Sonntag - 40.3 - Jimins Song

Don't forget  -  it's fiction!

....................................................................................................................

Kurz nacheinander tauchen beide Ausflüglergruppen wieder in der Hotelsuite auf. Mit der Ruhe ist es also vorbei. Der große rote Schirm wird zum Trocknen aufgespannt neben die Eingangstür gestellt. Namjoon kocht schon wieder Kaffee, und dann kuscheln sich alle irgendwie in die Sessel und aufs Sofa, wärmen sich auf nach dem garstigen Wetter draußen und erzählen sich gegenseitig, was sie gesehen und erlebt haben.

Jin, Jimin und Hobi erzählen sehr plastisch, gut gelaunt und ziemlich durcheinander von dem schrillen ABBA-Museum, den grauenvollen Klamotten und dem coolen Fake-Konzertsaal. Sie zeigen Bilder von sich beim Tanzen und Singen und beichten auch den Schockmoment mit dem Kreische-Fangirl. Über soviel „Enthusiasmus" von manchen Fans können sie alle echt nur den Kopf schütteln.

Nachdem die drei Foto-Fans ihre Eindrücke vom Foto-Museum wiedergegeben haben, muss Namjoon etwas schmunzeln.
„Ihr seid echt klasse. Man muss schon sehr genau hinhören, um zu kapieren, dass ihr alle im selben Museum ward."
Jin grinst.
„Ist doch nicht schlecht. Ich musste nur einmal los und war heute schon in vier verschiedenen Museen!"
Da müssen nun alle schmunzeln.

„Und du? Was hast du den ganzen Tag alleine gemacht?"
Jin interessiert sich nun auch für Namjoons Aktivitäten. Der gibt kurz sein bekanntes „kchchch"-Lachen von sich.
"Kaffee getrunken. Viiieeeeel Kaffee. Wer mit mir die Nacht durchmachen will, ist herzlich willkommen. Ich hab genug Koffein im Blut, dass ein Vampir drei Tage und Nächte durchmachen kann."
Jin runzelt die Stirn.
„Hä???"
Aber Namjoon erbarmt sich der anderen, die alle ziemlich irritiert und nun noch neugieriger aus der Wäsche kucken.

„Den 1. Kaffee hatte ich beim Frühstück, den 2. beim Abwarten des Zimmerservice, den 3. auf dem Balkon, wo ich einem roten Regenschirm auf der Straße nachgeschaut habe, den 4. beim Texten und Komponieren, den 5. ... ne, wartet, war das nicht andersrum? - Egal! Den 6. jedenfalls in der Esskneipe, in der ich zu Mittag gegessen und ein paar Gedichte gelesen habe. Zurück zu Hause hab ich mich erstmal nicht mehr getraut, noch mehr Kaffee zu trinken. Sonst schlafe ich gleich zwei Nächte hintereinander nicht mehr. Naja -"
Er hält seine Kaffeetasse hoch.
"Hat ja nicht lange gehalten ... Jedenfalls ist Yuiko total nervös wegen ihrer Klausuren, mein Blutdruck ist unter der Decke und Jimins Song ist im Rohbau fertig."
Jimin strahlt bei diesen Worten.
„Danke, Joonie!!!"
Namjoon lächelt.
„Bedank dich bei Guk. Sein Durchbruch gestern war auch meiner heute. Und ich wollte dich und Yoongi fragen, ob ihr gleich Lust habt, an dieser Rohfassung weiterzuarbeiten. Ich bin jedenfalls soweit, dass wir mal über einen Rhythmus und die Instrumentierung nachdenken können."

Jeongguk ist inzwischen fast über den Wohnzimmertisch gekrochen, weil er unbedingt wissen will, was er mit Jimins Song zu tun hat.
„Wenn ich schon irgendeinen Anstoß gegeben habe – darf ich den Song dann auch mal hören?"
Jimin zuckt zusammen. Aber Namjoon vertröstet Guk.
„Ich würde ihn erst gerne nur Jimin und Yoongi vorspielen. Wenn die das bisherige Ergebnis durchwinken, sind wir wahrscheinlich in ein, zwei Stunden so weit, dass ihr eine vorläufige Fassung zu hören bekommt. Bist du einverstanden, Jimin?"
Der schluckt, weil er immer noch nicht glauben kann, was da mit seinen paar Tönen passiert, steht auf und fährt sich verlegen mit den Fingern durch die Haare.
"Na, dann mal ran, wenn wir heute noch so weit kommen wollen!"
Yoongi knurrt, weil er es sich grade so schön gemütlich gemacht hatte, steht dann aber doch auf, nimmt sich noch einen Kaffee und schlurft hinter den beiden anderen her in das Büro der kleineren Nachbarsuite. Dort schnappt sich Jimin im Wohnzimmer einen der Sessel und schiebt ihn ins Büro. Das ist damit restlos voll, aber Yoongi kann es sich wieder bequem machen. Dankbar schaut er Jimin an.
„Guuute Idee!"
Mit einem Seufzer versinkt er in den weichen Kissen.

