Kapitel 8 - Aufregung vor der Prüfung

Eine aufgeregte schwarze Katze bahnte sich ihren Weg quer über die Lichtung, wo sie eben noch an einem schattigen Plätzchen mit Leopardenpfote gesprochen hatte, zum Schülerbau. Tinte machte sich keine Mühe Rücksicht auf die drei schlafenden Katzen zu geben.

»Aufwachen, Sturm!« Sie stupste die silbern getigerte Kätzin ungeduldig an. »Komm schon, es gibt Neuigkeiten!«, ergänzte Tinte, als Sturm keine Anstalten machte sich zu regen. »Leopardenpfote hat es auch eben erst von ihrer Mutter erfahren.« Die schwarze Kätzin deutete auf besagte Schülerin, die den Schülerbau soeben betreten hatte und ihr ein belustigtes Lächeln schenkte.

Träge öffnete Sturm die Augen und rollte sich herum. Nach ein paar weiteren nervigen Weckversuchen, stand sie schließlich träge auf. »Was gibt es denn so dringendes?«, murrte sie. Leopardenpfote hatte sich an den Eingang gesetzt — eine weise Entscheidung, da es nun doch recht eng im Schülerbau war seit Nebelpfote sich auch noch entschlossen hatte, dazu zu kommen. Aber ihr Bruder schien immerhin an die frühe Weckung durch sie gewöhnt zu sein.

»Bin ich auf einmal unwichtig geworden?« Hagels halbwache, neckende Stimme ertönte, als auch er sich mit zerzaustem grau getigertem Fell zu ihnen gesellte. Sein Schwanz schleifte am Boden und sein linkes Ohr war komisch eingeknickt vom Schlafen. Damit sah er in etwa so aus, wie Sturm sich fühlte. Müde. Bevor sie allerdings antworten konnte, wurde sie von ihrem eigenen Gähnen unterbrochen.

»Du siehst unglaublich verschlafen aus.« Tinte beäugte ihn grinsend. »Genau wie du«, ergänzte sie an Sturm gewandt. »Ich wollte dich gerade wecken gehen«, meinte sie dann erstaunlich ernst und ganz im Gegensatz zu ihrem ganzen Auftreten, ruhig. Allerdings hielt das nur für kurz. Schon wechselte sie wieder ins Aufgeregte und wandte sich begeistert an Leopardenpfote. »Na los, erzähl's ihnen schon!«

Sturm erhaschte einen eigenartigen Ausdruck inmitten ihres ansonsten so aufgeregtem Auftretens, aber sie war zu müde, um allzu lange darüber nachzudenken, geschweige denn, ihn entziffern zu versuchen.

»Mutter möchte eure Schwimmkünste sehen.« Die sandfarben gefleckte Kätzin wechselte einen bedeutungsvollen Blick mit Tinte. »Wenn ihr zur Versammlung in wenigen Sonnenläufen mitwollt, müsst ihr davor richtig schwimmen können.«

Irgendetwas stimmte hier nicht. Aber ihre Müdigkeit erschwerte es Sturm, richtig darüber nachdenken zu können.

»Es könnte jederzeit soweit sein«, mischte sich Nebelpfote enthusiastisch mit ein. »Bei uns damals war es genau so. Den ganzen Tag haben wir bangend gewartet bis Tigerstich uns endlich gesagt hat, es wäre soweit.«

»Ihr werdet das schaffen.« Aufmunternd legte Frostpfote seinen Schwanz auf Sturms Schulter. »Wir hatten zwei Monde, um schwimmen zu lernen, ihr nicht einmal einen Viertelmond.« Sturm warf dem weißen Kater ein dankbares Lächeln zu. Was er gemeint hatte, war deutlich. »Selbst wenn ihr es nicht schafft, ihr hattet von Anfang an schwerere Bedingungen.«

Auf dem Weg zum Frischbeutehaufen kam ihnen Apfelschweif entgegen, die von der Kinderstube zu ihrem Bau zurücklief. Die drei Schüler waren schon vorgestürmt und die Heilerin wandte sich an die Freunde. »An eurer Stelle würde ich eine Kleinigkeit essen. Tigerstich hat etwas für euch geplant.« Und mit einem wissenden Lächeln war sie wieder dabei ihre Kräuter zu trocknen.

Ganz gleich, ob ihre Freunde wirklich etwas damit anfangen konnten oder nicht, ob sie zwischen den Zeilen lesen konnte, wie Sturm oder nicht, sie wusste diese Geste der Heilerin zu schätzen.

