❥ 53.

Triggerwarnung: Explizite Gewalt

Du wirst dem dunklen Lord bis zum bitteren Ende dienen. Dieser Satz spielte sich immer wieder wie eine Schallplatte in meinem Kopf ab, während die Todesser mich bis zur Bewusstlosigkeit folterten. Sie fanden Gefallen daran, kurz bevor ich das Bewusstsein verlor aufzuhören, damit noch umso mehr litt. 
Du solltest dich glücklich schätzen können, nun hast du die Möglichkeit unseren Familiennamen reinzuwaschen, nachdem du ihn beschmutzt hast.
Hatte er gesagt, zwischen der Welle von Cruciatus Flüchen und Schlägen, die er mir immer wieder verpasste. 
Mich dankbar zeigen,  für das was er alles für mich getan hatte, dass er bereit war mir meine Undankbarkeit zu verzeihen. Immer wieder wurde mir gesagt, dass das was mit mir passierte richtig so war.
Irgendwann war ich fast schon selbst davon überzeugt. Das ich all das verdient hatte. All die Qualen, all die Beleidigungen und all die Demütigungen. 

Zauberer und Hexen wie diese, sollten unter keinen Umständen, eine Kraft, wie die meiner unter die Finger kriegen. Sie sollte ein Geheimnis bleiben, das niemand lüften sollte. Es war mein Geheimnis, meine Verantwortung. Ich erinnerte mich an Dumbledores Worte, alles was der Mensch nicht kontrollieren kann, macht ihm Angst. Man könnte mich jagen, wenn die Wahrheit ans Licht kommen würde, mich sogar töten. Dass man aber diese Kraft zu missbrauchen versuchte, sie für seine Zwecke nutzen wollte, wie es die Todesser wollten, kam mir dabei nicht in den Sinn. Ich war unvorsichtig gewesen. Ich musste Dumbledore unglaublich enttäuscht haben. Meine Eltern, Richard und Ellis, denen ich versprochen hatte, immer auf mich aufzupassen. Hagrid, der mein erster Freund war und mich aus dem Wald gerettet hatte. Madame Pomfrey, die mich nach jahrelanger Folter aufgepäppelt hatte. Lily, meine beste Freundin, die wollte, dass ich drinnen auf Sirius wartete und schlussendlich Sirius, dem ich versichert hatte, das alles wieder gut zwischen uns wurde. Ich hatte jeden Menschen, dem ich etwas bedeutete, enttäuscht.  Vielleicht sollte es einfach nicht sein. Meine Freiheit. Vielleicht war ich einfach dazu bestimmt, gefangen zu sein. Weil ich jeden enttäuscht hatte. 

Sirius. Nicht einmal er wusste von meinem Geheimnis. Der Mensch, der mir am wichtigsten war, in den ich mich mit jeder Faser meines Körpers verliebt hatte, mit dem ich alles teilen konnte. Er wusste nichts davon, dass ich eine Banshee war. In der ganzen Zeit, hatte ich es ihm nicht gesagt. Die Todesser wussten es, aber mein Freund nicht. Vermutlich würde er mir nie wieder in die Augen sehen können, wenn ich ihn überhaupt jemals wieder sehen sollte. Und ich könnte es ihm nicht einmal verübeln. Ich musste ein schrecklicher Mensch sein. Ein wirklich schrecklicher Mensch, sonst würde ich hier nicht so leiden müssen, oder nicht? 
Ein stechender Schmerz durchfuhr meinen Körper, als ich an meine Familie und meine Freunde dachte.
Der bloße Gedanke an sie, trieb mir Tränen in die Augen.
Ich vermisste sie so sehr, dass es beinahe mehr weh tat, als die Qualen die ich durch die Todesser und meinen Vater durchleiden musste. Ich würde sie vermutlich nie wieder sehen.
So sah wohl nun mein Leben aus. Verkauft an Lord Voldemort, verbunden mit dem Bösen für alle Ewigkeit. Gefangen und gefoltert. 

