28) Eine wichtige Frage
„Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende."
Demokrit von Abdera (griechischer Philosoph, 460 - 370 v. Chr. )
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„Nein! Ich will nicht." Annabelles Antwort war endgültig. Silvan wusste, wann er verloren hatte. Nur empfand er diese Niederlage nicht als Verlust.
„Gut, dann holt eure Sachen aus der alten Hütte und ich richte dir eine Kammer zum Schlafen ein. Das letzte Nacht war eine Ausnahme! Verstanden?" Während sich eine leichte Röte auf Kendriks Wangen ausbreitete und er verlegen dem Blick seines Onkels auswich, nickte Annabelle und sah ihm direkt in die Augen.
„Selbstverständlich. Es war eine anstrengende Nacht für uns beide. Nichts weiter. Nur eine Ausnahme."
Silvan hatte genug gehört. Mit einer sanften Geste seiner Hände scheuchte er die beiden Jugendlichen aus seinem Zuhause, nur um sie später endgültig darin willkommen zu heißen.
Er hatte Platz und es würde ihm nichts ausmachen, sowohl Kendrik als auch Abby bei sich aufzunehmen, solange Adelmuth damit einverstanden wäre. Es würde das Gerede der Bürger weiter anstacheln, aber er wusste auch, dass sein alter Freund manche Dinge anders sah. In dieser Hinsicht kam seine Tochter ganz nach ihrem Vater. Er würde Adelmuth fragen, sobald dieser aufgewacht war. Der alte Herr war erschöpft nach der langen Strapaze der Gefangenschaft und schlief den verdienten Schlaf der Gerechten und Silvan hatte nicht vor, ihn dabei zu unterbrechen. Jetzt kam es nicht mehr auf ein paar Stunden mehr oder weniger an.
Er konnte verstehen, dass Abby nicht mehr zurück in ihr altes Gefängnis, in die beengenden Gemäuer ihrer Kindheitstage, zurückkehren wollte, wo sie nie wirklich glücklich gewesen war. Umso weniger, nachdem sie der Blick in den kleinen Innenhof stets an den Tod ihrer Mutter erinnern würde. Er hoffte sehr, Adelmuth würde ihren Wunsch verstehen. Es gab noch einiges, das besprochen werden musste. Aber ihm war es gleichgültig, ob sie nun für eine weitere Nacht oder für ein ganzes Leben bei ihm wohnen blieb, er richtete ihr liebevoll eine Kammer her. Der Raum war nicht groß, das Bett fand gerade so unter der Schräge des Daches Platz. Ein winziges Giebelfenster gab den Blick auf seinen viel zu lange schon vernachlässigten Garten frei. Deina würde mit Sicherheit schimpfen, wenn sie die verwilderte Dornenhecke und das wild wuchernde Gestrüpp sehen könnte. Das Zimmer bot keinen Vergleich zu dem Standard, in dem Abby aufgewachsen war. Aber sie hatte ihre Entscheidung getroffen. Er kannte ihre Sturheit und ihre Entschlossenheit für ihre Wünsche zu kämpfen, gut genug. Man fühlte sich nicht immer dort am wohlsten, wo man geboren war und erst recht nicht dort, wo das teuerste und wertvollste Hab und Gut vorzufinden war, sondern oft zog es einen dorthin, wo das Herz einen hinführte. Das Mädchen hatte sich ihr ganzes Leben lang nach etwas anderem, nach etwas viel Bedeutungsvollerem gesehnt und für eine Weile war er es gewesen, der ihr diese Sehnsüchte erfüllt hatte. Jedes Mal, wenn er sie für eine weitere Stunde, für einen weiteren Ausritt mit in den Wald genommen hatte. Wenn es jetzt Kendrik war, nachdem sie sich sehnte, und der die Leere in ihrem Leben ausfüllen konnte, würde er ihr nicht im Weg stehen. Im Gegenteil, er würde sich sowohl für seine Schülerin als auch für seinen Neffen freuen, wenn es so sein sollte und sich gegenüber ihrem Vater für die junge Liebe einsetzen.
