Kapitel 5 Band 3

Kapitel 5 band 3

Die ersten Strahlen der Morgensonne schoben sich vorsichtig durch die Baumwipfel und ließen den Tau auf den Blättern in einem sanften Glitzern erstrahlen. Der frische Duft des Morgens lag in der Luft, ein scharfer Kontrast zum bedrückenden Gefühl, das noch immer zwischen ihnen allen schwebte. Emilia wachte als Erste auf. Ihre Augen fühlten sich schwer an, als hätte sie die Nacht hindurch geweint, doch keine Träne hatte es nach außen geschafft. Sie lag noch eine Weile da und lauschte den sanften Atemzügen der anderen, die im Zelt schliefen.
Der Schmerz in ihrer Brust war nicht verschwunden, aber er fühlte sich jetzt... anders an. Gedämpfter, wie die Glut eines Feuers, das noch nicht erloschen war. Sie wusste, dass sie Alex gegenübertreten musste. Sie wollte es. Es war keine Wahl - es war eine Notwendigkeit.
Vorsichtig schob sie sich aus dem Zelt, den Morgennebel um sich spürend, der ihre Haut kühl umhüllte. Sie ging ein paar Schritte, bis sie am Rand der kleinen Anhöhe stand und den Blick in die Ferne schweifen ließ. Dort, wo das Miasma schwach flimmerte, aber jetzt fern wirkte. Sie hörte, wie sich Schritte näherten, langsam, zögerlich, aber sie brauchte nicht hinzusehen, um zu wissen, wer es war.
„Emilia." Alex' Stimme war rau, als hätte auch er kaum geschlafen. Sie drehte sich um, und für einen Moment standen sie sich gegenüber, ohne ein Wort zu sagen. Der Schmerz, die Spannung und die unausgesprochenen Worte lagen wie ein unsichtbares Band zwischen ihnen.

„Ich wollte dich nicht verletzen", sagte sie schließlich leise und senkte den Blick. Ihre Stimme war ein Spiegel ihres inneren Kampfes - stark, aber verletzlich. „Ich... ich wollte dich nie verletzen."

„Und doch hast du es getan", erwiderte Alex, nicht scharf, sondern mit einer rauen Ehrlichkeit, die sie nicht erwartet hatte. „Und ich habe dich verletzt. Mehr, als ich je wollte."

Eine lange Stille entstand, nur das Zwitschern der Flügelschwinger und das sanfte Rauschen des Windes begleiteten sie. Emilia spürte, wie sich ihre Kehle zuschnürte, als sie zu ihm aufsah. „Ich habe Angst", gestand sie. „Angst, schwach zu sein. Angst, nicht genug zu sein. Für euch. Für dich."
Alex trat näher, bis sie fast einander berührten. „Du bist niemals schwach, Emilia. Aber du musst uns vertrauen. Du musst mir vertrauen." Seine Stimme wurde weicher. „Ich weiß, dass du uns beschützen willst. Aber du musst dir auch erlauben, dich selbst beschützen zu lassen."
Emilia biss sich auf die Lippe und spürte die aufsteigenden Tränen, die sie jetzt nicht mehr zurückhalten konnte. „Ich wollte nur stark sein. Stark für euch. Stark für dich."
Alex hob die Hand und legte sie sanft an ihre Wange. „Du bist stark, Emilia. Aber selbst die Stärksten brauchen jemanden. Wir sind hier. Ich bin hier." Er sah ihr tief in die Augen, und sie konnte den Schmerz, die Fürsorge und die Liebe in seinem Blick lesen. Es war, als ob die Zeit für einen Moment stillstand, während sie all die unausgesprochenen Worte austauschten.

Sie legte ihre Hand auf seine und lehnte sich für einen Moment gegen seine Berührung. „Ich liebe dich, Alex. Das ist es, was ich sagen wollte. Ich habe Angst, dich zu verlieren."
Er zog sie in eine Umarmung, die alles ausdrückte, was Worte nicht konnten. Der Schmerz, die Verzweiflung, aber auch die Liebe und die Hoffnung, die sie beide miteinander verband. „Ich werde nicht gehen, Emilia. Wir werden das gemeinsam schaffen."
Eine Weile standen sie so da, hielten sich fest, als ob sie sich gegenseitig stützen könnten. Als sie sich langsam voneinander lösten, war die Schwere zwischen ihnen noch nicht verschwunden, aber sie fühlte sich leichter an. Sie waren bereit, sich den Herausforderungen zu stellen - zusammen.
Ein leises Husten ließ sie aufblicken. Ash, Gray und Chaid standen ein Stück entfernt, respektvoll genug, um ihnen Raum zu geben, aber nah genug, um zu zeigen, dass sie alle Teil davon waren. Emilia sah die Wärme in ihren Augen, die stille Zustimmung, dass sie sie niemals allein lassen würden. Es war Zeit, auch mit ihnen zu sprechen - offen, ehrlich, ohne Mauern.

„Ich muss mit euch reden", sagte sie und versuchte, ihre Stimme ruhig zu halten. „Über alles. Was ich fühle, was ich denke... und warum es so weit gekommen ist."
Die Jungs nickten und setzten sich, die Stille zwischen ihnen war jetzt weniger bedrückend, sondern bereit, gefüllt zu werden - mit Ehrlichkeit, mit Nähe und mit der Hoffnung, dass sie gemeinsam stärker aus dieser Dunkelheit hervorgehen würden.
~ ~ ~
Die Morgenluft war frisch und klar, doch die Atmosphäre war schwer. Emilia saß mit den anderen im Kreis, die Beine angewinkelt, den Blick auf den Boden gerichtet. Die Minuten verstrichen, während sie tief durchatmete, die Worte in ihrem Inneren formte und wieder verwarf. Schließlich hob sie den Kopf und begegnete den Blicken der Männer, die ihr so viel bedeuteten.
„Ich... ich muss reden. Und ich hoffe, ihr hört mir zu." Ihre Stimme zitterte leicht, aber sie ließ sich nicht davon abhalten. „Es gibt so vieles, was ich sagen muss. So vieles, was ich gefühlt habe... über die letzten Tage, Wochen, Monate."

