11.Dezember
Überraschung in der Kälte
von @Phoenix_Feuer💖
VOM STERNENCLAN wurde jedem
Jungen erzählt, ob von den Eltern, oder den Ältesten, oder den Kriegern, oder den Schülern. Ihnen wurde erzählt, dass, wenn sie gute Katzen waren, sie irgendwann dorthin kommen würden, wenn ihre Zeit unter den Lebenden abgelaufen war. Ihnen wurde erzählt, dass das 'Leben' dort das reinste Paradies war und man nie wieder leiden müsste. Man würde weise werden und von all den Prophezeiungen wissen. Die meisten Kätzchen quiekten beim Hören dieser Geschichten aufgeregt herum, wie sehr sie sich auf die Zeit dort schon freuten, doch manch anderes Junge empfand diese nur als Märchen, die erzählt wurden, damit man sich sicher fühlte, wohin man auch ging. Eines dieser Jungen war Kamillenjunges, eine starke, muskulöse, karamellfarbene Kätzin mit einer rotbraunen Maske um die Augen herum, auch die Schnauze hatte diese Farbe. Ihre Augen strahlten in einem kräftigen blau-grün und wenn man genau hinsah, konnte man sogar einen Stich Grau erkennen. Sobald ihr jemand mit dem SternenClan kam, verdrehte das Kätzchen schon diese wunderschönen Augen und wandte sich gelangweilt ab. "Tote Katzen, die noch Kontakt mit uns aufnehmen können... Mäusedreck wird uns hier erzählt." Dies hatte Kamillenjunges einmal laut gesagt und für den Kraftausdruck Kinderstubenarrest für eine Woche bekommen, wodurch sie sich noch mehr dieser Fantasiegeschichten anhören musste. Zwar könnte sie das Angebliche schon auswendig aufsagen, doch glauben tat sie weiterhin nicht daran.
Schließlich kam nach einigen Monden die Zeremonie der Kätzin, in der sie zur Schülerin ernannt werden sollte. "Möge Kamillenpfote ein ausgezeichnetes Training erhalten, und möge der SternenClan sie auf dem Weg bis zur Kriegerin leiten und ihr den Pfad erleuchten!", hatte Tannenstern gerufen, Stolz hatte in seinem Gesicht gelegen. Es war der Stolz eines Vaters, der seinem Kind beim Erwachsenwerden zusehen durfte. Man sollte meinen, die Tochter des Anführers zu sein, wäre ein prächtiges Leben. Großes Ansehen und Respekt hatte man, ja, doch mehr Vorteile hatte man nicht, noch weniger, wenn man nicht gläubig war. Tannenstern legte großen Wert auf Tradition und Zeremonien, er würde Kamillenpfote wahrscheinlich verstoßen, würde sie ihm davon erzählen, dass sie dies alles für Schwachsinn hielt. Immer wieder hörte, die nun Schülerin Dinge wie: "Lobe den SternenClan!", "Dem SternenClan sei Dank!", oder "Wir danken dem SternenClan!". Das einzige, was die Karamellfarbene sich dabei dachte, war wie man sich nur an Verstorbene halten könnte. Wie konnte man sich von Katzen leiten lassen, die nicht mehr unter ihnen weilten? Wie konnte man toten Katzen etwas verdanken? Wie sollten sie überhaupt etwas ausrichten können? Jeder Fisch im anliegenden Meer, das zum Großteil dem GewitterClan gehörte, jeder Hase, jeder Vogel, jedes Feuer, jeder fallende Stock. Nichts gab es, dass nicht irgendein Zeichen von den Toten war. Nichts.
