Problems are here to be solved
Um eine Haaresbreite wäre ich gegen die Felsen gebrettert. So hart es auch klingen mochte, wenigstens dachte ich in jenem Moment nicht länger über Tom nach. Wenn ich mich hingegen nicht konzentrierte, würde ich nie wieder über irgendetwas nachdenken. Ich sah, wie ein Blitz direkt ins Meer einschlug. Donner hallte von den Felswänden wider und erinnerte an Smaug aus der Hobbit. Ich wusste nicht, wie ich es zurück schaffte, aber es gelang mir. Mit Müh und Not bugsierte ich Betty in den Hafen zurück, ließ den Anker hinab, sprang von Bord und knotete die Leine fest, bevor ich nach Hause rannte.
"Liv!", riefen beide Männer zeitgleich. Sie hielten sich gerade noch davon ab, mich über den Haufen zu rennen, als ich bei der Tür hereinkam. Der Sturm schlug die Tür gegen die Wand. Nur gemeinsam konnten wir sie wieder schließen.
"Bist du wahnsinnig?!", fuhr mich Henrik kurz daraufhin an. "Jetzt sind wir quitt", keuchte ich und fuhr mir völlig außer Atem durch die Haare. "Nein, tut mir leid. Es war nur alles etwas viel. Ich hab nicht nachgedacht", fügte ich schnell hinzu. Henrik sah nun betrübt zu Boden.
"Ich hätte dir das nicht schicken sollen...", murmelte er.
"Mach dir deswegen keine Vorwürfe", sagte ich, doch zu mehr kam es nicht, denn Tom hob eine Hand.
"Sie hat Recht. Wenn ich nicht wäre, wäre es nicht so weit gekommen", argumentierte er und fuhr sich durch seine lockigen Haare. "Es tut mir leid, Liv. Es ist wohl das Beste, wenn ich gehe, sobald der Sturm vorüber ist."
Seine Worte ließen mich an Ort und Stelle erstarren. Ich hatte nichts erwartet, aber das? Es riss mir den ohnehin bereits schwankenden Boden unter meinen Füßen weg. Hätte ich nicht bereits gegen die Tür gelehnt, wäre ich womöglich wirklich umgekippt.
Ich konnte, nein, ich wollte ihn nicht ansehen. Er hatte die Beziehung zu mir gerade beendet und das nicht gerade auf die bislang bekannte freundliche Art. Sowie ich meinen Beinen wieder traute, ging ich zum Sofa, wo ich mich fürs erste setzen musste. Henrik räusperte sich, ging in die Küche und stellte Teewasser auf. Erdrückendes Schweigen erfüllte den Raum und legte sich schwer auf meine Brust. Alles in mir wollte gerade nach Tom schlagen und treten. Wie konnte er mich nach allem einfach so abservieren? Dem Anschein nach hatte ich mich tatsächlich in ihm getäuscht. Wieso passierte mir so etwas erneut? Bereits auf meinen letzten Ex Freund war ich reingefallen. Dieser war am Anfang ebenfalls sehr nett gewesen, wenn auch nicht so gentlemanlike wie Tom. Äußerst schnell hatte sich gezeigt, was für ein Arschloch mein Ex gewesen war. Nun passierte es mir erneut. Mein Herz wurde mit einem Nudelholz bearbeitet. Da ich es nicht ertrug, mit Tom in einem Raum zu sein, jedoch nicht rausgehen konnte, ging ich hinauf auf mein Zimmer, wo ich schlussendlich unter Tränen auf dem Bett zusammenbrach. Meine Kuscheltiere stürzten auf mich ein und begruben mich unter einer Lawine, welche hin und wieder durch mein Schluchzen bebte. Nach ein paar Minuten klopfte es an der Tür. Ich hatte aufgehört zu weinen, mich aber keinen Zentimeter bewegt. Henrik kam ins Zimmer und stellte den Tee auf dem Nachttisch ab, nachdem er die Tür geschlossen hatte.
