❥ 09.
~Scarlett~
Wir liefen durch unzählige Gänge. Während ich versuchte mit Lily Schritt zu halten, murmelte sie etwas unverständliches vor sich hin. "Lily, diese Jungs-", Lily drehte sich zu mir um "Du meinst die vier größten Vollidioten der Schule?"
Ich zuckte etwas schüchtern mit den Schultern. "Die halten sich für was besseres und nennen sich selbst die Rumtreiber. Sky, tu mir einen Gefallen und halte dich von denen fern.", riet sie mir. Ich nickte eifrig, und lief weiter neben ihr her ohne etwas zu sagen.
"Wo gehen wir denn hin?", fragte ich nach einer Weile. Lily grinste "Ich wollte dir etwas zeigen. Ich habe es vor langer Zeit entdeckt. Du wirst es gleich sehen."
Nach wenigen Minuten blieb sie stehen. Ich brauchte einige Sekunden bis ich die kleine Tür an der Wand entdeckte, sie war so klein und unscheinbar das sie kaum auffiel. Lily öffnete vorsichtig die Tür und trat herein. Die Tür war so niedrig, das wir beide uns ducken mussten um reinzukommen. Der anschließende Gang endete in einem kleinen runden Raum, indem wir wieder aufrecht stehen konnten.
"Wow", sagte ich beeindruckt, der Raum war vollgestopft mit Kleidern, gegenüber stand ein Spiegel welcher mit Gold und Silber verziehrt war. "Siehst du diese hier?", Lily öffnete einen Schrank und holte ein rotes Kleid heraus "Vom Schnitt her müssten sie aus dem Mittelalter stammen", meinte sie nachdenklich. Ich riss überrascht die Augen auf und trat näher auf Lily zu um mir das Kleid näher anzusehen. Vorsichtig strich ich mit meinen dünnen Fingern über das Kleid.
Lily lächelte nur und drückte mir das Kleid in die Hand "Zieh es doch an. Ich helfe dir dabei"
Ich sah sie geschockt an "Aber die sind doch sicher sehr wertvoll. Was wenn ich es kaputt mache?"
Sie winkte nur ab "Ich hab schon oft Kleider anprobiert und nie ist etwas passiert."
Lily brauchte nicht lange um mich zu überzeugen, denn tief im Inneren wollte ich es unbedingt anprobieren. Irgendwie versprühte das Kleid, und der niedlich eingerichtete Raum eine Faszination. Vielleicht war es auch einfach die Vorstellung, das diese Kleider vor mehreren hundert Jahren von Menschen getragen wurden.
Also zog ich die Schuluniform aus und stand schlussendlich in einem Top und einem dünnen Rock vor dem Spiegel. Ich bückte mich um das schwere Kleid aufzuheben. Ich merkte erst das mein Top hochgerutscht und freien Blick auf meinen Rücken gewährte, als ich hörte wie Lily erschrak. Schnell stellte ich mich aufrecht hin und sah in Lilys Augen, welche sie weit aufgerissen hatte. "Sky, dein Rücken..." Ich wusste nicht was ich sagen sollte, ich war nicht darauf vorbereitet das jemand die tiefen Narben und die blauen Flecken auf meinem Rücken jemals sehen würde. Ich selbst, konnte nie wissen wie schlimm es aussah, doch Lilys Blick sprach Bände.
"Wer hat dir das angetan?", hauchte sie.
Schwerschluckend drehte ich mich zu ihr um.
Vor meinem Inneren Auge sah ich meinen Vater, wie er mit seinem Gürtel in der Hand auf mich zu lief. Ich spürte förmlich die peitschenden Schläge auf meinem Rücken. Ich spürte die Schmerzen, die auftraten wenn er mich immer und wieder gegen die Wand schlug. Die Erinnerungen zehrten an mir wie scharfe Krallen und obwohl es nur Erinnerungen waren fühlten sie sich so real an. Tränen des Schmerzes traten mir in die Augen, sowohl physische als auch psychische. Ich sank auf die Knie und in mich zusammen.
Ich nahm wahr wie sich Lily zu mir runter kniete und mich in den Arm nahm.
Sie drückte mich fest ansich, wodurch sich ein warmes sicheres Gefühl in mir ausbreitete und die aufkommenden Schmerzen, die Kälte ein bisschen drosselte.
Langsam hob ich meinen Kopf und sah in ihre grünen Augen, sie wusste nicht was sie sagen sollte. Sie war zu geschockt und ich sah ihr die große Sorge an. "Lily ich hab so Angst, dass du nichts mehr mit mir zu tun haben willst wenn du das alles weißt", schluchzte ich.