Kamillenpfote trottete eines verschneiten, aber doch erhellten Tages neben ihrem Mentor Nachtschrei auf dem freien Gebiet ihres Clans, dem FunkenClan, her. Er hatte gemeint, er wolle mit ihr einige Sehübungen machen. Wie weit konnte sie sehen, was konnte sie in der Ferne alles erkennen? "Ich möchte, dass du dich auf diesen Hügel setzt und dich auf das Gebiet hinter dem Sternenteich konzentrierst", wies der schwarze Krieger an und zuckte einmal mit seinem kurzen Stummelschweif, ehe sich das Männchen an den Fuß des angewiesenen Ortes setzte. Der Sternenteich, den Erzählungen nach ein vom SternenClan gesegneter Ort. Anführer und Heiler trafen sich dort mit den Ahnen und suchten bei ihnen nach Rat. Rat von Toten. Trotz ihrem inneren Augenrollen führte sie den Befehl aus, ihren blau-grünen Blick auf den besagten See richtend und ihn in der Gegend umherschweifen lassend. "Bäume... Büsche... Wasser... Schnee...", fing Kamillenpfote mit dem Offensichtlichen an, versuchte jedoch dann weiter ins Detail zu gehen, "...eine Amsel, Mohnblumen, Sterne, die sich im Wasser spiegeln, Pfotenschritte im Schnee...-" Die braune Schülerin brach ab, als sie eine weiße, funkelnde Gestalt am Wasser sitzen sah, sie direkt anzusehen scheinend, "und eine Katze..?" Das Weibchen blinzelte einmal und die Unbekannte war verschwunden. Nachtschrei sah seine Schülerin belustigt an und schüttelte den Kopf. "Eine Katze war da nicht, der Rest stimmt", miaute der Schwarze auf ihre Aufzählungen hin und zuckte mit einem Ohr, doch Kamillenpfote konnte schwören, dass dort eine Katze gewesen war. Eine schneeweiße Katze mit langem, von gleichfärbigen Flocken übersätem Fell, und herausstechenden blauen Augen, die sie sogar aus dieser großen Entfernung hatte erkennen können. Ihr sanfter Pelz hatte geglänzt, als hätten sich die Sterne darin gesammelt. "Doch, da war jemand..", murmelte die Schülerin etwas abwesend auf den Fleck starrend, an dem sie die Fremde eben noch gesehen hatte. Ihr Mentor schnaubte verwirrt und belustigt zugleich auf, sich erhebend und umwendend, womit er Kamillenpfote erfolgreich dazu animierte, es ihm nachzumachen und ihm zurück ins Lager zu folgen.
Auf dem ganzen Weg war dem karamellfarbenen Weibchen der Gedanke nicht aus dem Sinn gegangen. Wie konnte dort keine Katze gewesen sein? Warum konnte Nachtschrei sie nicht sehen? Mit diesen Fragen beschäftigt saß sie nun vor dem Bau der Schüler und starrte auf den Boden, jedoch nichts von dem Präsenten mitbekommend. Nicht mitbekommend, wie ihr ein Kaninchen zum Teilen angeboten wurde, nicht mitbekommend, wie jemand sie fragte, ob alles in Ordnung war und nicht mitbekommen, dass jemand mit der Pfote vor ihrem Gesicht herumfuchtelte. Irgendwann gaben es die älteren Clankatzen auf, sie in die Gegenwart zurückzuholen, aber die Kleinen waren munter und lebhaft. Wie so oft spielten die Jungen im Lager einige Spiele, im Moment Maus und Krieger. Die Regeln waren einfach: Es gibt einen Krieger und die anderen sind Mäuse. Sobald eine Maus von dem Krieger gefangen wurde, war sie der neue Krieger. Natürlich muss man bei diesem Spiel rennen und so war es auch dieses Mal, jedoch achteten die Kätzchen nicht auf das, was in ihrem Weg lag, in diesem Fall eher die Katze, die in ihrem Weg mit nachdenklichem Blick herumsaß und seit mehreren Stunden nichts anderes getan hatte. Wie der Zufall es wollte, krachte ein dunkles, braunes Junges, das den Namen Kirschenjunges trug, plötzlich in Kamillenpfotes Seite, welche erschrocken aufschrie und zurücksprang, auf dem Rücken landend, während die viel jüngere Katze nun auf ihr lag und sie aus großen, rotbräunlichen Augen anblickte. "Hey!", quiekte sie, ihr verwunderter Ausdruck wich gleich einem positiv aufgeregten. Nach einigen Herzschlägen hatte die Karamellfarbene sich von dem unnötigen Schock erholt und grüßte Kirschjunges flach atmend zurück, sie vorsichtig abschüttelnd und sich aufsetzend. "Was hast du da gemacht?", sprach die dunkle Kätzin mit schief gelegtem Kopf, nachdem sie wieder auf allen vier Pfoten stand, woraufhin Kamillenpfote nur meinte, sie hätte nachgedacht. Es war wahr, nicht? Doch die Fragerei fand kein Ende: "Worüber denn? Du hast schon den halben Tag lang so dagesessen! Hast du keinen Hunger? Marderfeuer hat dir vorhin ein Kaninchen angeboten! Mein Vater sorgt sich sehr um seine Clanmitglieder, musst du wissen..." Aus Kirschjunges sprudelten die Worte heraus, wie ein Wasserfall. Ihre hohe Stimme verlieh all dem einen dezent nervigen Ton, während das Junge weitersprach und langsam vom Thema abschweifte. Irgendwann war sie von Kamillenpfotes Gedanken zu dem Territorium des GewitterClans übergangen, doch schon am Anfang des vorigen Themas hatte Kamillenpfote die Junge schon ausgeblendet und wandte sich mit einem nervösen und entschuldigenden Lächeln ab, mit zuckenden Ohren aus dem Lager hinausschlendert. Kirschjunges schien dies nicht zu bemerken, sie war scheinbar in ihren eigenen Erzählungen gefangen.