"Ach, Cupcake", seufzte er und setzte sich auf den Bettrand. "Es ist besser so. Ich hab mich heute auch getrennt. Wir sind beide Dramaqueens und nicht für so ein Leben geschaffen, in dem wir ständig Angst haben müssen, dass unser Kerl einem oder einer anderen nachguckt, oder gar solche Szenen dreht. Wir sind nun mal nicht so gleichgültig, wie die meisten Menschen und nehmen uns alles gleich zu Herzen. Das verstehen andere nicht. Wo andere sagen, wir reagieren maßlos über, können wir einfach nichts dafür, dass wir Overthinker sind. Menschen wie wir wissen, wie man Probleme schafft, welche gar nicht existieren, oder wir machen alles doppelt und dreifach schlimmer."
"Sollen wir ewig allein bleiben?", murmelte ich mit belegter Stimme. Man musste schon zwei Mal hinhören. Der Sturm war zu laut und die Kuscheltiere verstärkten meine bereits schwache Stimme nicht gerade.
"Wir haben doch uns, Cupcake", entgegnete Henrik aufmunternd und legte seine gesunde Hand auf meinen Rücken. Ich rümpfte die Nase.
"Ich bin froh dich zu haben", versicherte ich ihm, auch, wenn er sich dessen im Klaren war. "Aber erdrückt es dich nicht auch? Diese Einsamkeit?"
"Ja...", seufzte Henrik. "Manche Tage sind schlimmer als andere."
Ich kroch langsam aus dem Berg von Plüsch heraus und setzte mich auf. Meine Augen waren verquollen und gerötet. Henrik reichte mir ein Taschentuch, welches ich dankbar annahm.
"Weißt du...", raunte ich. Meine Stimme war kratzig und überschlug sich. "Ich dachte tatsächlich, dass Tom anders wäre... Nicht nur das. Nein. Ich dachte, da wäre eine Verbindung zwischen uns... So etwas wie Seelenverwandte."
"Etwas, das du dir immer gewünscht hast...", fügte Henrik bedrückt hinzu. "Vielleicht ist es auch meine Schuld, Liv... Ich sagte ihm, er soll dich besser verlassen... Cupcake, ich wollte nicht, dass du ein weiteres Mal so verletzt wirst. Es würde kein Weg dran vorbeiführen."
Sein Geständnis überraschte mich nicht sonderlich. Irgendwie hatte ich bereits damit gerechnet. Ich hätte an seiner Stelle ebenso gehandelt.
"Er ist ein selbstständig denkender Mann", entgegnete ich daher. "Wenn er nicht um mich und diese Beziehung kämpfen möchte, dann weiß ich, woran ich bin. Bislang hab ich nur wenig über ihn erfahren. Ständig kam es mir so vor, als würde er etwas Schweres mit sich herumschleppen. Ich hätte ihm so gerne Halt geboten. Ich hätte es wirklich versucht, weißt du. Auch, wenn es mich innerlich aufgefressen hätte."
"Genau deswegen hab ich so etwas gesagt", raunte Henrik. "Niemand sollte sich zu etwas zwingen, dass ihm schadet. Und das weißt du. Oft genug haben wir beide diesen Fehler begangen. Lass es uns nicht noch einmal tun. Lass uns einmal egoistisch sein und zuerst an uns selbst denken."
Wir fielen uns einfach in die Arme und weinten uns an der Schulter des jeweils anderen aus. Solch eine Freundschaft war durch nichts zu ersetzen.
Nach einiger Zeit legte sich Henrik in sein Bett. Er brauchte die Ruhe für seine Gesundheit und ich brauchte einen Moment des Alleinseins, um mit meiner Trauer fertig zu werden. Meist verdrängte ich negative Gefühle einfach, aber ich wusste, wohin das führen konnte.
Während ich am Rücken lag, an die Decke starrte, nachdachte und mir ein Squishy-Plüsch in Gestalt einer Einhornkatze und in der Größe eines Babyelefanten an die Brust drückte, wollte der Sturm draußen kein Ende nehmen. Er war bei weitem nicht von solch einem Ausmaß wie der zuvor, dennoch zu gefährlich, um hinauszugehen. Nach einer Weile klopfte es an der Tür.
