Dienstag - 49.2 - Herausforderung

Don't forget - it's fiction!

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Ihr Bus kommt kaum durch zum Künstlereingang, weil wirklich überall die Fans rumkriechen, Schlange stehen, warten, knipsen, singen, tanzen, ... Es ist ein ziemliches Gewühl, und natürlich werden sie sofort entdeckt in ihrem Bus. Kein Panzerglas der Welt könnte dieses ohrenbetäubende Gekreische abhalten. Abwechselnd halten sie sich die Ohren zu, winken oder machen grinsend Fingerherzchen. Aber dann sind sie drin in der Halle und gehen gleich an die Arbeit. Sung-Deuk empfängt sie mit ein paar motivierenden Worten.
„So, Berlin, Konzert 1. Ich hoffe, ihr freut euch auf den Abend und die Fans und könnt wieder ein Feuerwerk entzünden. Wir machen heute einen normalen Durchlauf mit Soundcheck. Ihr kennt das ja."

„Ach, und, Jimin? Ich habe den Verdacht, nach gestern, dass du vor hast, dich heute von deinem Ehrgeiz mitreißen zu lassen. Habe ich recht?"
Jimin wird rot. Und Tae spitzt die Ohren.
„Tu es bitte nicht. Sieh dich gnädig an. Achte gut auf dich, wie du es in den letzten Wochen gelernt hast. Du darfst das Medley mittanzen. Ich werde mich aber immer noch bereit halten. Und es ist keine Schande, wenn du heute noch nicht alles schaffst."

Jimin senkt den Kopf. Er will doch nur alles richtig machen, aber irgendwie ist grade total der Wurm drin. Er ist heute tatsächlich irgendwie nervös. Aber sie haben doch noch gar nicht angefangen! Wie konnte Sung-Deuk das denn jetzt schon erkennen??? Er weiß selbst nicht recht, was mit ihm los ist, aber er fühlt sich verdammt ertappt. Und das ist nicht gut.

Sie wärmen sich auf und beginnen einen kompletten Durchlauf. Beim Medley fährt Jimin Vollgas mit angezogener Handbremse und pustet hinterher doch ziemlich. Da steht Yoongi vor ihm.
„Jimin? Komm, setz dich grade mal zu mir."
Jimins Augen weichen aus, während er sich auf den Bühnenrand setzt.
„Jimin, kannst du dich an die Konzerte in Rom erinnern? Weißt du noch, was sich da für dich verändert hat? Das hat in den letzten Wochen immer gut geklappt, ist heute aber irgendwie wie weggeblasen. Ich möchte gerne, dass du jetzt dem Unterschied nachspürst. Was ist anders?"

„Ich weiß es grade selbst nicht."
Jimin antwortet nur ganz leise und ziemlich frustriert.
„Ich bin total verwirrt, denn ich habe das auch gemerkt. Ich bin verkrampft, ich atme nicht richtig, ich habe überhaupt keinen Zugriff auf diese römische Gelassenheit oder auf die neue Gesangstechnik."
Yoongi nimmt ihn in die Arme.
„Hat es was damit zu tun, dass du gestern 'Idol' noch nicht durchgehalten hast? Hast du das Gefühl, dass dir die Zeit davon läuft? Oder, dass du 'endlich' liefern musst?"
Langsam nickt Jimin.

Yoongi winkt Tae heran, der sich an Jimins andere Seite setzt.
„Tae hatte recht gestern. Vor vier Wochen konntest du nicht mal alleine laufen. Es ist ein Wunder, dass du jetzt schon so weit bist."
Jimin zuckt mit den Schultern. Da fängt Yoongi an zu singen. Er hat so viel an dem Song mit gearbeitet, dass er ihn auch auswendig kann. Er singt leise Jimins Lied. Tae summt mit und streicht dabei über Jimins Rücken. Allmählich wird der ruhiger und steigt schließlich in den Gesang mit ein.