Sie hatten beide das größte Glück dieser Erde verdient und er hoffte, dass sie es finden würden. Er hatte es nie in einer anderen Person gefunden, sondern nur in den Weiten der Wälder. Er seufzte tief und ließ seinen Blick aus dem schmalen Fenster gleiten. Im Garten blühten ein paar Rosen, die sich starrköpfig ihren Weg durch das alles überwuchernde Unkraut in die Freiheit gesucht hatten. Ihm kam eine Idee und er eilte hinunter, um wenig später einen duftenden Strauß der zartrosafarbenen Blüten in Annabelles Zimmer zu stellen. Er begutachtete sein Werk und war zufrieden.
Während Silvan einen Raum einrichtete, räumten Annabelle und Kendrik einen anderen aus. Eilig packten sie all die verstreut liegenden Sachen, Kleidung, Werkzeuge und Messer in ihre Taschen. Keiner der beiden war von Natur aus besonders ordentlich, aber darauf kam es auch keinem in diesem Augenblick an. Kendrik musterte seine Begleiterin vorsichtig aus den Augenwinkeln. Sie wirkte gelöst und befreit, beinahe glücklich. Wenn er nicht gewusst hätte, wie verzweifelt sie noch in der Nacht zuvor gewesen war, er hätte nicht gedacht, dass irgendwas ihr Leben trübte.
Es hatte ihn verwundert, dass sie sich weigerte, in der weitläufigen Burg leben zu wollen, die ihn jedes Mal ein wenig eingeschüchterte, wenn er dort etwas zu erledigen hatte. Aber es war nicht das erste Mal, dass sie ihn mit etwas, das sie tat oder sagte, überraschte. Vielleicht sollte er sich allmählich daran gewöhnt haben, dass sie anders war. Aber gerade deshalb mochte er sie. Abelle brachte ihn stets aufs Neue zum Staunen.
So wie sie frei heraus sagte, was sie dachte. Während er selbst peinlich berührt gewesen war, hatte sie seinem Onkel ins Gesicht gelacht und eine Antwort parat gehabt. Sie brachte ihn dazu, Dinge zu tun, die er bisher für unmöglich gehalten hatte und sich nach Dingen zu sehnen, die er immer für nicht begehrenswert erachtet hatte. Wie sehr er sich doch getäuscht hatte. In allem. Trotzdem hatten die beiden nicht darüber gesprochen und er wusste nicht, was es bedeutete, dass sie sich ein Bett geteilt hatten. Er wusste, was es ihm bedeutete. Aber er hatte keinen Schimmer was es für sie gewesen war. Ob es überhaupt irgendeine Bedeutung für sie hatte? Und er traute sich nicht, sie danach zu fragen. Und selbst wenn er den Mut aufbringen würde, wüsste er nicht, wie er danach fragen sollte. Worte waren nach wie vor nicht seine Stärke und erst recht nicht, über Gefühle zu reden - noch schlimmer über seine eigenen Gefühle. So schwieg er nachdenklich, während er ein Kleidungsstück nach dem anderen in seinen Jutebeutel stopfte.
Ihr weniges Hab und Gut war schnell in den Taschen verstaut und sie zum Abmarsch bereit. Die Tage des Sommers waren allmählich gezählt und für geübte Augen zeigten sich bereits die ersten Anzeichen des herannahenden Herbstes. Kendrik liebte diese Jahreszeit am meisten, sie brachte die intensivsten Gerüche im Wald mit sich, nach nassem Laub und würzigen Früchten, und sie brachte Veränderung. Veränderung, die man sehen konnte, wie die Blätter, die sich erst golden färbten und dann vom Wind davongetragen wurden. Er fühlte sich wie ein Blatt im Wind. Er spürte die Veränderung, die in ihm vonstatten ging, aber er hoffte, dass sein Wind ihn nicht irgendwohin wehte, wo er verloren war, sondern an einen Ort, wo er hingehörte. An einen Ort, wo er sich endlich zuhause fühlen konnte.