"Erlaubst du mir, einzutreten?", hörte ich Toms Stimme. Am liebsten hätte ich ihn zum Teufel gejagt. Aber wie so oft, gab ich nach.
"Wenn's sein muss", antwortete ich. Meine Stimme war immer noch brüchig und erinnerte an eine ältere Dame, nicht an eine Frau Mitte Zwanzig. Tom betrat langsam den Raum, schloss hinter sich die Tür, wagte es jedoch nicht näher ans Bett zu kommen. Und ich wagte es nicht, ihn anzusehen.
"Ich möchte einige Dinge aus der Welt schaffen", fing er an. "Vorhin war ich zu aufgewühlt gewesen, um klar zu denken. Ich hatte wirklich Angst um dich, Liv. Und das Letzte, das ich will, ist dich zu verletzen oder zu verlieren. Ich habe noch nie so für eine Frau empfunden. Henrik hat mir dieses Video gezeigt und ich kann mir bereits denken, was du dir gedacht haben musst. Eines stimmt. Ich finde Gothic Romantik und dazu zählt auch das Sexuelle, sehr sexy. Glaub mir, ich bin mir bewusst, dass ich unschuldig wirke, aber dem ist nicht so. Ich sagte dir damals, dass ich dir beweisen werde, dass Sex wunderschön sein kann, was jedoch nicht bedeutet, dass Sex das Wichtigste im Leben ist. Ganz im Gegenteil. Und vielleicht hat es den Eindruck vermittelt, dass ich diese Szene liebend gern gespielt habe, aber das ist ein großes Missverständnis. Glaub mir, ich bin jemand, der gern auf solche Szenen verzichten kann. Leider kommt zur heutigen Zeit in nahezu jedem Film so etwas vor. Bei mir hat sich dabei nie etwas geregt, ich habe nie etwas empfunden. Bis du kamst. Das erste Mal musste ich mich dabei beherrschen."
Ich ließ ihn reden, starrte an die Decke und hörte ihm einfach nur zu. Seine Worte brachten mich in Zwiespalt. Es war schwer ihm zu glauben, da die Männer in der Gesellschaft als notgeile Arschlöcher dargestellt wurden und leider hatte ich auch nie einen Gegenbeweis gefunden.
"Und was ist mit dem Teil, wo ihr über's Ausziehen gesprochen habt?", brummte ich leise.
"Hast du Crimson Peak gesehen?", stellte er die Gegenfrage.
"Nur Teile davon. Ich fand die Geschichte zu traurig.", antwortete ich.
"In dem Gespräch ging es darum, dass ich wollte, dass ein Gleichgewicht herrscht. Meist wird von der Frau am meisten entblößt. Also einigten wir uns auf Gegenseitigkeit. Wenn du die Szene gesehen hättest, würdest du bemerken, dass wir beide halb angezogen waren. Es gab keine Entblößungen nur den Anschein.", erzählte er, wobei er sich recht schnell korrigierte. "Außer ihre Beine, mehr nicht."
Nun hatte ich diesbezüglich keine Argumente mehr, die ich ans Tageslicht bringen konnte. Ich hatte auch keinen Grund, ihm deswegen nicht zu glauben. Es gab ja noch mehr.
"Das ist ja nicht alles.", entgegnete ich, ohne mich von der Stelle zu rühren. Meine Arme umschlangen das Plüschtier nur noch fester. "Du hast auf einer Con oder so von einer Party nach einem Film erzählt, wo keiner geschlafen hat und der eine neben dir meinte, du erinnerst dich bestimmt an nichts mehr, woraufhin du irgendetwas von Strippern oder einem Tanz gesagt hast. Mir kommt es auch so vor, als würdest du nicht nur freundlich und höflich sein, sondern regelrecht mit deinen Fans flirten und sie necken. Wie ein Schuljunge. Selbst Johnny Depp flirtet nicht so wie du es tust."
Nun kam er etwas näher heran, fuhr sich dabei durch die Haare und seufzte ziemlich lange und leise in sich hinein.