Die Jungs schwiegen und gaben ihr Raum. Alex, Gray, Ash und Chaid sahen sie aufmerksam an, jeder auf seine Weise gefasst, aber mit der Tiefe des Verständnisses, das zwischen ihnen bestand.
„Ich fühle mich oft ausgeschlossen", begann sie und senkte den Blick, als ob sie sich für diese Worte schämte. „Als ob ich nicht wirklich dazugehöre oder als ob ihr mich nicht vollkommen einbezieht. Ich weiß, dass ihr mich beschützen wollt. Ich weiß, dass ihr alles tut, um mich sicher zu halten... Aber ich möchte nicht immer nur beschützt werden. Ich möchte euch beschützen. Ich möchte an eurer Seite stehen und kämpfen."
Sie hielt kurz inne und schloss die Augen, um die Tränen zurückzuhalten. „Ihr seid... ein Teil meiner Seele. Jeder einzelne von euch. Und wenn ich euch verlieren würde... ich würde zerbrechen. Mein ganzes Leben lang habe ich nach einer Verbindung gesucht, nach etwas, das mich vollkommen macht. Mit euch habe ich das gefunden. Mit euch fühle ich mich vollkommen. Und ich... ich will das nicht verlieren."
Emilias Stimme wurde leiser, fast ein Flüstern. „Ich weiß, dass es egoistisch ist, aber euch allein gehen zu lassen, fühlte sich nie wie eine Option an. Es fühlt sich an, als würde ein Teil von mir weggeschickt werden, als ob ich etwas zurücklassen müsste, das ich nie verlieren darf."

Sie wandte sich zu Alex und suchte seinen Blick. „Alex...", sagte sie mit tiefer Zuneigung in ihrer Stimme. „Du bist derjenige, der mir gezeigt hat, wie stark Liebe sein kann. Du bist mein Anker, mein Schutzschild, mein sicherer Ort. Du bist manchmal scharf und rau, aber unter all dem... bist du voller Wärme und Fürsorge. Du liebst so tief, auch wenn du es manchmal versteckst. Ich sehe das. Ich spüre das. Und genau das hat mich so sehr verletzt, als du über meinen Kopf hinweg entschieden hast. Ich weiß, dass du es nur getan hast, weil du mich liebst... Aber es fühlte sich an, als würdest du mir nicht zutrauen, dass ich stark genug bin."
Alex öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, aber er hielt sich zurück und ließ sie sprechen. Tränen liefen ihr über die Wangen, als sie weitermachte.

„Gray", sagte sie, und ihre Stimme wurde sanfter. „Du bist immer da. Du bist die Ruhe, die ich brauche, wenn alles um mich herum tobt. Du bist geduldig, auch wenn du es nicht zeigen willst. Du verstehst mich, oft ohne Worte, und das gibt mir Kraft. Aber auch du hast zugestimmt, mich zurückzulassen. Ich habe mich so... machtlos gefühlt. So ausgeschlossen, obwohl du mir immer das Gefühl gibst, dass ich wichtig bin."
Gray nickte langsam, seine meerblauen Augen voller Verständnis und Bedauern.

„Ash...", fuhr Emilia fort und sah zu ihm. Ihre Stimme wurde weicher. „Du bist derjenige, der mir zeigt, dass Licht auch in der Dunkelheit existieren kann. Dein Lächeln, deine Worte - sie haben mir durch so viele schwere Momente geholfen. Du bringst Licht in meine Welt, auch wenn du selbst oft die Dunkelheit trägst. Und trotzdem... du warst bereit, mich zurückzuschicken. Du hast es getan, um mich zu schützen, ich weiß. Aber ich wollte nicht weggeschickt werden. Ich wollte mit dir gehen."

Ash sah sie an, seine glühend goldenen Augen glänzten vor unausgesprochenen Emotionen. Er sagte nichts, aber seine Hand legte sich fest um seine Brust, als ob er die Last ihrer Worte spüren könnte.
Dann wandte sich Emilia zu Chaid, und ihre Stimme zitterte. „Chaid... du bist anders. Du hast mich auf eine Weise berührt, die ich noch nicht ganz verstehe. Du bist frech, du bist verspielt - aber du siehst mich. Du siehst mich wirklich. Und das... hat mich verwirrt, aber auch gestärkt. Ich spüre diese Verbindung zu dir. Ich habe sie schon lange gespürt, auch wenn ich es nicht verstanden habe. Es ist nicht die gleiche Nähe wie mit Alex oder Gray oder Ash. Aber es ist echt. Es ist tief. Und ich möchte es verstehen."
Sie nahm seine Hände in ihre und rückte näher. „Ich fühle mich sicher in deiner Nähe. Aber ich möchte auch, dass du verstehst, wie schwer es für mich ist, wenn ich mich ausgeschlossen fühle - von dir, von allen. Ich möchte nicht nur geschützt werden. Ich möchte mit euch sein, Seite an Seite. Warum darf ich das nicht? Warum fühlt es sich so an, als müsste ich immer beweisen, dass ich stark genug bin?"
Chaid schloss die Hände um ihre, seine Berührung fest und beruhigend. Er sah sie an, als wollte er die Worte formen, aber er wusste, dass jetzt der Moment war, um sie sprechen zu lassen.

„Manchmal", fuhr Emilia fort und ließ ihren Blick über alle schweifen, „manchmal fühle ich mich erdrückt von der Liebe, die ihr mir gebt. Sie ist so stark, dass ich Angst habe, daran zu zerbrechen. Aber gleichzeitig... ist sie alles, was ich je wollte. Ich weiß, dass ihr mich liebt. Ich weiß, dass ihr mich schützen wollt. Aber bitte... lasst mich auch für euch da sein. Ich möchte nicht nur das schwache Glied in der Kette sein. Ich möchte euch unterstützen. Ich möchte euch lieben und beschützen, so wie ihr es für mich tut."

