❥ 27.

~Scarlett~

"Nun Sie wissen weshalb Sie heute hier sind", sprach Professor McGonagall als sie in den Raum trat. Sie trug ein dunkelgrünen Umhang und einen schwarzen Spitzhut auf dem Kopf.
Ihr Blick schweifte über uns und blieb an mir hängen.
Ich rutschte ungeduldig auf meinem Stuhl herum, ich wollte hier weg so schnell wie möglich. Es fühlte sich nicht richtig an hier zu sein. Nicht zwischen Jackson und Sirius.
McGonagall wollte gerade ansetzten etwas zu sagen, als die Tür erneut geöffnet wurde.

Ich erschrak als ich die Person an der Türschwelle stehen sah. Dort stand das Ebenbild von Sirius nur etwas kleiner und jünger.
Im Augenwinkel sah ich wie Sirius seine rechte Hand zu einer Faust bildete.
McGonagall spitzte ihre Lippen und sah den Schüler streng an.
"Schön, dass Sie sich doch noch dazu entschieden haben hier aufzukreuzen Mister Black."
"Entschuldigen Sie bitte."

Die Ähnlichkeit der beiden war verblüffend, beide hatten sie dunkle Locken, die selben Gesichtszüge, die selben kalten grauen Augen. Nur wenn man genauer hinsah erkannte man Unterschiede. Sirius trug seine Haare länger, war größer und muskulöser. Dazu war Sirius ein Gryffindor und sein Bruder ein Slytherin.
Ich merkte wie sich Sirius neben mir anspannte, jedoch nicht vor Angst wie bei mir, sondern vor Wut. Als sein Bruder an ihm vorbei lief, versprühte sein Blick Verachtung.
Es war beinahe derselbe Blick den mir Jackson immer schenkte.
Es wird für uns alle eine unangenehme Zeit werden.

Jackson begrüßte ihn mit Handschlag, wie einen alten Kumpel.

"Nun da wir jetzt vollzählig sind, folgen Sie mir."
Ich stand direkt auf und verließ den Raum so schnell wie möglich. Sirius war dicht hinter mir. "Sie werden Filch heute unter die Arme greifen." Sagte sie während wir hinter ihr her liefen.
Sofort schlichen sich Marlenes Worte zurück in mein Gedächtnis. "Solange du nichts für Filch machen musst, ist es halbwegs so schlimm." sagte sie.
"Der Tag kann wohl nicht noch besser werden", flüsterte ich.
"Ach komm es gibt schlimmeres", entgegnete Sirius der meine Worte genau gehört hatte. Er legte spielerisch einen Arm um meine Schulter. Diese Berührung durchfuhr mich mit einem Zucken. "Du hast leicht reden.", meinte ich und schob seinen Arm von meiner Schulter. Sirius zuckte mit den Schultern und betrachtete mich nachdenklich.
Ich fühlte mich unwohl unter seinem Blick, sodass ich ihn ebenfalls anstarrte, jedoch wand er seinen Blick nicht ab. "Der da hinten ist dein Bruder, hab ich recht?", mit einem Kopfnicken deutete er hinter uns. "Leider ja", sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen.

"Und der andere ist dein Bruder nicht wahr Sirius?", dieses mal war er es dessen Gesicht sich verfinsterte. "Ja mein perfekter kleiner Bruder Regulus. Der vorzeige Sohn meiner Eltern", spottete er.

Mitgefühl schien in mir aufzusteigen. Ich sah für wenige Augenblicke einen anderen Menschen in seinen Augen. Einen Jungen der unter seinen Familienverhältnissen litt. Einen Jungen der hinter seiner Maske einen anderen Menschen versteckte. Jedoch war ich noch lange nicht soweit um hinter seine Maske blicken zu können. Sirius war viel zu stark um sich davon schwächen zu lassen, er brauchte Mitleid nicht.

In wenigen Metern Entfernung sah ich den Hausmeister mit Eimern und Putzutensilien stehen. Er grinste hämisch und seine gelben Zähne blitzten im trüben Licht.

