Mittwoch - 36.2 - ein Geschenk an mich selbst

Don't forget  -  it's fiction!

....................................................................................................................

Ein paar Stunden nach diesem müden, und doch so ergebnisreichen Frühstück tauchen nach und nach alle wieder aus ihren Löchern auf. Sie haben geschlafen, gelesen, gedaddelt, geklönt, geschrieben oder frische Luft geschnappt. Tae hat beim Staff und an der Rezeption weitere Infos zu Stockholm und zum Programm eingeholt. Kurz – sie haben sich treiben lassen und den gestrigen Tag verdaut.

Namjoon und Jimin haben sich in der Zeit ins Büro zurückgezogen und eine Weile im Tagebuch gestöbert. Namjoon ist tief eingetaucht in Jimins Seelenleben der letzten Wochen, hat lange die Bilder vom Inneren Kind auf sich wirken lassen. Er kann kaum in Worte fassen, wie sehr ihn das alles mitnimmt, beeindruckt und berührt. Und schließlich hat er den Broadcast mit Jimins Rede angeschmissen.

Jimin sieht das zum allerersten Mal – und ist geschockt. Von seinen Worten, aber auch von seinem elenden Aussehen! Nach wenigen Sätzen haut er auf die Pausentaste und rast erstmal ins nächste Bad. Beruhigt stellt er fest, dass er nicht mehr ganz so furchtbar mager und blass aussieht, man sieht sogar inzwischen, dass er dabei ist, wieder zuzunehmen. Mit vielen Unterbrechungen und intensivem Austausch arbeiten sie sich dann vorsichtig durch die Rede. Als sie rum ist, flüstert Jimin nur noch, ganz erschöpft.
"Schaukel!"
Und sofort taucht er ab. Das Innere Bild scheint für ihn zu einem Sicheren Ort zu werden, an den er sich flüchten kann, wenn er Halt braucht. Und wieder summt er die Melodie. Namjoon legt einen Arm um seine Schulter und nutzt die Gelegenheit, mit der anderen Hand die Noten zu notieren, überlegt schon mal, in welcher Lage er das für Jimin setzen will und tippt ein paar Notizen zum möglichen Text hin.

Als Jimin „auftaucht" und sich ihm wieder zuwendet, hat er schon einige Ideen, aber auch eine wichtige Frage.
„Jimin, richtet sich der Song eigentlich an die ARMY? Oder an dich selbst! Beides geht. Aber mein Eindruck ist, dass es für dich im Moment wichtiger ist, im inneren Dialog mit dir selbst zu stehen, deinem Inneren Kind gegenüber das Versprechen zu erneuern, dir selbst etwas für die Zukunft zu wünschen. Für die ARMY ist daran das Geschenk, dass auch sie das sich selbst sagen dürfen, wenn sie deinen Song anhören. Was denkst du?"
Jimin lauscht in sich hinein und nickt dann schließlich versonnen.
„Ja, du hast recht. Das schenke ich jetzt einfach mal mir selbst."

Noch immer ist er an Namjoon gekuschelt, und es fühlt sich richtig an - als ob sie grade gemeinsam auf dieser inneren Schaukel sitzen. Ganz viel vertrauensvolle Nähe und trotz des schweren Themas spielerische Leichtigkeit beherrscht ihre Gefühle. Schließlich beginnt Namjoon, Bleistift kauend, Worte und Töne hin und her zu schieben, und allmählich schält sich ein Grundgedanke, ein Refrain, ein musikalisches Thema aus dem Gedankennebel, während Jimin fasziniert zusieht, wie sein Song entsteht, und ab und zu mit an den Worten dreht oder die entstehenden Noten summt.