Stille senkte sich über die Gruppe, als Emilias Worte verklangen. Es war eine Stille voller Schwere, aber auch voller Möglichkeit. Jeder von ihnen spürte, wie tief ihre Worte gingen - und wie ehrlich sie waren. Tränen liefen über Emilias Wangen, doch sie wischte sie nicht weg. Sie ließ sie fließen, als Zeichen dessen, was sie bereit war zu zeigen.
Alex atmete tief durch und bewegte sich als Erster. Er legte die Hand auf ihre Schulter, zögerlich, als ob er nicht sicher war, ob er es durfte. „Emilia... du hast recht. Wir haben dich ausgeschlossen. Und das war falsch. Ich... es tut mir leid."
Gray nickte und rückte näher. „Wir wollten dich nicht verletzen. Wir wollten nur sicherstellen, dass dir nichts passiert."
Ash legte seine Hand auf ihre und sprach sanft. „Du bist für uns genauso wichtig wie wir für dich. Wir verstehen das. Wir müssen das zusammen durchstehen."
Chaid hielt ihre Hände fest, sein Blick ernst und voller Gefühl. „Du bist kein schwaches Glied, Emilia. Und wir werden dich nicht mehr zurücklassen."
Emilia atmete schwer, aber ihre Brust fühlte sich leichter an. Es war nicht alles gelöst - aber es war ein Anfang. Ein Anfang, um zu heilen, um zu wachsen - gemeinsam.
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Nachdem Emilia ihre Gefühle mit aller Ehrlichkeit und Verletzlichkeit ausgesprochen hatte, herrschte einen Moment lang Stille. Ihre Worte hallten in der Luft nach, schwer mit Bedeutung und Emotionen. Die Jungs schwiegen, jeder von ihnen sichtlich betroffen von der Tiefe ihrer Offenbarungen. Sie wussten, wie viel Mut es erfordert hatte, all das auszusprechen. Es war, als ob die Distanz, die sie ungewollt zwischen sich und Emilia geschaffen hatten, in diesem Moment greifbar wurde. Doch jetzt waren sie an der Reihe. Es war Zeit, ihre Herzen zu öffnen und all das zu sagen, was sie so lange zurückgehalten hatten.

Alex begann. Er kniete sich vor Emilia, seine Augen auf ihre gerichtet, voller Intensität und unmissverständlicher Ehrlichkeit. „Emilia", sagte er, und seine Stimme war rau vor unterdrückten Emotionen. „Es tut mir leid. Alles, was ich je wollte, war dich zu schützen. Aber ich sehe jetzt, dass ich dabei blind war - blind vor Angst, dich zu verlieren. Ich wollte dich von allem fernhalten, was dir schaden könnte, und dabei habe ich nicht bemerkt, dass ich selbst der Grund für deinen Schmerz war." Seine Hand zitterte leicht, als er sie nahm, und er hielt inne, um die Worte zu sammeln. „Du bist mehr als nur jemand, den ich beschützen will. Du bist mein Anker, der Funke, der mich am Leben hält. Ohne dich... wäre ich verloren. Und ich verspreche dir, nie wieder über deinen Kopf hinweg zu entscheiden."

Emilia sah ihn an, Tränen glitzerten in ihren Augen, doch sie nickte. Alex' Worte waren wie Balsam für ihre Seele, aber sie wusste, dass es noch mehr gab, das unausgesprochen blieb.

Gray trat als Nächstes vor. Seine meerblauen Augen waren wachsam, fast schüchtern, und doch voller Wärme. „Ich bin nicht gut darin, Gefühle zu zeigen", begann er zögernd, „und ich habe oft das Gefühl, dass meine Worte nicht reichen. Aber du musst wissen, Emilia, dass du für mich mehr bist als nur eine Verbündete. Du bist... wie der erste Regen nach einer langen Dürre. Du gibst mir Leben, du bringst mich zurück aus der Dunkelheit." Er hielt kurz inne, seine Stimme leiser werdend. „Ohne dich wäre ich verloren. Und ich habe dich ausgeschlossen, weil ich nicht wollte, dass dir etwas passiert. Das war ein Fehler. Du verdienst es, an unserer Seite zu stehen - immer."

Gray sah sie an, und seine Augen sprachen von einer Ehrlichkeit, die selten bei ihm zutage trat. Emilia erwiderte seinen Blick, spürte die Schwere und zugleich die Zärtlichkeit in seinen Worten.

Ash trat vor. Seine Haltung war gewohnt gelassen, doch seine Augen glühten mit untypischer Intensität. „Weißt du, Emilia", sagte er mit einer Stimme, die leiser war als sonst, „ich habe oft davon geträumt, frei zu sein - wirklich frei. Und dann kamst du. Du hast mir mehr gegeben als nur einen Traum. Du hast mir etwas reales gegeben, etwas, das ich schützen wollte. Dich." Seine Stimme war sanft, aber fest. „Ich verstehe, dass ich dich oft enttäuscht habe, dass ich mich hinter meiner müden Fassade versteckt habe. Aber du solltest wissen, dass jedes Lächeln von dir mich daran erinnert, warum ich kämpfe. Du bist mein Zuhause, Emilia. Und ich werde nie wieder zulassen, dass du dich ausgeschlossen fühlst."

Emilias Tränen liefen ungehindert. Sie wusste, dass Ash oft mehr mit Taten als mit Worten sprach, aber seine Worte berührten sie tief.

Chaid trat schließlich vor. Anders als sonst war sein Blick ernst und voller Wärme. Er nahm Emilias Hände in seine und rückte näher, seine Stimme ruhig und zärtlich. „Kleine Sonne", begann er mit dem Kosenamen, den nur er für sie verwendete. „Ich habe viele Worte - zu viele manchmal, ich weiß. Aber in diesem Moment gibt es nichts, was ich mit einem Scherz überspielen könnte. Du hast Recht - ich habe dich nicht vollständig reingelassen. Ich habe mich gefürchtet. Vielleicht vor meinen eigenen Gefühlen, vielleicht vor der Tiefe unserer Verbundenheit. Aber ich kann es nicht länger leugnen: Du bist mir wichtiger, als ich je sagen konnte." Er hielt inne, seine Stimme zitterte leicht. „Diese Verbundenheit, von der du sprichst... ich fühle sie. Und ich werde dir zeigen, dass du mir vertrauen kannst. Immer."

Chaid drückte ihre Hände sanft, und sein Blick war voller Liebe und Zärtlichkeit. Die Worte lagen schwer in der Luft, und Emilia spürte die Wahrheit, die in jeder Silbe lag. Sie alle hatten ihre Herzen geöffnet - und sie war nicht mehr allein mit ihrem Schmerz.

