Kapitel 1: Schmerz im Kopf
Verschwommenen Blickes betrachtete ich mein Blut, welches aus den Schnittwunden in meinem Unterarm quoll.
Die Rasierklinge trennte soeben erneut meine Haut voneinander, immer und immer wieder.
Schmerzen spürte ich nicht mehr, nur mehr Erleichterung.
Mit jedem Schnitt fiel ein Stück meines Selbst, jeder Schnitt ist ein Schritt an das Ende meines Leids.
Die Klinge tanzte auf meiner Haut und die Tränen in meinen Augen.
"Bald haben wir es geschafft", sagte ich zu mir selbst und ein leichtes Lächeln umspielte meine aufgebissenen Lippen.
Plötzlich donnerte jemand an meine Tür, es riss mich abrupt aus meiner Trance.
Entsetzt warf ich die Klinge von mir und erstarrte.
Gebannt betrachte ich das Werk, welches die Klinge auf meinem Unterarm verrichtet hatte und begann zu schreien.
"Janet!", die Stimme meiner besten Freundin, Rika, holte mich zurück ins Hier und Jetzt.
Sie hatte bereits meinen Arm notdürftig mit ihrer Jacke verbunden und schüttelte mich ordentlich durch.
Ich sah noch wie meine Mutter in mein Zimmer stürmte und mich in den Arm nahm bevor alles um mich herum in Schwarz getränkt wurde.
Als ich die Augen aufschlug fiel mein Blick auf weiße Wände, das Zimmer in dem ich mich befand war ungewöhnlich hell und schmerzte in meinen geschwollenen Augen.
Ein gequältes Stöhnen drang über meine Lippen als ich mich versuchte auf zu richten.
Eine Hand, die unter einem Gummihandschuh versteckt ist, legte sich auf mein Brustbein und drückt mich sanft zurück in die Liegeposition.
"Bleiben Sie bitte liegen Frau Baker", ein junger Arzt mit eisblauen Augen lächelte mich sanftmütig an und ging mit den Augen einen Zettel durch, den er auf ein Brett geklemmt in der Hand hielt.
"Wie fühlen sie sich?", fragte er mich während er einen Kugelschreiber zwischen den Fingern drehte.
Als ich mich auf meinen linken Arm stützte um mich erneut aufzurichten, schoss ein stechender Schmerz durch meinen gesamten Körper und raubte mir den Atem.
Wie gelähmt plumpste ich zurück auf mein Kissen, ich brachte keinen Ton mehr hinaus.
"Sie haben sich die Sehne durchtrennt und sollten diese wenn möglich nicht belasten", beantwortete er die stumme Frage meinerseits.
"Wie kommt es dazu, dass ein so junges und hübsches Mädchen wie Sie, sich so etwas selbst zufügt?", fragte er unbeirrt weiter und tritt näher an mein Bett.
"Ich...ich weiß es nicht", hauchte ich stotternd und fing an zu zittern, "ich kann mich nicht erinnern".
Tränen rannen mir heiß über das zerschundene Gesicht und ließen meine Sicht verschwimmen.
Der Arzt nickte nur, notierte sich hastig etwas und verabschiedete sich von mir.
Als er verschwunden war und mein Zimmer wieder eine gespenstische Stille heimgesucht hatte, richtete ich meinen Blick an die Decke und versuchte mich zu erinnern was gestern passiert ist.
Da war etwas: Blut, Klinge.
Nicht viele Anhaltspunkte, jedoch groß von Bedeutung.
Ich drehte meinen Kopf etwas zur Seite und schloss die Augen um zu schlafen.
Stunden später als ich wieder aufwachte stand Rika bereits mit teils besorgtem und teils wütendem Blick an meinem Bett und musterte mich gründlich.
"Wie geht es dir?", die Frage kam ungewöhnlich kalt und emotionslos über ihre vollen Lippen.
"Ganz gut, denke ich", ich vermied es ihr in die Augen zu sehen und beobachtete somit ihre Fingernägel die gereizt gegen das Metall meines Bettes tippten.
"Denk lieber nicht", schnauzte sie, zog sich einen Stuhl an mein Bett und setzte sich.
Sie verschränkt die Arme auf meinem Bauch und vergräbt ihr Gesicht darin.
Ich dachte zu träumen als ich ein leichtes, sich jedoch immer wiederholendes Zittern spürte. Leises Schluchzen drang durch die Decke und lies mich erstarren.
Rika weint nicht, zumindest nicht mehr.
Was war an dem Tag passiert, was hatte mich dazu getrieben soetwas erneut zu machen?
Was hat uns beide so sehr zurück fallen lassen?
Die Fragen explodierten in meinem Kopf, blieben jedoch unbeantwortet.
Mit meiner relativ unverletzten Hand fuhr ich ihr durchs Haar und begann ihren Kopf zu streicheln.
Ich spürte wie sie sich sacht gegen meine Hand drückt, bedacht mir nicht weh zu tun.
So lagen wir noch eine Stunde, bis auch sie sich verabschiedete und ich wieder in einen tiefen Schlaf fiel.
Mein Körper schien sehr erschöpft.
Laut Arzt musste ich noch ein paar Wochen zur Beobachtung und Behandlung meines Selbstzerstörung Drangs in einer speziellen Klinik bleiben.
Rika brachte mir mein Smartphone vorbei, so dass ich zu ihr Kontakt halten konnte, da Besuche nur mehr zu bestimmten Zeiten gestattet waren.
Ich nahm es dankbar an und ließ mich von ihr fest in die Arme schließen.
Ich fand darauf ein Spiel namens "Werewolf Online", da mich die Einsamkeit wenn Rika nicht antworten konnte an meine Grenzen brachte, beschloss ich einen Blick hinein zu werfen.
Aus einer Runde wurden zwei, aus zwei wurden drei und ab da hörte ich auf mit zu zählen.
Ich lernte einen Spieler mit einem ähnlichen Syndrom wie ich es habe kennen und verstand mich auf Anhieb mit ihm.
Wir begannen einander "Schatz, Babe, etc." zu nennen und spielten immer mehr zusammen.
Ich verlor den Überblick über die Nachrichten Rikas und fing an sie zu ignorieren.
Rika stritt sich mit meinen Eltern sowie Ärzten dass sie zu mir wolle, da ich ihr nicht mehr antworte.
Es war ihr verwehrt gewesen.
Und mir gleichgültig.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top