Kapitel 4 - »Morgen wird alles besser«


»Ruhe!« Kieselwächter versuchte sich Gehör zu verschaffen, jedoch übertönten ihn das Getuschel und Gemurmel der Katzen. Er schnipste mit dem Schweif leicht in Tigerstichs Richtung, die daraufhin kurz nickte. Kurz darauf war ihre laute Stimme auf der ganzen Lichtung zu hören und übertönte die anderen Katzen.

»Euer Anführer hat noch etwas zu sagen, unterhalten könnt ihr euch nach dem Clan-Treffen!«, rief sie aus und schaute auffordernd in die Runde.

Das Getuschel war schlagartig verstummt und nicht wenige der Katzen sahen beschämt zu Boden.

»Jedoch«, fuhr der Anführer fort, als wäre nichts gewesen, »hat Tigerstich mich an das siebte Gesetz der Flut erinnert.« Erstaunte Laute machten die Runde und Verena konnte nicht anders, als verwirrt ihren Kopf schief zu legen. Die Stimmung war von einem Moment auf den anderen gekippt, das Getuschel nun von ganz anderer Natur und Verena war sich nicht sicher, ob das gut oder schlecht für sie war.

»Es sieht Windwächter ähnlich und deshalb habe ich mich dazu entschieden diese jungen Katzen in den Clan aufzunehmen, wenn sie sich bewähren.« Spätestens jetzt blickte Verena gar nicht mehr durch. Wollten diese Katzen sie nicht eben noch verjagen? Und nun schauten die meisten wohlwollend zu ihrem Anführer und machten das, was er ihnen befohlen hatte?

Kieselwächter nickte Tigerstich zu, die aufstand und neben ihn trat. »Du übernimmst jetzt«, miaute er leise, Verena konnte es nur gerade so noch hören. Dann trottete er den Hang hinauf und verschwand in der Baumhöhle. Unsicher tauschte Verena einen Blick mit ihren Freunden.

»Was auch immer diesen Stimmungswandel veranlasst hat«, murmelte die schwarze Kätzin, »vielleicht sollten wir trotzdem wachsam sein. Ist ja unheimlich wie schnell die Stimmung hier wechseln kann.«

Quinn nickte zustimmend, aber Verena sprach ihre Vermutung laut aus. »Sie hören auf ihren Anführer. Bedingungslos. Ich nehme mal an, dass das hier so läuft.« Unsicher schaute Verena sich um. Die Versammlung löste sich wieder auf und viele Katzen verschwanden irgendwo im Schilf oder Gebüsch. Vermutlich waren dort ihre Nester.

Die Restlichen suchten sich Schattenplätze und unterhielten sich entweder oder putzten sich gegenseitig. Verena fand das schon ein wenig komisch, allerdings hatte sie auch noch nie eine ganze Gemeinschaft an Katzen getroffen.

»Was machen wir jetzt?«, wollte Quinn wissen. Ratlos schauten sich die Freunde an, sie fühlten sich doch noch sehr fehl am Platz.

Verena überlegte gerade nach einer passenden Antwort, als Tigerstich ihr zuvor kam. Die sandfarben getigerte Kätzin hatte sich unbemerkt den Dreien genähert.

»Jetzt, müsst ihr euch bewähren, was für euch heißt, richtig schwimmen und tauchen zu lernen«, antwortete sie und deutete mit ihrem Schweif zu der Kätzin mit ihren Jungen von vorhin, die nun im Schatten am Hang saß, neben ihr ein grau-schwarz gefleckter Kater, mit dem sie gemeinsam ihren Jungen beim Spielen zusahen.

»Sobald die Jungen vier Monde alt sind, lernen sie zu schwimmen, damit sie später als Schüler auch ohne Gefahr von der Insel können.« Jetzt deutete sie auf die Freunde. »Ihr werdet mit den Jungen das Schwimmen beigebracht bekommen, obwohl ihr zumindest schonmal nicht ganz unerfahren zu sein scheint.« Ihre Stimme blieb sachlich, doch Verena meinte einen Hauch Wohlwollen herausgehört zu haben.

