❥ 58.
Der Zug kam mit quietschenden Bremsen zum stehen. Damit war das Schuljahr nun wirklich vorbei. Kurz darauf tummelten sich schon die ersten Schüler auf den Gängen des Zuges um so schnell wie möglich zu ihren Verwandten zu kommen. So sehr man Hogwarts auch liebte, jeder freute sich wieder nach Hause zu kommen.
Dieses mal würde das nach Hause kommen anders werden. Dieses Mal war Jackson mit dabei. Niemals hatte ich mir im Traum vorstellen können mit ihm wieder Seite an Seite zu stehen. Wir beide abgewandt von unseren Eltern, verstoßen, wie sie es nennen würden.
Meine Pflegeeltern, hatten entschieden meinen Bruder ebenfalls aufzunehmen und nun war es an der Zeit, dass sie sich kennenlernten.
Jackson hatte sich zu uns ins Abteil gesetzt und die Aufregung war ihm deutlich anzusehen.
Er fuhr sich mit den Händen durch sein blondes Haar und seufzte "Wir müssen langsam los", sagte ich daraufhin und stand auf. Er tat es mir gleich "Meinst du wirklich, dass sie mich mögen werden?", fragte er nun schon zum hundertsten Mal. Ich rollte mit meinen Augen "Es wird ihnen schwer fallen aber sie werden sich Mühe geben", sagte ich sarkastisch, während seine Augen größer wurden. Ich nahm meinen Koffer in die Hand und seufzte "Jackson.", ich machte eine kurze Pause um die Abteiltür zu öffnen, die wieder zu gefallen war, nachdem die anderen das Abteil bereits verlassen hatten. "Du musst dir wirklich keine Gedanken machen. Du wirst sie lieben und sie dich ebenso, glaub mir!"
Mein Bruder schien wenig überzeugt, aber nickte trotzdem und folgte mir.
Meine Freunde standen draußen und warteten neben dem Zug auf uns. Als Sirius mich sah, nahm er mir den Koffer ab und hob ihn die Stufen hinab.
Niemand wusste so recht was er sagen sollte, denn der Abschied von seinen Freunden, mit denen man jeden einzelnen Tag verbracht hatte, war äußerst merkwürdig.
"Also da drüben sind meine Eltern! Wir sehen uns", sagte Marlene und drückte uns zum Abschied. Danach folgten Remus und Alice.
Irgendwann waren wir nur noch zu dritt. Sirius schloss mich in seine Arme und gab mir einen Abschiedskuss. Er würde erst noch mit zu James gehen und in wenigen Tagen mit zu uns kommen. Er nickte Jackson zu und versuchte dann, James und Lily einzuholen. Nun waren es nur noch Jackson und ich, die am Zug standen. Kurz darauf konnte ich meine Eltern ausmachen, die ebenfalls aufgeregt schienen.
"Da drüben sind sie!", sagte ich und blickte zu meinem Bruder. "Bist du bereit?", fragte ich, ich konnte sehen wie er die Aufregung versuchte herunterzuschlucken. "Bin bereit", sagte er und schulterte seine Tasche.
Nachdem meine Eltern mich zur Begrüßung in die Arme geschlossen hatten, wusste niemand so recht was sagen oder machen. Eine merkwürdige Stille trat zwischen uns Vieren ein. Bis Mum die Stille kurzzeitig unterbrach "Wie geht es euch?", "Gut", antworteten wir wie aus einem Mund. Sie lächelten beide, doch das Eis war noch immer nicht gebrochen. Jetzt war selbst ich aufgeregt. Es war eine merkwürdige Situation, daran war nichts zu rütteln. Schließlich haben die beiden erst mich aufgenommen und wir sind zur Familie geworden. Nun war da noch mein Bruder, der nun auch ein Teil davon werden wird.
Das alles wirkte nun noch viel komplizierter als davor, auch wenn es im Moment nur den Anschein machte.