Seine Gefühle verunsicherten ihn. Vermutlich hätte er ein Gespräch mit seiner Mutter gesucht, wäre sie in seiner Nähe gewesen. So blieb ihm nur auf das zu hören, was sein Onkel ihm raten würde und auf das, was sein Herz ihm sagte. Das einzige Problem war, dass sein Herz bisher noch nie mit ihm gesprochen hatte. Oder er hatte einfach nie zuvor hingehört.
Und mit Abelle konnte er erst recht nicht sprechen. Nicht über Belanglosigkeiten, wenn er nicht wusste, wie er über so viel wichtigere Dinge mit ihr reden konnte und so legten sie den Weg in aller Stille zurück. Sie passierten eine Weile später das Stadttor von Waldhafen und überquerten den oberen Marktplatz, auf dem wie üblich ein reges Treiben herrschte. Sie mussten sich einen Weg zwischen all den Händlern, die lautstark ihre Waren anboten, und den Käufern und Feilschern auf der anderen Seite bahnen. Kendrik schob sich wie selbstverständlich vor das Mädchen, nicht weil sie seinen Schutz brauchte, sondern weil er größer war und es ihm nichts ausmachte, wenn er angerempelt wurde, während er Käufer und Schaulustige sachte zur Seite stieß und sich durch die entstandene Lücke quetschte, Abelle hinter sich herziehend.
Selbst Annabelle überragte die meisten der anwesenden Leute, aber er wollte sie vor allzu groben und rücksichtslosen Handeltreibenden und den vielen neugierigen Blicken schützen.
Sogar hinter seinem Rücken merkte er, wie die Marktleute ihre Köpfe drehten und sie offen anstarrten. Sie trug noch immer sein weites Hemd und seine Hose, dieselbe, die sie schon am Vortag getragen hatte und in ihrem Gesicht erkannte man noch die Spuren ihrer Trauer. Er zog sie enger an sich heran. Zittas Selbstmord hatte sich längst herumgesprochen. Es war an diesem Markttag mit Sicherheit das Thema Nummer eins. Wie viel die Bewohner hingegen von Abbys Rückkehr und dem Platztausch von Adelmuth und Eckhard mitbekommen hatten, war ihm unbekannt. Er hatte seinen Teil des Planes erfüllt, der Rest war Aufgabe seines Onkel und dessen Verbündeten.
So schnell es ihm möglich war, brachte er sich und das Mädchen durch das Gewimmel an Menschen und bog auf der anderen Seite in die schmale Gasse ein, in der das Häuschen seines Onkels stand. Das Haus war klein und bescheiden, aber für einen alleinstehenden Mann mehr als ausreichend. Silvans Wohnräume lagen im zweiten Stockwerk, den man über eine schmale, aber steile Holzstiege erreichen konnte. Die Räume darunter dienten ihm als Lagerraum für Vorräte aller Art und für all die Dinge, die er im Laufe seines Lebens angehäuft hatte.
Kendrik öffnete die Tür und ließ Annabelle den Vortritt. Sie erstarrte, stieß einen kleinen Schrei aus und stürmte auf den beleibten Mann zu, der neben Silvan am Tisch saß. Dieser erhob sich schwerfällig und schloss das Mädchen in seine Arme. Abby überragte ihn um ein gutes Stück. Seine schütteren Haare waren einen Stich roter und seine lachenden Augen grüner als ihre. Kendrik erkannte den ehemaligen Herrscher von Waldhafen von früheren Besuchen. In schlichter Kleidung und Silvans bescheidenem Heim wirkte er viel weniger einschüchternd als wenn er von den Stufen im Empfangssaal auf einen herunterblickte, trotzdem fürchtete Kendrik die Begegnung. Zögerlich nährte er sich den beiden Wiedervereinten.