Lily schluckte schwer und legte ihre warme Hand über meine kalte.
"Nichts könnte mich davon abhalten mit dir befreundet zu sein."
Ich wischte mir die Tränen von den Wangen und begann mir das Leid, die Lügen, die Geheimnisse, mein gesamtes bisheriges Leben von der Seele zu reden.
Lily hörte aufmerksam zu. An manchen Stellen meiner Erzählungen, konnte sie mir nicht in die Augen sehen ohne anzufangen zu weinen.
Am Ende saß sie mit geröteten Augen vor mir. Wir schwiegen uns kurze Zeit an. Ich trug immernoch die Angst in mir, das diese Freundschaft die uns verband verschwand. Doch dann nahm Lily mich in den Arm, und ich konnte die Wärme spüren welche sie ausstrahlte.
"Wie konntest du denken, dass ich nicht mehr mit dir befreundet sein wollen würde?", fragte sie und klang dabei leicht verletzt.
"Ich hatte einfach Angst", gestand ich, lächelte dabei leicht, begleitet von der Erleichterung dass sich Lily nicht von mir abwand.
"Scarlett, ich könnte mich nie von dir abwenden. Ich bin nicht dein Bruder, sondern deine Freundin und das bleibe ich auch. Ich werde immer für dich da sein, sowie Freunde das füreinander tun", sagte sie mit solch einer Überzeugung, das ich ihr glaubte. Ich lächelte sie dankbar an und umarmte sie.
Lily lächelte, stand auf und griff nach dem Kleid. "Nun lass uns dir das Kleid anziehen", meinte sie, ich war ihr so dankbar für den Themawechsel das ich voller Enthusiasmus aufstand.
Das Kleid war unendlich schwer und lag wie eine Last auf den Schultern, allerdings war es wunderschön. Es ging mir bis zum Boden, so lang das ich meine Schuhe nicht mehr sehen konnte.
Die Ärmel waren weit ausgeschnitten. Lily zog ein blaues Kleid an, und in Kombination mit ihren feuerroten Haaren sah es atemberaubend aus.
Wir stellten uns gemeinsam vor den Spiegel und betrachten uns. "Ich hab mir immer vorgestellt, das die Mädchen in den Anfangszeiten von Hogwarts diese Kleider trugen", erzählte sie meinem Spiegelbild. Ich lächelte, diese Vorstellung war schön.
Lily und ich verweilten längere Zeit in diesem Raum und unterhielten uns und probierten weitere Kleider. Ich spürte schnell, dass ich nun eine Last weniger auf den Schultern zu tragen hatte.
Von diesem Tag an stärkte sich unsere Freundschaft noch mehr.
*
"Scarlett, bist du fertig?", Lily lehnte lässig am Türrahmen meines Zimmers. "Ich weiß nicht", sagte ich ehrlich und betrachtete mich mit der Hufflepuff Robe im Spiegel. "Du musst dich nicht ewig verstecken und als letzte in die große Halle schleichen um noch die Reste abzubekommen."
"Genau und wir sind ja bei dir", mischte sich Alena ein. Doch mit allen anderen in die große Halle zu treten, bedeute auch dass ich mich den merkwürdigen Blicken stellen musste.
Lily zwinkerte mir zu. Während sie wirklich wusste weshalb sich bei mir alles dagegen sträubte, hielt Alena mich nur für ein schüchternes Mädchen.
"Vielleicht sollte ich besser hierbleiben, ich hab eigentlich keinen Hunger."
"Scarlett Cale, das kommt nicht in Frage", bestimmte Lily, nahm meine Hand und zog mich aus dem Zimmer.
Lily und Alena nahmen mich in die Mitte. Angst breitete sich in mir aus, ich wollte nicht von allen angestarrt und beobachtet werden. Ich wollte mich lieber weiterhin verstecken und die große Halle für mich haben, ich nahm auch das kalte Essen in Kauf.
Ich atmete tief durch als ich die große Halle betrat, machte mich auf alles gefasst. Doch nichts dergleichen passierte, es ließ sich niemand von uns beirren sie aßen genüsslich weiter. Erleichtert atmete ich aus.
"Siehst du, alles gut", flüsterte Lily und gemeinsam setzten wir uns an den Hufflepuff Tisch, obwohl Lily eine Gryffindor war.
Lächelnd schöpfte ich mir das Abendessen auf den Teller. Ich war einfach nur beruhigt, das es so gekommen war. Denn dies zeigte mir, das mehr oder weniger auch nur ein Tropfen in einem Ozean war.
Während wir aßen, dachte ich an die Unterrichtsstunde mit Dumbledore am nächsten Morgen und das erste mal freute ich mich darauf.
~♡~
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