Da fällt Yoongis Blick auf Jeongguk, der sehr verkrampft am anderen Ende der Bühne steht und auf Jimin starrt.
Sch...!!!
Schnell winkt Yoongi nun Hoseok ran.
„Kümmere dich um Guk. Sonst haben wir hier gleich einen hübschen Dominoeffekt. Die triggern sich grade gegenseitig."
Also geht Hobi zu Guk und verwickelt ihn in ein Gespräch, um ihn zu stabilisieren. Aber allmählich wird die Situation zu einem Drahtseilakt - ohne Netz und doppelten Boden. Namjoon und Jin werden nun auch aufmerksam. Und schließlich sitzen sie zu acht mit Sung-Deuk hinter der Bühne.

Yoongi schaut in die Runde, in die verunsicherten Gesichter von Jimin und Jeongguk. Jetzt gilt es - in zwei Stunden ist das Fansign, mehr Zeit hat er nicht!
„Jimin, was treibt dich grade an?"
Der seufzt.
„Ich weiß nicht. Ich will meine Sache gut machen. Es sind doch nicht mal mehr zwei Wochen bis zu den Konzerten in London. Aber ich fühle mich dem noch nicht gewachsen. Und damit bremse ich mich aus, und dann kann es doch nicht gut werden! Es ... Es ist wie verknotete Ärmel in meinem Kopf. Ich krieg die Hände nicht raus und kann deshalb den Knoten nicht lösen. Und solange ich den Knoten nicht löse, krieg ich die Hände nicht raus."
Über das Bild müssen nun alle lachen.
„Wer sagt, dass DU den Knoten lösen musst?"
Kopfschüttelnd schaltet sich Tae ein. Und plötzlich schnappt er sich die Ärmel von Jimins Hoodie, zieht sie mit einem Ruck über dessen Hände und macht einfach einen dicken Knoten rein.
„So. Sag mir jetzt, wer den wieder aufmachen soll!"
Jimin schaut ziemlich verblüfft aus der Wäsche und starrt auf seine verknoteten Ärmel.

In der Zwischenzeit schaut Hoseok Jeongguk an und versucht, an ihn ranzukommen.
"Könntest du uns sagen, was grade in DIR vorgeht?"
Jeongguk starrt auch auf Jimins verknotete Ärmel.
„Ich... ich hab keine Angst um London oder Billboard. Ich kann es eigentlich nicht greifen. Es ist diese dumpfe Angst vom Anfang in mir. Dieses 'es muss ihm doch gut gehen!'. Ich WEIß, dass das nicht immer geht. Aber seine Angst tut mir grade weh und nimmt mir die Luft zum Atmen. Die Gestalten jagen wieder durch meinen Kopf."
Bei diesen Worten zuckt Jimin zusammen, das schlechte Gewissen springt ihm förmlich aus dem Gesicht.

Namjoon schaltet sich ein.
„Ich frage mich grade, ob wir euch eher helfen können, wenn wir uns um jeden von euch einzeln kümmern, damit euer Kummer sich nicht verknüpft. Oder ob es euch grade helfen würde, wenn ihr euch gemeinsam aus dem komischen Loch rausschafft."
Eine Weile schweigen sie, und Jimin fängt an, seine Ärmel zu schütteln und zu versuchen, ob er den Knoten alleine raus kriegt. Ein fruchtloses Unterfangen. Jeongguk schaut ihm einen Moment lang dabei zu. Dann steht er auf, geht zu Jimin rüber und hält den Knoten einfach erstmal fest, damit Jimin ihn anschaut.
„MIR würde es jetzt glaube ich am meisten helfen, wenn ich DIR helfen dürfte. Ich habe mich immer vor meiner Angst verkrochen, mich in diesen Turm zurückgezogen. Das möchte ich nicht mehr. Und du bist immer wieder unter deinem Erfolgsdruck zusammengebrochen. Das willst du nicht mehr. - Kannst du Hilfe annehmen? Jetzt?"