»Ich bring' euch etwas mit.« Wenn Katzen mit den Schultern zucken könnten, hätte Tinte es definitiv getan. Bevor Sturm protestieren konnte, war Tinte schon zum Frischbeutehaufen los getappt. Dabei bemerkte sie das unbeschwerte Lächeln der schwarzen Kätzin, die sofort in ein Gespräch mit den Schülern eingestiegen war.

»Scheint, als würde sich wenigstens eine von uns hier eingewöhnen,« sagte Sturm halb an niemanden bestimmten und halb an Hagel gerichtet, der sich neben sie in das Licht der aufsteigenden Sonne gesetzt hatte.

Bis auf die Schüler und die Heilerin war die Lichtung noch verwaist, aber es würde nicht mehr lange dauern, bis sich das ändern würde. Mindestens die zweite Anführerin war schon wach und es würde nicht mehr lange dauern, bis Tigerstich die erste Patrouille und Jagdrotte losschicken würde. So viel hatten die Freunde in den letzten Tagen dort mitbekommen. Dieser Ablauf wiederholte sich täglich.

Jeder aus der Gruppe nun mit Frischbeute versorgt, vertieften sie sich in ein halbherziges Gespräch, die Gedanken der Freunde bereits bei dem, was sie später erwarten würde.

Der orangene Streifen am Himmel verdünnte sich allmählich und die Wolken, die noch den Himmel verdeckten, zogen gemächlich ihre Runden. Auf der anderen Seite der Lichtung kamen die drei Jungen aus der Kinderstube getollt, ihre Mutter dicht hinter ihnen.

Ein hellgrau und schwarz getigerter Kater, den Sturm Stromalge genannt hatte wegen seiner blaugrünen Augen, verließ seinen Wachposten, um im Kriegerbau etwas Schlaf nachzuholen. Die inzwischen deutlich trächtige, grau-weiß getigerte Kätzin, die von Sturm den Namen Fischwasser erhalten hatte, hatte den Bau verlassen, um sich etwas zu sonnen.

Als sich dann auch noch der Kriegerau leerte und die Lichtung sich füllte, verlor Sturm den Überblick und wandte sich lieber, nun wieder etwas konzentrierter, dem Gespräch zu.

»Hauchtropfen, Strauchtümpel, Nieselstich und Silberruf, ihr seid für die Grenzpatrouille am MoorClan zuständig.« Tigerstichs Stimme unterbrach jedes bis eben noch laufendes Gespräch und alle Köpfe wandten sich zu der sandfarbenen Tigerkätzin, die am Hang stand. »Forellenblatt, Windschleier und Eisschweif patrouillieren die andere Grenze.«

Die Mutter der Jungen, eine schöne schwarz-sandfarben gefleckte Kätzin mit strahlend dunkelgrünen Augen, trat vor. »Nieselstich geht später mit mir jagen«, informierte sie die zweite Anführerin und warf besagtem Kater einen liebevollen Blick zu.

Tigerstich nickte und gab der Gruppe, die dann auf Nieselstich verzichten müsste, eine für Sturm undefinierbare Geste mit den Ohren.

»Was hat sie da mit ihren Ohren gemacht?«, flüsterte Sturm fragend in die Runde.

Leopardenpfote schaute auf und gab ihr eine Erklärung. »Wenn sie wollen, können sie ein anderes Clanmitglied einladen, sich der Gruppe anzuschließen.«

»Kieselwächter führt die Jagdrotte zum westlichen Teil des Sees an und ich möchte, dass die Rotte zum östlichen Teil auch noch auf der Ebene jagt.« Gemurmel und Gespräche erfüllten nun wieder die Luft und die eingeteilten Gruppen sammelten sich, um loszuziehen. Mit so vielen Katzen auf Patrouillen würde sich das Lager schnell wieder leeren.

»Ich habe vor eure Schwimmkünste zu beurteilen, nachdem die Abendpatrouille zurückgekehrt ist.« Etwas erschrocken blickte Sturm zu Tigerstich, die sich unbemerkt der Gruppe an Schülern genähert hatte. »Und bis dahin habe ich ein paar Clanmitglieder gebeten, euch zu beschäftigen.« Das harte Gesicht der zweiten Anführerin wich einem Lächeln. »Seht es als eine Art Aufgabe auch mal den Rest des Clans kennenzulernen.« Nebelpfote machte sich nicht die Mühe ihr Kichern zu unterdrücken bis Tigerstich wieder weg war und auch auf Frostpfotes Gesicht konnte Sturm ein belustigtes Lächeln erkennen.

