Kapitel 37

Sie blieben, bis der Club schloss. Sie waren aufgedreht, angefüllt mit Adrenalin und Endorphinen.
Um sechs Uhr gingen sie Hand in Hand in einen Nobel-Frühstücksbunker.

Auch hier wurden sie respektvoll begrüßt, noch aufmerksamer behandelt als früher. Die Tageszeitungen hingen aus, sie lasen die Schlagzeilen im Vorbeigehen.
„Annika Vanderberg – der Engel unserer Stadt"
„Die unterschätzte Schönheit!"
„Gut gewählt, Felix!"

„Die Vanderberg AG stellt sich der sozialen Verantwortung"

„Nicht nur verdammt heiß – auch verdammt klug!"
„Felix Vanderberg gibt Investitionstipps!"
„Vanderberg AG streicht Boni für Aufsichtsräte!"
„Die soziale Verpflichtung der Reichen!" lauteten die Highlines je nach Genre der Print-Medien.
Er schnappte sich die Gazette, die mit „Nicht nur verdammt heiß......!" getitelt hatte.
„Mal sehen, was die besonders heiß finden!" zog er sie auf. „Ob sich unsere Ansichten decken!"

Sie schlemmten einmal durch das riesige Büffet. Er las ihr beim Essen den Artikel vor.

„Annika Vanderberg, blutjunge Gattin des CEO der Vanderberg AG ist unbestritten die schönste Frau der Stadt. Nach nur zwei Monaten hatte sich der damals Vierzigjährige mit dem Mädchen, das aus dem Nirgendwo aufgetaucht zu sein schien, verlobt. 

Weitere zwei Monate später waren die beiden verheiratet. Nach einem schweren Autounfall verschwand das Paar aus der Öffentlichkeit. Während dieser Zeit kümmerte sich die junge Frau offensichtlich aufopfernd um ihren schwerverletzten Gatten. Nun ist das Glamour-Paar wieder zurück!

Monsieur Felix, etwas gezeichnet, aber strahlend vor Glück – Madame Annika schöner denn je! Bei einer Pressekonferenz konnten sich Saint-Tropez' Pressevertreter aber auch von der Intelligenz und dem großen Herzen der Schönheit überzeugen. Weitere Informationen auf Seite 3."

„Pf!" machte er.
„Da hätte ich mir jetzt mehr Details erhofft!" meinte er leise. „Dass sie deine langen Beine, deine perfekten Brüste, deine Modelmaße erwähnen!"

Sie warf ihre Serviette nach ihm. „Spinner!" schimpfte sie lachend.

Grinsend begann sie, Essen in sich hineinzuschaufeln.
Überrascht sah er ihr zu. Sie hatte heute schon eine etwas seltsame Speisenfolge.

Sie begann mit einem Salat mit Meeresfrüchten, danach ein Croissant mit Marmelade, dann Käse in Massen mit grünen Oliven und Baguette, darauf ein Brioche mit Schokocreme, dann geräucherten Schinken mit Melone, und schließlich eine Schüssel, voll mit Joghurt und Nüssen.

Seine Augen wurden immer größer. Sie aß ja immer ziemlich viel, aber so durcheinander normaler Weise nicht!
„Und du bist sicher, dass dein Magen diese Kombinationen so haben will?" fragte er vorsichtig.
„Hm! Schmeckt lecker!" antwortete sie und ließ ihre Zunge genüsslich über ihre Lippen gleiten.

Er schloss lieber seine Augen.

Um acht Uhr schickten sie Marcel eine Nachricht. Im Auto wurde sie etwas blass um die Nase, an der Villa stürzte sie in Richtung Toilette.
Das wundert mich jetzt nicht! dachte Felix, bevor er ihr nachlief. Sie hing über der Schüssel, er hielt ihre blonde Mähne zurück, streichelte mitleidig ihre Rücken.
„Ich sterbe!" hauchte sie. Er gab ihr einen Becher mit Mundwasser, öffnete das Fenster, führte sie ins Schlafzimmer, zog sie behutsam aus. Sie war bleicher als die Laken.

