Kapitel 10 - Kampftraining


Nervös stand Sturm von ihrem Platz im Schatten am Hang neben dem Schülerbau auf, tappte ein wenig auf der Stelle und setzte sich wieder hin, das Nackenfell gekräuselt.

»Wenn du weiterhin so unruhig bist, kann ich nicht denken«, beschwerte Tinte sich. Die schwarze Kätzin saß keine Schwanzlänge entfernt ebenfalls im Schatten, ebenso wie Hagel.

»Kannst du es ihr wirklich verdenken?«, miaute dieser. »Die Prüfung ist zwei Ta.. Sonnenläufe her und Kieselwächter hat immer noch nicht bekannt gegeben, ob wir Schüler werden oder nicht.«

»Deswegen hilft es uns auch nicht, wenn ihr wie zwei nervöse... wie zwei nervöse Junge hier herumhüpft!« Tinte senkte die Stimme. »Wenn ich nicht denken kann, kann ich auch keinen Plan B machen, für wenn wir...«

»Ja, schon klar«, unterbrach Sturm sie ein wenig unwirsch. »Es noch öfter zu erwähnen, hilft auch nicht.«

Eine Antwort bekam sie nicht, auch wenn Sturm sich sicher war, wären sie noch Menschen, hätte ihre beste Freundin mit den Schultern gezuckt. Sturm seufzte und rutschte in eine andere, bequemere Position. »Außerdem musst du das nicht machen«, miaute sie etwas milder. »Es reicht, dass du bereits viel früher als wir davon wusstest.«

Nach der Schwimmprüfung, als sich herausgestellt hatte, dass ihre Zukunft beim Clan doch noch ungewiss war, hatten sie zuerst keine Antwort aus Tinte herausbekommen, die sich beharrlich geweigert hatte, etwas zu diesem Thema zu sagen.

Der Abend war entsprechend schweigend verlaufen, weil keiner der drei Freunde so wirklich wusste, worüber sie reden sollten, jetzt, da ihre Stimmung ohnehin schon versaut worden war.

Erst als die Schüler wieder in den Bau kamen und sie ausquetschten, kam wieder etwas Leben in den Bau. Bereitwillig erzählte jeder von seiner Prüfung und dass sie bestanden hatten. Den möglichen Ausschluss aus dem Clan erwähnte keiner mehr.

Erst am nächsten Tag, als es bereits Richtung Sonnenhoch ging, kam Tinte auf ihre Freunde zu, bereit sich zu erklären. Da keiner der drei an dem Tag eine Aufgabe bekommen hatte und sie alle nichts zu tun hatten, war der Tag nach dem Gespräch viel erträglicher, weil es ihnen gemeinsam nicht so schnell langweilig wurde.

Tatsächlich hatte Tinte bereits recht früh von Leopardenpfote davon erfahren, die direkt an der Quelle — die schließlich ihre Mutter war — saß. Beschlossen, Hagel und Sturm nichts davon zu erzählen, hatte sie dann, weil sie ihnen zwei keine weiteren Sorgen zusätzlich zu der großen Umstellung geben wollte.

Tinte schnippte mit dem Schwanz, ihr Äquivalent zum Schulterzucken. »Es mir noch weiter vorzuhalten, bringt ebenso wenig.«

»So meinte ich das doch nicht!«

»Das weiß ich doch«, miaute Tinte beschwichtigend, allerdings mit einem belustigten Unterton.

»Schaut doch nicht so bedröppelt«, erklang Nebelpfotes fröhliche Stimme. Die hellgraue Schülerin kam dicht gefolgt von Leopardenpfote und Frostpfote auf die Freunde zu und gesellte sich zu ihnen in den Schatten. »Ihr habt es gut hier.«, miaute sie. »Es ist noch kaum Blattgrüne und schon wird die Sonne wieder unerträglich.«

»Sei froh, dass du graues und kein schwarzes Fell hast«, witzelte Tinte.