Nebelpfote öffnete gerade das Maul, als sie von dem Rufen ihrer Mentorin unterbrochen wurde. Die zierliche, weiß-silberne Kätzin stand aufbruchsbereit neben einer schwarz und weiß getupften Kätzin und einem grau-schwarz gefleckten Kater, dessen weißes Bauch- und Brustfell in der Sonne beinah blendete. Tupfschweif und Gewitterwolke, wie Sturms Spitznamen für die beiden waren, bevor sie ihre tatsächlichen Namen, Hauchtropfen und Nieselstich, herausgefunden hatte.

»Viel Spaß euch.« Nebelpfote grinste die Freunde an und wandte sich zum gehen. Doch nach einem kurzen Zögern drehte sie sich wieder um. »Willst du mitkommen, Tinte? Ich wollte dir doch noch etwas beim schwimmen helfen und unterwegs kann ich dir genügend Katzen vorstellen.« Sie zwinkerte vergnügt.

»Das klingt großartig«, meinte die pechschwarze Kätzin, deren weiße Ohrenspitzen aufgeregt hin und her zuckten, als sie sich mit der hellgrauen Schülerin der Grenzpatrouille anschloss.

»Ich muss auch los.« Leopardenpfote erhob sich. »Schwalbentau wartet schon auf mich.«

»Auch gut«, meldete sich schließlich Hagel zu Wort und fläzte sich auf den Boden. »Bis zu unserer Beschäftigung können wir dann wohl faulenzen.« Er grinste und Sturm gab ihm einen Klaps auf die Flanke.

»Eigentlich wollte ich Nebelpfote fragen, ob sie auf meine Jungen aufpassen kann.« Sturm zuckte zusammen, als die Mutter der Jungen auf einmal vor den dreien stand, was ihr einen amüsierten Blick von Frostpfote einbrachte. Die dunkelgrünen Augen der Kätzin musterten die jungen Katzen vor ihr. »Hagel«, wandte sie sich schließlich an den grau getigerten Kater, »könntest du dich mit ihnen etwas beschäftigen?«

»Ähm... okay..?«, antwortete dieser sichtlich überrascht und auch die Kätzin sah nicht vollständig überzeugt von ihrer Entscheidung aus, aber nickte dennoch und bedeutete Hagel mitzukommen. »Bis später dann«, meinte Hagel noch etwas überrumpelt.

»Du packst das schon!», raunte Sturm ihm ermutigend zu und beobachtete noch kurz, wie ihr Freund der Mutter hinterher trottete, ehe sie sich wieder dem weißen Schüler zuwandte. »Also bisher habe ich mich ja noch zurückhalten können ihr einen Spitznamen zu verpassen, aber wenn ich nicht bald ihren Namen kenne, kann ich nichts mehr versprechen«, miaute sie amüsiert und legte den Kopf schief. »Schwarzsand oder so.«

»Eigentlich Heideschatten.« Frostpfote lachte. »Du bist unglaublich. Wie viele von diesen Spitznamen hast du schon vergeben?«

Sturm räusperte sich unbehaglich. »Einige«, lautete ihre knappe Antwort, während sie im Kopf nachzählte. »Womöglich inzwischen an den halben Clan«, gab sie zu, die Ohren entschuldigend angelegt.

»Ich finde es großartig!«, ermunterte er sie. »Bei Gelegenheit musst du mir unbedingt davon erzählen, aber jetzt möchte ich dir erst jemanden vorstellen. Zufällig habe ich nichts besseres zu tun.« Er grinste Sturm an und führte sie zu einem hellgrau und weiß gestreiftem Kater mit den klarsten blauen Augen, die sie je gesehen hatte. Der Kater, Seestreif, wie Sturm spontan entschied, erhob sich als die beiden jungen Katzen näher kamen, als hätte er sie erwartet. Er war ziemlich groß und rief Sturm wieder einmal in Erinnerung wie klein sie doch war.

»Das zufällig hat also nichts damit zu tun, dass du womöglich eine Aufgabe bekommen hast?« Die einzige Antwort die Sturm bekam, war ein Grinsen.