"Hiermit bringe ich Ihnen die Schüler zum Nachsitzen." McGonagall blieb stehen und deutete auf die überschaubare Runde.
"Ihr werdet die verlassen Toiletten putzen. Einige törichte Schüler haben diese in ein Schlachtfeld verwandelt."
Ich hörte Jackson hinter mir schnauben "Putzen ist wohl kaum eine Aufgabe der Schüler."
"Sie sollten froh sein dass sie nicht mit den Daumen an die Decke gehängt werden!", spuckte der Hausmeister aus. Zorn spiegelte sich in seinen Augen.
"Nun macht, dass ihr an die Arbeit kommt!", herrschte er uns an und drückte uns die Eimer in die Hand.

Ich seufzte und trat als erste in den Raum. Das es mehr einem Schlachtfeld glich als einer Toilette, war nicht übertrieben. Die Waschbecken liefen über mit schmutzigen Wasser, Toilettenpapier war an jeder Stelle im Raum verteilt.
Wie angewurzelt blieb ich stehen, erinnerte mich schmerzhaft an die Zeit an der ich jahrelang putzen und im Dreck wühlen musste. Die Tatsache, dass sich Jacksons Blick in meinen Rücken bohrte, machte es keinesfalls besser.

"Dir gefällt was du siehst, nicht wahr? Du musst dich dabei wie zuhause fühlen", flüsterte Jackson in mein Ohr, welcher sich zu mir herunter gebeugt hatte. "Glaub was du willst Jackson", sagte ich und ließ ihn stehen.
Ich lief zu den Waschbecken und versuchte mir nicht anmerken zu lassen wie sehr mich diese Worte verletzten. Musste er immer auf mir herum treten?

"Anstatt dich anzustellen als wäre es das schlimmste auf der Welt, dass du einmal in deinem Leben etwas tun musst, solltest du lieber deinen Arsch hoch bekommen und anfangen!", herrschte Sirius meinen Bruder an und trat neben mich.
"Das du es wagst-"
"Verschwinde einfach und nerv mich nicht."

Als Jackson wütend kehrt machte, wand auch Sirius sich ab. Ich presste meine Lippen aufeinander. In Jacksons und Sirius Gegenwart wollte ich um nichts auf der Welt Schwäche zeigen. Du bist stark und schaffst das, versuchte ich mir einzureden.
Während wir putzten wich Sirius mir nicht von der Seite. Er hielt sein Wort gegenüber Marlene und gab mir den Schutz vor Jackson den ich brauchte. Jedoch war es auch nur das. Die Kälte die alle ausstrahlten, erfüllte den Raum. Ich atmete tief ein und aus, spürte wie sehr mein Atem zitterte. Ich tauchte meinen Schwamm in das Wasser und fing an die Waschbecken zu putzen, nachdem ich die Wasserhähne zugedreht hatte. Sirius sprach mit mir kein Wort während der Zeit und ich fühlte mich auf einmal wieder ganz allein. Ich war mir zwar sicher, dass es hauptsächlich an seinem kleinen Bruder lag. Seine Anwesenheit störte Sirius unglaublich, vor allem weil Regulus und Jackson keinen Finger rührten, einfach nur lässig da standen und irgendeinen Müll machten. Die meiste Zeit lagen sich die zwei Brüder in den Haaren. Die ganzen Streitereien beobachtete ich stumm. Verstand trotzdem nicht warum Sirius mit einem mal wieder so kühl zu mir war. In einem Moment war er nett und dann wieder so wie früher. Ich wurde aus ihm einfach nicht schlau. Mit der Zeit schien er von allem genervt zu sein, weshalb ich versuchte mich zu distanzieren. Jackson sah immer wieder mit undeutbaren Blicken zu uns rüber, auch ihn versuchte ich zu ignorieren. Ich wollte all das einfach so schnell wie möglich hinter mich bringen. Ich wollte gerade mit meinem Eimer an die letzte schmutzige Stelle laufen, als sich Jackson mit finsteren Blick vor Sirius aufbaute "Du wirst sie nicht mehr so nett finden, wenn du erfährst was für ein Mensch sie wirklich ist." Er drehte sich zu mir und seine Lippen bildeten das Wort Monster. Ich ließ den Eimer in meiner Hand fallen. Alle Sinne in meinem Körper schrien nach Flucht, jedoch blieb ich eisern stehen. Das ging zu weit. Ich konnte ihn nicht ewig davon kommen lassen. "Ich würde aufpassen was du sagst Jackson. Fordere es nicht heraus. Nicht dass das Eis unter dir zerbricht", sagte ich und trat direkt vor ihn. Herausfordernd sah ich ihm direkt in seine Eisblauen Augen.

