Montag - 34.6 - wie eine große Familie
Don't forget - it's fiction!
....................................................................................................................
Als Heike und Mauri gegangen sind, holt Jimin sich sofort die Meerschweinchen als Ersatz. Es herrscht eine komische Atmosphäre im Raum, und ich überlege, wie ich das wieder auflösen kann. Ein Blick zur Uhr hilft enorm dabei, denn es ist längst Zeit, die Pizza vorzubereiten. Markus, der zwischenzeitlich von der Arbeit nach Hause gekommen ist, geht in die Küche und macht den Teig. Er bittet dann alle nacheinander, zu ihm zu kommen und sich ein Stück Pizza selbst zu belegen. Irgendwann wandern die Pizzen in den Ofen, und die Schlange vor unserer Küche löst sich wieder auf. Routiniert bauen die Jungs das Wohnzimmer zurück und decken die lange Tafel für das Abendessen. Markus bewacht die Pizza und wärmt derweil die Suppe wieder an.
PD spricht mich an.
„Nachdem ich nun ihr Haus gesehen habe, muss ich mich einfach nochmal bedanken, dass sie im März so beherzt reagiert und die Jungs aufgenommen haben. Und sie am nächsten Morgen nach der Katastrophenwarnung nicht sofort weggeschickt haben. Und sie nicht nur beherrbergt sondern auch mit soviel Liebe, Feingefühl und gesundem Menschenverstand durch diese Tage gelotst haben. Das lässt sich mit nichts aufwiegen. Ich könnte schon wieder vor Scham vergehen, dass ich dann auch noch Unruhe verbreitet und wie ein Störfeuer dazwischen geschossen habe. Ich habe nun zwei Wochen lang beobachten können, wie diese Zeit alle sieben Jungs verändert hat. Und das alles heute! Einfach: danke!"
Ich weiß gar nicht, wo ich hinsehen soll. Jimin spürt meine Verlegenheit und huscht zu mir, um mich in den Arm zu nehmen.
„Du bist eben unsere Herzensmutter! Du konntest gar nicht anders!"
Dankbar lächele ich ihn an.
Ich hoffe, ich finde die richtigen Worte.
„Wir sind genauso reich beschenkt worden. Jeder der Sieben hat auf seine Weise Spuren bei uns hinterlassen. Wir sind ja auch an dieser Herausforderung gewachsen. Wir alle haben neu gelernt, das Kleine, das Unscheinbare nicht mehr als selbstverständlich hinzunehmen. Unsere Kinder - nein, eigentlich wir alle! - kennen diese für Koreaner übliche Höflichkeit und Rücksichtnahme nicht und haben viel dadurch gelernt, einfach, weil es sein musste. Die Ungewissheit hat uns gezwungen, zu haushalten – mit Kräften, Nerven, Lebensmitteln, Gefühlen – und Wasser. Umweltschutz ist etwas, was in Deutschland seit Jahrzehnten groß geschrieben wird. Aber Wasser zu rationieren war eine völlig neue Erfahrung. Das war meine größte Angst. Dass uns irgendwann das Trinkwasser ausgeht oder wir den Hygienestandard nicht mehr so hoch halten können, dass niemand krank wird. Alle anderen hätten das eine Weile ausgehalten, Durchfall bringt so schnell niemand um, aber für Jimin wäre das in seinem Zustand sehr schnell der GAU gewesen. Deshalb bin ich sofort aktiv geworden. Ich hatte Horrorvisionen davon, dass Jimin ins Krankenhaus muss – ohne Sprachkenntnisse, getrennt von den anderen, das Krankenhaus überfüllt, alle gestresst von der Ungewissheit, keine Rücksichtnahme, keine Privatsphäre. Er hätte darunter unglaublich gelitten."
Aus dem Augenwinkel habe ich gesehen, wie Hobi immer unruhiger auf seinem Stuhl herum gerutscht ist bei meinen Worten. Jetzt platzt es aus ihm heraus.
„Yoongi, dein Computer steht noch da. Guk, hast du die Filmsequenzen hier? Jungs – sollen wir???"
Nur kurz müssen die anderen überlegen. Aber grade, als ein Verstehen über die Gesichter huscht, kommt der Pizzaruf aus der Küche.