Nach einem Moment des Schweigens sprach Alex weiter. „Es gibt noch etwas, das du wissen musst, Emilia. Der Grund, warum wir dich schützen wollten - warum wir dich ausgeschlossen haben. Es geht um Jake - die Todsünde des Zorns. Er ist... ein Teil unserer Seele. So wie wir ein Teil von dir sind, ist auch er das. Was du für uns fühlst, wirst du auch für ihn fühlen. Aber er ist gefährlich, und wir wissen nicht, in welchem Zustand er sich befindet. Deshalb... hatten wir Angst, dich mitzunehmen."

Emilia blickte auf, ihre Augen voll von Fragen und Besorgnis. „Jake... wer ist er wirklich?"

„Er gehört zu uns", sagte Gray sanft. „Wir werden dir alles erzählen - wenn die Zeit reif ist. Aber jetzt müssen wir ihn finden. Und wir müssen dich schützen."

„Kannst du uns vertrauen?", fragte Ash leise. „Kannst du uns begleiten und uns vertrauen, dass wir dir alles erklären werden, sobald wir an einem sicheren Ort sind?"

Emilia sah jeden einzelnen von ihnen an. Sie spürte die Offenheit, die Vertrautheit, die Ehrlichkeit in ihren Worten. Sie wusste, dass sie ihnen vertrauen konnte. Sie atmete tief durch und sprach mit einer Stimme, die fest und klar war. „Ja, ich vertraue euch. Und ich werde geduldig sein, bis ihr mir mehr erzählt."

Die Jungs nickten, ein stummes Versprechen in ihren Augen. Sie würden zusammenbleiben - durch jede Dunkelheit, durch jede Gefahr. Gemeinsam.
...
Nach der tiefen Aussprache und den versöhnenden Worten trat Emilia auf die Jungs zu. Ihr Herz klopfte in ihrem Brustkorb wie eine Trommel, und sie fühlte die Wärme, die von ihnen ausging - ein Gefühl der Einheit, das stärker war als jeder Konflikt, jede Unsicherheit. Sie wusste, dass dieser Moment mehr war als bloße Worte - es war eine neue Grundlage für das, was sie verband.

Nacheinander nahm sie jeden von ihnen in die Arme. Alex war der Erste. Seine Umarmung war fest, stark und dennoch voller Sanftheit. Er hielt sie, als wollte er sie nie wieder loslassen, und sie verweilten so, das Gefühl des gegenseitigen Schutzes und der Wertschätzung tief in sich aufsaugend. Als sie sich voneinander lösten, sah sie in seine Augen, und ein stummes Versprechen lag darin - er würde alles tun, um sie zu beschützen, aber jetzt mit ihrem Vertrauen an seiner Seite.

Dann trat Gray vor. Seine Umarmung war leise und sanft, doch sie spürte die Tiefe seiner Zuneigung. Er hielt sie, als würde er mit seiner ruhigen Kraft all ihre Sorgen wegtragen. Emilia fühlte die Ruhe, die er ihr schenkte, und das Wissen, dass er sie mit jeder Faser seines Wesens beschützen würde. Sie legte ihre Stirn kurz an seine Schulter und atmete tief ein. Es war eine wortlose Bestätigung, dass sie ihn ebenso schätzte.

Ash kam als Nächster. Sein Griff war fest und doch spielerisch, wie ein warmer Hauch an einem kalten Tag. Sie spürte die Nähe, die zwischen ihnen immer wieder aufblühte, das Verständnis ohne Worte, das sie teilten. Er war ihr Anker, derjenige, der sie oft zum Lächeln brachte, auch wenn es dunkel war. Emilia verweilte länger in seiner Umarmung, spürte die Energie, die er ausstrahlte, und ließ sich von ihr durchfluten.

Und dann war Chaid an der Reihe. Er trat zögernd vor, als ob er diesen Moment kaum zu glauben wagte. Emilia sah ihn an, und es war, als ob die Mauern, die er so lange um sein Herz errichtet hatte, plötzlich fielen. Als sie ihre Arme um ihn legte, fühlte sie, wie die Distanz zwischen ihnen schwand. Es war mehr als nur eine Umarmung - es war eine Verbindung, die sich vertiefte, eine Verschmelzung von Gefühlen, die sie beide lange zurückgehalten hatten.

Chaid hielt sie fest, und Emilia spürte den Schmerz, die Sehnsucht und die Zärtlichkeit, die in ihm brodelten. Ihre Blicke trafen sich, und für einen Moment war alles andere unwichtig. Die Welt um sie herum verblasste, und nur die Nähe zählte. Ohne zu zögern neigte sie sich vor und küsste ihn leidenschaftlich. Es war ein Kuss, der all die Mauern durchbrach, die er errichtet hatte, ein Kuss voller Ehrlichkeit, Verlangen und tiefer Zuneigung. Ihre Lippen fanden sich, und die Distanz, die sie beide gespürt hatten, löste sich auf.

Die anderen Jungs schwiegen, respektierten diesen Moment, in dem Chaid und Emilia sich endlich öffneten. Es war ein Augenblick der Akzeptanz und des verstehens, ein Moment, in dem jede Zurückhaltung schwand und sie nur noch die Wahrheit ihrer Verbindung spürten. Der Kuss war lang, intensiv, und als sie sich schließlich voneinander lösten, sahen sie sich in die Augen - mit dem Wissen, dass dies der Beginn von etwas war, das nicht mehr geleugnet werden konnte.
....
Als Emilia sich von Chaid gelöst hatte und ein wenig Abstand zwischen ihnen brachte, spürte sie, wie ihr ganzer Körper unter einem warmen, pulsierenden Brennen stand. Ihre Haut kribbelte, ihre Atmung wurde flach, und ihr Puls raste unkontrolliert. Sie versuchte, sich zu fangen, doch ein Taumeln ließ sie kurz zurückweichen. Ein Gefühl von Peinlichkeit überkam sie, als sie erkannte, wie erregt und euphorisch sie sich fühlte. Ihr Herzschlag war laut in ihren Ohren zu hören, und sie wagte es kaum, Chaid wieder anzusehen - und doch konnte sie nicht anders.

Ihre Augen fanden seine, tief und voller Fragen, die sie selbst kaum verstand. „Chaid... warum fühle ich mich so?", fragte sie leise, ihre Stimme ein wenig rau, als hätte sie einen großen Kampf hinter sich. Ihre Wangen glühten vor Hitze, und sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden.