Als sie draußen auf dem Flur Yoongi herzhaft gähnend zum Klo schlappen hören, beschließen sie, eine Pause zu machen und erstmal wieder zu den anderen zu stoßen. Und so tauchen sie dann in der großen Suite wieder auf, Namjoons Arm um Jimins Schulter gelegt, beide mit einem zufriedenen, entspannten Ausdruck im Gesicht. Alle sehen jetzt wacher und fitter aus. Sogar Yoongi ist sowas wie wach und lässt sich berichten, was nach seinem fluchtartigen Abgang alles passiert ist. Nachdem sie ein bunt gemischtes Mittagessen aufs Zimmer bestellt haben, lassen sie sich von Tae erzählen, wo es gleich hingehen wird.

„Stockholm ist gebaut auf vierzehn Inseln und an den Ufern des Mälaren, des Flusses, der von hier in die Ostsee fließt. Verbunden sind die Stadtteile mit 53 Brücken und diversen Fähren, und alle Reisetipps sagen: erlebt Stockholm zu Fuß! Die bekannteste Insel ist die Gamla Stan, die „Alte Stadt", die mitsamt Schloss mitten im Fluss liegt, der auf der Höhe von Stockholm eigentlich ein See ist. Wir sehen von unseren Fenstern direkt drauf. Wir befinden uns auf der Südinsel im Stadtteil Södermalm. Das Gebimmel stammt übrigens von der Katharina Kyrka. Ganz hier in der Nähe befindet sich das SoHo von Stockholm, genannt 'SoFo', also 'South of Folkungagatan'. Das klingt ein bisschen wie das Monti in Rom. Die Vokabeln in den Reiseberichten sind durchweg: hipp, Szene, alternativ, Kunst, Second Hand, Vintage, Design, Café, Boutique, international. Ich habe aber den Verdacht, dass trotzdem alles anders sein wird, weil die Schweden vom Klima über die Mentalität bis hin zur Wohnkultur wohl völlig anders drauf sind als die Italiener. Und das wäre meine Vorstellung für heute Nachmittag. Es ist nicht weit, es ist lockeres Bummeln. Wir können uns trennen oder auch nicht. Wir sind zeitlich ungebunden. Es ist sozusagen ein Warming Up."
Hobi steht auf.
„Gebongt. Los?"
Aber die anderen bremsen.
„Lass Tae wenigstens einmal die Tage hier grob skizzieren, bitte!"
Namjoon mischt sich ein, und Hobi plumpst zurück ins Sofa.

„Wir haben morgen den Donnerstag und dann Sonntag und Montag für Programm und Co. Der Stuff hatte drei Shootings angesetzt, wir dürfen aber eines streichen. Da ist ein Radio-Interview, das genauso aufgebaut ist wie das in Madrid, das sitzen wir auf der linken Pobacke ab. Freitag und Samstag sind wir komplett in der Halle, weil es jetzt allmählich konkret werden muss für London. Wir haben jetzt schon eine Weile vor uns hin die Lyrics aufgefrischt. Am Freitag Morgen werden wir endgültig festklopfen, welche Songs in welcher Reihenfolge wir in London bringen werden. Dann haben alle genug Zeit, ihren Job gut vorzubereiten. Jimin, und - ich hoffe, ich darf das so sagen", sein Blick schweift warm zu Jeongguk, „auch Guk haben die strickte Vorgabe, sehr genau auf sich zu achten. Nach all dem, was wir heute Morgen gelesen haben, bin ich mir sehr sicher: die Fans meinen das genau so, wenn sie sagen: wir wollen nicht, dass ihr euch überarbeitet!"
Jeongguk plustert die Backen auf und will sich beschweren, aber Jimin greift schnell nach seiner Hand.
„Guk, sie haben Recht! Denk bitte an eure Sorge um mich in Paris und Madrid. Die anderen brauchen das nicht doppelt. Im Moment würde ich sagen: ich bin übern Berg und weiß, wie es für mich gehen kann. Aber du hast selbst gesagt, dass das bei dir vielleicht noch nicht alles war. Du weißt im Moment doch selbst nicht, wo du stehst. Nutze bitte die Durchläufe, um hinzuspüren, welche Songs dich emotional am stärksten berühren, und REDE mit uns darüber. Sonst können wir nur hilflos zusehen, wenn es dich vor Publikum kalt erwischt. Die Songs von 'Tear' haben es grade für dich ziemlich in sich. Bitte! O.K.?"
Jeongguk nickt nur, auch wenn das alles furchtbar beängstigend und ungewohnt für ihn ist. Er würde sich am Liebsten an der Routine festhalten und seine Gefühle wieder außenvor lassen. Er erschrickt über diesen Gedanken und nimmt sich dann vor, später mit Hobi darüber zu reden.