Abby löste sich aus der Umarmung und drehte sich zu ihm um. „Das ist Kendrik, Silvans Neffe, der mich die ganze Zeit über begleitet hat." Sie lächelte ihn freudestrahlend an. Der Junge lächelte verlegen, nickte stumm und wich dem prüfenden Blick ihres Vaters aus. Er war sich nicht sicher, was von ihm erwartet wurde und ob es angebracht war, um Entschuldigung zu bitten.
„Ich danke dir, mein Junge, dass du dich gut um meine Tochter gekümmert hast." Ein wissendes Grinsen schlich sich in die von tiefen Falten umgebenen grasgrünen Augen. Adelmuth legte seine Hand in einer wohlwollenden Geste auf Kendriks Schulter und brachte sein Gegenüber dazu, den Blick zu heben, die Wangen noch immer gerötet. „Du bist also Silvans Neffe, von dem ich schon so viel gehört habe. Jetzt ist es aber an der Zeit, dass ihr mir erzählt, wie es euch ergangen ist."
Er wies seine Tochter und ihren Begleiter an, sich auf die alten Holzstühle zu setzen und während Silvan ihnen etwas in ihre Becher goss, begannen sie zu berichten. Hie und da fragte Adelmuth nach oder lachte, als er von den Aktionen seiner Tochter hörte. Es gefiel ihm und er bewunderte sie dafür, dass sie stets den Weg wählte, den sie beschreiten wollte. Seine Tochter war immer schon ein zu allem entschlossenes Kind gewesen. Und jetzt war es an der Zeit, dass auch er dem Weg folgte, den er schon lange gehen wollte. Er wollte nicht mehr zurück in seine alte Position und auch einen Platz im neuen Rat schlug er aus, als Silvan ihn danach fragte. Ein Neuanfang war das, was er brauchte, und auch das, was das kleine Hafenstädtchen Waldhafen nötig hatte. Aber seine Tochter war die richtige Person für diese Aufgabe. Sie hatte Mut, Entschlossenheit und wusste, was sie wollte und sie hatte keine Angst davor unbekannte Wege zu beschreiten.
Kendrik entspannte sich immer mehr in Gesellschaft ihres Vaters. Nichts an seinen Worten und erst recht nichts an seinem Lachen, ließ darauf schließen, dass er ein strenger Herrscher oder ein aufgebrachter Vater war. Der Junge wagte es sogar, den Blick zu heben und Abelle dabei zu beobachten, wie sie erzählte. Ihre Augen strahlten und ihre Hände vollführten lebhafte Gesten in der Luft. Er lächelte. Vielleicht hatte er sich getäuscht und das Donnerwetter würde ausbleiben. Er wusste es nicht, dazu kannte er Adelmuth nicht gut genug. Silvan würde Rat wissen.
Schließlich war ihre Geschichte erzählt. Eine Geschichte voller Aufregung und Abenteuer, dramatischer Wendungen mit nicht immer gutem Ausgang. Aber Adelmuth war sich sicher, dass das letzte Kapitel erst noch geschrieben werden musste.
Silvan erhob sich und forderte seinen Neffen auf ihn zu begleiten. „Komm mit, Junge. Wir müssen noch Holz für die Nacht und frisches Wasser holen." Kendrik erhob sich. Er überragte seinen Onkel um eine ganze Kopfeslänge, aber er folgte ihm ohne Widerrede. Noch immer fürchtete er die Standpauke, die ihm von Abelles Vater drohte. Lieber überließ er seinem Onkel dieses Vergnügen.
„Lassen wir den beiden etwas Zeit alleine", erklärte Silvan seinem Neffen, während sie die schmale Holzstiege hinuntergingen. Die Sonne senkte sich bereits tief hinter die Dächer der Häuser. Zu dieser Jahreszeit wurde es früh dunkel.