Noch etwas zögernd hält Jimin ihm seine Arme entgegen. Sanft löst Jeongguk den Knoten aus den Ärmeln und hält sie so, dass Jimin leicht seine Hände wieder rausschieben kann. Dann kommt ihm der erlösende Gedanke.
„Welches Lied hat dir in Rom geholfen, dich anders zu sehen und deine Kräfte besser einzuteilen?"
Jimin schluckt. Er muss nicht lange nachdenken. Der Augenblick war unvergesslich.
„The truth untold."
Jeongguk nickt.
„Und welches Lied hat mir geholfen, mich nicht mehr zu verstecken, mir selbst Mut zuzusingen und mich den Geistern der Vergangenheit zu stellen?"
Ein ganz feines Lächeln stiehlt sich auf Jimins Lippen.
„The truth untold."
Aufatmend erwidert Jeongguk das Lächeln.
„Na, dann!"
Und so stehen sie alle auf, gehen Hand in Hand auf die Bühne und die vier Sänger legen all ihre Hoffnungen und Zweifel, ihre Sehnsüchte und ihre Wünsche an das Leben in diesen Song. Hobi drückt kurz Yoongi, weil er so erleichtert ist. Yoongi erwidert diesen Druck, atmet einmal tief durch und schaut Namjoon in die Augen. Der macht eine kleine, dankbare Verbeugung. Sie sind Sieben. Es dürfte wirklich kein einziger von ihnen fehlen!

Der Rest vom Durchlauf klappt dann problemlos, Jeongguk und Jimin lassen allmählich ihre Anspannung los, und am Ende haben sie ihre gute Laune und ihre Stimme wieder gefunden und tanzen mit großer Konzentration ihr Solo bei „Best of Me". Jeongguk kann wieder freche Scherze machen, und Jimin kann wieder über seine Gefühle Gesang und Tanz verbinden.

Bevor sie etwas essen und sich fürs Fansign fertig machen, holt Sung-Deuk sie nochmal zusammen.
„Ich danke euch für die gute Arbeit heute. Ich danke euch, dass ihr seid, wer ihr seid, und dass ihr so füreinander da seid. Die nächsten beiden Wochen werden eine große Herausforderung sein. Keine Frage. Aber es ist eine, die ihr meistern könnt. Seht es bitte als einen Weg. Wir gehen heute einen Schritt. Und morgen einen Schritt. Und dann wieder einen. Und wieder einen. Und wir werden ankommen. Sicher. Macht euch keine Sorgen. Wenn wir weiter Schritt für Schritt gehen, werden wir in London ein hinreißendes, einzigartiges Konzert geben, werden bei Billboard die Bühne rocken und den Saal zum Kochen bringen und werden bei der Comeback-Show in Seoul die ARMYs dieser Welt zum Toben bringen mit den neuen Songs. Aber: Eins nach dem anderen! Schritt für Schritt. In dieser Ruhe liegt eure Kraft."

Dann fällt ihm noch was ein.
„Ach - übrigens. Gestern sind die ersten beiden Photo-Themen zu 'Answer' rausgekommen. S und E. Die rote Box mit den Augen, Händen und Kameras und die Kugeln mit Blumen im Sand. Die Fans finden die Kugeln süß und die rote Box beängstigend, aber erklärlich. Immerhin erkennen sie darin euer Privatleben unter der Lupe der Öffentlichkeit wieder. Über die Klamotten regen sie sich ziemlich auf. Aber insgesamt ist das Echo doch positiv, und die Spannung und Vorfreude wächst."

„Na, da werden die Theorien ja wieder Blüten treiben."
Namjoon und Yoongi schauen sich grinsend an. Jin schaltet sich ein.
"Ich habe gelesen, dass bereits 1,5 Millionen physische Alben vorbestellt sind weltweit. Das ist eine unvorstellbare Zahl! Wie ist denn jetzt der Fahrplan?"
Sung-Deuk überlegt kurz.
„Am Donnerstag kommen die beiden anderen Foto-Konzepte. Am Montag nächste Woche die Track-Liste. Am Mittwoch der Idol-Teaser. Und am Freitag dann das Idol-MV und die Scheibe selbst. Hoffentlich läuft das genauso gut wie 'Tear'. Ich wünsche es euch sehr, dass diese mutmachenden Songs so richtig gut ankommen. Es ist ein großartiger Abschluss eurer Serie, und ihr habt hart dafür gearbeitet."