„Du hast ein bisschen arg durcheinander gegessen!" erinnerte er sie.

„Aber es hat so gut geschmeckt!" Schon wieder würgte es sie, und er half ihr ins Badezimmer.
Nach zwei Stunden Schlaf war sie dann weder topfit, streckte die Arme sehnsüchtig nach ihm aus.

Er wollte sie schonen, sich zurückhalten, aber sie machte es ihm nicht leicht! So landete er natürlich neben ihrem verheißungsvollen Körper, schwacher Mann, der er war. Nach einer ausgedehnten Liebesrunde war sie wie neu, wie sie lachend feststellte.

„Das war nur Liebesentzug!" war sie sicher.

Sie erinnerten sich an ihr Vorhaben, Philip anzuskypen. Der Kerl hatte sich noch immer nicht gerührt! Sie waren ziemlich angefressen!

Er meldete sich sofort, das schlechte Gewissen stand ihm ins Gesicht geschrieben. Doch irgendwie sah er auch verdammt glücklich aus.
Natürlich nahmen sie seine Entschuldigung an, vor allem, als sie erfuhren, dass er sich verliebt hatte.

Sie klatschten sich ab. „Das ist toll, oder?" freute sich Annika.
„Ja! Vor allem für mich! Es beruhigt mich ungemein!" zog er sie auf.

Der Gong ertönte, Alaya rief sie zum Abendessen.
In der Pfanne ruhten zwei wunderbare Entrecotes, die Pommes waren noch kurz im Backrohr, der Salat stand schon auf dem Tisch.
„Was gibt es zum Nachtisch?" fragte Annika.
„Creme brulée!" antwortete Alaya lachend.

„Da esse ich jetzt gleich eine Portion!" erklärte Annika, schnappte sich ein Schälchen und leerte es in Sekundenschnelle.
Felix sah sie interessiert an. Schob sie schon wieder alles kreuz und quer in ihren Magen? Das hatte sie doch früher nicht gemacht!

Das Entrecote verschwand ebenso schnell wie die Beilagen, danach noch zwei Schälchen Creme.
„Sei vorsichtig, Süße!" warnte er, als sie noch einen Teller Salat nachschieben wollte.
„Ich habe aber noch Hunger!" maulte sie.
„Du hast doppelt so viel verdrückt wie ich!" hielt er dagegen.
„Müssen wir jetzt sparen, oder was?" Sie stibitzte sich ein Stück Käse aus dem Kühlschrank und lief in den Garten.

Kopfschüttelnd ging er ihr nach. Plötzlich traf ihn ein Blitz mitten ins Herz!

Ihre Tage! Als sie zum ersten Mal wieder miteinander geschlafen hatten, hatte sie erklärt, es wäre ein gefährlicher Zeitpunkt!
Das war nahezu drei Wochen her!

Er hatte wirklich nicht mehr an das Baby gedacht, die Ereignisse hatten sich fast täglich überschlagen.
Sollte es wirklich sein, dass......?
Er fing seinen Wirbelwind ein.

„Komm setz dich mal ein bisschen zu mir!" bat er liebevoll und zog sie auf seinen Schoß. Sie schmiegte sich an ihn, ihre Hände krabbelten unter sein Shirt. Er stöhnte auf, hielt ihre streichelnden Finger fest.

„Manno! So ein Spielverderber!" beschwerte sie sich.
„Ich spiele gleich mit, Süße!" versprach er lachend. „Aber ich muss dich was Wichtiges fragen!"

„Dann frag! Aber nicht zu lange!" bat sie und sah ihn mit diesem gefährlichen, kecken Blick an.
„Versprochen! Also: Wann kommt deine nächste Periode?"

Sie sah ihn verwundert an.
Was sollte diese Frage jetzt?
Wann, ja, wann?
Sie versuchte sich zu erinnern.
Wann hatte sie das gesagt, mit den gefährlichen Tagen?
Ganz am Anfang?
Klar!

Das war wie lange her?

Drei Wochen bestimmt!
Plötzlich hielt sie die Luft an!
Nein! Das konnte nicht sein!
Doch nicht gleich beim ersten Mal!