„Als mögliche Programmpunkte für unsere Freizeit stehen da unter anderem: das Vasa-Museum, eine Stadtführung per Schiff und das ABBA-Museum. Das war in den 80ern eine Popgruppe, die ganz Europa erobert hat mit ihren Songs und bunten Outfits und wohl ziemlich viel Charme. Außerdem gibt es das Thema Wikinger. Da gibt es entweder das 'Vikingaliv', also 'Wikingerleben' als Museum direkt hier in der Stadt. Oder eine längere Bootsfahrt mit Besuch des Freilichtmuseums 'Birka'. Das war die älteste, urkundlich erwähnte Stadt Schwedens und der wichtigste nördliche Handelsposten Europas in der Zeit. Heute laufen da gewandete Führer rum, und man sieht das damalige Leben so richtig live und in Farbe in den rekonstruierten Häusern und Werkstätten. Ach – und direkt hier im Stadtteil gibt es noch ein Fotografiemuseum, das manche von uns natürlich auch ziemlich interessieren dürfte."

„Puh, das ist eine ganze Menge. Wenn wir nicht wieder eine Liste abrennen wollen, kriegen wir das nicht alles unter."
Jin schaut ihm zweifelnd über die Schulter und überfliegt seine Notizen.
„Was sind die angesetzten Shootings?"
Tae blättert in seinen Unterlagen.
„Also – vorgesehen waren: wieder an die alten Plätze von 2014, um die Bilder von damals nachzustellen, also Gamla Stan. Die Begleitung beim Radio-Interview ist obligatorisch. Ein 'Shooting' soll sein, mal zu dokumentieren, wie bei uns eigentlich ein normaler Konzerttag von vorne bis hinten aussieht. Das ist der Punkt, wo wir gut steuern sollten, was in die Öffentlichkeit dringt. Denn so, wie es uns grade geht, brauchen wir eigentlich den Tag unbeobachtet, damit wir ab dem Fansign non stop gut drauf sein können."
Yoongi mischt sich ein.
„Ich sehe das wohl mal wieder pragmatisch. Die sollen sich totknipsen und -filmen, und wir zensieren hinterher, auf den Flügen dürfte für sowas Zeit sein. Aber diese Entscheidung können wir auf morgen oder übermorgen vertagen."

Tae wühlt hin und her.
„Mein Vorschlag wäre, wieder solche Gesamtpakete zu machen wie in Rom zum Beispiel mit Vatikanstadt und dem Skulpturengarten. Aber dafür müsste ich mal wissen, was davon euch wirklich reizt."
Schnell stellt sich heraus, dass Tae, Guk und Yoongi mehr Lust auf das Fotografiemuseum haben, während Jimin, Jin und Hobi Bock haben, sich Popkultur der 80er rein zu ziehen, sprich einen Abstecher zu ABBA zumachen. Außerdem haben alle mehr Lust auf das Freilichtmuseum als auf das Wikingermuseum, wodurch sie gleich eine Bootsfahrt mit drin haben.
„Dann lasst uns mal das Wetter der nächsten Tage checken."
Jin fängt an zu googeln.
„Hm. Morgen in der ersten Tageshälfte noch schön, auch mit Sonne. Dann zieht es wohl zu, und es folgen drei Tage Strippenregen und a*-kalt."

