10-@Ginny_Weasley2002

Jungen der Blattleere

Sie trabte angespannt an der Grenze entlang. Schon seit mehreren Monden stahl jemand dem Federclan Beute, doch Felsstern, der Anführer des Lichtclans, bestritt, dass seine Katzen etwas damit zu tun hatten. Seitdem war die Grenzsituation nicht unbedingt ruhig gewesen und es war schon mehrfach zu Auseinandersetzungen gekommen. Lilienwind war der Meinung, dass Felsstern log, aber das würde sich wohl aufklären, sobald der Schnee lange genug liegen blieb, um Pfotenspuren erkennen zu können. In Gedanken über die immer kälter werdende Blattleere, in der Beute sowieso schon knapp war, bemerkte die Kätzin nicht, dass sie den Teil der Grenze, den sie sich mit dem Lichtclan teilten, längst hinter sich gelassen hatte und nun zum Niemandsland hin patrouillierte. Ebenso wenig bemerkte sie das einsetzende Schneetreiben, das immer stärker wurde. Als sie schließlich wiederaus ihren Gedanken erwachte, stellte sie fest, dass sie jegliche Orientierung verloren hatte und sich nichtmehr länger im Gebiet des Federclans befand. Sie schaute sich um und entdeckte eine kleine Felshöhle in der Nähe, auf die sie sofort zutrabte. Drinnen angekommen schüttelte sie erst einmal den Schnee aus ihrem Pelz, bevor sie sich umschaute. Die Höhle war nicht besonders groß, eher der Hohlraum unter einem hervorstehenden Felsen, doch trotzdem schien hier jemand zu leben. Das sagte zumindest das Nest aus Moos aus, das sich in einer Ecke auf der festgefrorenen Erde befand. Und direkt daneben lag Frischbeute. Eine Amsel und zwei Wühler. Lilienlied wurde misstrauisch und ließ ihren Blick weiter über den Boden wandern und entdeckte einen weiteren kleinen Haufen mit Knochen sie ging etwas näher und erkannte unter anderem Eichhörnchen. Hier war also die gestohlene Beute ihres Clans gelandet. Sie ging auf das Nest zu und schaute hinein, um erschrocken festzustellen, dass es nicht, wie erwartet, leer war, sondern darin zwei kleine Bündel lagen. Junge, vermutlich etwa vier Monde alt. Was machten sie hier? Sie kam nicht dazu länger über diese Frage nachzudenken, denn sie nahm deutlich den Geruch eines Katers hinter sich wahr. Sie schnellte herum und im Eingang der Höhle stand ein großer, breitschultriger Kater, dessen langes Fell von Schnee bedeckt war und der sie ebenso überrascht und erschrocken anstarrte, wie sie ihn. 

"Wer bist du? Und was suchst du hier?", fragte er feindselig, den Wühler, den er bis eben noch im Maul hatte, auf den Boden fallen lassend. 

"Ich bin eine Kriegerin des Federclans und ich habe gerade den Verantwortlichen für unsere Beutediebstähle gefunden.", fauchte sie, nicht minder wütend. 

"Verschwinde, du hast hier nichts zu suchen!", zischte er, bevor er den Schnee aus dem Pelz schüttelte, den Wühler aufhob und vor dem Nest ablegte. 

"Nicht ohne die Beute, die uns gehört.", antwortete sie gereizt. 

"Die bekommst du nicht, wir brauchen sie dringender als ihr.", der Kater stellte sich schützend vor dir Frischbeute und die Jungen, sodass Lilienlied nun mit dem Rücken zum Ausgang stand.  "

Sicher nicht, wir haben auch Junge zu versorgen. Sind das überhaupt deine?", blaffte die Kätzin unfreundlich. 

"Sind sie nicht, aber das hat dich nicht zu interessieren.", knurrte er angespannt. 

"Nun es interessiert mich aber. Wie willst du dich allein um sie kümmern? Sie werden verhungern. Ich nehme sie mit in den Clan, dort wird es ihnen sicher besser gehen.", äußerte sie ihre Gedanken abwertend. 

