Mittwoch - 29.1 - Abenteuer Russland

Don't forget  -  it's fiction!

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Beim Frühstück entspinnt sich eine angeregte Unterhaltung darüber, was sie in Russland erwarten wird. Es ist ein totalitärer Staat, und das ganze organisatorische Brimborium, der Tanz um die Visa, die endlosen Reiseauflagen, der ständige Begleiter seitens der russischen Behörden, den sie um sich haben werden, ... - das alles nervt richtig. Es ist ein riesiges Land mit den verschiedensten bezaubernden Naturlandschaften. Es hat eine uralte, sehr reiche Kultur und Geschichte. Aber frei bewegen können sie sich nicht, und den Kopf dafür haben sie auch nicht frei. Gut, dass sie die Zeit dort verkürzt haben. Der weitere Tag in Rom war echt klasse stattdessen, eine Befreiung von der wochenlangen Anspannung. Nun heißt es schon wieder: reiß' dich zusammen! Immerhin: ihr eigener Präsident soll aber angeblich im Juni nach Moskau reisen, es gibt auch eine Botschaft in Moskau. Das gibt ein wenig das Gefühl von Sicherheit.

Und so wird es wohl rauslaufen auf: Mittwoch - Anreise, Donnerstag – Gorki-Park mit Kosmonauten-Museum. Tae hat außerdem herausgefunden, dass ebenfalls an diesem Park das „Garage Museum of Contemporary Art"liegt; das soll ziemlich spannend sein. Dann noch etwas Training. Freitag und Samstag – Konzerte. Für Sonntag bietet sich der Rote Platz mit Kreml, Basilika, Lenin-Mausoleum und/oder Historischem Museum an.

Und am Montag fliegen sie schon zurück nach Deutschland und können sich auf einen entspannten Abend bei der Herzensfamilie freuen. Beide – Bang PD und Son Sung-Deuk – freuen sich ebenfalls darauf, den Ort des unfreiwilligen Exils kennenzulernen und die Herzensfamilie ganz entspannt zu erleben. Die ganze Reiserei rund um Moskau ist so zwar ziemlich chaotisch geworden. Aber alle haben das Gefühl, dass es für die Jungs gut ist, wenn sich auf diese Weise das Band zu PD und Sung-Deuk wieder noch fester knüpfen lässt.

Nach dem Studieren der Tagespläne bekommen die Jungs außerdem schriftlich einen ganzen Katalog von notwendigen Verhaltensregeln. Da sind echt krause Sachen dabei:

* Einem Mann die Hand geben, einer Frau nur freundlich zunicken.

* Nie essen ohne Brot (Yoongi kuckt sehr zufrieden) und nie den ersten Wodka ablehnen (Was machen da Alkoholiker? Zu Hause bleiben?)

* Nicht öffentlich die Nase putzen (hä?).

* NIE den Pass, das Visum und das „Migrationspapier" verlieren. Namjoon wird rot und hofft, dass keiner der anderen beim Lesen dran hängenbleibt und zu ihm hinschaut. Seine verfrühte Abreise von Bon Voyage 1 damals aus Schweden wird er nie vergessen, das hat echt weh getan.

* Rassismus, Antisemitismus und Homophobie sind in Russland weit verbreitet. Devise: Schnauze halten! Das schmeckt ihnen natürlich überhaupt nicht. Aber die Ansage ist schon ziemlich deutlich.

* Männer kleiden sich eher konservativ, geizen aber nicht damit, mit ihren Statussymbolen zu winken. Andererseits sollte man als Touri nie Wertsachen mit sich rumschleppen. Na, das passt ja suuuper zusammen!

*Besonders schräg ist folgender Punkt: Russen empfinden andauernde Freundlichkeit als aufgesetzt und mögen es nicht, wenn man versucht, sich anzupassen. Also: Bist du Touri – benimm dich wie ein Touri!

* Du wirst als Fremder erkannt und automatisch als Repräsentant Deiner Kultur angesehen. Positiv wie negativ. Benimm dich also! Und so geht es munter weiter.

(Informationen aus dem Netz zitiert aus"Kulturschock Russland" von Barbara Löwe, Reise Know-How Verlag/Peter Rump GmbH, Bielefeld 1999.)