Die Schlittschuhe an meinem Füßen ließen mich über dem zugefrorenen See tanzen. Ich hatte den Dreh raus, brauchte nicht länger die Hand meines Bruders als Halt. Während ich neben ihm lief und Schneeflocken mein Gesicht bedeckten fühlte ich mich befreit. Ich war stolz, dass ich mit meinem acht Jahren endlich allein laufen konnte. "Hey Scarlett, schau mal was ich kann!", rief mein Bruder und zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich erschrak als ich sah mit welcher Geschwindigkeit er sich immer weiter entfernte. "Jackson bleib hier, das ist zu gefährlich!", schrie ich aufgebracht. Er führte irgendwelche Kunststücke auf und grinste dabei mächtig stolz. "Komm wieder zurück hörst du? Mama sagte wir sollen aufpassen!", langsam und voller Angst versuchte ich ihn aufzuholen. "Ach Scarlett, das ist doch gar nicht schlimm. Siehst du es passiert nichts." Um seiner Überzeugung Gewicht zu geben, stampfte er mit seinem Schlittschuh auf das Eis. Er machte mich wütend "Mama sagte bis hier und nicht weiter!", schrie ich wütend und verzweifelt zu gleich. Er war ein richtiger Sturkopf. Er sprang noch einmal auf und ab "Fordere es nicht heraus Jackson. Bitte, nicht dass das Eis unter dir zerbricht." "Du bist eine Spielverderberin Scarlett. Na schön, dann bleib du eben hier. Aber du verpasst was", er drehte sich weg und fuhr weiter. Genau in diesem Moment zerbrach das Eis unter ihm und er versank. "JACKSON!", schrie ich und fuhr zu ihm herüber. "HILFE!", brüllte er voller Angst und versuchte sich wieder hochzuziehen jedoch brach das Eis erneut. Ich hatte ihn mittlerweile erreicht. Ich nahm seine Eiskalten Hände in meine und versuchte ihn hochzuziehen, während ich ununterbrochen nach Hilfe schrie. Ich versuchte die unendliche Angst in mir wegzustecken. Ich war zu schwach. Mein Bruder zappelte wie verrückt. "Jackson! Du machst es nur schlimmer", schrie ich ihn an, während ich dabei zu sah wie das Eis immer mehr zerbrach. "Ich komme sofort wieder. Versuche ruhig zu bleiben, du musst ruhig bleiben!", Fassungslos gehorchte er mir. So schnell ich konnte fuhr ich ans Ufer, welches an ein Waldgebiet grenzte. Tränen stiegen mir in die Augen. Ich schrie immer noch andauernd nach Hilfe und drehte mich immer wieder zu Jackson um. Zu meinem Glück entdeckte ich relativ schnell einen langen Ast eines Baumes. Er war viel zu groß für mich. Das Leben meines Bruders konnte davon abhängen, deswegen schaffte ich es mit der größten Willensstärke die ich aufbringen konnte. Jackson wurde immer blauer. "Halt dich am anderen Ende fest", befahl ich "Und versuche ganz langsam dich zu mir rüber zu tasten. Aber langsam", ich wusste nicht wie ich es schaffte so viel Ruhe zu bewahren. Er tat was ich sagte und es half. Als er weitgenug über der Kante lag schnappte ich seine Jacke und zog ihn mit aller Kraft hoch. Immer mehr Menschen hatten meine Hilferufe erhört und versammelten sich um uns herum. Mein Bruder fing an zu weinen und mit ihm auch ich. Jemand legte eine Decke um meinen Bruder und Erwachsene trugen ihn zurück zum Ufer. Ich hatte meinem Bruder das Leben gerettet.