"Wag es nicht!", fuhr er sie wütend an, die Nackenhaare aufgestellt. 

"Du hast kein Recht, sie für dich zu beanspruchen und sie in den Tod zu schicken.", protestierte sie gegen die feindliche Ablehnung des Streuners. 

"Ich soll sie in den Tod schicken? Was machst du dann, wenn du sie durch einen Schneesturm schleppen willst?", konterte er empört, "Sie bleiben hier und damit Schluss,du bist allerdings gerne dazu eingeladen uns zu verlassen."

"Oh nein, ich gehe nirgends hin, solange ich die Jungen nicht in Sicherheit weiß und unsere Beute zurück habe.", beharrte sie auf ihren Standpunkt. 

"Ja, so seid ihr Clankatzen. Denkt nur an euch, nicht was mit anderen passiert, die Nahrung wesentlich nötiger haben als ihr, aber ihr seid ja schlimm dran, habt Mäuler zu stopfen und euch reicht die Beute kaum.", sagte er, mit von Verachtung triefender Stimme. 

"Ich weiß nicht, was du von uns gehört hast, aber ich denke du hast ein vollkommen falsches Bild.", stellte sie klar. 

"Ist mir egal, wass ich habe. Die Tatsache ist, das sowohl die Jungen, als auch die Beute hier bleiben und damit Schluss!", beendete er das Gespräch.  

Sie schaute sich nun unschlüsig um. Eine erneute Disskussion würde nichts bringen, der Kater beharrte auf seinem Standpunkt und daran ließ sich beim SternenClan nochmal nichts ändern. Hinaus konnte sie allerdings auch nicht, da sie ihr Territorium erst wieder finden würde, wenn der Sturm sich gelegt hatte, was momentan nicht der Fall war. Also setzte sie sich erst einmal und ringelte den Schwanz ordentlich um ihre Pfoten. 

"Du bleibst also? Soll mir Recht sein. Aber ich warne dich, rührst du die Jungen an, reiße ich dich in Stücke.", brummte der Kater, der ihre Bewegung bemerkt hatte, sich aber vor dem Nest niedergelassen hatte, aus dem nun die Jungen herauskrabbelten und sich sofort hungrig über den Wühler hermachten. 

Irgendwann musste sie dann eingeschlafen sein, denn als sie das nächste Mal die Augen öffnete war die Höhle deutlich dunkler. Die Kätzin blinzelte ein paar Mal, bevor sie sich aufsetzte und mit Entsetzen sah, dass der Eingang der Höhle zugeschnet war. Wie sollte sie nun heraus kommen? Sie konnte hören, dass draußen immernoch der Sturm sein Unwesen treib, und so würden ihre Clangefährten sicher auch nicht dazu kommen, sie zu suchen.

"Da kommst du nicht raus.", kam es dann aus der Ecke und Lilienlied fuhr herum.

"Was?", fragte sie nach, in der Hoffnung sich verhört zu haben.  "Wenn wir versuchen den Schnee weg zu graben, stürzt der Haufen zusammen und begräbt uns. Nur von außerhalb kann man ihn weg schaffen.",erklärte der Kater ihr schließlich das Problem. Das heißt, sie waren hier gefangen, das war grauenhaft! 

"Hier, nimm einen Bissen.", er schob der Kätzin ein Eichhörnchen hinüber, "Das beruhigt die Nerven und den Magen." Damit spielte er sicher auf das Knurren an, das sich anhörte, als hätte sie seit Monden nichtsmehr gefressen. 

"Braucht ihr das nicht selbst?", fragte sie zögernd nach, woraufhin er den Kopf schüttelte. 

"Nein, wir haben noch etwas.", erklärte er ihr und sie ließ sich nun nicht zweimal bitten und machte sich über die Beute her. Als sie die Hälfte gefressen hatte und sich wunderte, dass das Tier so fett gewesen war, fiel ihr ein, dass sie dem Kater möglicherweise auch etwas von seiner eigenen Beute anbieten sollte. 