Im Frühjahr hatten Silvan und Kendrik tagelang Holz gehackt und die kleinen Scheite unter einem Vordach im Hinterhof aufgestapelt. Silvan nahm ein paar Holzstücke und warf sie in einen geflochtenen Weidenkorb. Der Junge tat es ihm nach.
Er zögerte und schaute seinen Onkel an. „Silvan, kann ich dich etwas fragen?" Seine Stimme klang unsicher.
„Selbstverständlich. Frag nur und wenn ich dir helfen kann, tue ich es."
Kendrik räusperte sich, kratze sich verlegen am Kopf, ehe er mit der Sprache herausrückte.
„Es geht um Abelle." Der Spitzname, den er sich für sie ausgedacht hatte, war ihm lieb geworden. „Sie verwirrt mich. Ich weiß nicht, was ich machen soll."
Silvan überlegte eine Weile. Es hatte nie jemand in seinem Leben gegeben, er kannte die Verwirrung, von der sein Neffe sprach, nur vom Hörensagen, aber etwas anderes hatte er gehört, als er im Städtchen unterwegs war. Die Leute sprachen mit Bedauern von Zitta und mit Erleichterung von Adelmuth, auch die Nachrichten von Eckhard hatten die meisten mit Freude aufgenommen. Aber von Annabelle sprachen sie mit offener Neugierde und brennendem Interesse. Nicht nur von ihr, auch von seinem Neffen. Waldhafen war ein geschwätziges Örtchen, außergewöhnliche Ereignisse ein gefundenes Fressen. Er hatte die Ohren gespitzt, jedes Mal, wenn er einen ihm vertrauten Namen vernommen hatte.
Die einen hatten erzählt, das junge Mädchen sei mit einem Fallensteller davongelaufen. Die anderen hatten behauptet, die beiden seien schon lange heimlich ein Paar und nur deswegen halte sich die junge Dame ständig in Begleitung des Onkels auf. Eine vorwitzige Marktfrau hatte sogar gewusst, dass bald Nachwuchs ins Haus stünde und man war gespannt, ob eine Heirat stattfinden würde. Silvan hatte nur zugehört und sich seinen Teil gedacht. Je wilder spekuliert wurde, desto weniger Wahrheit steckte am Ende dahinter. Aber ein Körnchen Wahrheit lag meist selbst der verrücktesten Geschichte zugrunde.
Er hatte gesehen, mit welchen Blicken Kendrik Abby musterte. Er hatte bemerkt, wie nahe sich die beiden gekommen waren. Und ihm war bewusst geworden, dass der Junge Gefühle für sie entwickelt hatte, die weit tiefer gingen als Freundschaft. Auch wenn Kendrik selbst es sich nicht eingestehen wollte. Sein Neffe war noch jung und unerfahren in Dingen wie der Liebe. Er hatte gesehen, wie verändert seine Abby nach den Tagen im Exil gewesen war. Er hatte bemerkt, wie frei und glücklich sie sich an Kendriks Seite fühlte und er war sich sicher, dass auch er ihr nicht gleichgültig war.
Vermutlich war es das Beste für die beiden, zusammen zu sein. Schließlich hatten beide ihren Weg lange genug alleine bestritten.
„Gibt es denn etwas, dass du gerne machen würdest?" Er schaute seinen Neffen prüfend an. Das Bild der beiden, friedlich schlafend in einem Bett, war noch frisch in seinem Gedächtnis.
„Eigentlich würde ich ihr gerne sagen, wie ich mich fühle. Aber erstens weiß ich nicht wie und zweitens traue ich mich nicht." Mit Silvan konnte er offen sprechen.
„Mut macht den Anfang, Glück das Ende! Trau dich und du wirst sehen, was du gewinnen kannst."
„Und was soll ich ihr sagen?"
„Magst du sie?"
„Ja"
„Willst du bei ihr bleiben? Willst du, dass sie bei dir bleibt?"