Mit einem erleichterten Seufzen fand die braune Schülerin sich durch das Territorium des FunkenClans streifend wieder. Unwillkürlich führten ihre Pfoten sie in die Nähe des Sternenteichs, obwohl sie diesen Weg noch nie gegangen war. Noch wusste sie nicht einmal, wohin der Pfad, der schon von so vielen Pfoten zertreten worden war, sie führte, da die Schülerin sich eher weniger auf die Umgebung konzentrierte. Ihre Gedanken waren weiterhin erfüllt von Fragen zu der Schneekatze: War es nur eine Halluzination gewesen? War es der Streich einer unbekannten Katze gewesen? Oder war es doch nur Zufall gewesen? Oder... Ein letzter Gedanke kam dem jungen Weibchen, den sie jedoch aufschnaubend sofort wieder verwarf, der sie jedoch nicht loslassen wollte: Oder war es vielleicht eine SternenClan-Katze? "Niemals... Der SternenClan existiert nicht-", murrte Kamillenpfpte sich selbst zu, protestierend knurrend auf den weißen, klaren, weichen, kalten Schnee starrend, in dem ihre kleinen Pfoten noch immer Abdrücke hinterließen, bis auf einmal ein heftiger Schneesturm aufkam. Er baute sich nicht langsam auf, im Gegenteil. Die Schülerin hatte nur einen Schritt getan und das Wetter hatte sich schlagartig geändert. Mit gesträubtem Fell und geduckter Haltung kniff sie die Augen zusammen und drückte sich gegen den starken Wind, sich weiter fortbewegend und auf einmal war alles wieder still. Zu still. Vor Kamillenpfote lag der kleine Teich, der sich langsam dunkelblau färbende Himmel spiegelte sich darin. Wie gefesselt fixierte das Weibchen ihn mit ihrem Blick. Für einige Sekunden kam es ihm so vor, als ob sie sich nicht mehr lösen konnte, wie, als würde eine mächtige Kraft sie an den Sternenteich ketten. "Kamillenpfote, ich grüße dich", vernahm die Genannte eine sanfte Stimme, wie der Wind an einem kühlen Tag in der Blattfrische. Genau so konnte man den Klang vergleichen. Als die Angesprochene den Kopf doch endlich wegdrehen konnte, erblickte sie vor ihr eine schneeweiße, blauäugige Katze mit kleinen Flocken im langen Fell. "Du...", fing Kamillenpfote überfordert an und blinzelte verwirrt. "Ja, ich bin es. Ich bin hier, um dir etwas zu sagen, um dir etwas zu 'beweisen'", sprach die Fremde mit einem schmalen Lächeln, dass trotzdem tausend Worte sprach. "Mein Name ist Eisflocke und ich bin vor langer Zeit durch eine schlimme Krankheit gestorben." Diese Worten ließen Kamillenpfote zögern. Meinte sie das ernst? War es nicht nur ein Streich? Tote Katzen waren doch tot... "Ich spreche die Wahrheit, junge Katze, zweifle nicht mehr. Ich komme aus dem SternenClan", säuselte Eisflocke mit einer Schweifgeste in den nun schon finsteren Himmel, "mit der Aufgabe, dir deine Augen zu öffnen. Wir haben deine Zweifel schon immer bemerkt, aber schafften es nie, Kontakt mit dir aufzunehmen, also haben wir uns etwas einfallen lassen müssen." Die karamellfarbene jüngere Kätzin wich blinzelnd etwas zurück, sich dann jedoch schnell verneugend. "Verzeiht mir bitte, dass ich an euch gezweifelt habe und den Glauben nicht angenommen habe!", maunzte sie entschuldigend und sah die Sternenkatze aus bettelnden Augen an. Die Weiße nickte lächelnd und stupste ihre Stirn mit der Nase an, wodurch eine Welle von Kraft die Schülerin durchfuhr. "Solange du an uns glaubst, werden wir dir zur Seite stehen und dir Mut und Kraft schenken, Kamillenpfote."
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