»Sie müssen mit den Jungen schwimmen lernen?!« Leopardenpfote war unbemerkt zu ihnen gestoßen und schaute ihre Mutter jetzt fassungslos an. »Mutter, komm schon, das kannst du doch nicht machen. So werden sie doch zum Gespött des Clans!«

Unbeeindruckt wandte die sandfarben Kätzin sich an ihre Tochter. »Und du meinst, du wüsstest eine bessere Lösung?« Mit erhobenem Kopf und aufrechter Körperhaltung, verzog die Schülerin ihren Mund zu einem Grinsen, doch ihre Mutter war noch nicht fertig. »Eine sichere Lösung, nach der sie auf jeden Fall schwimmen und tauchen können? Wir können keine Schüler gebrauchen, die sich selbst ertränken, weil sie nie schwimmen gelernt haben. Also bist du dir sicher?«

»So sicher, wie ich Fisch nicht ausstehen kann«, antwortete Leopardenpfote prompt, ihr Schweif peitschte scheinbar unkontrolliert umher, was Verena in dem Glauben ließ, dass sie gleich mit ihrer großartigen Idee herausplatzen würde. Was zu ihrer Überraschung jedoch nicht geschah.

Erst nach einem kaum merklichen Nicken von Tigerstich fing die sandfarbene Schülerin an zu erzählen. »Nebelpfote, Frostpfote und ich könnten ihnen das schwimmen beibringen. So schwer wird das schon nicht sein, immerhin haben sie den Weg hierher auch geschafft«, argumentierte sie. »Und im tauchen ist Nebelpfote unschlagbar!«

Verena wagte einen Blick zu ihren Freunden. Sie war sich nicht sicher, wie sie deren Mimik zu deuten hatte, aber sie war sich sicher, dass ihnen gerade ähnliche Gedanken wir ihr durch den Kopf schießen mussten. Warum Leopardenpfote auf einmal so ganz anders... netter war und ihnen sogar das Schwimmen beibringen wollte, damit sie es nicht gemeinsam mit den Jungen lernen müssten.

Nicht, dass Verena dagegen etwas gehabt hätte. Die kleinen Katzen waren irgendwie schon süß, aber vielleicht war das hier wie, wenn ein Zehntklässler etwas mit einem Fünftklässler gemeinsam beigebracht bekommen würde. Da wäre sie bei sich zuhause auch nicht glücklich darüber gewesen.

»Ich werde in einigen Sonnenläufen ihr Training überprüfen«, miaute Tigerstich und stand auf. »Wenn sie bis dahin keine Fortschritte gemacht haben, werden sie mit den Jungen trainiert.« Ihr Tonfall ließ keine Widerworte zu, doch Leopardenpfote nickte nur unbekümmert.

Verena konnte nicht umhin den respektvollen Umgang zwischen Mutter und Tochter zu bewundern. Sie ließen sich ausreden und sprachen in einem angemessenen Tonfall miteinander. Ein Stich Heimweh durchfuhr sie, als sie so an ihre eigenen Eltern erinnert wurde. Es war nicht immer leicht und konnte auch gerne mal lauter werden, dennoch liebte sie ihre Eltern.

»Da ihr ja ohnehin gerade nichts zu tun habt, können wir genauso gut gleich anfangen.« Enthusiastisch war die sandfarben gefleckte Kätzin zu ihnen herum gewirbelt und schaute sie aus blitzenden Augen an. »Dann kann ich euch auch gleich Nebelpfote und Frostpfote vorstellen.« Ihr Blick lag bereits auf der hellgrauen Kätzin und dem weißen Kater mit dem schwarzen Fleck am Auge.

»Äh, du bist nicht sauer?«, hakte Rachel verwirrt nach, ihre Ohren unruhig hin und her zuckend. Verena zog scharf die Luft ein und so gerne sie Rachels Worte zurückgenommen hätte, so wusste sie, wäre es ohnehin zwecklos gewesen. Rachel war eben so und sie hätte sie nicht davon abhalten können, selbst wenn sie es im Voraus gewusst hätte.

Stattdessen beobachtete sie angespannt Leopardenpfotes Körperhaltung, in der Hoffnung wenigstens etwas aus ihr herauslesen zu können. Der Blick der Schülerin war nach wie vor von ihnen abgewandt auf den beiden anderen jüngeren Katzen und wenn ihre Ohren nicht nach hinten gerichtet wären, hätte Verena vermutet, dass sie Rachel überhört hätte.

»Ich denke, ich habe meinen Standpunkt deutlich gemacht.« Nun schaute die sandfarbene Kätzin doch nach hinten, direkt zu Rachel. »Du kannst dir vorstellen was passiert, wenn du meine Mutter noch einmal beleidigst. Davon abgesehen gehört ihr schon beinahe zum Clan und der FlutClan hält zusammen.« Ihre Stimme zeugte von purer Entschlossenheit und Verena zweifelte kein bisschen am Wahrheitsgehalt ihrer Worte.

