z e h n

| Harry |

Was in den letzten Minuten in diesem Wagen passiert ist, hätte ich niemals zulassen dürfen und doch habe ich Regina ehrlich und aufrichtig von dem erzählt, was mich durch mein Leben begleitet und zeitgleich vom Leben abhält.

Ich bin abhängig von Anerkennung und diesem gewissen Kick, den mir nur die Bühne und mein Job geben kann. Regina wird dieses Gefühl nie kennenlernen, sie wird nie wissen, wie sich dieses Level an Glück und Euphorie anfühlt.

Ich liebe meinen Job abgöttisch, aber gleichzeitig werde ich durch ihn in meinem gewöhnlichen Leben konstant unglücklicher. Was mir die Musik und die Bühne gibt, stellt alles andere in den Schatten. Wenn man aber vergleicht, wieviel Zeit ich in meinem Alltag und wieviel Zeit ich auf der Bühne verbringe, ist der Deal für Außenstehende wohl fragwürdig.

Als ich Regina gerade erzählt habe, was mein Job und meine verfluchte Sucht nach dieser Euphorie auf der Bühne aus meinem Leben gemacht hat, ist mir selbst wieder bewusst geworden, was aus mir geworden ist.

Je länger und öfter ich darüber nachdenke, desto klarer wird mir, wie ausweglos dieser Zustand ist. Ich werde mein Leben immer an dieser verfluchten Skala messen und auf der Jagd nach dieser Zehn sein – und das habe ich wohl auch Regina gerade auf die Nase gebunden.

Ich habe wieder eine Grenze überschritten und rede mir ein, es wäre das Richtige gewesen, obwohl ich weiß, wie falsch es ist.
Ich hätte die Notbremse ziehen müssen, aber wie so oft habe ich das Gegenteil getan, obwohl ich es besser gewusst hätte - genau wie damals in der Nacht in diesem Club.

Regina verdient es, dass ich ehrlich zu ihr bin. Ich habe in ihren Augen gesehen, wie gern sie mich verstehen würde.

Mir ist nicht entgangen, wie sehr sich mich anhimmelt und wie fixiert sie in den vergangenen Wochen auf mich war.
Ein Grund mehr, vorsichtig zu sein und mich – um ihretwillen – von ihr fernzuhalten. Aber auch diese Vorsätze werfe ich hier und jetzt über Bord.

Die Stimmung in diesem Wagen ist schon wieder so schnell umgeschlagen, dass ich es mir selbst nicht erklären kann. Mein Geständnis hat mich Regina so nahgebracht, dass ich keinen Grund mehr sehe, nun nicht aufs Ganze zu gehen.

Ich war ehrlich. Regina weiß, worauf sie sich einlässt und was in meinem Leben so verdammt schiefläuft. Und trotzdem sieht sie mich immer noch so treu an.

Ich kenne den Blick von Mädchen, die mir verfallen sind. Ich erkenne ihn unter Tausenden und im Moment sieht mich Regina genau auf diese Art und Weise an.

Sie hat mir bisher ein solch besonderes, warmes Gefühl gegeben. In meinem alltäglichen Leben komme ich für gewöhnlich nicht über eine Drei hinaus, aber Regina hat in letzter Zeit etwas verändert. Sie löst etwas in mir aus, das auf meiner Skala eine Vier, vielleicht sogar eine solide Fünf erreicht.
Und wenn ich meinen Trieben nun nachgebe, verstoße ich zwar gegen alles, was ich mir selbst und Grimmy versprochen habe, aber ich würde der Zehn zumindest wieder ein ganzes Stück näherkommen.

Ich sehe also direkt in Reginas Augen und weiche keine Sekunde von ihr ab, als ich sie sanft anlächle und ihr eine ihrer blonden, krausen Locken hinters Ohr streiche.

Mein Herz klopft, allerdings nicht vor Aufregung. Regina wird mich nicht abweisen, dessen bin ich mir sicher. Stattdessen sieht sie mich durch ihre großen, blaugrauen Augen an und beißt sich nervös auf die Lippe.

Mein Herz klopft, weil ich weiß, was gleich passieren wird und wie sehr ich mir das gewünscht habe - entgegen jeglicher Vorsätze und jeder Vernunft.

„Ich erzähle das normalerweise niemandem, Regina", gestehe ich leise. „Also, was denkst du?"