Tatsächlich war es in den letzten Tagen, besonders um Sonnenhoch, besonders warm geworden. Die Blätter hatten ihre typische frühlingsgrüne Farbe verloren und hingen nun in einem schönen dunkelgrün an den wenigen Bäumen auf dem FlutClan Gebiet.

Das Schwimmen im See war so auch immer angenehmer geworden. Zu tief in Richtung Seemitte war es noch kalt, aber der Strandabschnitt war kaum noch unangenehm kalt, vielmehr von angenehmer Temperatur.

Noch stand die Sonne nicht sehr hoch am Himmel, der Tag hatte erst begonnen, aber warm war es auch jetzt bereits.

»Sturm, du siehst aus, als könntest du ein wenig Abwechslung vertragen.« Sturm schaute auf zu dem weißen Schüler, der sich jetzt neben sie setzte. »Du könntest wieder mit mir und Wellenflug trainieren gehen.«

Nachdem die drei Freunde sich vertragen hatten, hatte Frostpfote ihr schon einmal angeboten, sie könne mit seinem Mentor und ihm trainieren kommen. Sowohl Tinte als auch Hagel hatten beide schon Erfahrungen damit gemacht, während Sturm Apfelschweif geholfen hatte.

Apfelschweif zu helfen, hatte Sturm nun wirklich nicht gestört, allerdings war sie dann doch neugierig auf das Training der Schüler und so hatte sie nur nach kurzem Zögern zugestimmt.

Auch dieses Mal brauchte Sturm nicht lange, um zu antworten. »Warum nicht? Das klingt gut.« Sie erhob sich und schüttelte ein paar herausgerupfte Grashalme von ihrem Pelz, die sich zweifellos von ihrem unruhigen Zappeln gelöst hatten. »Besser, als mich hier weiter verrückt zu machen, ist es allemal.« Sie schaute in die Runde und wandte sich an ihre Freunde. »Was werdet ihr dann machen?«

Sie versuchte ihr schlechtes Gewissen zu unterdrücken, noch ehe es hochkommen konnte. Nicht nur sie konnte eine Abwechslung gebrauchen. Ihren Freunden ging es da ähnlich wie ihr.

»Heideschatten könnte bestimmt wieder jemanden gebrauchen, der etwas mit den Jungen unternimmt«, dachte Hagel laut.

»Und mit uns können wir auch Spiele spielen, die mehrere Katzen erfordern«, ergänzte Tinte und meinte dabei sich selbst, Leopardenpfote und Nebelpfote.

Noch nicht ganz überzeugt, aber ein wenig beruhigt, dass ihre Freunde auch etwas zu tun hätten, nickte Sturm und folgte Frostpfote schließlich zum Lagerausgang, wo sein Mentor Wellenflug bereits auf ihn wartete.

Der flauschig grau und cremefarbene Kater kommentierte ihre Anwesenheit mit einem Nicken und einem freundlichen Schwanzschnippen.

Wellenflug führte die beiden jungen Katzen zum Trainingshang, südöstlich des Lagers und gerade noch in Sichtweite.

Inzwischen wusste Sturm, dass der staubige Grund am Fuße des Hanges besonders gerne in den wärmeren Monden genutzt wurde, um Kampftechniken und die grundlegendsten Jagdtechniken zu trainieren. In den kälteren Monden, wenn der Schatten des Hanges nicht mehr zum Schutz vor der Sonne benötigt wurde, fand das Training bevorzugt auf dem Hang statt oder an ganz kalten Tagen im Wäldchen weiter nordöstlich vom Hang.

Die Lage dicht am Fluss, der den See mit dem Fluss verband, in dem die Freunde am Anfang gelandet waren, war zudem sehr gut geeignet, um die Kampftechniken unter und im Wasser zu üben, auf die der FlutClan Wert legte.