"Na los, steh auf!", herrschte einer der Todesser mich an. Ich war so gedankenverloren, dass ich seine Anwesenheit erst jetzt bemerkte. Noch bevor ich überhaupt erst versuchen konnte, aufzustehen, packte er mich schon grob am Arm und riss mich hoch. Nun war es also wieder wieder soweit, das Foltern von einem sechzehnjährigen Mädchen ging in die nächste Runde. Wie lange ich wohl dieses Mal aushalten würde?
Doch wider erwarten, führte er mich eine Treppe weiter nach oben. Oben brannte mehr Licht als unten, aber arg viel mehr war nicht zu sehen. Die Wände waren dunkel und kahl. Die Lampen oben an der Decke, waren die einzige Dekoration in dem langen Gang durch den wir liefen. 
Vor einer Tür blieben wir stehen, der Todesser stieß sie auf. Die Tapeten waren dunkelgrün, mit silbernen Ornamenten verziert. Es war ein kleiner Raum, der mit einem großen Spiegel, einem Schminktisch und einer großen Kleiderstange ausgestattet war. Ein Kronleuchter hing von der Decke. Obwohl der Raum mehr Leben austrahlte, als jeder andere in diesem Haus, wirkte er kalt und düster  "Hier ist sie, viel Spaß", noch bevor ich überhaupt begreifen konnte, was vor sich ging, wurde ich in den Raum gestoßen. Ich stolperte und landete unsanft auf dem Boden.  "Oh du dummes Ding!", höhnte eine weibliche Stimme. Bisher hatte ich noch keine Frau in der Reihe der Todesser gesehen. Sie packte meinen Arm und riss mich nach oben. Todesser hatten immer wieder das Talent, einem dabei fast die Schulter auszukugeln. Ich hob meinen Kopf und blickte ihr direkt ins Gesicht. Ich erschrak. Die Frau war kaum älter ich, vielleicht Anfang zwanzig. Ihre schwarzen Haare standen ihr in wilden, grausigen Locken vom Kopf. Sie war schmal und kaum größer als ich. In ihren dunklen Augen konnte man die Boshaftigkeit aufblitzen sehen. Sie lachte, es war ein wildes, verstörendes Lachen, das aus ihrer Kehle kam. 

"Heute ist ein besonderer Tag für dich. Du darfst endlich den dunklen Lord treffen", sagte sie während sie mich vor den Spiegel bugsierte. Ich schnappte nach Luft. Meine Härchen stellten sich auf, während Gänsehaut sich über meinen Körper ausbreitete. Ich wusste, dass es früher oder später dazu kommen würde, dass ich ihm gegenüber stehen musste. Aber das dieser Tag heute war, darauf war ich nicht vorbereitet. So gar nicht vorbereitet. Ich versuchte mir die Angst nicht anmerken zu lassen und konzentrierte mich auf mein Spiegelbild. Mein Körper war von blauen Flecken und blutigen Kratzern übersät. Das alte Hemd, mein einziges Kleidungsstück, war dreckig und an einigen Stellen von meinem Blut getränkt. Meine Haare waren zerzaust, die Augen blutunterlaufen, die Tränen in ihnen konnte ich glitzern sehen. 
Die Todesserin sprach kein einziges Wort mit mir, während sie mich grob hin und her schob, wie es ihr passte, um mich fertig zu machen.
Ich konnte nichts dagegen tun, so demütigend es auch war ohne Kleidung vor ihr zu stehen. Was hatte ich schon für eine andere Wahl? Das Treffen mit Voldemort stand unmittelbar bevor, ob ich mich weigerte mich von ihr anfassen zu lassen oder nicht.
Auf weitere Folter, die meine Gegenwehr mir einbringen würde, konnte ich gut verzichten.
Ich ließ es zu, dass sie mein Gesicht schminkte um die Spuren meiner Gefangenschaft zu verbergen.
Wie sie meine Haare mit einem Zauber wusch und kämmte.
Wie sie mir ein langes schwarzes Kleid überzog, dessen Kragen so hoch und steif war, dass es mich in eine aufrechte Haltung zwang.
Alles Dinge, die ich selbst konnte, aber selbst das wurde mir verwehrt.
Es gab mir das Gefühl, als ich mir nicht einmal mehr selbst gehören.
Als sie fertig mit mir war, stellte sie mich wieder vor den Spiegel.
Das Kleid verdeckte, all meine Wunden, versteckte sie unter dem dunklen schweren Stoff.
Meine Haut sah durch die Schminke wie Porzellan aus, was meine eigene Zerbrechlichkeit ausstrahlte.
Der starke Kontrast des schwarzen Kleides zu meiner bleichen Haut, der hellblonden Haare und der kristallblauen Augen, wirkte beinahe Puppen ähnlich.
"Wunderschön, wie du aussiehst", sagte sie. Doch das war eine Lüge. Das war nicht Ich.
Aus dem Spiegel blickte mir nicht etwa Scarlett Cale entgegen, sondern eine Marionette, mit einer Maske die mich zwang, das letzte Stückchen meines Selbst zu verbergen.
Genau diese Maske musste ich mir nun aufsetzen.
Wenn ich vor Lord Voldemort stand, konnte ich mir keine Gegenwehr leisten, nicht meine eigene Meinung preisgeben, nicht nach meinen Werten handeln, denn das würde meinen sicheren Tod bedeuten.