Sie gehen in den Backstage-Bereich, essen sich richtig satt und lassen sich stylen. Beim Fansign werden sie natürlich auf die Concept-Fotos angesprochen. Sung-Deuk hatte Recht. Viele meckern über die unmöglichen Klamotten. Aber letzten Endes hibbeln einfach alle total auf das Comeback zu und freuen sich auf die neuen Songs.

Bis zum Konzertbeginn ist noch ein bisschen Zeit zum Luftholen. Namjoon nutzt die Zeit, um mal wieder einen Lagebericht abzugeben. Er erzählt der Herzensmutter von ihren Erlebnissen in Berlin, von dem Tief, das Jimin und Guk heute plötzlich hatten - und von seinen Eroberungen in der Buchhandlung. Vom Milchreis zum Frühstück und den durchgeknallten Fans vor der Halle. Er schreibt sich alles von der Seele.

Nach einem kräftigen Abendbrot, dem Styling, dem Warmtanzen und Einsingen und ihrem üblichen Schlachtruf gehen sie auf die Bühne und kommen gemeinsam gut durch den Abend. Hürden und Herausforderungen sind dazu da, um bewältigt zu werden. Und die ARMY trägt sie mal wieder voller Euphorie durch das Konzert.

Als Jimin und Jeongguk schon in den Betten sind, treffen sich die anderen fünf nochmal im Wohnraum und Namjoon sagt leise ein paar Worte.
„Ich will gar keine Endlosdiskussion lostreten. Danke, dass ihr nochmal hergekommen seid. Es ist einfach so, dass wir damit rechnen müssen, dass bis London unsere Anspannung steigen wird - und dass unsere beiden Freunde mit diesem Druck weiterhin nicht gut werden umgehen können. Wenn wir Pech haben, war das nur der Auftakt. Sung-Deuk hat Recht: einen Schritt nach dem anderen. Ich möchte euch einfach sagen, dass ich unglaublich stolz auf euch und uns bin, wie weit wir mit all den Problemen gekommen sind, wie gut wir gelernt haben, die Probleme im Gespräch zu meistern. Ich glaube nach wie vor, dass wir alles schaffen werden, was wir uns vorgenommen haben. Wir haben alle sehr, sehr viel über uns dazugelernt auf dieser Tour. Aber wir müssen jetzt gut mit unseren Kräften haushalten und gut auf die beiden aufpassen. Die alten Muster sind bei beiden sehr stark und wollen sich grade wieder vordrängeln. Seid einfach wachsam. Und jetzt ab ins Bett!"

Im Vorbeigehen bleibt Yoongi noch kurz stehen, schaut Namjoon an und informiert ihn leise.
"Übrigens, zu deiner Beruhigung. Mir geht es gut, ich fühle mich wieder sehr stabil. Und ich kann gut aushalten, dass ich da von den beiden grade stark gefordert werde. Allerdings sehe auch ich, dass sie noch nicht durch die Krise durch sind. Hoffentlich halten sie durch. Nicht, dass wir vor London nochmal Tina und Kwon bemühen müssen. Es wird immer schwieriger, das alles unter einen Hut zu kriegen."
Namjoon atmet tief durch.
„Mensch, mal den Teufel nicht an die Wand! Natürlich würden die beiden kommen. Aber ich fände es gut, wenn unsre Jungs nach Hause fliegen und sich sagen können: beim letzten Durchhänger haben wir es ohne Tina geschafft, also schaffen wir das auch in Seoul. Sie sollen nicht nach Hause reisen und das Gefühl haben, ihre einzige Rettung zurücklassen zu müssen. Das wäre fatal."

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28.3.2019 - 11.6.2019 - 4.11.2019
29.4.2020

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