»Meine Schwester Nebelpfote kennst du ja schon. Das ist mein Bruder, Teichwirbel«, stellte Frostpfote den hellgrau-weiß gestreiften Kater vor.

»Freut mich«, sagte dieser mit einem Nicken, das Sturm erwiderte.

Und als Teichwirbel gerade nicht hinschaute, raunte Sturm Frostpfote etwas zu. »Seestreif.« Der Schüler schaute sie verwirrt an, bis sich seine Augen in Erkenntnis weiteten und er sich ein Lachen verkneifen musste.

»Hagel, komm schon!« Eines der Jungen von Heideschatten, die sandfarben und weiß gefleckte Kätzin mit den hellbraun-grünen Augen, kam geradewegs auf die kleine Gruppe zu gerannt. Hinter ihr Hagel, der sich keine Mühe machte, zu rennen und ein belustigtes Grinsen trug.

»Orchideenjunges«, raunte Frostpfote Sturm zu, die die Augen verdrehte.

»Wie wär's mit Wirbelsturmjunges?«, scherzte sie ebenso leise.

»Hagel ist zu faul zum Rennen«, verkündete das Junge mit vor Schalk glitzernden Augen, »Deshalb tauschen wir ihn aus.« Orchideenjunges hatte sich direkt an Sturm gewandt. »Wir spielen jetzt mit dir, Sturm.« Sturm war sich nicht sicher, ob sie die Dreistigkeit des Jungen bewundern oder erstaunen sollte. Hilfe suchend wandte sie sich an Frostpfote.

»Das passt schon«, mischte Teichwirbel sich ein. »Ich stelle Hagel ein paar Katzen vor.«

»Na los, komm schon«, forderte Orchideenjunges ungeduldig. »Flussjunges und Maulwurfjunges warten schon, dass wir mit dem Spielen anfangen können.«

»Ähm, also dann...« Sturm war noch etwas zu überrumpelt, um sofort die richtigen Worte zu finden. »War nett zu plaudern«, entschied sie sich schließlich zu sagen und ließ sich von Orchideenjunges zu ihren Wurfgefährten führen.

»Und los!« Das andere Junge mit dem grau und schwarzem Tigerfell und ebenso grünen Augen wie ihre Mutter, stupste Sturm mit der Schnauze an, ehe die drei Jungen sich aufteilten und davonrannten. Verblüfft starrte Sturm den Jungen hinterher. Hatte sie irgendetwas verpasst?

Diesmal hörte sie die Pfotenschritte hinter ihr und war vorbereitet, als Frostpfote sie spielerisch in die Seite stupste. »Sag bloß, du kennst kein Fangen?«

»Ohh!« Jetzt ergab es Sinn. »Natürlich kenne ich das Spiel Fangen«, gab sie lachend von sich. »Aber sie hätten ja sonst was spielen können, also Entschuldigung wenn ich nicht sofort an das ach so offensichtliche Fangen-Spiel denke«, miaute Sturm voller Ironie. »Und übrigens...«

»Mhm?«

Sturm stupste Frostpfote mit der Absicht, ihn zumindest etwas ins Schwanken zu bekommen. »Du bist.« Dann rannte sie los.

Es war ein chaotisches Fangen-Spiel. Die Jungen waren schneller, als Sturm es ihnen zugetraut hätte und auch Frostpfote war eindeutig trainierte als sie es war. Sie stolperte nicht nur ein Mal über ihre großen Pfoten und die Jungen hatten ein besonderes Talent dafür, in die älteren Krieger zu rennen.

Der jüngste, im Lager gebliebene Krieger, Hasenwurzel, ein sandfarben-braun getigerter Kater, ließ sich sogar dazu verleiten mit in das Spiel der jüngeren Katzen einzusteigen und es dauerte nicht lange, bis auch Teichwirbel sich dazugesellte.

Richtig chaotisch wurde es allerdings erst, als die erste Grenzpatrouille mit einer der Jagdrotten zurückkamen. Hauchtropfen und Strauchtümpel von der Grenzpatrouille hielten sich aus dem Spiel heraus, aber mit Silberruf, Nebelpfote und Tinte wurden es drei mehr.

Rabenruf, der jagen war, entschied, dass er zu alt dafür war und überredete Streifenregen an seiner Stelle mitzuspielen.

Was Sturm allerdings am Meisten überraschte, war, dass sich keiner der Katzen, die nicht mitspielten, sonderlich beschwerte, wenn wieder einmal um sie herum getänzelt wurde.