"Ich verstehe dich. Wirklich.", raunte er. "Ich dachte, du würdest hinter die Fassaden der Menschen blicken."
Seine Worte ließen mich einen Moment die Luft anhalten. Es klang wie ein Vorwurf in meinen Ohren.
"Ich habe nie gesagt, dass ich sturzbetrunken war. Und es ging um einen harmlosen Tanz.", fuhr er fort. "Vielleicht hast du bezüglich Letzterem Recht. Ich nehme es nicht wirklich als Flirt wahr, sondern mehr als Humor. Ich möchte so vielen Menschen wie möglich ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Es gibt viel zu viel Negatives auf dieser Welt. Wenn ich die Möglichkeit habe, irgendwie jemanden zum Lachen zu bringen, dann versuche ich es. Ich würde nie einfach so flirten, oder jeder Frau hinterhersehen. Es gibt nur eine einzige Lady, die ich ansehen möchte."
Ich drückte das Plüsch halb tot. Es war wie ein Stressball nur sehr viel effektiver.
"Ich hab Angst, dass du einer anderen Frau nachguckst. Dass du wie die meisten Männer bist. Angst dich zu verlieren, weil jemand hübscher oder besser ist wie ich.", gestand ich nun offen und ehrlich, woraufhin er nun direkt aufs Bett zukam, sich setzte und nach meiner Hand griff.
"Denkst du wirklich, ich würde so etwas tun?", fragte er sichtlich verletzt. "Wieso sollte ich nach Kieselsteinen Ausschau halten, wenn ich einen wunderschönen Diamanten vor mir habe? Du bist nicht nur unglaublich sexy, sondern vor allem besitzt du einen außerordentlichen Charakter. Niemand ist so wie du. Du denkst zuerst an die anderen, bevor du an dich selbst denkst. Das ist wohl deine größte Stärke und zugleich auch deine Schwäche."
Natürlich rührten mich seine Worte. Auf alle Fälle hatte ich nun genügend zu verarbeiten. Ohnehin fehlten mir die richtigen Worte in jenem Moment. Er hatte so gut wie alle Argumente widerlegt.
"Liv...", raunte er, nachdem ich immer noch nichts gesagt hatte. "Hör zu... Ich möchte nicht, dass du durch mich verletzt wirst. Das ist mit Abstand das Letzte, das ich möchte."
Meine Augen trafen auf seine. Ich konnte fühlen, wie sich jeder Muskel in meinem Körper anspannte.
"Was heißt das nun?", hörte ich mich selbst fragen. Nur klang meine Stimme alles andere als gewappnet. Die Angst kroch meinen Nacken hinauf.
"Liv... Noch nie in meinem Leben, wollte ich jemanden so sehr wie dich. Jede Faser meines Herzens will jeden noch so kleinen Zentimeter deines Körpers, deiner Seele und auch jede noch so dunkle Ecke deines Charakters."
Seine Stimme klang fest und ehrlich. Seine Augen hielten den Blickkontakt die ganze Zeit lang aufrecht, während ich mir Mühe geben musste, es ihm gleich zu tun. Mein Herz würde wohl in Kürze aus meiner Brust springen.
"Ich weiß nicht, ob du dir nach einigen Tagen noch so sicher sein wirst...", entgegnete ich. Dabei kaute ich auf meiner Unterlippe herum.
"Aber ich weiß es.", unterbrach er mich sofort. "Niemand kann sagen, was die Zukunft bringt. Nichtsdestotrotz weiß ich, was ich fühle und so habe ich noch nie empfunden. Wenn ich jede Rolle ablehnen muss, weil darin ein Kuss vorkommt, dann werde ich es tun. Sei dir dessen versichert. Denn du bist mir teurer als jeder Job auf dieser Welt."
Sein Geständnis warf mich beinahe aus dem Fenster. Meinte er das alles gerade wirklich ernst?
"Aber..."