„Ja"
„Willst du mehr mit ihr tun, als nur in einem Bett schlafen?"
„Ja." Die Worte hatten Kendrik nun endgültig verlassen. Sein Onkel wusste stets das Richtige zu sagen und es musste nicht einmal viel sein. Dafür hatte sich eine tiefe Röte auf seine Wangen geschlichen.
„Dann sag ihr genau das. Dass du sie magst. Dass du bei ihr bleiben willst, dass sie bei dir bleiben soll. Ich glaube damit kannst du nichts falsch machen. Das Letzte lässt du aber besser weg." Auch auf den von Wind und Wetter gegerbten Wangen seines Onkels lag eine leichte Röte.
„Und wann soll ich es ihr sagen?"
„Schwierige Dinge bringt man am besten so schnell wie möglich hinter sich. Du wartest hier. Ich schicke Abby zu dir nach unten." Kendrik nickte. Ein Kloß lag in seinem Hals und er wusste nicht, ob er die Worte herausbringen würde, die er sich mit Hilfe seines Onkels bereitgelegt hatte. Er flüsterte sie noch einmal leise in die anbrechende Dunkelheit.
„Hast du etwas gesagt?" Ihre fröhliche Stimme unterbrach seine Gedanken.
„Ja - ähm, ich meine nein." Der Anfang lief schon einmal gut. „Was ich sagen will, ist - "
Sie stand jetzt direkt vor ihm und schaute ihm erwartungsvoll in die Augen.
„Ich will dir etwas Wichtiges sagen." So war es schon besser.
Sie beugte sich noch näher zu ihm heran, um seine leisen Worte besser verstehen zu können. Die Nähe zu ihr machte es nicht leichter. Er schloss die Augen. Blendete die neugierig auf ihn gerichteten bernsteinfarbenen Augen aus. Für einen Augenblick. Um klar denken zu können.
„Ich mag dich und ich will, dass du bei mir bleibst und ich will bei dir bleiben." Er hatte es viel zu schnell hervorgestammelt. Er öffnete die Augen und schaute sie an. Sie grinste.
„Kann es sein, dass du mich eigentlich etwas fragen willst?" Sie stand inzwischen so nah vor ihm, dass er den blumigen Duft ihrer Haare riechen konnte.
Er nickte. „Ja." Es schien das einzige Wort zu sein, das zu sagen er an diesem Abend im Stande war. Worte waren einfach nicht seine Stärke. Würden es nie sein.
Sie stellte sich keck auf die Zehenspitzen. Jetzt waren ihre Augen genau auf der Höhe von seinen. „Dann frag doch einfach, wenn du dich traust, meine Antwort zu hören."
Er atmete tief ein und nahm all seinen Mut zusammen. Wer sich nicht traute, konnte auch nicht gewinnen.
„Darf ich dich küssen?"
„Ja." Sie nickte. Er mochte dieses kleine, kurze Wort. Von diesem Tag an würde es sein Lieblingswort sein. Zaghaft drückte er seine Lippen auf ihre, kurz und schnell. Sein erstes Unterfangen in dieser Richtung.
Sie schaute ihn fragend an, war keinen Millimeter von ihm zurückgewichen. „Das war's? Deswegen machst du so einen Aufstand?"
Er spürte ihren Atem in seinem Gesicht. „Möchtest du etwa noch mal von mir geküsst werden?", fragte er hoffnungsvoll und blickte sie aus großen dunkelbraunen Augen an.
„Ja, will ich." Und ehe er sich versehen konnte, hatte sie sich auf ihre Zehenspitzen erhoben und ihre Lippen erneut gegen seine gepresst. Dieses Mal fest und entschlossen.
Ihre Antwort war eindeutig und sie gefiel ihm sehr.
Was ihr Vater davon halten würde, damit würde er sich später auseinandersetzen. Jetzt vernebelte ihm etwas anderes die Sinne. Etwas viel Erfreulicheres und Schöneres.
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