Namjoon sucht kurz im Computer und stellt seine erste Demo-Version an. Yoongi hat die Augen geschlossen, weil er dann in seinem Kopf dem Song besser nachspüren kann. Für ihn ist ein Song wie ein Wesen, das lebt. Und das die richtige Pflege braucht, damit es gedeihen kann. Jimin hat die Augen geschlossen, weil er sich dann besser seine eigene Stimme an Stelle von Namjoons vorstellen kann. Als der Song verhallt ist und die beiden ihre Augen wieder öffnen, nicken sie beide anerkennend. Namjoon reicht Jimin das Textblatt und Yoongi die Noten. Jimin liest aufmerksam den Text und freut sich wie Bolle. Das fühlt sich so gut und richtig an! Er macht sich die Melodie in dieser Fassung zu eigen und singt sie dann über das Demo ein. Yoongi hat wieder nur zugehört.

„Lasst mich doch mal an den PC."
Yoongi brummt zufrieden und tauscht mit Namjoon den Platz. Die eingespielten Töne sind als Klavierversion abgespeichert. Er fängt also an, rumzuspielen und die Töne auf verschiedene Instrumente umzustellen. Er probiert es mit Geige, dann mit einer Harfe, mit einer Klarinette, einer Flöte. Er legt Rhythmen drunter, schraubt an der Lautstärke. Jimin hat das noch nicht oft mitgekriegt. Es ist echt faszinierend, wie die selbe Tondatei jedesmal wieder sooo anders klingen kann. Er versteht auch nicht alles, worüber sich Yoongi und Namjoon austauschen, aber er hat doch das Gefühl, mittendrin zu sein.

„Jimin?"
...
„Jimin?"
Uhh
„Ja, hier!"
Die beiden anderen schütteln den Kopf.
„Wo warst du denn grade?"
Das weiß er auch nicht so genau, vielleicht einfach müde. Yoongi versucht es nochmal.
„Sag mir doch bitte mal, welches der Instrumente dir am ehesten passend erscheint."
Sie geben ihm von den verschiedenen Versionen jeweils eine Kostprobe. Jimin hört genau hin und fragt in sich drin nach dem passenden Gefühl dazu.
„Ich glaube, von diesen Instrumenten mag ich am liebsten die Harfe. Aber die ist mir irgendwie noch zu ... niedlich? Und gleichförmig? Es sind sanfte Worte, und es soll in meiner Vorstellung auch ein sanfter Song sein, auch wenn er von Schmerz und Leid spricht. Die Instrumente dürfen deshalb lebhafter rüber kommen, um das beides zu verbinden."
Alle drei denken nach.

„Habt ihrs mal mit Gitarre probiert?"
Jimin schaut plötzlich hoch. Yoongi und Namjoon schauen sich an. Yoongi stellt den Sound auf klassische Gitarre, und schon klingt der Song tatsächlich lebhafter und irgendwie vollständig. Als ob keine weiteren Instrumente gebraucht würden. Wenn da jetzt noch ein bisschen Dynamik rein kommt ...

„O.K. - der Rhythmus. Jimin. Du hast das jetzt einmal gesungen. Was bedeuten dir diese Worte? Quatsch einfach drauflos. Dann kommt uns am ehesten die Erleuchtung."
Yoongi filtert die Tonspur mit dem Gesang raus und lässt die Musik in Dauerschleife laufen. Jimin denkt nach.
„Angst, Schmerz, Einsamkeit, Hoffnung. ... Zukunft, Versprechen, mir selbst gut tun. ... Lebensfreude, trotz Verletzungen nicht aufgeben. ... Zufriedenheit, Versöhnung. Eine Ahnung vom Glücklichsein. ... Aufstehen und losgehen. Mit geschlossenen Augen verträumt vor sich hin tanzen. ..."