Erneut unterbrach er mich. Diesmal jedoch mit einem sanft bestimmenden Kuss. "Glaubst du, ich biete jedem sofort an, dass ich zu ihm ziehe?", fragte er an meinen Lippen, gefolgt von einem warmen Lächeln, welches auf mich überging. Erneut schaffte er es, jeglichen Wiederspruch meinerseits zu beseitigen.
"Du meinst das alles wirklich ernst?", fragte ich ungläubig. "Du willst wirklich meinetwegen auf lukrative Jobs verzichten, sollten darin Kussszenen oder dergleichen vorkommen? Was, wenn du es bereust? Mir irgendwann die Schuld dafür gibst?"
"Warum sollte ich?", entgegnete er. "Es ist einzig und allein meine Entscheidung. Abgesehen davon, gibt es nichts besseres und nichts schöneres, als mit dir gemeinsam hier aufzuwachen und einzuschlafen."
Seine Lippen kamen meinen wieder näher bis wir uns wieder küssten. Diesmal fielen mir keine Gegenargumente mehr ein. Somit vergrub ich meine Hand in seinen weichen Haaren und vertiefte den Kuss. Trauer schuf Platz für Freude. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass er mir auf diese Weise entgegenkommen würde.
"Tom...", hauchte ich an seinen Lippen, wodurch ich den Kuss einen Moment unterbrach. "Mir geht es genauso. So sehr habe ich noch nie jemanden geliebt..."
Seine Mundwinkel wanderten nach oben. Dieses Lächeln steckte mich im selbigen Augenblick an. Es war zu jenem Zeitpunkt, als ich bemerkte, dass der Sturm draußen aufgehört hatte. Lediglich leiser Nieselregen prasselte gegen die Fensterscheiben. Auch das Pfeifen des Windes war verschwunden. "Ich sollte mal nach Henrik sehen.", sagte ich. "Würdest du frischen Tee aufkochen?"
Er drückte mich an seine Brust, verharrte kurz in dieser Position und schenkte mir anschließend einen Kuss auf die Stirn.
"Nichts leichter als das", raunte er. Bevor er ging, drückte er mich ein letztes Mal. Ich atmete tief durch, ging ins Bad, wusch mir das Gesicht und klopfte an Henriks Zimmer. Sowie ich seine Stimme vernahm, öffnete ich die Tür und trat ein. Er lag brav im Bett und las ein Buch auf seinem Tablett. Wir zogen reale Bücher digitalen vor, jedoch hatte der Sturm uns den Strom geraubt.
"Wie lief es?", fragte er, kaum hatte ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen lassen. Er hob den Kopf und sah mich neugierig an. Sein Gesicht wurde vom Schein des Tablets schaurig erhellt. Ich setzte mich zu ihm ins Bett und stieß die Luft lange und gespielt bedrückt aus, um ihn etwas auf die Folter zu spannen, bevor ich grinste wie ein Honigkuchenpferd. Mehr als nur glücklich erzählte ich ihm, was Tom mir zuletzt gesagt hatte. Selbst Henrik war mindestens so überrascht, wie ich es gewesen war.
"Wow... Ich glaube, ich hab ihn wirklich unterschätzt", sagte er. "Wahrscheinlich haben wir einfach bereits zu viele negative Erfahrungen gemacht."
"Das vermute ich ebenfalls", stimmte ich zu. "Erzählst du mir, was zwischen dir und deinem Süßen vorgefallen ist?" Ich hatte Befürchtung, es könnte zu Problemen bei den Proben kommen, genauso wollte ich es vermeiden, dass Henrik sich schlecht fühlte.
"Nun ja... Ich hab mich nicht wirklich mit seinen Arbeiten beschäftigt. Bis vor kurzem. Es gab bislang keinen Film, indem er nicht mit irgendwem rummacht, zudem hab ich vor kurzem gelesen, dass er mehr Kerle im Bett hatte, als ich Socken besitze."
"Habt ihr darüber gesprochen?", wollte ich wissen.