„Aber nachher!"
Hobi mahnt, dass sein Wunsch nicht untergeht, und keiner der anderen wehrt sich.
Also holen wir uns unsere Pizzastücke in der Küche ab und lassen uns entspannt zu Suppe, Pizza und Eis nieder. Die Gepräche plätschern dahin. Die Sechs erzählen von den schönen Erlebnissen in Moskau. Taehyungs Qualitäten als Eventmanager werden gelobt. Und so kommt das Gepräch irgendwann auf London. Wir bedanken uns nochmal, dass es uns möglich sein wird, so ganz hautnah dabei zu sein, und erzählen, dass uns nur noch eine Person fehlt für unsere Truppe. Ohne zu ahnen, dass das heute bereits Thema war, spreche ich dann das Hotel an.
„Ich bin echt froh, dass das alles für uns geregelt wurde. Inzwischen ist mir klar geworden, dass wir überhaupt keine Chance gehabt hätten, selbst Betten zu organisieren wegen der dusseligen Royal Wedding."
Namjoon hakt ein.
„Es gibt in der englischen ARMY ziemlich viel Unruhe deswegen. All die normalen Kids, die sowieso ein halbes Vermögen für die Eintrittskarte ausgegeben haben und die nicht aus London stammen, sorgen sich jetzt, weil sie einfach keine bezahlbare Unterkunft finden. London ist so unglaublich dicht. Vor allem die Leute aus dem Ausland kommen einfach nicht unter."
Ich überlege, wie ich das für so eine Massenunterkunft organisieren würde und muss plötzlich an frühere Kirchentage denken, an Klassenzimmer voll mit Jugendlichen, an Privatquartiere in Kirchengemeinden. Da funktioniert das doch ... - ... auch ...
„Natürlich, das ist es!"
Alle sehen mich verständnislos an.
„Was schätzt ihr, wie viele der Konzertbesucher aus dem Großraum London kommen werden?"
PD denkt nach.
„Naja – so ein Drittel bis die Hälfte? Warum?"
Ich werde allmählich warm mit meiner Idee.
„Weil es mit Sicherheit einige Fan-pages und Facebook-Gruppen und sonstige Netzaktivitäten gibt, wo die englische ARMY sich organisiert. Eigentlich müssten nur alle Londoner Konzertbesucher ihre Türen öffnen für die von außerhalb, und schon hätte jede ein Bett, netten Anschluss und vielleicht eine Freundin fürs Leben. Diese ganzen Kids wären mit Sicherheit völlig zufrieden mit einer Luftmatratze für die Nacht und einem Tee am nächsten Morgen. Es sind noch knapp vier Wochen. Das müssten die doch geregelt kriegen!"
Perplex sehen sich die Koreaner an, und Kwon fängt an zu lachen. Erst erklärt er einiges auf koreanisch, wobei die anderen ihn mit großen Augen anstarren, und dann uns auf deutsch.
„Das ist eine geniale und einfache Lösung. Aber total deutsch gedacht. Sowas gibt es bei uns nicht. Einfach bei Fremden aufschlagen. Wie soll man denn da fragen! Was da alles passieren kann! Wer weiß, wen man sich da ins Haus holt! Was könnte meinem Kind alles passieren! Und so weiter ..."
Während er das aufzählt, wird mein Grinsen immer breiter.
„Jajaaa. Ich erinnere mich ... Ich musste Namjoon förmlich fesseln und knebeln, damit er nicht die ganze Truppe aus reiner Höflichkeit wieder auf die Straße schiebt, und sie alle kurz danach vor lauter Jetlag im nächsten Straßengraben eingeschlafen wären! Er wollte allen Ernstes auf die Koffer warten, dann ein Hotel suchen und dann erst schlafen."
Dieser Tag scheint Äonen weit zurück zu liegen.
„Nein, ganz im Ernst. In Europa funktioniert sowas. Es gibt richtige Organisationen, die für Radfahrer oder Motorradfahrer oder was-weiß-ich's Betten vermitteln, ganze Häuser und Wohnungen für Urlaube tauschen und sowas. Ich bin sehr sicher, dass es findige Leute geben wird, die das für die beiden Konzerte organisieren können, wenn man sie sofort auf diese Möglichkeit aufmerksam macht. Und vielleicht könnte man es regeln, dass vor und nach dem Konzert irgendwo im Foyer der Halle ein Info-Point für Last-minute-Betten eingerichtet wird. Ich bin mir sehr sicher, dass dann niemand unter der Brücke oder im Auto pennen muss."