Ein amüsiertes Lächeln huschte über seine Lippen, und für einen Moment war die Ernsthaftigkeit verschwunden, ersetzt durch die vertraute, verspielte Art, die ihn auszeichnete. Er trat einen Schritt näher, seine grünen Augen funkelten geheimnisvoll und forschend, als er antwortete: „Nun, Emilia, es liegt wohl daran, dass ich die Sünde der Versuchung und der Wollust bin." Er neigte den Kopf leicht zur Seite und seine Stimme wurde sanfter, aber keineswegs weniger verführerisch. „Dass du dich so fühlst, ist ganz natürlich. Es wäre verwunderlich, wenn es nicht so wäre."

Emilia spürte, wie eine weitere Welle der Hitze durch ihren Körper jagte. Sie wollte etwas erwidern, doch ihre Gedanken schienen für einen Moment wie in Nebel gehüllt. Ihre Knie fühlten sich schwach an, und sie musste sich auf ihre Atmung konzentrieren, um sich zu beruhigen. „Aber... das...", stammelte sie, während sie gegen das Gefühl ankämpfte, das sich in jeder Faser ihres Körpers ausbreitete.

Chaid trat noch einen Schritt näher, die Distanz zwischen ihnen verringernd. „Du musst dich dafür nicht schämen", sagte er sanft, seine Stimme hatte einen beruhigenden Unterton, der jedoch durch den Hauch von Gefahr und Versprechen nicht weniger intensiv wirkte. „Ich bin nicht nur Versuchung und Wollust, Emilia. Es geht um mehr als das... um die Verbindung zwischen uns, um das Verlangen, das über bloße Anziehung hinausgeht." Seine Finger berührten flüchtig ihre Hand, und der Kontakt ließ sie erneut erschaudern.

„Wenn du es möchtest, werden wir diesen Weg gemeinsam gehen", flüsterte Chaid. „Aber wenn du bereit bist - in deinem eigenen Tempo. Keine Erwartungen, nur das, was du fühlst."

Emilia nickte langsam, ihre Augen suchten seine und fanden eine seltsame Mischung aus Tiefe und Verlockung darin. Ihre Atmung normalisierte sich allmählich, doch das Kribbeln in ihrem Körper ließ nicht nach. Sie wusste, dass dies ein Teil ihrer Verbindung war - ein Teil von Chaid und dem, was er verkörperte. Und es war beängstigend, berauschend und auf seltsame Weise wunderschön.
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Emilia nickte eifrig, ihre Stimme zitterte leicht, als sie sagte: „Ich will..." Doch bevor sie den Satz beenden konnte, spürte sie plötzlich, wie kaltes Wasser über sie und Chaid gegossen wurde. Beide keuchten erschrocken auf, während das Wasser sie augenblicklich abkühlte. Emilia blinzelte und sah zu Gray, der mit verschränkten Armen dastand und ein kleines, selbstzufriedenes Lächeln zeigte, während Reste von schimmerndem Mana-Wasser noch in der Luft glitzerten.

„Hust, -ihr zwei, reißt euch zusammen", sagte Gray mit scharfem Tonfall, doch seine Augen verrieten eine Spur von Belustigung. „Es war nur ein Kuss. Wir haben ernste Themen zu besprechen."

Chaid schüttelte sich leicht, das Wasser tropfte von seinen Haaren, während er Gray mit einem amüsierten Funkeln in den Augen anblickte. „Musstest du uns gleich nass machen?", fragte er mit gespielter Empörung und einem neckischen Lächeln.

Gray hob eine Augenbraue und erwiderte trocken: „Das war der effizienteste Weg, um euch ..abzukühlen."

Emilia schnaubte und strich sich das nasse Haar aus dem Gesicht, ihre Wangen noch leicht gerötet. „Ach Mann, es war gerade so interessant...", sagte sie mit einem halb gespielten Schmollen, während sie auf ihre durchnässten Kleider deutete. „Schau, jetzt bin ich komplett nass."

Für einen Moment herrschte Stille, dann brach das Lachen aus - herzlich, befreiend und voller Wärme. Selbst Gray konnte sich ein leichtes Lächeln nicht verkneifen. Die Spannung löste sich, und sie alle spürten, dass sie für einen kurzen Moment einfach nur gemeinsam lachen und die schwere Last vergessen konnten, die sie trugen. Es war ein Moment der Leichtigkeit, bevor der Ernst des Lebens sie wieder einholte - und genau das brauchten sie.
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Alex schüttelte leicht den Kopf, ein Hauch von Erheiterung in seinen sonst ernsten Augen, als er sich an Chaid wandte. „Chaid, ich weiß, dass das hier alles für dich sehr... aufregend ist und du dich kaum zurückhalten kannst. Ich bin ehrlich beeindruckt, wie enthaltsam du in letzter Zeit warst. Aber reiß dich noch ein wenig länger zusammen, klar?" Sein Ton war ernst, aber nicht ohne einen Anflug von Belustigung. „Du wirst mit Emilia noch genug Zeit haben, deine... wilden Fantasien auszuleben. Doch bis dahin - haltet euch beide zurück."

Emilia nickte artig, ein schelmisches Glitzern in ihren Augen, als sie salutierte. „Verstanden, Sir! Keine weitere Erwähnung nötig, Sir." Sie warf ihm ein übertrieben respektvolles Lächeln zu.

Chaid, der sich das Grinsen kaum verkneifen konnte, salutierte ebenfalls halb im Spaß und erwiderte mit spielerischer Ernsthaftigkeit: „Verstanden, aye, aye, Käpt'n."
Emilia stand auf und drückte ihre Kleidung aus, die noch leicht tropfte. „Aber bevor wir zu ernsteren Themen übergehen - ihr müsst jetzt kurz warten, bis ich wieder trocken bin." Mit einem Augenzwinkern machte sie sich auf den Weg zum Zelt. „Ich ziehe mich schnell um, bis gleich."
Als sie ins Zelt verschwand, machte Chaid Anstalten, ihr hinterherzugehen. „Oi, ich sollte mich auch... frisch machen", begann er mit einem unschuldigen Tonfall, während er sich erhob.