Yoongi hat derweil den leisen Giterrenklang immer mal auf einen anderen Rhythmus eingestellt. Bei Jimins letzten Worten drückt er auf die Taste „Swing", nach wenigen Takten fliegen Jimins Augen auf, und Namjoon hebt den Kopf.
„Mach das mal für den ganzen Song!"
Also regelt Yoongi den Text wieder dazu und lässt die Demoversion mit einer swingigen Gitarre laufen. Alle drei werden größer in ihren Stühlen und Sesseln, sind auf einmal aufgewacht aus ihrer Trägheit. DAS klingt genau richtig.

„Lasst mich das noch ein paarmal ohne Text hören. Ich will mir den Text passend zu diesem Rhythmus aneignen."
Jimin ist nun ganz kribbelig. Konzentriert hört er auf die Musik und summt immer wieder mit, verfolgt dabei den Text mit den Augen, versucht, sich mit seinem Ausdruck dem Rhythmus anzupassen. Schließlich traut er sich zu, zum Demo zu singen.
„O.K. - nochmal aufnehmen?"
Yoongi macht alles startklar und gibt Jimin den Einsatz, weil die Stimme exakt nach dem ersten Ton starten muss. Dann singt Jimin auf die Swinggitarre seinen Song. Sofort spielt Yoongi ihnen das Ergebnis vor. Anschließend ist es ganz still in dem kleinen Raum.

„Woah! DAS ist MEIN Lied???"
Jimin versteckt sein Gesicht hinter den Händen, aber sein Strahlen kann er doch nicht verbergen. In Namjoon wird es ganz warm angesichts dieser fast kindlichen Freude.
„Jaaa. DAS ist DEIN Song! Und ich finde, deine kleine Melodie macht sich wirklich ausgesprochen gut. Du hast das musikalische Thema geliefert, die Worte inspiriert, das richtige Instrument gefunden und den Rhythmus festgelegt. Das ist echt DEIN Song!"
Yoongi klopft ihm auf die Schulter.
„Und wenn du mutig genug bist, bringst du es gleich hinter dich und singst es sofort den anderen vor. Bevor du noch nervös werden kannst deswegen. Hopphopp!"

Wo er Recht hat, hat er Recht! Entschlossen steht Jimin auf und greift nach Text und Noten. Namjoon stöpselt seinen Laptop ab, und gemeinsam gehen sie zurück in die größere Suite. Dort haben sich die anderen inzwischen verkrümelt und gehen alle ihren eigenen Dingen nach. Aber wie die Drei da so ausgerüstet zur Tür reinkommen, schaltet Hoseok sofort.
„Jungs! Musiiiik!!!"
Gleich kommen alle wieder angeflitzt und knäulen sich aufs Sofa. Namjoon macht seinen Laptop wieder startklar, Jimin schließt einen Moment die Augen, fühlt sich ein und holt tief Luft. Dann gibt Namjoon ihm den Einsatz – und er singt. Er singt seinen ersten eigenen Song.

Man könnte eine Stecknadel fallen hören. Bis mittendrin Guk die ersten Tränen laufen. Er kuschelt sich an Hoseok, der ihm erstaunt ins Gesicht sieht, begreift - und auch anfängt zu weinen. Bald kullern auch bei Jin und Tae die Tränen. Der Song ist traurig und voller Sehnsucht, voller Schmerz und doch voller Hoffnung. Jimins Stimme ist so sanft und gefühlvoll. Es ist die Quintessenz der vergangenen Wochen. Es ist zauberhaft und wunderschön. Bis die letzten Worte und Töne verhallt sind, haben sich alle an den Händen gefasst und drücken sie nun einmal fest gegenseitig.
„Danke!"
Ergriffen flüstert Guk nur dieses eine Wort und öffnet erst nach einer ganzen Weile die Augen wieder.

In die Stille hinein sagt Namjoon aus heiterem Himmel
„Promise."
...
„Das ist der Titel, oder? 'promise'! Das Versprechen ..."

Und einen Augenblick später fügt er leise hinzu, was ihn heute so beschäftigt hat.
"Ich hab mir heute auch was versprochen. Ich werde sie nicht wieder ziehen lassen, ohne diese Chance genutzt zu haben. ICH will den letzten Ton hinter dieses Lied setzen. Und der soll in Dur sein! Nicht in Moll ..."

............................................................................

7.3.2019    -    8.6.2019    -    2.11.2019
13.4.2020

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top