„Dass...", setzt sie mit nervöser Stimme an.
Ich bemerke, wie sie kurz die Augen schließt und die Berührung genießt, als meine Hand ihr Gesicht streift. „Dass dich das zu keinem schlechten Menschen macht. Ganz im Gegenteil, ich glaube, ich verstehe dich."

Das glaube ich nicht, aber Regina ist auf einem guten Weg, es zu tun.

„Und dafür danke ich dir", seufze ich und gehe einen Schritt weiter, indem ich meine Hand langsam an ihren Nacken wandern lasse und sanft an ihren Hals lege.

Ich muss lächeln, als ich deutlich ihren Puls über meine Handfläche spüren kann.

Ohne lange zu zögern, ziehe ich Regina näher an mich heran, vergrabe meine Hand in ihren Locken und küsse sie entschlossen. Nicht zu aufdringlich, aber fordernd genug, um Regina klarzumachen, dass ich zu mehr als nur diesem Kuss bereit bin.

Widerstandslos lässt sie sich darauf ein. Ich höre nur ein erleichtertes, leises Seufzen, als ihre vollen, weichen Lippen auf meine treffen und sehe in ihre aufgeregten Augen, als ich mich wieder von ihr löse.

Ich schenke ihr mein charmantestes Lächeln, ehe ich die Stimme wieder erhebe.
„Eigentlich ist das Ganze hier kein Gespräch, das man spontan im Auto führt. Darf ich dich noch rein begleiten?"

Regina bemüht sich zwar darum selbstsicher zu wirken, ihre Nervosität kann ich trotzdem klar in ihrem Blick erkennen.

„Gerne", nickt sie schließlich mit funkelnden Augen.

Binnen Sekunden sind wir beide aus dem Auto gestiegen und ich folge Regina, die zielsicher durch die Kälte auf eines der Wohnhäuser zuläuft.

Ich vermute sie weiß, dass ich nicht wirklich im Sinn habe, unser Gespräch in ihrem Appartement fortzuführen. Sie muss bemerkt haben, wie sehr ich sie will und ich bin mir sicher, dass sie mir nicht weniger nah sein will.

„Nette Gegend", bemerke ich nebenbei, woraufhin mich Regina nur verlegen angrinst.
Ihre Verlegenheit bezieht sich bestimmt mehr auf den Kuss im Wagen, als auf ihre Straße.

„Meine Chefs haben mir die Wohnung vermittelt. Ansonsten wär die Suche von Deutschland aus mühsam gewesen."

Es ist so niedlich, wie sie sich darum bemüht, völlig natürlich und taff zu wirken. Dabei weiß ich ganz genau, wie nervös und aufgekratzt sie gerade ist.
Allein das Gefühl, ihr überlegen zu sein und zu wissen, wie sehr sie mir verfallen ist, lässt mich inzwischen eine Sechs auf der Skala spüren.

Ihre Augen fordern mich heraus, ohne dass es Regina bewusst ist. Ich habe sie während der letzten Monaten in meinen Bann gezogen, sie will mich im Moment mehr als alles andere.

Somit bin ich es, der ihr eine Zehn auf ihrer Skala bescheren kann und ihr zumindest halbwegs verständlich machen kann, wie ich mich auf der Bühne fühle.
Daran, ob ich Regina auf diese Art und Weise auch abhängig von mir machen kann, verschwende ich keinen Gedanken.

Wir stehen vor ihrer weißen Wohnungstür, die sie noch gar nicht aufgeschlossen hat, als ich bereits dicht hinter Regina trete und spürbar gegen ihren Nacken atme.
Nervös verfehlt sie das Schlüsselloch, schafft es wenig später aber doch, die Türe aufzustoßen.

Bevor sie ihre Wohnung überhaupt betreten kann, habe ich längst meine Arme um ihre Taille geschlungen und drehe ihren Körper mit nur einer Bewegung zu mir.

Ich lasse ihr keine Zeit nachzudenken, indem ich sofort wieder da anknüpfe, wo wir im Auto aufgehört haben. Gierig drücke ich ihren Körper gegen meinen und verwickle Regina in einen wilden Kuss, als wir gemeinsam in die Wohnung stolpern und ich die Türe hinter uns ins Schloss werfe.

Auch dieses Mal lässt Regina alles widerstandslos zu, während wir uns zwischen den Küssen geschickt aus unseren Jacken befreien. Sie packt sogar zustimmend den Kragen meines Pullovers und zieht mich noch dichter an sich.

„Harry", murmelt sie einmal in meine fordernden Küsse, doch ich bezweifle, dass sie mich damit aufhalten will. Viel mehr klingt es, als würde sie sich endlich fallen lassen und mir zeigen, wie sehr sie mich will.