Doch bevor er einen Schritt weitergehen konnte, packten ihn die Jungs sanft, aber bestimmt und zogen ihn zurück auf den Boden der Tatsachen - und wortwörtlich auf seinen Platz. Gray verschränkte die Arme und sprach mit einem herausfordernden Lächeln: „Du wartest, bis sie fertig ist."

Ash nickte zustimmend und fügte trocken hinzu: „Selbst ein Dämon der Versuchung braucht manchmal Geduld."

Chaid ließ sich wieder sinken, seufzte gespielt dramatisch und legte die Hand auf die Brust. „Ihr alle seid wirklich unbarmherzig..." Doch sein Lächeln zeigte, dass er die Geste verstand. Während sie warteten, spürte die Gruppe eine Mischung aus Leichtigkeit und neuer Ernsthaftigkeit, die sie auf das vorbereitete, was als Nächstes kommen würde.
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Als alle wieder trocken und mit neuer Energie am Lagerfeuer versammelt waren, schien die Anspannung der letzten Stunden einer ruhigeren und konzentrierteren Atmosphäre gewichen zu sein. Die Flammen des Feuers tanzten in der kühlen Nachmittagsluft, während Emilia, Alex, Ash, Gray und Chaid in einem Kreis zusammen mit Korren, Livia und Merlo saßen. Ihre Gesichter waren aufmerksam und entschlossen, und für einen Moment genossen sie die seltsame Ruhe, die sich über die Gruppe gelegt hatte.

Livia, deren scharfe Augen das Verhalten aller registrierten, sah vorsichtig zu Emilia hinüber. „Ist zwischen euch jetzt alles geklärt?", fragte sie mit einem Ton, der zwischen Neugier und Besorgnis schwankte.

Emilia lächelte und konnte das Strahlen in ihrem Gesicht nicht verbergen. „Ja, es tut mir leid, dass ihr mitten in unseren Beziehungsstreit geraten seid." Ihre Stimme trug eine Spur von Entschuldigung, aber auch Zuversicht. „Aber keine Sorge - es ist alles wieder gut." Sie sah in die Runde und ließ den Blick über ihre Freunde und Begleiter gleiten. „Also, hier kommt mein Plan. Und bitte - wenn es Einwände gibt, sagt es klar und deutlich. Wir können ihn jederzeit anpassen."

Alle lauschten aufmerksam, als Emilia fortfuhr. „Lasst uns gemeinsam mit Ash zurückfliegen", begann sie. „Wir werden euch - unsere Begleiter - an einem sicheren Punkt absetzen. Ein Ort, von dem aus ihr den Weg alleine zurücklegen könnt, ohne dass ihr euch unnötig gefährdet. Ich werde sicherstellen, dass meine Verzauberungen euch genügend Schutz für die Rückreise geben. Danach machen wir uns auf den Weg weiter zur Grenzzone."

Sie hielt kurz inne, um sicherzustellen, dass jeder ihr folgte. „Ich habe noch immer meinen Taschenspiegel", fügte sie hinzu und berührte sanft den kleinen Spiegel, der wie ein wertvolles Relikt an ihrer Seite hing. „Mein Gefühl sagt mir, dass er uns helfen wird, das zu finden, wonach wir suchen. Ich denke, wir können ihn nutzen, um unsere Suche zu leiten. Was haltet ihr davon? Einwände? Fragen? Vorschläge?" Ihre Augen wanderten durch die Gruppe, und sie hielt jedem einzelnen für einen Moment den Blick, um sicherzustellen, dass ihre Worte ankamen.

Korren, der immer eher wortkarg war, nickte nach kurzem Überlegen. „Solange wir mit einem verstärkten Schutz ausgerüstet sind, sollte der Rückweg für uns machbar sein. Wir können die Wanderflamme über alles informieren, was wir gesehen haben - das Miasma, die Gruppierung und die Bedrohung, die von ihnen ausgeht."

Livia, die nachdenklich ins Feuer blickte, hob den Kopf. „Dein Plan klingt solide. Doch seid vorsichtig", warnte sie. „Die Grenzzone wird gefährlicher sein, als wir es uns vorstellen können. Auch mit deinem Taschenspiegel... es gibt dort Dinge, die sich nur schwer greifen lassen."

Merlo, dessen flammende Augen einen Hauch Besorgnis trugen, lehnte sich nach vorne. „Ich bin einverstanden, dass wir den Rückweg antreten. Aber wenn ihr in die Grenzzone vordringt - sorgt dafür, dass ihr niemals das Vertrauen ineinander verliert. Das Miasma wird alles gegen euch einsetzen, was auch nur ansatzweise eure Verbindung schwächen kann."

Ash legte die Arme über der Brust zusammen und sah Emilia an. „Das Risiko ist hoch, aber ich werde an deiner Seite bleiben. Ich vertraue dir - und dem Weg, den du gewählt hast." Seine Stimme war ruhig, aber fest, und seine Augen verrieten, dass er bereit war, jedes Risiko einzugehen.

Gray nickte zustimmend. „Du hast meinen Rücken. Ich habe deinen."

Chaid lehnte sich mit einem schelmischen Lächeln zurück, das jedoch nicht die Ernsthaftigkeit seiner Worte minderte. „Ich dachte, wir hätten schon Schlimmeres überstanden - was ist schon eine Grenzzone im Vergleich?"

Emilia lächelte dankbar, doch bevor sie etwas erwidern konnte, sprach Alex, seine Stimme ruhig, aber durchdringend. „Ich stehe hinter dir, Emilia. Aber wir müssen wachsam sein. Unsere Stärke liegt in unserem Zusammenhalt - und wir müssen alles tun, um ihn zu bewahren."

Eine kurze Stille folgte, bevor Emilia nickte. „Dann ist es beschlossen. Wir werden es gemeinsam durchstehen - Schritt für Schritt. Und wir werden bereit sein, allem entgegenzutreten."
Den Nachmittag verbrachten sie damit, ihre Gedanken und Beobachtungen sorgfältig zusammenzufassen, um sie später den Gildenmeistern der Wanderflamme zu präsentieren. Jeder trug seine Eindrücke zu diesem Ort bei - die bedrückende Präsenz des Miasmas, die unheimlichen Rituale, die sie entdeckt hatten, und die gefährlichen Manipulationen der verfluchten Energie durch Nox Vigilia. Gemeinsam diskutierten sie, wie sie die Geschehnisse am besten schildern konnten, ohne wichtige Details auszulassen, und wie sie die Dringlichkeit der Lage vermitteln würden.