Erst als sich die Gruppe wieder soweit dezimiert hatte, dass nur noch die Jungen, Frostpfote und Sturm spielten, kam das Fangen-Spiel zu einem Ende. Auf Nachfrage hin, was sie denn jetzt machen wollten, hatten die Jungen kollektiv entschieden, dass sie eine Geschichte hören wollten, weshalb sie jetzt Sturm zum Ältestenbau führten.

Der Ältestenbau war gut geschützt von Schilf unter einem verstärktem Busch angelegt, dicht beim Heilerbau und zufällig direkt neben einem der besten Plätze zum sonnen im Lager.

Unerschrocken stürmten die Jungen in den Bau, hinter ihnen Sturm, die eher zögerlicher folgte. Im Bau herrschte eine angenehme Temperatur und der Boden war ausnahmsweise sogar trocken, was auf der Lichtung, dank der Lage des FlutClan Lagers, eher selten vorkam.

Aufmerksame, gelb-grüne Augen musterten Sturm eindringlich, als sie ihre Pfoten ins Innere setzte. Ein wenig mulmig folgte Sturm den Jungen weiter ins Innere, warf aber Frostpfote einen unsicheren Blick zu. Dieser stupste die ermutigend an und setzte sich so, dass Sturm am nächsten am Ausgang saß, was ihm einen dankbaren Blick von ihr einbrachte.

»Nachtschleier! Nachtschleier! Nachtschleier!« Die Jungen begrüßten die Älteste stürmisch und durcheinander, wofür Sturm nicht undankbar war, denn der gelb-grüne stechende Blick löste sich so von ihr und richtete sich auf die Jungen.

»Nicht so stürmisch ihr Drei.« Die grau-schwarze Tigerkätzin schnurrte, was ganz im Gegensatz zu Sturms erstem Eindruck zu der Ältesten stand.

»Erzähl uns eine Geschichte!«

»Ja, bitte!«

»Die von Flügelwächter!«

Die drei Jungen beruhigten sich erst wieder als die Älteste ihnen einen mahnenden Blick zuwarf, woraufhin der Bau wieder still wurde. Zumindest für einen kurzen Moment.

»Wir haben uns dafür entschieden«, miaute Orchideenjunges stellvertretend für ihre Wurfgefährten und sich, »dass wir die Geschichte von Flügelwächter hören möchten! Bitte?« Sie setzte einen flehenden Blick auf, bei dem sie ihre überwiegend weißen Ohren an den Hinterkopf anlegte und die hellbraun-grünen Augen ganz groß machte.

»Das wäre dann das wievielte Mal, dass ihr diese Geschichte hören möchtet?«, fragte die Älteste belustigt und begegnete unschuldigen Blicken hoch drei. Trotz ihrer Frage, beugte sich die Tigerkätzin zu den Jungen runter. »Kommt näher und lauscht der Legende von Flügelwächter und der darauffolgenden Zeit der fünf Giganten«, raunte sie und erweckte Sturms Neugierde, die nun mit gespitzten Ohren lauschte.

»Vor so vielen Generationen, dass sich keine lebende Katze mehr erinnert, lebten die Clans unter den großartigen Anführern Sturzwächter vom LuftClan, Gebirgswächter vom MondClan, Kranichwächter vom MoorClan, Wacholderwächter vom SonnenClan und Tränenwächter als Anführerin unseren Clans. Es war eine chaotische Zeit und kaum ein Blattwechel verging ohne einen weiteren Kampf.

Inmitten dieser unruhigen Zeit hob sich Sturzwächter mit einer guten Tat von den anderen Anführern ab und unsere Ahnen segneten ihr erstgeborenes Junge mit etwas ganz besonderem!«

Obwohl Sturm erwartet hatte, die Jungen würden mit ständigen Zwischenfragen die Geschichte stören, blieben die drei überraschend still und lauschten ebenso gebannt wie sie, auch wenn ihnen diese Geschichte bereits wohlbekannt war.

»Die Ahnen segneten das Junge mit Flügeln!«

Das überraschte nach Luft schnappen konnte Sturm sich nicht unterdrücken.

»Genau wie seine Mutter entwickelte sich das Junge zu einem prächtigen Krieger mit dem Namen Flügelschatten. Bald war er zweiter Anführer und als Zeit seiner Mutter sich dem Ende zu neigte, trat er in ihre Pfotenstapfen und war fortan Flügelwächter, der neue Anführer des LuftClans.