Ihr stechender Blick ruhte noch einen Moment auf der schwarzen Kätzin, bis sie sich wieder umwandte und den Freunden mit einem Schwanzwinken bedeutete, ihr zu folgen.

Nebelpfote und Frostpfote hatten an der Weide zwischen den beiden Hängen gewartet. Links war der kleinere Hang mit den vielen Büschen, den Verena nun mit den Jungen und der etwas mürrischen Mutter der Jungkatzen assoziierte und rechts auf dem höheren Hang war in einer Baumhöhle Kieselwächters Schlafplatz.

Zwischen den Baumwurzeln der Weide lag ein kleiner Haufen toter Tiere, darunter Mäuse und Fische und Verena konnte es sich gerade noch so verkneifen, angewidert einen großen Bogen darum zu machen. Eine süßliche Duftnote von warmem Fleisch und Blut stieg ihr in die Nase, gemischt mit dem Geruch von frischem Fisch, der überwiegend auf diesem Haufen zu finden war.

Der Kater mit dem weißen Fell und dem einzelnen schwarzen Fleck am linken Auge, hatte sich gerade mit den Krallen einen kleineren Fisch herausgepickt, in den er nun mit großem Appetit hineinbiß. Die Kätzin mit dem hellgrauen Fell hingegen hatte es sich gemütlich gemacht und schaute dem Kater belustigt beim Essen zu.

Als die Kätzin die Freunde bemerkte, sprang sie auf ihre Pfoten, ihr Schwanz gen Himmel gerichtet. Ihre warmen, braunen Augen musterten die drei neugierig, aber nicht unhöflich und Verena ertappte sich dabei, wie sie die große Kätzin jetzt schon mochte.

»Deine weißen Ohrenspitzen sind voll süß!«, war das allererste was sie miaute, ihr Blick auf Rachels Ohren, die sich nun unwohl einklappten. Verena unterdrückte mühsam ein kichern. Rachel schien es wohl für einen kurzen Moment die Sprache verschlagen zu haben und als sie sich endlich zu einem empörten »Bitte was?« durchgerungen hatte, war die hellgraue Schülerin schon bei Quinn.

Erstaunt stellte Verena fest, dass Nebelpfote in etwa gleich groß wie ihr Freund war, während sie ihn komplimentierte. »Aalschatten hat auch so einen Aalstrich auf dem Rücken, aber bei ihrem braun-weiß gesprenkelten Fell geht er fast unter, nicht so wie bei dir, das ist voll beerig!«

Verena wusste auch ohne seine zuckende Schwanzspitze und sein aufgestelltes Nackenfell, dass er nicht wusste, wie er mit dem Kompliment umgehen sollte. Aber er entschied sich für ein einfaches »Danke«, wohl, um nicht komplett unhöflich zu wirken und schneller als Verena gucken konnte, war sie an der Reihe.

»Ich wünschte, ich hätte so silbernes Fell wie du und nicht so langweiliges graues.« Verena war sich nicht sicher wie ernst es der Kätzin damit war und um ehrlich zu sein, hatte sie sich bisher noch überhaupt keine Gedanken um ihre äußere Erscheinung, zumindest in Punkto Fellfarbe, gemacht. Trotz Nebelpfotes einfarbigem, hellgrauen Fell, strahlte sie einfach etwas aus, was sie unweigerlich schön machte.

Es war einfach ihre Art, die mit jedem ihrer Worte an die Außenwelt drang, wie Verena feststellte und es war ihr ein leichtes die freundliche Art der Kätzin zu erwidern. »Ich finde, du siehst wunderschön mit deinem grauen Fell aus. Zumal es so ein schönes hellgrau ist.«

Wenn überhaupt möglich, strahlten die kakaobraunen Augen der Schülerin noch heller und ein leises Schnurren drang an Verenas Ohren. »Darf ich euch Frostpfote vorstellen?« Mit der Schwanzspitze winkte sie den Kater zu sich und legte diese für einen kurzen Moment auf seine Schulter. »Wir sind Wurfgeschwister, auch wenn ich die Ältere bin«, meinte sie neckend.