Korren, Merlo und Livia, die drei Begleiter, boten ihre Sicht auf die Bedrohung und bestätigten, dass die Bedrohung weit über das hinausging, was gewöhnliche Abenteurer bewältigen konnten. Jeder ihrer Worte sollte den Gildenmeistern verdeutlichen, dass dies mehr als nur eine Quest war - es war eine Gefahr, die nicht länger ignoriert werden konnte.
Emilia und ihre Gefährten sprachen offen über ihre Erfahrungen, die Herausforderungen, die sie bereits überwunden hatten, und die Stärke des Zusammenhalts, der sie trug. Doch ebenso betonten sie die Grenzen, die sie erreicht hatten, und die Notwendigkeit, wachsam und strategisch vorzugehen. Das Gespräch wurde getragen von Ernsthaftigkeit, Nachdenklichkeit und einer Spur von Hoffnung - die Hoffnung, dass die Wanderflamme handeln würde, um das Gleichgewicht der Welt zu schützen.

....
Die Gruppe saß noch eine Weile im stillem Einverständnis beisammen. Das Knistern des Feuers war das einzige Geräusch, das den Abend durchbrach, und jeder von ihnen wusste, dass die kommenden Tage alles fordern würden. Doch für diesen Moment war die Entschlossenheit, die sie verband, das stärkste Band, das sie hatten.
Als der Nachmittag in den Abend überging, waren ihre Notizen fertig, und sie blickten einander mit einer stillen Entschlossenheit an. Morgen würde ihre Botschaft die Gilde erreichen - und dann würde das Schicksal seiner eigenen Wendung folgen.
Die drei Begleiter, Korren, Livia und Merlo, verabschiedeten sich und ließen Emilia und ihre engsten Gefährten zurück. Der Abend war längst hereingebrochen, als die fünf noch immer am flackernden Feuer saßen. Die Gespräche des Nachmittags waren intensiv gewesen, doch das Verständnis und die Einigkeit innerhalb der Gruppe hatten ihnen neuen Mut gegeben. Die Dunkelheit der bevorstehenden Reise wirkte nicht mehr so erdrückend.

Ash streckte sich, das Knistern des Feuers reflektierte in seinen Augen. „Nach dem, was wir heute durchgemacht und ausgesprochen haben - ich glaube nicht, dass uns die Grenzzone noch irgendwas anhaben kann", sagte er, ein Hauch von Erleichterung und Zuversicht in seiner Stimme.

Die Jungs nickten zustimmend, und ein leises, zufriedenes Lächeln schlich sich auf ihre Gesichter. Doch Emilia, die eine Weile ins Feuer gestarrt hatte, runzelte die Stirn und hob den Blick.
,,Unsere Beziehung zueinander ist jetzt eindeutig geklärt und daran wird es sicher nicht scheitern", sagte sie leise, bevor sie ihren Blick auf Alex richtete und langsam zu ihm ging. Sie ließ sich neben ihm nieder, ihre Augen suchten seine, während ihre Finger sanft durch sein Haar glitten. „Aber da ist noch etwas, das mich beschäftigt."

Alex, leicht überrascht, sah sie fragend an. „Huh - Emilia, wir haben doch alles besprochen. Uns geht es gut. Ich dachte, das wäre jetzt geklärt?"

Emilia nickte, doch ihre Augen verrieten, dass es mehr gab, das sie beschäftigte. „Zwischen uns ist alles geklärt, Alex. Das ist es. Aber ich möchte wissen, wie es dir wirklich geht." Ihre Stimme war weich, fast flehend, und Alex spürte, wie die Ruhe des Augenblicks bröckelte. „Ich mache mir Sorgen", fuhr sie fort und hielt seinen Blick fest. „Du bist so stark. Du führst unsere Gruppe an - ich weiß, dass du glaubst, sie könnte ohne dich zerbrechen. Aber du liegst falsch. Wir sind ein Team, nicht wahr? Hatten wir das Thema nicht erst heute? Das bedeutet, dass du uns vertrauen kannst. Du musst nicht immer stark sein."
Alex öffnete den Mund, wollte etwas sagen, doch Emilia schüttelte leicht den Kopf. „Ich kann es fühlen, Alex. Dass du aktuell nicht stark bist." Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter und sah ihn eindringlich an. „Als ich dich geschlagen habe, was mir unendlich leid tut - der sonst so gefasste Alex hätte das früher überspielt. Du hast die Situation an dich herangelassen, und das zeigt mir, wie sehr du belastet bist. Versteh mich nicht falsch - ich bin froh, dass du mehr von deinen Gefühlen zulässt. Das wünsche ich mir auch weiterhin. Aber ich sehe, dass du leidest. Es ist dieser Ort, nicht wahr? Er schwächt dich. Er belastet dich."

Alex hielt den Atem an, seine Augen glitten kurz zu Boden. Emilia konnte ihn lesen wie ein offenes Buch, und er erkannte wieder einmal, warum sie seine Seelenpartnerin war. Doch die Worte blieben ihm im Hals stecken, als er an die Bilder dachte, die ihn seit dem Dorf verfolgten.
„Ich mache mir Sorgen, seit du aus diesem Dorf zurückgekommen bist", sagte Emilia sanft. „Was hast du dort wirklich gesehen? Was hältst du noch zurück?"
Alex atmete tief ein und sah in die Gesichter seiner Gefährten, die ihm ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit schenkten. Die Stille dehnte sich aus, bevor er sprach. „Ich... es war nicht nur das Ritual, das ich gesehen habe", begann er mit brüchiger Stimme. „Ich habe den Wahnsinn gesehen, der sie durchdringt. Die Mitglieder von Nox Vigilia - sie opfern sich, sie lassen sich verschlingen, als wäre es das Einzige, das ihrem Leben Bedeutung gibt. Es war... abscheulich. Und ich spüre noch immer die Kälte davon."

Ash, der normalerweise ruhig war, lehnte sich vor. „Du hättest es uns sofort sagen müssen, Alex. Wir alle tragen diese Last zusammen."