Tae hat bei seinen Recherchen noch rausgefunden, dass man sich tunlichst in Moskau nicht mit dem Auto bewegen sollte – weil man sonst im Wesentlichen steht, statt sich zu bewegen. Stattdessen soll man Metro fahren, schon allein deshalb, weil die Metrostationen selbst echte künstlerische Sehenswürdigkeiten sein sollen. PD berichtet, dass sie natürlich zur Halle mit dem Gruppenbus fahren werden.
„Es gibt auf manchen Straßen noch aus der Sowjetzeit vorhandene VIP-Fahrspuren in der Mitte. Wir haben dafür bezahlt, dass wir die benutzen dürfen. Naja, die haben uns dahin gedrängt, es sei nur zu unserer eigenen Sicherheit. Dabei werden wir sogar eskortiert, und alle andern werden mit Sirenen von der Straße gejagt."

Totenstille im Raum.
„Sirenen?"
Geschockt fragt Jin leise nach. Intuitiv greift Hobi nach Jeongguks Hand, und Yoongi wird kreidebleich im Gesicht. Namjoon holt tief Luft.
"Heißt das, dass da dauernd irgendwelche VIP's mit Sirenengeheul durch die Stadt gefahren werden und wir uns das unter Umständen fünf Tage lang von morgens bis abends anhören müssen?"
Einen Moment lang ist PD irritiert von diesen Reaktionen. Dann weiten sich seine Augen – er begreift, was das bedeuten wird. Er hat die Schockreaktionen der drei Jungs ja nie erlebt, nur beschrieben bekommen. Aber DAS WILL er auch nie erleben. Das ist nun in der Tat ein ernsthaftes Problem.
„Leute, das halten wir nicht aus. Bis zum ersten Konzert sind 48 Stunden rum. Bis dahin sind wir so gar gekocht – da geht keiner von uns mehr auf die Bühne!"
Yoongi krallt sich in die Tischkante.
„Ich jedenfalls bin jedesmal bis zu 45 Minuten abgeschossen. Das halte ich rein körperlich schon nicht durch."

PD reagiert sofort und nimmt Kontakt zur südkoreanischen Botschaft in Moskau auf. Er will abschätzen können, wie groß das Problem tatsächlich ist. Es dauert eine Weile, bis er durchkommt und dort jemand Kompetentes an der Strippe hat. Und es wird ein langes Telefonat. Am Ende schaut er sehr ernst und überlegt einen Moment. Tigert durch den Raum. Zahlen, Summen überschlagen sich in seinem Kopf. Aber die gequälten Gesichter der Jungs aus den letzten Wochen schieben sich dazwischen. Nein, er will es echt nicht erleben! Seine Schützlinge sind jetzt wirklich genug gebeutelt worden. Schließlich bleibt er am Tisch wieder stehen.

„Jungs, ich bin ehrlich. Ja, unsere Befürchtungen könnten sich bewahrheiten. Es würde Big Hit ein Vermögen kosten und wirklich schwer zu erklären sein ohne Imageschaden, aber: ich zwinge keinen von euch nach Moskau, das bringe ich nicht übers Herz. Wir können höchstens hier sofort einen Fahrer vorausschicken, der im nächsten Baumarkt solche Bauarbeitergehörschutzdinger besorgt, damit ihr die mitnehmen könnt. Falls die dicht genug abschirmen, habt ihr eine Chance. Was anderes fällt mir einfach nicht ein. Aber das würde bedeuten, dass ihr fünf Tage lang mit diesen 'tollen' Teilen rumlauft."

Es ist seeeehr still. Mit großer Dankbarkeit registrieren die Jungs, dass PD grade über seinen Schatten von den Ausmaßen eines Grand Canyon gesprungen ist.
„Lieber das als fünf Tage lang weggetreten sein."
Entschlossen reagiert Jin als erster der drei.
„Und ich hab so sehr das Bedürfnis danach, dass das Chaos ENDLICH ein Ende hat! Ich will einfach als Künstler in die Halle gehen und ein gutes Konzert abliefern können – ich bin dabei."
Yoongi knurrt.
"Die Teile sind doch echt hip – nicht. Mir egal. Mit den Dingern bin ich dabei."
Wieder Stille.

Und Jeongguk ergreift Hoseoks Hände, schaut ihm direkt in die schreckensweiten Augen und spricht ihn mit eindringlicher Stimme an.
"Hobi? Hobi, hörst du mich? Schau mich an!  -  Vergiss bitte nicht: du musst nicht, nur weil alle anderen machen ... Du musst nicht springen, du musst die Schlange nicht anfassen, du musst nicht nach Moskau fliegen. Du hast das Recht, nein zu sagen! Versprich mir, dass du jetzt NUR auf dich hörst, bevor du antwortest."
Hoseok kneift die Augen zusammen.
„Nimmst du mich grade mal in die Arme?"
Hoseok fragt ganz leise, weil es so unangenehm ist, dass jetzt alles von seiner Entscheidung abhängt. und Guk tut ihm sofort den Gefallen.
„Hältst du mich, wenn es doch passiert?"
Noch leiser stellt er die nächste Frage.
„Hobi, wenns sein muss, trage ich dich zu Fuß zurück nach Deutschland, um die Scheiße zu umgehen. Aber ich möchte, dass du dir ganz sicher bist. Diesmal können wir Tina nämlich nicht einfach einfliegen."
Hoseok hebt den Kopf und schaut in die Runde. Alle sehen ihn wohlwollend an. Da gibt er sich einen Ruck und antwortet.
"O.K. Ich bin dabei."