Es dauerte nicht lange, bis der LuftClan begann sich besonders wichtig zu fühlen und das auch den anderen Clans gegenüber deutlich machte in ihrem gesamten Auftreten uns gegenüber.«

Die gelb-grünen Augen der Ältesten sprühten beinahe Funken und ließen das Gesagte so noch realistischer wirken. Es war beinahe so, als wäre man mitten dabei gewesen.

»Wir waren der erste Clan, der diese Ungerechtigkeit zu Wort brachte und unsere damalige Heilerin, Schilfquell, wandte sich an unsere Ahnen auf der Suche nach einer Antwort, aber sie bekam keine. Doch unsere Ahnen hatten uns nicht verlassen, denn im nächsten Wurf wurde eine Kätzin geboren, die Kiemen besaß und somit sowohl an Land als auch unter Wasser atmen konnte.

Der LuftClan war nun nicht mehr der einzige Clan mit einer von unseren Ahnen gesegneten Katze.

Nach Schilfquells Vorbild wandten sich auch nun die anderen Heiler an die Ahnen und baten nach einem weiteren Wunder für ihre Clans.

Eine daraufhin geborene SonnenClan-Kätzin hatte die Fähigkeit andere zu heilen,

Ein MondClan-Kater konnte sein Fell durchsichtig werden lassen.

Nur der MoorClan gab nie spezifisch preis, mit welcher Gabe einer der ihren Clanmitglieder gesegnet worden war. Jedoch war bald allen klar, um welche Katze es sich handelte, als ein neuer zweiter Anführer ernannt wurde. Böse Zungen behaupteten damals, die Ahnen hätten dem MoorClan keine Gabe geschenkt, andere erzählten sie würden es geheim halten, weil er ebenso wie der FlutClan mit Kiemen oder Schwimmhäuten beschenkt worden war und andere behaupten, er wäre der beste Krieger gewesen, den die Clans seit langem gesehen hatten. Die Meinungen über seine Gabe gehen so weit auseinander wie die Meinungen darüber, ob diese Gesegneten tatsächlich existiert haben.«

Nachtschleier machte ein bedeutungsvolle Pause und schaute jedem der jungen Katzen in die Augen, ehe sie mit der Geschichte fortfuhr.

»So wie der MoorClan Kater, Waldschlange, wurden auch die anderen Gesegneten zweite Anführer und schließlich Anführer. Die Clans hatten seit einer langen Zeit endlich wieder Frieden unter der großen Anführerin Fischwächter aus unserem Clan, Flügelwächter, Waldwächter, Goldwächter aus dem SonnenClan und Steinwächter aus dem MondClan. Es schien, als würde von jetzt an eine konfliktfreie Zeit auf die Clans warten. Manche der Anführer suchten sich Gefährten und wurden glücklich, aber Flügelwächter war der erste der Anführer, der Junge bekam.

Als seine Jungen auf der Welt waren, stellte sich heraus, dass die Segnung ihres Vaters in jedem Einzelnen von ihnen weiterlebte, denn sie alle hatten ebenso Flügel wie der Anführer selbst.

Da realisierten die Clans das erste Mal, was für einen großen Vorteil die anderen Clans ihnen selbst gegenüber stets haben würden und das war das Ende der friedlichen Zeit.«

Der Blick der schwarz-weißen Tigerkätzin wurde hart. »Die Jungen waren kaum einen Mond alt, als der MondClan unbemerkt auf das Territorium des LuftClans drang und die Jungen von Flügelwächter tötete.«

Ein Räuspern hinter den jungen Katzen riss sie so aus der Geschichte. Schwarzsand, eigentlich Heideschatten, die schwarz-sandfarben gefleckte Mutter der Jungen stand am Eingang zum Bau. »Ich störe ja nur ungern, aber ich muss meine Jungen jetzt zu ihrer Schwimmlektion entführen.« Liebevoll kam sie auf ihre Jungen zu und stupste sie in Richtung Ausgang. »Ihr könnt euch die Geschichte ein andermal fertig erzählen lassen.«

Etwas zögerlich folgte Sturm dann Frostpfote aus dem Ältestenbau, der kurz nach den Jungen den Bau verließ. Sie hätte die Geschichte gerne noch zu Ende gehört, aber es schien, als müsse sie sich dahingegen noch ein wenig gedulden.

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