"Möchtest du auch noch etwas?", fragte sie ihn und deutete auf das halb aufgefressene Tier. 

"Gerne, danke.", meinte er, kam herüber und kauerte sich hin, den Rest der Beute fressend. Nachdem er die Reste auf den Haufen an der Seite gelegt hatte, fing er an seinen Pelz zu putzen, als die beiden Jungen aufwachten. Sie krabbelten aus dem Nest und pirschten sich an den Kater an, der mit dem Rücken zu ihnen saß. Dann sprangen sie auf ihn und er ließ sich theatralisch auf den Boden fallen, als sei er ernsthaft außer Gefecht gesetzt, bevor er sich schüttelte und die beiden Jungen auf den Boden plumsten. Er brachte ihnen eine Maus, die die beiden sich teilten. Der Kriegerin fiel auf, dass die beiden erstaunlich gut genährt waren, dafür, dass Blattleere herrschte. Der Kater musste ihren Blick bemerkt haben, der er fing an zu reden. 

"Ich hab sie nicht gestohlen. Sie haben ihre Mutter verloren. Meine Schwester hatte vier Junge, einen Kater und drei Kätzinnen. Dann wurden sie von einem Wolf angegriffen. Sie und zwei ihrer Jungen sind dabei gestorben. Als ich sie am nächsten Tag besuchen wollte, hab ich nur noch ihre Leiche gefunden, halb aufgefressen. Die beiden haben mir erzählt, was passiert ist und dass ihre Mutter bei dem Versuch gestorben ist, sie zu beschützen. Dann hab ich sie zu mir genommen, um sie zu retten, das Letzte, was mir von meiner Schweser geblieben ist.", berichtete er mit gedämpfter Stimme. Sie wusste daraufhin nicht, was sie sagen sollte, als er schon wieder fortfuhr, "Sie bleiben zum Glück mehr oder weniger in der Höhle, solange ich ihnen das sage. Hin und wieder kommen sie auch mit mir raus, aber nicht wirklich oft. Hier drinnen springen sie oft herum und fangen sich gegenseitig, oder meinen Schwanz." 

Wie auf  Kommando hatten die Schwestern anscheinend fertig gefressen, sprangen auf und kugelten auf einmal durch die Höhle herum. Eine Weile schauten die beiden erwachsenen Katzen ihnen zu, bevor sie anfingen sich zu unterhalten, sie vom Clanleben erzäählte und er vom Leben allein mit zwei Jungen. Der Sturm ließ immer weiter nach und auf einmal hörten sie Stimmen von draußen, die nach der Kätzin riefen. 

"Gibt es sicher nicht noch einen Ausgang?", fragt Lilienlied schnell, denn ihr war klar, dass Braunstreif, der zweite Anführer ihres Clans die Jungen nicht hier draußen lassen, sondern mitnehmen würde, wenn er sie erstmal sah und das wollte sie dem Kater nicht antun. 

"Doch, dort hinten, du kommst durch einen alten Bau, aber es kann sein, dass der Eingang auch zugeschneit ist.", kam sofort die Antwort und der Einzelläufer führte sie hinter einen Stein an der Höhlenwand, wo ein Tunnel unter die Erde führte, der vermutlich einmal einem Hasen gehört hatte.  "

Auf Wiedersehen, Kriegerin.", raunte ihr der Kater noch ins Ohr, bevor sie durch den Gang robbte, um an dessen Ende auf eine Wand aus Schnee zu stoßen, aber sie konnte die Stimmen ihrer Clangefährten aus der Nähe vernehmen und rief so laut sie konnte nach diesen.

Später, als sie zurück im Lager in ihren Bau lag, dachte sie noch einmal darüber nach, wie sie aus dem Schnee gezogen worden war, auf der Rückseite der Höhle gelandet war und dann schließlich zurück ins Lager gekommen war. Aber vor allem dachte sie an die letzten Worte des Katers mit den stechend grünen Augen und dabei verspürrte sie ein merkwürdig warmes Kribbeln im Bauch.

Diese  schöne Geschichte ist von @Ginny_Weasley2002❤️

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