Viel wusste Sturm darüber auch noch nicht. Ihr ganzes Wissen stammte aus dem, was Frostpfotes Mentor ihr am vorigen Tag über die Theorie des Kampftrainings erzählt hatte, nachdem er begriffen hatte, dass sie absolut keine Ahnung hatte, wie überhaupt eine Grundhaltung zum Kämpfen aussehen sollte.

»Bevor wir mit dem Kämpfen beginnen, rennt ihr einmal bis zur Nische uns zurück«, miaute Wellenflug und zeigte auf den Felsvorsprung weiter flussaufwärts, Richtung Flussgabelung, wo auch das Gebiet des FlutClans auf das des MoorClans stieß.

Die Nische hatte ihren Namen dadurch, dass der Felsvorhang einen Knick nach innen machte und so eine Art Versteck bildete, wenn von der richtigen Seite geschaut wurde. Zumindest war dies die bekannte Version.

In der Nische, verborgen zwischen zwei dicht beieinanderstehenden Felsbrocken, gab es noch einen Durchgang in ein kleines Höhlensystem, dass sich durch den ganzen Hang grub und auf der anderen Seite, etwa an der Stelle, wo Sturm mit Apfelschweif auf die Patrouille des MoorClans getroffen war, ebenfalls einen Eingang hatte.

Zeitgleich rannten die beiden jungen Katzen los, Sturm dabei deutlich unbeholfener als Frostpfote, noch immer nicht ganz koordiniert mit ihren großen Pfoten. Kurz vor dem Knick in der Felswand stolperte sie über eben diese und konnte sich nur knapp wieder fangen und so verhindern, eine Sturzlandung aufs Gesicht zu machen.

»Alles in Ordnung bei dir?« Frostpfote war besorgt stehen geblieben und zu ihr zurückgelaufen.

Sturm winkte ab. »Ja, alles ok. Danke für den Vorsprung«, miaute sie lachend und rannte auch schon weiter den kurzen Weg zur Nische, bevor sie umdrehte und den Weg zurück rannte.

Trotz ihres kleinen Vorsprungs war Frostpfote schneller als sie am Ziel, was keinen der beiden sonderlich überraschte.

»Es war einen Versuch wert«, miaute Sturm als beinah-Entschuldigung, klang dabei jedoch nicht, als würde sie es wirklich bereuen.

»Nächstes Mal«, versicherte Frostpfote ihr. »Mit ein bisschen Übung wirst du so gut, dass du mich im Wettrennen schlagen kannst.«

»Frostpfote! Grundstellung«, befahl Wellenflug. »Und Konzentration bitte«, miaute sein Mentor weiter, während Frostpfote in der Kuhle die Grundposition einnahm.

»Sehr schön.« Wellenflug musterte Frostpfotes Grundstellung. »An was erinnerst du dich vom letzten Training?«

Frostpfote machte eine nachdenkliche Miene. »Wir sind die Grundlagen von einem Kampf durchgegangen und welche Möglichkeiten es gibt, diese zu vermeiden«, miaute er bedacht. »Ein Kampf ist nur die letzte Möglichkeit, wenn die Verhandlungen fehlgeschlagen haben.«

Wellenflug nickte anerkennend und Frostpfote fuhr fort. »Du hast uns dann ein paar mögliche Situationen aufgezählt und uns sagen lassen, wie wir vorgehen würden um einen Kampf zu vermeiden, aber hast uns auch gesagt, wann unsere Methoden fehlgeschlagen sind und es zu einem Kampf gekommen wäre.«

Daran erinnerte Sturm sich ebenfalls noch. Es war eine großartige Abwechslung gewesen zu den nagenden Gedanken, wie es für ihre Freunde und sie weitergehen würde. Sturm hatte nicht viel beitragen können und hatte stattdessen aufmerksam gelauscht, was Wellenflug ihnen erzählt hatte.

Wenn sie ehrlich war, hatte sie sich zuvor noch keine Gedanken gemacht, warum überhaupt Kämpfe zwischen den Clans entstehen könnten, geschweige denn, wie man sie verhindern könnte. Unter Kampftraining hatte sie sich etwas ähnliches wie Kampfsportarten in ihrer Welt vorgestellt.