Dessen versuchte ich mir bewusst zu machen, als sich die junge Frau, deren Namen ich noch immer nicht kannte, bei mir einhakte und mich führte.
Mein Herz raste verräterisch in meiner Brust und ich wünschte mir nichts sehnlicher als Immunität. Damit ich das überstehen konnte.

Wir kamen in einem Raum, in dessen Mitte eine große Tafel stand, um die Todesser  herum saßen.
Ich schloss angespannt die Augen, mein Rücken schmerzte schon, durch die aufgezwunge aufrechte Haltung.
Mein Vater stand von seinem Stuhl auf und streckte seinen Arm aus, der mir bedeutete, zu ihm zu kommen.
"Komm her mein Kind", sagte er und ich gehorchte.
Ich setzte mich und seufzte, ungewiss was mich nun erwarten würde.
Ich hatte Angst, war verzweifelt und wollte hier einfach nur weg. Eine äußerst schlechte Kombination um einen so boshaften Menschen gegenüber zu treten. Ich schluckte.

Dann kam er. Die Flügeltüren wurden aufgestoßen, mit einer solchen Wucht, dass sie gegen die Wände krachten.
Ich versuchte mich auf die Tischplatte vor mir zu konzentrieren. Wagte es nicht aufzusehen.
Es kam einem fast so vor, als würde die ohne hin schon niedrige Temperatur in dem Raum, noch mal um einige Grade fallen.
Jeder schien die Luft anzuhalten, als er hineintrat.
Das war er also. Lord Voldemort. Ein Tyrann, der Muggel tötete wie lästige Fliegen. Der Muggelstämmige, wie meine beste Freundin, jagte und vernichtete.
Der Hass den ich für ihn empfand, stieg mir die Galle hoch. Doch ich konnte ihn nicht herauslassen.
"Meine Freunde!", sagte er und hob die Arme in die Luft, als sei er bereits der Herrscher der Welt.
Endlich traute ich mich aufzusehen.
Er trug ein langes schwarzes Gewand mit einer großen Kapuze, es verschlang fast seinen schlangenartigen Körper.
Allein sein Aussehen war schon furchteinflößend.
Seine brauen Haare, waren teilweise ausgefallen, zeigten nur noch Anzeichen vollen Haares.
Seine Haut wirkte gräulich, seine Nase spitz.
Seine Fingernägel waren lang und schwarz.
Aber am schlimmsten waren die zwei roten Augen, die teuflischer nicht hätten aussehen konnten.
Er redete nicht lange um den heißen Brei herum "Wir dürfen heute jemand Neuen in unseren Reihen begrüßen", er deutete auf mich und damit lagen binnen weniger Sekunden alle Blicke auf mir.
"Komm her, mein Kind!", sagte er, wie mein Vater einige Momente zuvor.
Ich reagierte nicht, bis mein Vater mein Arm packte und dabei meine Haut zusammen schob "Steh sofort auf!", herrschte er mich an. Ich gehorchte und stand auf. Es war plötzlich totenstill, sodass man nur das kratzende Geräusch meines Stuhls hörte, der über den Boden geschoben wurde.