„Du.... du...... du meinst?" stammelte sie.
Als sie in seine leuchtenden Augen sah, wusste sie, dass er meinte!
Dass er genau das meinte, was ziemlich wahrscheinlich zu sein schien!

Sie sprang von seinem Schoß, er nahm sie bei der Hand, stürmte zu seinem Auto, an dessen Steuer er seit mehr als fünf Jahre nicht mehr gesessen war.
„Julio, die Schlüssel!" rief er.
„Willst du wirklich selber fahren?" fragte der Freund erstaunt.
„Yep! Wir haben etwas sehr privates zu erledigen!" gab Felix zurück.

Sie fuhren in die Innenstadt, er sprang in eine Apotheke, kam mit fünf verschiedenen Schwangerschaftstests zurück.

In der Villa zogen sie sich in ihre privaten Räume zurück, mit nervös zitternden Fingern öffnete er die erste Verpackung, las die Beschreibung.
„Morgenurin!" schimpfte er und warf den Test aufs Sofa.

Die zweite Verpackung: „Morgenurin!" Sie landete neben der ersten.

Annika hielt sich den Bauch vor Lachen. Sie hatten noch nicht ein Wort miteinander gesprochen! Ihrem verrückten Kerl zuzusehen, wie er vollkommen durchdrehte, war zu süß!

Die dritte Packung flog.
„Ha!" rief er. „Morgen- oder Abendurin!"
Er drückte ihr den Streifen in die Hand. „Ab mit dir!" kommandierte er.
Lachend verzog sie sich ins Bad.
„Schneller, du lahme Ente!" rief er, und fühlte sein Herz in den Ohren schlagen.
Wie war es denn da hingekommen? wunderte er sich blödsinniger Weise.

Er lief im Zimmer auf und ab! Was machte sie denn so lange?
Da hörte er die Klospülung, den Wasserhahn, sah auf die Uhr.
Fünf Minuten! Eine Ewigkeit! Vor allem, da die Uhr sich rückwärts zu drehen schien!
Bewegte sich der Sekundenzeiger eigentlich immer in diesem Schneckentempo?

Vielleicht war die Uhr stehen geblieben!

Wahrscheinlich war die Batterie leer!
Aber es war ein teures Model mit Handaufzug, die Gleiche, die er Philip geschenkt hatte!
Wie war er jetzt auf diesen Gedanken gekommen?
Nach Stunden kam sie aus dem Bad zurück, sah ebenfalls auf ihre Uhr.
Vielleicht funktionierte die ja!

Nach schier unendlicher Zeit hatte sich der Minutenzeiger um fünf Striche vorwärts bewegt!
„Zeig!" brachte er nur hervor.
Sie hatte den Streifen hinter ihrem Rücken versteckt.
Langsam holte sie ihn hervor, hielt ihn ihm hin. Er sollte zuerst nachsehen, sie hielt das nicht aus.

Doch er nahm sie in den Arm, ihre Nähe beruhigte ihn sofort.

„Es wäre nicht schlimm, wenn es nicht gleich geklappt hätte, oder?" fragte er leise.
„Nein, natürlich nicht!" antwortete sie und drückte sich eng an ihn.
Langsam drehte er den Teststreifen um. Ein wunderbares, die Welt veränderndes, umwerfend schönes Pluszeichen leuchtete ihnen entgegen.

Dann liefen erst einmal die Tränen. Ihre Wangen lagen an seinen, die Ströme vermischten sich, liefen ihnen den Hals hinunter, durchnässten die Shirts.
Dann fiel er auf die Knie, küsste ihren Bauch und flüsterte: „Willkommen Tochter oder Sohn!"

Eine gefühlte Ewigkeit kniete er so vor ihr, hielt sie fest umschlungen:

Sie würden eine Baby bekommen!
Sie hatten ein Baby gemacht!
Fünf Jahre später als er es geplant hatte! Damals!
Aber doch hatten sie es wahrgemacht, nach all den schlimmen Jahren würde sie ihm ein Kind schenken!
Seine Nicki würde ihn zum Vater machen, trotz allem!