Scheinbar lief das hier ein wenig anders. Das bestätigte allein schon die Tatsache, dass jeder der Schüler, die eine Kriegerausbildung machten, Kampftraining hatte.

Das kleine Quiz von Wellenflug hatte erstaunlicherweise viel Spaß gemacht, auch, wenn Frostpfote und sie beide nicht immer die richtigen Ideen hatten und man ihnen lieber nicht solche Verhandlungen überlassen sollte, da das Ergebnis nicht immer ideal verlaufen würde. Aber sie hatten daraus gelernt und wie Wellenflug ihnen gesagt hatte, war dies die Hauptsache, der hauptsächliche Grund, für diese Art von Abfrage gewesen.

»Anschließend hast du ein paar grundlegende Ausweichtechniken vorgemacht und sie uns abwechselnd nachmachen lassen.«

Der flauschig graue Kater nickte, zufrieden mit Frostpfotes Antwort. »Das ist korrekt. Genau da werden wir jetzt weitermachen.«

Wellenflug stiefelte zu Frostpfote in die Kuhle. »Ich greife an und alles, was du zu tun hast, ist auszuweichen.«

Der weiße Schüler nickte und machte sich bereit, die Ohren aufgestellt, die Augen wachsam auf seinen Gegner fokussiert, um den ersten Angriff nicht zu verpassen.

Als Wellenflug dann zu einem ersten Angriff ansetzte, einem einfachen Schlag mit der Vorderpfote, gelang es Frostpfote ganz leicht, sich unter dem Schlag weg zu ducken.

Die nächste Reihe an Angriff- und Auswich-austauschen beobachtete Sturm interessiert und versuchte sich, so viel es nur ging, zu merken. Es könnte mir in der Zukunft noch nützen.

Nach einem recht niedrigen Schlag, anstatt nach hinten auszuweichen, bäumte Frostpfote sich auf und setzte zum Sprung über seinen Mentoren an, der sich kurz nach der Landung seines Schülers bereits umgedreht hatte.

»Nicht schlecht«, schnurrte der graue Krieger. »Damit warst du eben in der perfekten Position ebenfalls einen Angriff zu starten. Nutz jede kleinste Möglichkeit aus, in der dein Gegner abgelenkt oder verwirrt ist.«

Frostpfote hatte den Schwanz, stolz auf seine Leistungen, hoch aufgerichtet. Wellenflug schnippte wohlwollend mit dem Schwanz und wandte sich an Sturm. »Wie sieht es aus, möchtest du einmal versuchen auszuweichen? Frostpfote hat eben ein wunderbares Vorbild abgegeben.«

»Sehr gerne.« Glücklich, endlich auch etwas tun zu können, stand die silberne Tigerkätzin auf und übernahm Frostpfotes Platz in der Kuhle.

Ihre Grundhaltung sah sehr unbeholfen aus und nicht halb so standhaft wie die des weißen Schülers vor ihr. Als Wellenflug zum ersten Schlag ansetzte, hatte sie deutlich Mühe rechtzeitig nach links auszuweichen und sich zu ducken.

Geduckt fiel es ihr nun auch deutlich schwerer dem nächsten, niedrigeren Angriff auszuweichen und Sturm rollte sich kurzerhand nach rechts, allerdings nicht ohne, dass Wellenflugs Pfote sie doch noch am Ohr streifte.

Nun abgelenkt, stolperte Sturm beim nächsten Ausweichversuch über ihre großen Pfoten und landete ein wenig unsanft auf dem staubigen Boden.

»Es geht schon«, miaute sie, als sie die besorgten Blicke der beiden Kater bemerkte und rappelte sich wieder auf. Verfluchte zu großen Pfoten. »Ich brauche wohl nur ein wenig mehr Übung«, meinte sie abwinkend.