"Ja. Er meinte, es wäre nicht verwerflich, woraufhin ich ihn fragte, wo dann der Unterschied zwischen mir und den anderen sei. So viele Münder wie er bereits geküsst und was auch immer er sonst so getrieben hat. Da fühlt man sich einfach nur wie einer von vielen.", erzählte er. "Sein Charakter ist scheisse, Liv. Wir können es nicht beschönigen. Aber ich hab auch nicht vor, mich in Selbstmitleid zu suhlen. So werde ich ihn ebenfalls wie einen von vielen behandeln."
Henrik drehte den Kopf zu mir und schenkte mir ein ehrliches Lächeln. "Ich hab nicht einmal wirklichen Liebeskummer. Weißt du noch, Dylan? Bei ihm war es damals wesentlich schlimmer. Aber ich bereue nichts."
Ich war froh dies von ihm zu hören und drückte ihn herzlich an mich. "Wenn du an den restlichen Dreharbeiten nicht teilnehmen willst, kann ich das verstehen.", versicherte ich ihm, woraufhin er sich von mir löste und mich nahezu entsetzt ansah.
"Machst du Witze? Kommt nicht in Frage, Cupcake!", entgegnete er, schnippte mit den Fingern und ließ seinen Blick einmal theatralisch über meine Erscheinung wandern.
"Ich will dich doch in Action sehen. Abgesehen davon muss doch einer auf Tommy Boy aufpassen und ihn schelten, wenn er etwas verbockt." Letzteres sagte er mit einem frechen Grinsen und Zwinkern, was mich zum Kichern brachte.
"Lass uns hinuntergehen", meinte ich und zog ihn auf die Beine. Gemeinsam gingen wir in den Wohnbereich, wo Tom Feuerholz nachlegte. Dabei kletterte eine unserer Katzen auf seinem Rücken herum. Der Anblick entlockte mir ein breites Grinsen. Die bloße Vorstellung ihn jeden Tag und jede Nacht um mich zu haben, ließ mein Herz höher schlagen.
Als könnte er meine Blicke spüren, drehte er sich mit der Katze in den Armen zu uns um und schenkte uns, vor allem mir, ein liebevolles Lächeln.
"Tee steht bereit", ließ er uns wissen und deutete auf ein Tablett mit Kanne und Tassen auf dem runden Beistelltisch. Henrik ging zu ihm hin und musterte ihn beinahe streng von oben nach unten.
"Wehe dir, du verletzt sie", warnte er ihn. "Aber wenn du sie glücklich machst, bin ich gewillt meine Worte von früher zurückzunehmen."
Tom sah von ihm zu mir, streichelte dabei die grau-weiße Katze. "Als du da draußen warst bei diesem Sturm... Ich hatte wirklich Angst dich zu verlieren", raunte er an mich gerichtet. "Es war nicht einfach für mich. Als ich dann hörte, dass du meinetwegen verletzt warst... Ich wollte um jeden Preis verhindern, dass du wegen mir so etwas durchmachen musst. Aus Sorge dachte ich, es wäre das Beste, wenn ich dich in Ruhe ließ. Ich hoffe, du verzeihst mir, denn ich würde diese Worte gerne zurücknehmen. Was ich vorhin im Zimmer zu dir gesagt habe hingegen, war mein voller Ernst."
Die Katze sprang von seinem Arm auf die Wohnlandschaft. Mit einem Lächeln im Gesicht ging ich auf ihn zu, nahm sein Gesicht in meine Hände und küsste ihn sanft für einen langen Augenblick.
"Du solltest dir deinen Bart etwas trimmen. Steht dir besser", hauchte ich mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Damit war das Thema für mich vom Tisch. Die Zukunft würde zeigen, ob er Wort halten würde.
Tom kicherte leise und strich mir durch die Haare. "Aye, aye, Miss!", antwortete er. "Der Regisseur hat vorhin angerufen. Das Netz funktioniert allerdings kaum. Immerhin konnte er mir mitteilen, dass die Dreharbeiten übermorgen beginnen können. Wir müssten also morgen fliegen. Gedreht wird vor London in Combe. Wir übernachten im Manor House Hotel."