Zufrieden grinse ich gegen Reginas Lippen und lasse meine Hände über ihren Oberkörper gleiten, bis ich schließlich an ihrem Hintern innehalte und zupacke. Genau das hätte ich am Liebsten bei unserem Treffen in meinem Fitnessraum schon getan.

Unkontrolliert lächelt Regina, als sie meine Berührungen spürt und ihre eigenen Hände über meinen Körper wandern lässt. Eine Hand vergräbt sie in meinem braunen Haar, die andere streift über meine Brust, hin zu meinem Rücken und krallt sich dort fest.

Das Gefühl begehrt zu werden und dadurch so machtvoll über einen Menschen zu sein, lässt diese Situation hier langsam auf eine Sieben ansteigen. Anerkennung jeder Art füttert mein Ego - nur ist im Moment Regina mein ganzes Publikum.

Stürmisch dränge ich sie wieder zurück zur Wohnungstüre und drücke sie gegen den weißen Kunststoff hinter ihr.

Ihre wilden, blonden Locken fallen in ihr schönes, braves Gesicht. Dieser Kontrast war von Anfang an so reizvoll, dass wohl immer schon feststand, dass es zu diesem Punkt hier führen würde.
Regina hat einen Hang zum Unkonventionellen, vielleicht sogar eine dunkle Seite, die sie selbst noch nicht entdeckt hat. Sich mir hinzugeben, ist sicherlich der erste Schritt, dieser auf die Spur zu kommen.

Durch ihre funkelnden Augen sieht sie mich herausfordernd an, ohne zu wissen, dass ich ihre bislang größte Herausforderung sein werde. Wissend grinse ich und greife den Saum ihres babyblauen Pullovers.

Sofort hebt Regina die Arme und lässt sich willens das Oberteil über den Kopf ziehen.
Ich glaube sie weiß gar nicht, wie wunderschön sie ist.
Aufgeregt sieht sie mich an, als ich mit der Hand langsam über den Spitzensaum ihres BHs streiche, doch mein Lächeln scheint ihr Selbstvertrauen zu schenken.

Reginas Haut ist so warm und weich, doch trotzdem lassen mich ihre sanften Berührungen, als sie nun auch unter meinen schwarzen Hoodie fährt, zittern.
Ich spüre ihre Hände über meinen Rücken wandern. Vorsichtig, doch ihr Blick direkt in meine Augen schreit mir entgegen, was sie will.

Verstehend grinse ich sie an und schmeiße Sekunden später meinen Pullover achtlos auf den Boden.
Regina presst sich noch härter gegen die Türe hinter ihr und sackt etwas nach unten, während sie ihre Augen über meinen nackten Oberkörper wandern lässt.

Lachend stemme ich eine Hand gegen die Wand neben Reginas Kopf und beuge mich zu ihr.
„Du darfst mich schon auch anfassen, Wallflower", lache ich heiser in ihr Ohr, bevor ich anfange, ihren Nacken zu küssen.

Ihr Herz trommelt und ihre Brust hebt sich schnell unter ihrem schweren Atem. Ich liebe es, wie meine Nähe ihren Körper verrücktspielen lässt.

Ich will alles, was sie zu geben in der Lage ist.

Endlich werden ihre Berührungen fester und fordernder. Sie sieht zu mir auf und drückt gleichzeitig ihren Körper gegen mich.
Dieser unschuldige Blick, während ich ihre warme Haut und ihre Brüste gegen meinen Oberkörper gepresst spüre, lässt mich leicht stöhnen.

Wieder packen meine Hände direkt an ihren festen Hintern, gleiten dieses Mal an ihre Oberschenkel und ich hebe sie schwungvoll hoch.

Gierig klammert Regina ihre Beine um mich und drückt sich noch mehr nach hinten gegen die Wohnungstüre. Sie genießt es spürbar, mir damit noch näher zu sein, was meine Erregung ins Unermessliche steigen lässt.

Regina so verrückt zu machen, ist wahnsinnig wirksam. Die Acht auf der Skala ist beinahe greifbar.

Kurz überlege ich, ob ich meiner Ungeduld nachgeben soll und Regina direkt hier nehmen soll, aber ich will ihr Lust ausreizen.
Als Reginas Hand dann auch noch zum Gürtel meiner schwarzen Jeans wandert, gibt es nur noch eine Frage, die ich stellen muss.