Schlussendlich war es Dad, der das Eis zum brechen bringen konnte. "Nun, dann werden wir dir mal dein neues Zuhause zeigen", er klopfte meinem Bruder liebevoll auf die Schulter, dieser war davon so überrascht, dass er ein wenig nach vorn kippte und wir alle anfingen ein klein wenig zu lachen.
"Dann können wir uns auch besser kennenlernen, als hier am Gleis", meinte Mum zustimmend.
"Das hört sich nach einer guten Idee an", meinte Jackson und schaute noch einmal verunsichert zu mir. Ich schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln, ehe wir disapparierten.
"Hier wird dein Zimmer sein", Mum öffnete die Tür zum ehemaligen Gästezimmer, in dem Sirius im letzten Sommer geschlafen hatte. Das Bett stand nun unter dem großen Fenster, mit einem Blick auf die umliegenden Felder, genauso wie bei mir. Neu dazu gekommen war ein größerer Schreibtisch, sowie Kleiderschrank, ein kleines Badezimmer, ein blauer Wandanstrich und eine gemütliche Sitzecke mit Bücherregal. "Wahnsinn", meinte Jackson sichtlich begeistert. Wenn man das Zimmer mit seinem alten vergleichen würde, würde man sehen, dass dieses mit wesentlich mehr Liebe eingerichtet wurde. "Gefällt es dir?", fragte Mum, sie wahr ehrlich erfreut über seine Begeisterung. "Ich bin sprachlos, das wäre für mich doch nicht nötig gewesen", sagte er. Das war es tatsächlich nicht. Selbst mir trieb das Tränen der Überwältigung in die Augen. Ich wusste gar nicht, woher sie all das Geld nahmen, erst einen neuen Platz für mich und nun auch für Jackson zu schaffen. Wie konnten Menschen nur so herzensgut sein, womit hatten wir das verdient?
Mum wimmelte lächelnd ab und fuhr mit der Hausbesichtigung fort.
"So das war alles was unser Haus betrifft, klein aber überschaubar", sie klatschte in die Hände als wir wieder im Wohnzimmer ankamen. "Richard, wird dir nun noch unseren Bauernhof zeigen", sagte sie an Jackson gewandt und deutete aus dem Fenster, wo er bereits stand. Jackson nickte und ging nach draußen. Ich atmete tief ein und aus. Es wirkte alles so surreal. Schon alleine die Tatsache bei zwei Menschen zu leben, die mehr wie meine Eltern waren wie meine leiblichen es je hätten sein können. Dann noch mein Zwillingsbruder, der nun auch hier und wieder Teil meines Lebens war. Niemals hätte ich mir das im Traum vorstellen können, ich wollte ihn vergessen mit samt meiner Vergangenheit. Es gab Zeiten, da war er fast wie gestorben für mich und nun war er hier, hatte ein eigenes Zimmer und erfuhr Liebe auf eine Art und Weise, wie ich es durfte.
"Magst du mir mit dem Essen helfen Liebes?", fragte Mum und holte mich damit aus meinen Gedanken, sie war bereits in die Küche gelaufen. Ich folgte ihr "Das wäre alles gar nicht nötig gewesen, wirklich nicht", erwähnte ich als ich das Nudelwasser aufsetzte "Ihm hätte auch einfach ein Sofa zum schlafen gereicht. Wie auch mir", wir waren beide dankbar genug, überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben. "Das ist doch aber kein Zustand", sagte sie. "Ihr beide habt es verdient, dass man euch liebt und wertschätzt. Ihr habt beide genug durchmachen müssen in eurem kurzen Leben."