Es dauerte ein paar Sekunden, bis die so eben erhaltenen Informationen in meinem Gehirn ankamen. "Okay. Dann lass uns morgen Mittag zum Flughafen.", sagte ich. "Ob wir es jedoch bei diesem Chaos da draußen schaffen, ist schwer zu sagen."
"Der Regisseur weiß auf jeden Fall Bescheid. Mach dir deswegen keine Gedanken", meinte er und beugte sich zu mir, um einen liebevollen Kuss auf meine Wange zu hauchen. Es nahm mir eine große Last von den Schultern, dass wir uns wieder vertragen hatten und er mir zu Liebe einen Schritt auf mich zu gemacht hatte.
Wir beide halfen den anderen aus dem Dorf draußen an jenem Tag noch die Verwüstung zu beseitigen, während Henrik sich für die Reise ausruhte. Der Dorfarzt checkte meinen besten Freund am nächsten Tag noch einmal durch. Vor allem ich wollte auf Nummer sicher gehen. Erst als er uns das okay gegeben hatte, traten wir den Weg zum Flughafen an. Diesmal spielte das Wetter mit. Kein weiterer Sturm kam auf und wir erreichten unseren Flug sicher und pünktlich. Wenig später landeten wir in England. Kaum erblickte ich das Hotel, klappte mein Kinn nach unten. Es war wohl das Schönste, das ich je gesehen hatte.
Tom hatte veranlasst, dass wir uns ein Zimmer teilten. Dieses war eines Königs und einer Königin würdig. Jedoch fragte ich Henrik gefühlt tausende Male, ob er wirklich kein Problem damit hatte, dass ich bei Tom schlief. Natürlich versicherte er mir immer wieder aufs Neue, dass es völlig in Ordnung sei. Kaum hatten wir ausgepackt, kam der Zimmerservice. Das Essen sah nicht nur gut aus, sondern schmeckte auch wie durch Engelshand gekocht. Ich nippte gerade an meinem fünf Uhr Tee, als ich spürte, wie Tom sich meinen Arm hinauf bis zu meinem Nacken küsste, was mir sofort jedes Härchen auf meiner Haut aufstellte. Ehe ich mich versah, zog er mein Shirt etwas nach unten, um meinen Hals und meine linke Schulter zu entblößen.
"Es scheint dir hier zu gefallen", hauchte er an meiner Haut. Ich konnte nicht anders, als meinen Kopf zur Seite zu legen, um ihm Platz zu bieten und meine Augen zu schließen.
"Es kann sich zumindest sehen lassen", kicherte ich. "Kein Vergleich natürlich zu Norwegens Fjorde."
"Nichts könnte deinen Fjorden das Wasser reichen", stimmte er zu, gefolgt von einem Knutschfleck, womit er mir ein Keuchen über die Lippen zwang. Ich konnte die Tasse Tee gerade noch rechtzeitig abstellen, kurz bevor ich im Bett landete mit Tom über mir. Mein Shirt segelte durch den Raum. So schnell, wie er es mir ausgezogen hatte, war ich im ersten Moment völlig perplex. Seine weichen Lippen zeichneten die Konturen meiner Schlüsselbeine nach, seine Zunge wanderte in die Kuhle dazwischen. Meine Finger fanden dabei wie von selbst den Weg in seine Haare.
"Du wirst wirklich keine anderen Frauen küssen?", fragte ich heißer.
"Versprochen, Darling", hauchte er an meinem Dekolleté. Seine Hände strichen dabei sanft über meine Seiten. "Nur Männer", fügte er neckend hinzu, woraufhin ich ihm leicht gegen die Schulter schlug.
"Nicht witzig!", entgegnete ich schmollend. Er hob seinen Kopf und sah mir leise kichernd in die Augen. Dabei streichelte er sanft meine rechte Wange.
"Hätte ja sein können, dass du darauf stehst", raunte er belustigt, was ihm nur noch einen Schlag auf die Schulter einfing.
"Ist ja gut", kicherte er, bevor er mich innig küsste. "Du bist das einzige Wesen, das ich küssen und berühren werde", hauchte er gegen meine Lippen. Er war wie eine verführerische Tafel feinster Schokolade.