„Das passt!"
Tae freut sich. '
Dann wäre mein Vorschlag: Wir latschen morgen nach dem Frühstück los, machen bei brauchbarem Wetter das Shooting auf der Gamla Stan und setzen von da mit der Fähre über zum Vasa-Museum. Ab da ist der Regen dann egal. Zur besten Teenie-Sendezeit kommt dann das Radio-Interview. Freitag und Samstag Halle und Konzerte, Freitag proben für hier und London, Samstag dann gefilmt werden. Sonntag gehen wir auf Nummer sicher und machen ABBA- und Fotografiemuseum. Ein halber Tag ist dann frei. Wer weiß, was uns einzeln dazu noch einfällt. Und am Montag soll das Wetter deutlich besser werden, da machen wir die Bootstour nach Birka ins Freilichtmuseum und spielen ein bisschen Wikinger."

Guk macht noch einen Vorschlag.
„Wenn wir selber viel fotografieren und ein bisschen drauf achten, dass wir immermal alle zusammen drauf sind, können wir am Ende daraus einen lustigen Sightseeing-in-Stockholm-Bilderbogen machen. Das ist für viele der Fans wahrscheinlich sogar schöner als die offiziellen Grinse- ..."
Jimin unterbricht ihn.
„... oder eben Nicht-Grinse-Bilder."
Tae seufzt.
„Habt ihr mal gesehen, was Tina aus Fotos macht? Diese Alben aus tollen Papieren, wo immerzu irgendwas steckt oder dreht oder klappt und überall Bilder zum Vorschein kommen, die sie thematisch geordnet und zurecht geschnitten hat? Sie hat mir ein paar davon gezeigt. Ich fand die umwerfend. Die laden richtig ein, sich zusammen aufs Sofa zu quetschen und gemeinsam in Erinnerungen zu stöbern. Wir sind in den letzten Jahren abertausende von Malen fotografiert worden – und sehen nichts davon, weil das alles tote Daten auf irgendwelchen Festplatten sind. Bis auf ein paar Polaroids von Jimin hängen auch in unserer Wohnung keine Bilder von uns."

Namjoon hat sich aus der Diskussion weitgehend rausgehalten. Er hat zwar zugehört und auch Fragen nach seiner Meinung beantwortet, aber eigentlich ist sein Hirn mit einem gewissen Ohrwurm beschäftigt und arbeitet vor sich hin, wie immer beim intensiven Songschreiben. Aber jetzt mischt er sich doch ein.
„Ja, ich hab auch eins gesehen. Einfach irre. Aber tut mir einen Gefallen: sie bekommt in London von uns ALLE unsere privaten Bilder – vorsortiert - von der gesamten Zeit in Europa, weil sie so sehr Teil davon ist. Und wenn sie von alleine auf die Idee kommt, die zu einem Album für sich zu verarbeiten, ist das schön. Aber wir sollten mit keinem Ton erwähnen, dass wir auch gerne sowas hätten. Ihr kennt sie – nichts und niemand wird sie aufhalten können, bis Weihnachten 25/8 durch zu basteln, um uns – wenns ganz verrückt kommt, siebenfach – diesen Wunsch zu erfüllen."

„Geheimnisse über Geheimnisse."
Frech witzelt Tae und grinst Namjoon mit wackelnden Augenbrauen an.
„Nö, nicht wirklich."
Namjoon schießt promt zurück.
„Ich bin jedenfalls grade eher nicht aufgeregt wegen Yuiko. Heute Nacht haben wir mit PC's und fernmündlich drei Stunden lang gemeinsam gelernt für ihre Wirtschaftsmathe-Klausur. Das war eher von der unromantischen Sorte, hat mir aber grade deswegen ganz viel Sicherheit im normalen Umgang mit ihr gegeben."
Jimin setzt ein breites Lächeln auf und nimmt Namjoon kurz in die Arme!
„Ui! DAS freut mich zu hören. Du sollst das doch auch genießen können!"

..........................................................

24.2.2019    -    6.6.2019    -    2.11.201912.4.2020

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top