Als ich wieder in der Realität war, wurde mir schnell klar dass Jackson ebenfalls meine Vision gesehen hatte. Er war zu Boden gesunken. Tränen benetzten seine Augen. In seinem Gesicht standen Fassungslosigkeit und Angst geschrieben. Er fühlte sich in diese Situation zurück versetzt, sah mit eigenen Augen das er mir sein Leben zu verdanken hatte. Ich ließ ihn in dieser gebrochenen Situation zurück und verlies den Raum.

"Scarlett warte!", rief mir Sirius hinter her, doch ich blieb nicht stehen. Ich konnte das einfach nicht mehr ertragen. Ich konnte ihn nicht mehr ertragen. Aber ich wusste, dass ich dieses mal gewonnen hatte.

Ich floh in den nächst besten Raum und fand mich in der verlassenen Mädchentoilette wieder. Von Wut überrannt ballte ich meine Hand zu einer Faust und schlug gegen eine der Kabinen. Ich bereute es sofort und hielt mir die schmerzende Hand. "Wut kann ziemlich dumm machen", hörte ich eine hohe kichernde Stimme. Verwundert drehte ich mich um und entdeckte den Geist eines Mädchens auf einem Waschbecken sitzen. "Vielen Dank für die nützliche Information", entgegnete ich schnippisch. Ich erinnerte mich an Lilys Erzählungen von der maulenden Myrte, welche die verlassene Mädchentoilette heimsuchte. Sie fing an zu reden und trieb mich beinahe in den Wahnsinn. Ich wollte einfach allein sein "Kannst du bitte einfach verschwinden?", fragte ich von einem schlechten Gewissen begleitet. Beleidigt verschwand sie, genauso wie meine Wut. Traurigkeit kam in mir auf. Es schmerzte, dass ich ihn auf diese Art und Weise erinnern musste wer er war und wer ich war. Niedergeschlagen von all den mächtigen Gefühlen setzte ich mich auf den Boden, während mir Tränen in die Augen stiegen. Ich verharrte eine Weile in dieser Position bis sich hinter mir die Tür öffnete, jemand nahm meinem Arm und zog mich behutsam hoch. Als ich aufsah betrachteten mich Sirius Augen forschend. "Scarlett er ist es deiner Tränen nicht Wert, hörst du?", ich presste meine Lippen aufeinander. Er wusste nicht was ich getan hatte, ich selbst wusste nicht wie ich es geschafft hatte. Ich sah nur Jacksons gequältes Gesicht vor mir. Das von jetzt und das von damals. Ich sah vor meinem inneren Auge wie er bei nahe in meinem Armen erfroren war. Es machte mich einfach nur fertig. Ich wusste nicht ob ich mich deswegen schlecht fühlen sollte oder nicht.

Ich sah auf und merkte, dass ich Sirius immer noch nicht geantwortet hatte. Ich nickte nur. "Filch hat das Nachsitzen übrigens beendet als du gegangen bist", sagte er und ich war unendlich froh nicht mehr zurück gehen zu müssen. Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte verließen wir die verlassene Toilette. Als ich heraustrat sah ich im Augenwinkel, dass Jackson voll und ganz mit feuchten Schmutz übergossen war. "Sirius-" "Ich konnte es einfach nicht lassen den Kopf eines Slytherin in schmutziges Wasser zu tauchen", sagte dieser gleichgültig.

Als wir am Gryffindor Turm ankamen, war ich vollkommen erschöpft und ausgelaugt. Dennoch setzte ich mich zu meinem Freundinnen, schließlich hatte ich mich den ganzen Tag auf diesen Teil gefreut. Ihre Gesellschaft erfüllte mich wieder mit Freude und vertrieb all die schlechten Gefühle in mir. Irgendwann verabschiedete ich mich von der Runde und sank in einen traumlosen Schlaf.

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