Guk schnappt sich sein Laptop und fängt an zu googeln. Nach und nach findet er raus, wie diese Seiten heißen, wie die Vermittlung funktionieren könnte und kapiert, dass das vielleicht tatsächlich die Lösung ist.
„Na, dann wollen wir doch morgen mal eine Botschaft an die englische ARMY richten. Das wäre ja wohl gelacht!"
Ich denke weiter.
"Ich glaube, da muss nur jemand mit Fachwissen eine Bettenbörse im Internet einrichten. Die Suchmaske müsste Informationen abfragen, die beiden Seiten Sicherheit gibt. Und wenn man das konsequent zu Ende denkt, müsste eigentlich sogar der Betreiber der Halle ein Interesse daran haben, dass es sowas gibt."
Immer mal wieder haben die Jungs schnell den Tisch ab und für den nächsten Gang wieder aufgedeckt. Immer wieder sind staunende Blicke zu Jimin gewandert, der von allen drei Gängen gut gegessen hat. Der merkt das wohl, grinst zufrieden, geht aber überhaupt nicht drauf ein. Nicht, dass dann schon wieder die gefährliche Frage gestellt wird! Schließlich sind dann endgültig alle pappsatt und zufrieden.
Da erinnert Hoseok uns an seinen Wunsch.
„Jungs – Wasser???"
Grinsen, schon wieder Sofa wegräumen, Laptops an Anlage und Beamer anschließen, Leinwand runter. Irgendwann fängt PD an zu lachen.
„Es ist einfach irre. Ihr seid WIRKLICH hier zu Hause. Auch das wäre in Korea undenkbar - dass Gäste einfach anfangen, den halben Haushalt umzubauen. Und dass die Gastgeber ganz entspannt sitzen bleiben und zusehen. Ist das hier überall so?"
Ich schüttele den Kopf.
„Wenn ich ehrlich bin, ist das gar nicht soo typisch deutsch. Das ist eher typisch wir, weil wir Gäste, die sich zu Hause fühlen, einfach viel angenehmer finden, als die, um die man drumrum tanzen muss ... Und wir wären ja irre geworden, wenn wir zehn Tage lang für elf Leute hätten machen müssen, weil sieben es zu unhöflich gefunden hätten, selbst zu machen. Sie mussten sich allerdings erst daran gewöhnen ..."
Ich zwinkere Namjoon zu, der zurück grinst.
„Und was passiert hier jetzt grade?"
Sung-Deuk meldet sich neugierig zu Wort und schaut dem seltsamen Treiben aufmerksam zu.
„Warts ab!"
Der Ruf erschallt aus sieben Kehlen. Die Jungs fangen an, sich aufzuwärmen. Und dann sehen PD und Sung-Deuk zum ersten Mal den Rohbau vom Wassertanz – die akrobatische Weltkugel, Delphin und Äffchen, Baum, Mensch, Maschine und den Untergang. Am Ende sehen die Jungs ihre Manager erwartungsvoll an. Doch während PD sich nur stumm und staunend am Hinterkopf kratzt, steht Sung-Deuk auf.
"Nochmal!"
Also fangen die Jungs wieder von vorne an. Aber diesmal müssen sie dauernd anhalten und wiederholen, weil Sung-Deuk bestimmte Bewegungen genauer sehen oder einiges ausprobieren will. Er probiert an der Wellenbewegung rum, probiert Baumstellungen mit Namjoon, feilt daran, wie das Äffchen auftaucht und wieder zu Wasser werden kann. Die Maschine aber hat es ihm besonders angetan. Diese kleine Choreo von Hobi ist aber auch ganz besonders toll. Kurz: Der Choreographer hat Blut geleckt! Und mein wunderbarer Markus greift schon wieder geistesgegenwärtig nach unserer Action-Cam ...
...............................................................
16.2.2019 - 6.6.2019 - 1.11.2019
11.4.2020
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top