Auch ihre nächsten Versuche waren nur mehr oder weniger erfolgsgekrönt. Sie landete nicht nur einmal erneut im Staub und generell stellte sich ausweichen mit ihren ungeschickten großen Pfoten als nicht gerade ein Kinderspiel heraus.

»Das gibt's doch nicht«, ärgerte Sturm sich mit peitschendem Schwanz.

»Mach dir nichts draus«, munterte Frostpfote sie auf und legte ihr beschwichtigend den Schwanz auf die Schulter. »Das ist erst deine zweite Trainingseinheit und ich habe den Vorteil im Clan geboren und damit aufgewachsen zu sein, eines Tages mein Kriegertraining zu absolvieren. Außerdem hatte ich den ganzen letzten Mond bereits Jagdtraining, was meine Muskeln gestärkt hat.«

Sturm nahm sich einen Moment, um über die Worte des jungen Schülers nachzudenken. Im Grunde genommen hat er recht, gestand sie sich schließlich ein. In meiner Welt war ich Tänzer, kein Kampfprofi, warum also sollte ich hier ein Naturtalent sein?

»Das hast du schön gesagt, Frostpfote«, bestätigte Wellenflug. »Übung macht den Meister. Das war schon ordentlich, also wie wäre es jetzt mit einer kurzen Pause?«

Der flauschige Krieger entließ die zwei, ein wenig Spaß zu haben und legte sich selbst in den Schatten am Fuße des Hanges.

»Wie wäre es mit einer Abkühlung?«, schlug Frostpfote schelmisch vor und nickte zum nahen Flussufer, das selbst von ihrer Position weiter weg sehr flach aussah, ehe es schnell tief wurde.

»Wer zuerst da ist!«, miaute Sturm und rannte los.



»Eben haben wir bereits fleißig wiederholt was letztes Mal drankam. Jetzt kommt noch ein wenig neues dazu.«

Wellenflug stand mit den beiden jungen Katzen neben der Trainingskuhle, er im Schatten, die beiden in der Sonne, um ihrem Pelz noch Gelegenheit zu geben, zu trocknen.

Aus einer harmlosen Wasserschlacht war nicht lange darauf eine wilde Schlacht geworden, die sich selbst bis in die tieferen Gewässer ausgesteckt hatte. Irgendwann hatten die beiden sich nicht nur darauf beschränkt, den Gegenüber nass zu spritzen, sondern ihn auch von unten umzustoßen, was im Endeffekt dazu geführt hatte, dass am Ende der Pause beide mit triefenden Pelz dastanden und sich erst einmal kräftig ausschütteln mussten.

»Typischerweise werden euch erst die defensiven Techniken beigebracht, in der euer Gegner die Oberhand hat. Aber da ihr zu zweit seit, zeige ich euch eine einfache Angriffstechnik und dann könnt ihr miteinander, anstatt abwechselnd üben.«

Der Krieger musterte die beiden und als keine Widerworte kamen, fuhr Wellenflug fort.

»Sturm ist natürlich etwas ungeübter, also verlasse ich mich auf dich, Frostpfote, dass du darauf Acht nimmst«, miaute der graue Kater streng. Frostpfote nickte eifrig. »Sehr schön, also schaut gut zu.«

Wellenflug tappte in die Kuhle und nahm die Grundstellung vor einem unsichtbaren Gegner ein. Mit den Vorderpfoten schlug er nun in die Luft, in etwa dahin, wo die Nase oder das Gesicht des Gegners sein sollte.

Sturm erkannte den Kampfzug als einen von denen, die der Krieger bereits benutzt hatte, als sie noch das Ausweichen üben sollten.