Das war der ultimative Beweis, dass sie ihm verziehen hatte, sehr schnell, voll und ganz!
Das war das größte Zeichen ihrer Liebe!
„Danke!" flüsterte er und wusste, dass die Vergangenheit hinter ihm lag, dass die strahlende Zukunft begann!

Er stand auf, es wurde ihm leicht schwindlig.

„Oh! Der schwangere Vater hat Kreislaufprobleme!" scherzte sie liebevoll.
„Ein Wunder wär's ja nicht!" antwortete er sarkastisch. „Ein so junges schönes Weib und jetzt auch noch ein Kind!"

Und dann lachten sie befreit auf, tanzten durchs Zimmer, wussten nicht wohin mit dem ganzen Glück in ihnen.

Felix hielt inne. „Wir brauchen ein Familienauto, eine Wiege, eine Wickelkommode, Windeln, Anziehsachen, Fläschchen, eine Badewanne! Wo soll das Kind schlafen? Wir müssen umbauen! Du musst zum Arzt! Wir müssen ein Krankenhausbett reservieren!" Er holte tief Luft, wunderte sich, dass sie auf dem Boden saß und sich die Seite hielt!

„Du lachst!" Er ließ sich neben sie fallen. „Ich bin hochschwanger, und du lachst mich aus!"

„Hör jetzt auf, du Clown! Ich kann nicht mehr! Das halte ich nicht acht Monate lang durch!" Sie schnappte nach Luft.

Er legte sich zurück, zog sie auf sich. „Dann muss ich mich eben abreagieren!" erklärte er und fing an sie zu küssen. „Hm! Wirkt schon!" stellte er zufrieden fest. Er legte sie vorsichtig auf den Boden und knabberte sich an ihrem Körper entlang. Er fand alle ihre erogenen Zonen, küsste und streichelte sie ehrfurchtsvoll.

Schließlich hatte seine Beherrschung ihre Grenzen erreicht. Bevor er in sie eindrang, fragte er: „Das dürfen wir doch noch, oder?"
„Natürlich!" beruhigte sie ihn. „Es sind ja erst ein paar geteilte Zellen!"
„Oh!" brummte er. „Sprich nicht so von meinem Kind!" Doch dann war das Sprechen sowieso zweitrangig!

Irgendwann in dieser Nacht fanden sie ins Bett, schliefen engumschlungen wie immer ein. Es wurde Zeit, dass sie wieder in einen normalen Tag und Nacht Rhythmus fanden.

Am Vormittag fuhr er sie in die Klinik zum Leiter der gynäkologischen Abteilung. Ein Felix Vanderberg bekam natürlich sofort einen Termin! Ohne es eigentlich zu wissen, warum, fuhr er selbst mit seinem Wagen, was Julio zufrieden bemerkte.
Der Boss war wieder voll und ganz zurück!

Dr. Francois Bassier begrüßte die beiden herzlich. Auch seine Station hatte eine ziemlich große Summe von der Vanderberg-Spende abbekommen.

Er bestätigte die Schwangerschaft, stellte ihr den Mutterpass aus. „In zwei Wochen sehen wir dann schon etwas mit dem Ultraschall!" versprach er. Auf dem Weg zum Wagen liefen sie Jean-Pierre über den Weg, der kurz zusammenzuckte. Annika und Krankenhaus, das löste bei ihm immer noch Assoziationen aus.

„Ich bin schwanger!" verkündete Felix begeistert.
Jean-Pierre lachte. „Na! Dann pass mal gut auf ihn auf!" sagte er zu Annika. „Männer in anderen Umständen sind unberechenbar!"

Dann umarmte er sie. „Ich freue mich sehr für euch!" Sie wusste, dass er wirklich glücklich über diese Nachricht war. Denn sie bewies, dass alles gut geworden war.

Wieder zu Hause informierten sie Alaya. Die junge Frau fiel ihr um den Hals. Sofort wusste sie, welche Lebensmittel nun nicht mehr ins Haus kommen würden, was sie nicht mehr kochen würde, wie sie Annika gesund ernähren würde.



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