochbringst.«
Sturm brauchte einen Moment, bis die Anweisung sich ihren Weg in ihr Gehirn gebahnt hatte, um dort verarbeitet zu werden, doch dann nickte sie.
Als Mensch noch war sie im Tauchen gut gewesen und da sie das Schwimmen als Katze nun quasi gemeistert hatte, konnte das nicht so viel mehr schwer sein, richtig?
Mit der Versicherung im Kopf, dass die sandfarbene Kätzin ihr eben auch geholfen hätte, wenn sie sich nicht so schnell wieder gefangen hätte, nahm Sturm einen tiefen Atemzug und tauchte ab.
Sie brauchte einen Moment, um ihre Augen an das Wasser zu gewöhnen und sich zu orientieren, ehe sie mit halbwegs kräftigen Schwimmstößen dem Grund näher tauchte.
Nebelpfote hatte ihnen das Wichtigste über Tauchen in der Theorie erklärt, für das tatsächliche Üben waren ihnen aber nur zwei Durchläufe geblieben. Hagel hatte es überraschenderweise am schnellsten gelernt. Später hatte er Tinte und Sturm die Theorie vorgebracht, dass die Umstellung für ihn nicht so schwer wie für die beiden war. Schwimmen hatte er erst sehr spät gelernt, ganz im Gegensatz zu den beiden Freundinnen, die schon manchmal richtige Wasserratten waren.
Der Grund kam früher als Sturm es erwartet hatte, als sie auf einmal den Kies unter ihren Vorderpfoten spürte. Der Druck auf ihren Ohren war da, aber erträglich und noch hatte sie auch keine Probleme mit mangelndem Sauerstoff.
Entschlossen, ihren Patzer wieder hinzubiegen, suchte die silberne Kätzin den Grund nach einem etwas größeren Stein als nur einem Kiesel ab. Es dauerte beinahe zu lange, bis Sturm endlich fündig wurde und den Stein vorsichtig mit den Zähnen packte.
Auch das war etwas, dass Nebelpfote ihnen geraten hatte. Gar nicht erst versuchen, die Pfoten zu nutzen. Sturm nahm an, dass bei einem Stein dieselben Regeln wie für einen Fisch galten.
Bemüht, den Stein so zu packen, dass kein Wasser in ihr geöffnetes Maul kam, schnappte Sturm den Stein und machte sich ans auftauchen.
Ohne weiter Probleme durchbrach Sturm die Seeoberfläche und legte ihren Stein ans Ufer zu Tigerstich. Ihr ganzes Fell klebte an ihrem Körper und ließ sie sich schwerer fühlen, als normalerweise, aber nach einem Nicken von Tigerstich und ihrer Entlassung, war sie nur noch froh, es geschafft zu haben und ihr nasses Fell war beinahe vergessen.
Als sie schließlich mit ausgeschütteltem Fell und steil in die Höhe gerecktem Schwanz wieder zu ihren Freunden stieß, sah sie den Ergebnissen zuversichtlich entgegen. Tinte hatte eine ähnliche Körperhaltung wie sie selbst eingenommen und obwohl Hagel sich mehr zurückhielt, wie seine beiden Freundinnen, war auch ihm anzusehen, dass es gut gelaufen war.
Und während Tigerstich sich mit Heideschatten und Forellenblatt über ihre Schwimmprüfung austauschen ging, erzählten die Freunde sich gegenseitig wie es gelaufen war.
»... und als ich dann abtauchen wollte, habe ich mich ungünstig verschluckt, sodass ich noch einmal auftauchen musste!« Tintes Schnurhaare zuckten während sie berichtete. »Beim zweiten Mal hat dafür alles reibungslos gefunkt und in Null Komma Nichts war ich wieder o...«
Tinte unterbrach ihren Satz jäh, als die drei Krieger zurückkamen.
»Das war nicht schlecht«, miaute Tigerstich. »Ihr habt euch alle gut geschlagen und bestanden.«
Das zufriedene Schnurren konnte Sturm sich nur knapp unterdrücken. Bei Tigerstichs nächsten Worten wäre es ihr ohnehin im Hals stecken geblieben.
»Jetzt liegt es an Kieselwächter zu befinden, ob ihr in den Clan als vollwertige Schüler aufgenommen werdet oder wieder gehen müsst.«
Forellenblatt schnipste mit dem Schwanz. »Tigerstich, also wirklich. Macht euch darüber keine Gedanken«, miaute der hellgraue Tigerkater an die Freunde gerichtet. »Bis jetzt wart ihr nichts als eine Bereicherung für den Clan und Kieselwächter weiß das auch.«
»Geht am Besten früh ins Nest«, schlug Heideschatten vor. »Die Prüfung war anstrengend und dann könnt ihr noch in aller Ruhe etwas tratschen, ehe die anderen Schüler euch belagern.«
Kaum, dass die drei Freunde wieder allein waren, wandte sich Sturm an ihre Freunde. »Ob wir gehen müssen?«, miaute sie entsetzt, aber mit deutlich gesenkter Stimme. Hagel zumindest sah genauso erstaunt aus, wie sie selbst, jedoch der Ausdruck auf Tintes Gesicht war ihr nur allzu bekannt. »Du wusstest es«, realisierte Sturm. »Oder etwa nicht?«
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top