"Aber-", setzte ich an, doch ich kam nicht so weit. "Ich weiß wie du es meinst Liebes, aber mach dir da keinen Kopf", sie seufzte "Ich weiß wie das ist. Dein Vater und ich kommen ebenfalls aus solchen Familien, wie die eure. Man soll einfach nur funktionieren und nichts hinterfragen. Die inneren Werte, beziehungsweise der Mensch selbst, spielen dabei keine Rolle sondern nur allein der Status. Dieser Wahn nach reinem Blut und Überlegenheit durch die Magie, das ist nicht gut Scarlett", während sie über ihre Vergangenheit sprach, schnitt sie das Gemüse nur noch energischer. Ich wusste sie sprachen nicht gerne darüber. Es gibt Dinge, die sollten besser in der Vergangenheit bleiben, sagten sie immer.
"Wir haben uns gegen diese Welt entschieden, weil wir das für uns nicht wollten. Wir haben uns hier ein Grundstück gekauft und uns niedergelassen", sie gab das geschnittene Gemüse in die Salatschüssel. "Nicht alles an der Magie ist schlecht. Durch dich haben wir beide einen gesunden Weg zurück zu ihr gefunden", sie zauberten tatsächlich wieder mehr, doch die Magie war bei ihnen nur nebensächlich.
"Wir wussten nicht was uns gefehlt hat, bis du kamst. Genau, dass ist es was uns erfüllt, dass bist Du und dein Bruder. Kindern ein Zuhause zu bieten, die selbst keins haben", sie strich mit einem Finger über meine Wange und wischte damit die Tränen weg.
"Essen ist fertig", sagte ich und stellte die dampfenden Mac'n'Cheese auf den Tisch. Dad und Jackson unterhielten sich gerade angeregt über Sport. Jackson kannte kaum etwas außer Quidditch und Basketball, was sein insgeheimer Lieblingssport war, seit dem wir klein waren. Doch, das war eine Sache, die er immer geheimhalten musste. Als Jackson sein Lieblingsgericht auf dem Tisch sah, leuchteten seine Augen auf und ich konnte nicht anders als zu Lächeln. Denn das war definitiv der Jackson von früher, für den ich alles getan hätte.
Das Abendessen verlief schon wieder ganz anders. Es wurde so viel geredet und erzählt, dass ich beinahe die einzige war die zum Essen kam. Das zog sich bis spät in den Abend hinein und ich war einfach nur froh, drei der wichtigsten Menschen in meinem Leben so glücklich zu sehen, einschließlich mir.
Ein sachtes Klopfen zog mich aus meinem Halbschlaf. Mein Bruder streckte seinen Kopf zu mir herein "Bist du noch wach?", ich gab ein grummelndes Geräusch von mir. Ich hatte gelesen und war dabei immer wieder weg gedöst. Es musste schon nach Mitternacht sein. Jackson trat ins Zimmer und ich setzte mich auf "Kannst du nicht schlafen?", fragte ich und klopfte auf meine Matratze, damit er sich setzen konnte.
"Das ist doch alles verrückt, findest du nicht?", sagte er nachdem er sich auf meine Decke gesetzt hatte. "Ich dachte immer es gäbe nur ein Weg, der das ganze Leben vorbestimmt. Weißt du was ich meine?"
Ich nickte träge, ich war erschöpft von dem ganzen Tag "aber es gibt immer einen anderen Weg, das habe ich schon oft zu dir gesagt", sagte ich. Dieses mal nickte Jackson "Ich hab immer geglaubt, ich würde ewig in Vaters Fängen sein und jetzt sitze ich hier. Ich fühle mich jetzt schon viel willkommener als jemals zu vor. Hier gibt es Fernsehen, ist das nicht verrückt? Ich lerne eine komplett neue Seite an mir kennen. Deswegen kann ich einfach nicht schlafen, zu viele Gedanken mach ich mir gerade", sagte er mit einem strahlen in den Augen. Ich lachte leise auf "Willkommen im wahren Leben. Denn genau da musste ich auch durch."
Wir unterhielten uns noch eine Weile und ich erkannte, dass dies ein guter weiterer Neuanfang war. Für Jackson und für mich.
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