»Am effektivsten ist es, wenn ihr auf das Gesicht, die Nase oder die Ohren schlagt, weil diese Stellen empfindlich sind. Also geht mit Bedacht vor und vor allem denkt daran, wir üben hier nur mit eingezogenen Krallen, um uns nicht gegenseitig zu verletzen!« Frostpfote und Sturm nickten. »Also dann, fangt an.«

Mehr Aufforderung brauchten die beiden nicht und kurz darauf standen sie sich in der Kuhle gegenüber. Frostpfote war der Erste, der sich an der neuen Technik versuchte. Sturm duckte sich weg, noch nicht ganz bereit, selbst anzugreifen. Sie beschränkte sich fürs Erste darauf, Frostpfotes Schlägen auszuweichen.

Während Sturm alles andere als ein Naturtalent war, merkte sie während ihres kleinen Kampfes, das dasselbe nicht für Frostpfote galt. Ganz im Gegensatz. Seine Grundhaltung war standhaft, ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen versuchte sie also gar nicht erst und seine Angriffe waren präzise. Zudem lernte er schnell und nicht nur einmal erriet er wohin Sturm ausweichen würde und kam ihr zuvor.

Selbst angreifen tat Sturm kaum und wenn doch, mit wenig Erfolg. Doch trotz allem machte es irgendwie Spaß sich mit dem jungen Schüler ein wenig zu raufen. Danach würde sie zwar blaue Flecken und wunde Stellen haben, aber das war es wert gewesen.

»Sehr schön«, beendete Wellenflug schließlich ihren kleinen Kampf und die beiden legten sich erschöpft auf den Boden.

Der Krieger gesellte sich zu den beiden, um ihre Techniken zu besprechen. »Ihr habt euch beide gut geschlagen, besonders du, Frostpfote! Aus dir wird einmal ein großartiger Krieger werden.«

Sturm gönnte ihm den Lob aus vollem Herzen. Nach allem, was sie jetzt gesehen hatte, war sie der gleichen Überzeugung. Das wird er sicherlich.

»Sturm«, wandte Wellenflug sich an die silberne Kätzin, »wie ich gesehen habe, hast du noch Schwierigkeiten im Koordinieren deiner Pfoten. Was dir vielleicht nervig erscheinen mag, kann zu deinem Vorteil werden. Hast du eine Vorstellung wie?«

Sturm nahm sich einen Moment, um über seine Frage nachzudenken. Wie sollte ich einen Vorteil daraus ziehen, dass ich immer und immer wieder über meine eigenen Pfoten stolpere?

»Frostpfote? Hast du eine Idee?«

Der junge Kater überlegte einen Moment. »Ihr Gegner könnte sie als schwach einschätzen, wenn er ihre Koordinationsprobleme bemerkt«, miaute dieser zögernd. »Und dabei unterschätzt er Sturm, was sie wiederum im richtigen Moment zu ihrem Vorteil nutzen kann.«

Wellenflug peitschte zufrieden mit dem Schwanz. »Und nicht nur das! Mit deinen großen Pfoten bist du im Angriff die Überlegenere. Mit gezielten Schlägen kannst du deinen Gegner flächiger verwunden und wenn du diesen Vorteil dann nutzt, wenn die Wachsamkeit deines Gegners nachlässt, so wie Frostpfote es gesagt hat, könntest du deinen Gegner sogar bewusstlos schlagen.«

So hatte Sturm noch nie darüber nachgedacht. Wenn sie ehrlich war, hat sie ihre großen Pfoten immer als nervig empfunden, weil sie immer und immer wieder stolperte.

Nach einer weiteren Pause, in der die beiden wieder zu Atem kamen, ließ Wellenflug sie noch einmal abwechselnd den Angriff üben, bevor er das Training für beendet erklärte und die drei sich auf den Rückweg zum Lager machten.

Obwohl es Spaß gemacht hatte und Sturm eine Menge gelernt hatte, war sie auch froh, jetzt in ihr Nest im Schülerbau kriechen zu können. Doch ihre Pläne wurden durchkreuzt, kaum, dass sie ihre Pfoten auf die Insel gesetzt hatten.

Eine aufgeregte Tinte kam auf die drei zu gerauscht. »Kieselwächter hat eine Versammlung einberufen!« 

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