„Wo zur Hölle ist dein Schlafzimmer?", raune ich angespannt und blicke in Reginas entflammten Augen.

Schnell nickt sie auf eines der drei offenen, angrenzenden Zimmer.
„Da drüben", antwortet sie mit erstickter Stimme, als ich sie bereits, immer noch gegen meinen Körper gepresst, ins Schlafzimmer trage.

Ich habe es mir öfter vorgestellt als ich sollte, wie es wohl sein würde, Regina nackt unter mir liegen zu haben und jeden Quadratmillimeter ihrer weichen Haut berühren zu dürfen. Aber jetzt, als es soweit ist, übersteigt es alle meine Erwartungen.

Ihr fiebriger Blick und ihr Körper, der so sehr nach mir verlangt, dass er sich mir immer wieder entgegenreckt, bereiten mir den Weg zur Acht auf der Skala. Reginas Ekstase springt unwillkürlich auf mich über und das erlösende Gefühl endlich in ihr zu sein, wird nur noch übertroffen von dem Anblick, den sie mir bietet.

Ein leises, fasziniertes „Fuck", gepaart mir angestrengtem Stöhnen ist alles, was ich dazu sagen kann und das Schlafzimmer erfüllt

Regina schnappt nach Luft, sie ist mir willenlos ausgeliefert und genießt jede Sekunde davon. Verlangen vibriert durch ihren Körper, während sich unsere Lippen immer wieder treffen - und auch ich bebe vor Anstrengung, mich zurückzuhalten.

Langsam senke ich den Kopf und sehe hinab in Reginas blaugraue Augen, in denen nur mehr lodernde Hitze steht.

„Lass los", flüstere ich ihr zwischen harten Stößen zu.
Als hätte sie nur auf meine Erlaubnis, auf dieses kurze Kommando gewartet, lässt sich Regina von ihrer Ekstase mitreißen und krallt sich an meinem ebenfalls zitternden Bizeps fest.

Stöhnend umfasse ich mit einer Hand Reginas Nacken und stütze mein Gewicht auf meine Ellenbogen, als auch ich mich von meinem Orgasmus überrollen lassen.

In diesem kurzen, perfekten Moment ist die Welt stumm. In einem Delirium, das einzig und allein aus zarter Erleichterung, Glück und Freiheit besteht, breche ich keuchend über Regina zusammen – und schlage direkt im Anschluss wieder hart in der Realität auf.

Kurz bin ich dem Alltag mit Regina entflohen. Ich habe dank ihr und ihrer atemberaubenden Nähe in meinem Alltag eine kurzlebige Neun auf der Skala erleben dürfen.
Doch jetzt, nachdem die Lust ihren Höhepunkt erreicht hat und langsam wieder verraucht, verklingt auch das Glück.

Ich hatte es Regina zuvor gesagt und jetzt wird mir wieder bewusst, wie wahr meine Worte waren.

Kein Orgasmus dieser Welt ist intensiv und langandauernd genug, um an die Euphorie und das Glück, das mir die Musik und die Bühne schenkt, heranzureichen.

Obwohl es in dieser Situation nicht unpassender hätte sein können, überkommt mich sofort die Panik, niemals wieder diese Zehn spüren zu dürfen, meine Kreativität zu verlieren und meine Karriere vor die Wand zu fahren.
Ich bin verdammt zur Unzufriedenheit, während Regina atemlos unter mir liegt und sich ihr Brustkorb immer noch hektisch hebt und senkt.

Ich sehe in ihren Augen, dass sie soeben, zum ersten Mal in ihrem Leben, eine Zehn auf ihrer Skala erleben durfte. Dass sie sich ausgerechnet mich ausgesucht hat, dem sie diese Macht gibt, ist ihr Fluch und Segen zugleich.

Ich kann nachvollziehen, wie schnell man nach etwas, das einem ein solch besonderes Gefühl gibt, süchtig werden kann. Allerdings werde ich sie mit meiner Art und der ständigen Suche nach Inspiration für meine Kreativität und Glücksgefühlen, an ihre Grenzen drängen.

Das hier hätte niemals passieren dürfen.
Ich bin mir immer noch sicher, dass Regina nicht für meine Welt geschaffen ist und sie niemals, so wie ich, experimentieren sollte.

Ich will sie schützen, sie am Liebsten in Watte packen und weiß gleichzeitig, dass ich – bloß, um sie in meinem Leben zu haben – früher oder später doch in meine Welt ziehen werde.
Sie wird mir ohnehin folgen, ob ich will oder nicht.

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