»Das zählt doch nicht!«, schnaubte er gespielt empört. »Wir reden hier von wenigen Herzschlägen.«

»Das reicht«, ging Leopardenpfote dazwischen, ihre Stimme amüsiert. »Je länger wir hier Zeit vergeuden, desto weniger haben wir, um ihnen das schwimmen beizubringen und wenn sie es in wenigen Sonnenläufen nicht können, werden sie gemeinsam mit den Jungen trainiert!«

Die Geschwister hielten inne. Nebelpfote wandte sich skeptisch an die sandfarbene Kätzin. »Wie wenige?«

Leopardenpfote schnaubte augenverdrehend, aber man konnte ihr ansehen, dass sie nicht wirklich genervt war. »Mutter sagte einige, also meint sie wenige«, antwortete sie belustigt. Alarmiert weiteten sich die Augen der hellgrauen Schülerin und ein Funkeln trat in diese. Mit einem Satz war sie bei Verena, die erschrocken einen halben Schritt zurückwich.

»Dann los los! Komm schon, Sturm, wir haben keine Zeit zu verlieren«, miaute sie auffordernd zu Verena, die erst nach einem kurzen Moment begriff, dass mit Sturm sie gemeint war. Na vielen Dank auch für diesen bescheuerten Namen, dachte sie im Stillen und warf Rachel einen Das-habe-ich-dir-zu-verdanken-Blick zu, bevor sie der hellgrauen Kätzin folgte, die zielsicher über die Baumwurzeln balancierte.


Schwimmen war gar nicht so einfach, wie Verena nach einiger Zeit des Trainierens feststellte. Obwohl sowohl ihr, als auch ihren Freunden, die mehrfache Überquerung des Flusses und das kurze Stückchen des Sees zur Insel gelungen waren, stellte es sich als gar nicht so einfach heraus, wenn man es ohne Druck oder Adrenalin versuchte. Dabei war Nebelpfote äußerst begabt und hatte sich als geduldig erwiesen.

»Komm, wir versuchen es noch einmal«, ermutigte die hellgraue Schülerin Verena vom Wasser aus, das ihr Bauchfell streifte. »Deine Pause war lange genug.« Die braunen Augen der Schülerin blitzen verschmitzt auf. Verena seufzte und warf einen Blick nach links, wo ihre Freunde ebenfalls trainierten.

Wenn man es denn so bezeichnen konnte. Quinn blödelte mit Frostpfote im seichten Wasser herum indem sie sich gegenseitig nass spritzten und Rachel lieferte sich scheinbar gerade ein Wortgefecht mit Leopardenpfote. Da die Lautstärke jedoch noch erkennbar war, würde es schon nicht so schlimm sein. Zumindest hoffte Verena das.

Eine Welle kaltes Wasser traf sie unerwartet und Verena keuchte auf, zum einen aus Schock und zum anderen wegen der Temperatur des Wassers. Es war eben noch kein Sommer. Ein lachendes Geräusch ertönte und Verena schnellte zu Nebelpfote herum, die sichtlich amüsiert vor ihr im Wasser stand.

»Du wagst es, mich nass zu spritzen?« Verena stand auf, bemüht um einen ernsten Tonfall, wobei sie ihr Grinsen vergeblich zu verstecken versuchte.

»Du lässt dich einfach so nass spritzen?«, hakte Nebelpfote in gespielt entsetztem Tonfall und mit weit geöffneten Augen nach. Ohne weiteren Kommentar sprang Verena ins Wasser und obwohl sie es der Kälte wegen beinahe sofort wieder bereute, erfüllte sie ein zufriedenes Gefühl als sie Nebelpfotes erschrockenes quieken hörte.

Als hätte sie Verenas Gedanken gelesen, paddelte sie im nächsten Moment auch schon davon und die silbern getigerte Kätzin ihr hinterher. Das Wasser an dieser Stelle war ein ganzes Stückchen zur Mitte des Sees hin sehr flach und der Kies am Boden gab genügend Halt, sodass Verena sorglos die hellgraue Schülerin verfolgte.

An den tiefsten Stellen schwappte das kühle Nass Verena zur Flanke, während es Nebelpfote nur zum Bauchfell ging. Sobald die beiden Kätzinnen sich nahe genug waren, spritzte das Wasser in alle Richtungen. Quinn und Rachel warfen sich schmunzelnde Blicke beim Anblick ihrer Freundin zu, sehr zum Missfallen von Leopardenpfote und Frostpfote, da ihre Schüler dadurch abgelenkt waren.

Ganz im Treiben des kleinen Fangen Spiels bemerkte Verena nicht, wie die beiden dem Rand der flachen Stelle immer öfter immer näher kamen. Als die silbern getigerte Kätzin dann auf eine besonders glitschige Stelle trat, rutschte sie ab und landete Halt suchend mit den Vorderpfoten im tieferen Wasser.