"Aber in meinen Augen flirtest du mit allem und jedem. Mit der Kamera, mit den Fans...", schmollte ich.
"Nur du kennst mein wahres ich", hauchte er. Dabei strich er mir sanft und liebevoll durch die Haare.
"Ich weiß nicht...", entgegnete ich leise, mein Blick gesenkt. "Kenne ich das denn wirklich?"
"Mehr als andere", antwortete er. "Und mit jedem Tag lernst du ein weiteres Stück von mir kennen. Als wir anfangs miteinander plauderten, dachte ich sehr oft, dass du mich manchmal besser zu kennen scheinst, als ich mich selbst."
Jetzt schaffte er es, dass ich meinen Blick wieder hob. Ich sah ihm in seine klaren Augen. Dort spiegelte sich all die Liebe, die er für mich empfand wieder. Seine Hand strich mir sanft über die Wange und über meine Stirn.
"Ich liebe dich", hauchte er, kurz bevor er mich innig küsste. Diese Kuss war wie Zuckerwatte. Süß und so weich wie Wolken.
"Ich liebe dich auch, Tom", flüsterte ich an seinen Lippen. Wir beide mussten grinsen und legten die Stirn gegen die des anderen. Im nächsten Augenblick hielt ich inne und entfernte mich etwas von ihm, woraufhin er mich besorgt musterte.
"Tom?", ich holte mein Handy und suchte ein Video heraus. "Kannst du mir einen Gefallen erweisen? Sieh dir das bitte einfach an und denk darüber nach. Auch wenn du einen ganzen Tag oder länger nachdenkst. Aber lass es dir durch den Kopf gehen, ja? Ich hab das gesehen und war zugegeben etwas überrascht."
Ich zeigte ihm einen kleinen Ausschnitt eines Interviews mit Johnny Depp. Ihm wurde die Frage gestellt, was er seinem jüngeren Ich erzählen würde, wenn er könne. Er antwortete damit, dass er sich von allem fernhalten solle, was zur Folge hätte, dass andere Menschen ihn im Restaurant anstarrten oder ihm auf Motorrädern folgten. Ein etwas ruhigeres Leben. Es hatte mich berührt. Ich war stets der festen Überzeugung gewesen, dass Stars nie etwas an ihrem Leben ändern wollen würden. Bei Johnny war es noch recht verständlich.
Tom sah sich die paar Sekunden an und schien wirklich darüber nachzudenken. Kaum war es zuende, legte ich das Handy wieder beiseite und sah ihn abwartend in die Augen. Er hielt den Blick noch gesenkt und tippte mit seiner Zungenspitze an seine Oberlippe.
"Ich weiß, Darling.", war das Erste, das aus seinem Mund kam. "Wenn ich solch ein Leben wollen würde, hätte ich einige andere Rollen bereits angenommen und würde längst nicht mehr recht bescheiden in London leben. Zumindest bescheiden im Vergleich zu anderen Schauspielern. Ich hatte auch nicht vor, diese Lebensweise zu ändern und trotzdem weiß man, wo ich am liebsten in London hingehe. Man kennt mein ganzes Leben. Selbst welche Autos ich fahre. Manchmal ist die Arbeit wie ein Fluchtweg aus dieser Realität."
Genau das von ihm zu hören, erleichterte mich. Ich wollte nicht, dass er mit denselben Problemen wie andere berühmte Menschen zu kämpfen hatte. Nicht nur um meinetwillen. In erster Linie um seinetwillen. Nun hob er den Kopf wieder und sah mir mit einem warmen Lächeln in die Augen. "Darling, wenn du weiter so traurig guckst, was soll ich dann machen?", raunte er, gefolgt von einem liebevollen Kuss, den er mir auf die Stirn hauchte.
Schönen Valentinstag! <3 Aber denkt daran, euren Lieben jeden Tag zu zeigen, wie viel sie euch bedeuten! In den kleinen Dingen liegt das Wunder <3
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