PD lauscht in sich hinein und stellt erstaunt fest, dass er nicht mal erleichtert ist. Eher wachsam, besorgt. Er nimmt sich fest vor, sehr aufmerksam zu sein in den Tagen in Moskau und alles zu tun, dass die Jungs da heil durchkommen und gute Erinnerungen mit nach Hause nehmen können. Er geht sofort an die Rezeption und bespricht mit den Hotelangestellten, wie es möglich ist, noch vor dem Abflug an solchen Gehörschutz zu kommen. Ein Taxifahrer wird engagiert und genau instruiert, was gebraucht wird. Und wie er die Koreaner am Flughafen findet, um die Teile übergeben zu können. Dann fährt der Mann sofort los. Ein weiterer Angestellter wird in die nächste Apotheke geschickt, um Bergeweise Oropax in verschiedensten Größen und Qualitäten zu kaufen. Die werden dann direkt aufs Zimmer gebracht.

Die Jungs und der Staff packen derweil ihre letzten Habseligkeiten ins Handgepäck und starten eine Stunde später mit sehr gemischten Gefühlen auch zum Flughafen. Als sie nach dem Check In am Gate warten, gehen ein paar Nachrichten mit Deutschland hin und her. Sie erzählen, was sie in Moskau erwartet, und bekommen ganz viel Zuspruch und gedrückte Daumen zurück. Jimin schickt ein Selfie mit Schweinchen auf dem Bauch. Wenigstens müssen sie mal wieder schmunzeln. Und Tae ist heilfroh, dass Jimin in Russland nicht dabei ist. Das würde ihn NOCH mehr Kraft kosten. Allmählich finden sie sich mit dem Gedanken ab, setzen sich zum Test die fetten Ohrenschützer auf, machen Selfies damit. Kurz danach schickt Jimin ein Bild und schreibt dazu nur:"Wisst Ihr noch???" 

Da werden auch die sechs anderen am Flughafen in Rom wieder von ihrem Humor eingeholt. In schneller Folge sausen diverse mehr oder weniger kompromittierende Bilder hin und her. Sie erinnern sich an das „Largemorara" von Jimin – und an die einfach unverschämte Tatsache, dass Jin dann aus Jimins Unsinn wieder das richtige Wort raus gefiltert hat, obwohl davon eigentlich fast nichts mehr übrig geblieben war – nämlich „Carbonara". Tja, sich so richtig gründlich falsch zu verstehen kann schon mal zurück zum richtigen Ergebnis führen ... Als sie bald darauf in ihren Flieger steigen, ist jedenfalls die Sorge weitgehend verflogen und hat wieder der Vorfreude Platz gemacht.

Nach knapp vier Stunden landen sie schließlich in Moskau, wo sie ein russischer „Kwon" erwartet. Dieser Angehörige der Botschaft wird sie während der Zeit begleiten, weil so die Kommunikation missverständnisfrei gewährleistet ist. Und dieser Mann macht als allererstes den Fahrern ihrer Eskorte unmissverständlich klar, dass für diese sieben jungen Männer definitiv in den ganzen fünf Tagen keine Sirene und kein Martinshorn angemacht werden wird. NienichtniemalsaufgarkeinenFall!!! Bittedanke ... Diese Fahrer kapieren gar nichts, geben aber stumpf die Order an die Eskorte weiter. Nicht selber denken ist die Devise ...

So werden sie – verziert mit den sexy quietschfarbenen Dingern auf dem Kopf – in ihr Hotel gefahren, wo sie sich einrichten und überall Oropax verteilen. Bald schon sieht man sie mit Kopfhörern und Textblättern durch die Räume tigern, alte Lyrics auffrischend, einzelne Schritte übend, fluchend, weil schon wieder ein Zeilendreher drin war, in Diskussionen vertieft, wie sie es dann darbieten wollen. London wirft seine Schatten voraus.

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22.1.2019    -    31.10.2019    -    6.4.2020

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