Der Weg zu ihm wirkte endlos, alles in mir schrie nach Flucht, aber auch das würde meinen sicheren Tod bedeuten. Einfach alles abschalten und geschehen lassen, was auf dich zu kommt, versuchte ich mir einzureden. Blanke Panik erwischte mich kalt.
Als ich bei ihm ankam legte er seine knochige Hand auf meine Schulter, sein freier Arm machte eine schweifende Bewegung über seine Gefolgschaft.
Erst jetzt sah ich, wie viele Anhänger er tatsächlich schon hatte. Die Vielzahl, der Menschen, die seine Ansichten teilten, war so erschreckend, dass es mir die Luft zuschnürte.
"Das ist Scarlett Avery. Unsere Geheimwaffe", seine langen spitzen Fingernägel krallten sich so fest in meine Schulter, dass ich mir auf Zunge beißen musste um nicht laut aufzuschreien.
"Sie ist eine Banshee. Sie kann mit ihrem Geschrei töten. Sie ist unsere Waffe, die uns den Sieg erbringen wird!", säuselte er. Ich schluckte schwer.
Das stimmte nicht. Ich konnte den Tod von Menschen hervorsehen, dafür war meine Macht, nicht zum töten. Ich konnte sie verwenden um mich zu schützen, sicher konnte ich auch damit töten, aber dafür war sie nun mal nicht gedacht.
Aber ich würde das nicht richtigstellen, zu groß war meine Angst.
"Sieh mich gefälligst an wenn ich mit dir spreche, haben dir deine Eltern keine Manieren beigebracht!?",
bevor ich überhaupt verstehen konnte was vor sich ging, warf mich sein Folterfluch bereits zu Boden.

Dieser Crucitatus Fluch war heftiger als die der anderen. Ich starb mehrere Tote und die Schmerzen waren unerträglich. Ich brüllte vor Schmerzen, doch sie wurden nicht weniger. Ich wand mich unter den Schmerzen. Bis sie plötzlich aufhörten.

"Willst du denn nicht hören?", Voldemorts Stimme holte mich zurück in die Realität. Meine Augen brannten. Ich hatte Angst. Unermessliche Angst.
"Es tut mir leid, my Lord", sagte ich und versuchte aufzustehen, was schwerer war als ich erwartet hatte.
"Ich sagte, du sollst für uns schreien",
Ich riss meine Augen auf. Mein Schrei rauszulassen, nachdem mich sein Folterfluch so auseinander genommen hat? Unmöglich.
"Schrei für uns! Crucio!"

Ich schaffte das erste mal meinen Schrei aus mir zu lassen, nachdem ich gefoltert wurde.
Nachdem der Fluch sein Ende nahm, brachte mein Schrei alles in dem Raum zum wackeln.
Es verausgabte mich vollkommen, doch einen weiteren Cruciatusfluch hätte ich nicht überstanden.
Als mein Schrei verklang, sank ich in mich zusammen und wurde nicht mehr Herr über mein Bewusstsein.

Das einzige was mir jetzt blieb war Hoffnung. Hoffnung, dass irgendjemand mich finden und retten würde. Sie war winzig, die Hoffnung, nur ein kleines Fünkchen in der Dunkelheit. Doch sie hielt mich am Leben. 

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