Der Wolf - zurück in uns'rer Welt
In Zivilisation
Wir ha'm ihn vor dem Tod gerettet -
Und was ist der Lohn?
Er reißt die Herden, macht uns Angst
Die Kinder zittern, wein'
Er muss weg, muss weichen, er muss
Ausgerottet sein

Der Wolf
Er kommt mit schwerem Schritt
Er kommt auf leisen Sohlen
Ihr hört ihn nicht
Er poltert laut
Er kommt euch alle holen
Mit großen Sätzen jagt voran
Er langsam wie die See
Wie ein Orkan, wie Sommerwind
Er tut euch allen weh
Die Fratze ist vom Schmerz entstellt
Und friedlich schlaft ihr ein
Ein letzter Atemhauch, ein Schrei
Ihr sollt nicht länger sein
Ganz einsam ihr im Sterbebett
Wo tausend Augen sind
Ihr angestarrt vom Nichts der Welt
Und draußen heult der Wind
So flieht ihr oft
Doch immer kommt er sicher wie die Nacht
Die jeden Tag letztendlich frisst
Und dann darüber lacht
Denn der Triumph der Dämmerung
Ist Maskerade nur
Im Wohlstand baut ihr Sonnenschein
So zieht ihr eure Spur
Der schwarze Wolf, er wittert euch
Er kann euch leuchten seh'n
Der Wolfsmond, silbern schimmert er
Und golden eine Trän'
Doch Wolf, Gevatter und Gesell'
Er liebt euch bis zum Schluss
Er sorgt sich, weint oft bitterlich
Gibt euch den letzten Kuss
Ihr werdet sterben heute Nacht
Ihr sterbt in hundert Jahren
Das Leben wird euch sicher nicht
Auf ewig hier verwahren
Und wenn er kommt bei Tag, bei Nacht
Und wenn er kommt im Abendrot
Dann seid ihr nicht mehr aufgewacht
Dann seid ihr alle tot

Der Wolf ist nicht zurückgekehrt
Denn immer gab's das Vieh
Verlor den Schrecken hier und dort
Die Fährte aber nie

September 2019