Nebelpfotes erschrockenes Keuchen hörte sie schon nicht mehr, so sehr rauschte ihr das Blut in den Ohren. Ihre Muskeln waren wie gelähmt und als sie dann auch noch mit den Hinterpfoten abrutschte, nahm sie nur noch das sanfte Plätschern des Wassers wahr und wie das Sonnenlicht sich darin reflektierte.

Erst als sie ein Stück untertauchte übernahm die Vorstellung der reißerischen Flut ihre Gedanken und ihre Motorik setzte sich wieder in Gang. Mit hektischen Bewegungen trafen ihre Pfoten auf den Kies und trugen sie zurück zu den flacheren Stellen.

Die hellgraue Kätzin lief dicht neben ihr, sie war sofort zu ihr geeilt, als sie Verenas Abrutschen bemerkt hatte. Aber Verena war noch zu gefangen von dem Gedanken der stürmischen Fluten, als dass sie die Schülerin hätte bemerkt. So plötzlich wie sie abgerutscht war, so plötzlich waren auch diese schrecklichen Vorstellungen gekommen, die sich hartnäckig in ihrem Gehirn festsetzten und ihre alle Energie zu entziehen schienen.

Auf einmal fühlte sich das klebende Fell und das kalte Nass um ihre Beine so ungewohnt wie noch nie zuvor an und ihre nach vorn gerichtete Körperhaltung, die dem Dasein als Katze geschuldet war, fühlte sich einfach nur noch falsch an. So schnell ihre zitternden Glieder sie trugen, flüchtete sie ans Ufer. Die Augen noch immer kugelrund vor Schreck.

»Alles okay bei dir?« Verena hatte die schwarze Kätzin nicht wahrgenommen, ebenso wenig wie die anderen Schüler, die zu ihr geeilt waren. Erst langsam klärte sich ihr Blick wieder und sie nahm den besorgten Blick ihrer Freundin war.

Tapfer nickte die silbern getigerte. »Alles okay«, krächzte sie heiser. »Ich habe mich nur erschrocken.« Ihr Blick wanderte zurück zum Wasser, dass ihr auf einmal nicht mehr so einladend erschien und es fröstelte sie bei dem Gedanken was vielleicht hätte passieren können. »Ich denke, ich brauche einfach nur eine Pause.«

Verständnisvoll nickte die schwarze Kätzin vor ihr und Nebelpfote stupste sie sanft an der Schulter an. »Ich führe dich zum Schülerbau, aber schüttele erst einmal das Wasser aus deinem Pelz, sonst wird das Moos ganz nass.« Wie mechanisch schüttelte Verena sich den Pelz, aber die komplette Nässe konnte sie nicht vertreiben.

Die hellgraue Schülerin führte sie zurück über die Wurzeln auf die Lichtung auf der inzwischen deutlich weniger Katzen zu sehen waren. Die Schatten waren länger geworden und das gold-orange Licht der untergehenden Sonne ergoss sich über die Lichtung. 

Nebelpfote ging nach rechts am kleinen Hang entlang, an der Stelle vorbei wo vorhin die Jungen gespielt hatten und geradewegs auf das Gebüsch ein Stückchen danach zu. Hinter der hellgrauen Kätzin zwängte Verena sich durch das Gebüsch und anschließend durch den Spalt im Fels, der in eine kleine, aber geräumige Ausbuchtung führte, auf dem ein flickenhafter Moosteppich den steinigen Boden bedeckte.

Das Moos, auf das sie sich legte, nahm kurz darauf die Nässe, die noch in ihrem Pelz hing, auf, doch das bemerkte Verena nicht mehr. Genauso wenig wie das Fortgehen der hellgrauen Schülerin, nachdem diese gerufen wurde. Sie blieb alleine zurück mit ihren Gedanken und der Hoffnung morgen in ihrem Bett aufzuwachen und festzustellen, dass all dies nur ein äußert lächerlicher Traum war.

Jetzt gerade, in genau diesem Moment, vermisste sie ihre Mutter so sehr wie schon lange nicht mehr. Es war beinahe als könnte sie ihre Stimme hören, die ihrem jüngeren Ich zuflüsterte, »Morgen wird alles besser« und sie fragte sich wie lange es schon her war, dass ihre Mutter damit aufgehört hatte, ohne dass Verena es bewusst wahrgenommen hatte.

Mit knurrendem Magen und tosenden Gedanken schlief sie schließlich ein.

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