Gray nickte, sein Blick ernst. „Keiner von uns ist unverwundbar, Alex. Wir sind hier, um das zu teilen. Lass uns teilhaben."

Chaid sah ihn lange an, bevor er leise hinzufügte: „Der Wahnsinn, den du gesehen hast - das ist nicht nur ihre Dunkelheit. Es ist das, was sie in uns zu brechen versuchen. Du darfst dem nicht allein nachgeben."

Alex schluckte, seine Augen waren glasig vor unterdrückten Gefühlen. „Es war mehr als nur Wahnsinn. Es war eine Kälte, die mich von innen heraus zerreißt. Ich habe sie nicht abschütteln können. Ich wollte euch schützen - das war alles. Ich wollte nicht, dass ihr das auch durchmacht."

Emilia legte ihm beide Hände auf die Wangen, zwang ihn, sie anzusehen. „Du musst dich nicht allein schützen, Alex. Das hast du nie müssen. Wir sind hier - ich bin hier. Bitte, vergiss das nicht."

Alex ließ die Schultern sinken, als ob die Last des Tages ihn endlich übermannte. „Ich wollte stark sein", sagte er leise. „Aber ich bin müde. So müde."

Emilia zog ihn in eine Umarmung, die ihn umhüllte wie ein Schutzschild gegen die Dunkelheit, die ihn zu verschlingen drohte. Die anderen schwiegen, doch in ihren Augen war die gleiche Entschlossenheit zu sehen - sie würden zusammenhalten. Egal, was kommen mochte.

„Wir werden das zusammen durchstehen", sagte Gray schließlich mit ruhiger Stimme. „Und wenn du fällst, Alex, dann fangen wir dich auf."

Die Worte legten sich wie ein Versprechen in die Nacht, und für einen Moment war das Feuer nicht nur eine physische Wärmequelle, sondern ein Symbol für das Band, das sie alle verband. Alex atmete tief ein, und für das erste Mal seit Tagen fühlte er sich nicht mehr allein.
Emilia hielt Alex lange in den Armen, und der Moment war so intensiv, dass es schien, als ob die Zeit stillstand. Alex atmete tief ein, sein Kopf ruhte schwer auf ihrer Schulter, bevor er ihn schließlich an ihrer Brust vergrub. Es war, als ob er all die Lasten und den Schmerz, die er getragen hatte, für einen Moment losließ, sicher in ihrem Halt.

„Danke", murmelte er, seine Stimme brüchig, aber voller Dankbarkeit. Emilia hob behutsam seinen Kopf und nahm sein Gesicht in ihre Hände. Ihre kastanienbraunen Augen waren voller Wärme, als sie ihn ansah.

„Alex", sagte sie sanft, „dich glücklich und frei von Sorgen zu sehen, bedeutet mir mehr als alles andere auf der Welt. Bitte, wenn dich je wieder etwas bedrückt oder belastet, dann sag es mir. Wir werden gemeinsam eine Lösung finden. Du bist so stark - für uns alle. Jetzt lass zu, dass ich stark für dich bin." Sie neigte sich vor und verteilte zarte Küsse auf seinem Gesicht - erst auf seiner Stirn, dann auf seiner Nase, seinen Wangen und schließlich sanft auf seinen Lippen.

Alex schloss für einen Moment die Augen, ließ sich von der Zärtlichkeit tragen. „Emilia, ich..." begann er, doch seine Worte stockten, als sie ihm tief in die Augen sah.

„Ja", flüsterte sie mit einem leichten Lächeln, das von Verständnis zeugte. „Du willst doch mein Blut, nicht wahr?" Ihre Stimme war leise, aber entschlossen. Alex fragte sich für einen Moment, wann sie so weit gekommen waren, dass sie sich ohne Worte verstanden. Er nickte stumm, seine Augen voller Verlangen, das er kaum unter Kontrolle halten konnte.

Ohne zu zögern neigte Emilia den Kopf zur Seite und bot ihm ihren Hals dar. Alex näherte sich vorsichtig, als ob er befürchtete, sie zu verletzen, und legte schließlich seine Lippen an ihre Haut. Der Moment, in dem er ihre Haut durchbrach, war voller Intensität - für beide. Der Durst, den er so lange zurückgehalten hatte, brach hervor, und er trank gierig. Doch selbst in diesem Moment der Kontrolllosigkeit blieb Emilia ruhig. Sie strich ihm sanft über das Haar, flüsterte beruhigende Worte und ließ ihn wissen, dass sie bei ihm war. Ihre Nähe war seine Rettung, das Band, das ihn wieder zur Vernunft brachte.

Die anderen Jungs, die den Moment still beobachtet hatten, kamen näher, um Alex zu unterstützen. Gray legte eine Hand auf seinen Rücken, während Ash ihm sanft über die Schultern strich. Chaid verharrte nah bei Emilia und hielt sie sanft am Arm, um sicherzugehen, dass es ihr gut ging.

„Es ist gut, Alex", flüsterte Gray leise. „Wir sind hier."

Alex löste sich schließlich von Emilias Hals, atmete schwer, und seine Augen suchten ihren Blick. Emilia lächelte schwach, ihre Hand ruhte weiter auf seiner Wange. „Alles in Ordnung, Alex. Du bist nicht allein."

Er nickte, Tränen sammelten sich in seinen Augen, bevor er sie unterdrückte. „Danke... euch allen", brachte er hervor, bevor er Emilia ihn erneut in eine sanfte Umarmung zog. Die Dunkelheit der Nacht umhüllte sie, aber in diesem Moment schien es, als ob nichts sie auseinanderreißen könnte. Sie hielten sich aneinander fest, sicher im Wissen, dass sie gemeinsam jede Dunkelheit überstehen würden.

Eine ganze Weile blieben sie so beisammen, den Moment des Friedens und der Nähe auskostend, den sie gemeinsam geschaffen hatten. Das leise Knistern des Feuers und der sanfte Wind, der durch die Blätter wehte, bildeten eine beruhigende Melodie. Keiner von ihnen wollte die Ruhe stören, die wie ein kostbares Band um sie gewoben war.
Schließlich, als die Müdigkeit sie langsam übermannte, erhoben sie sich nacheinander und gingen gemächlich in Richtung des Zeltes. Ihre Bewegungen waren vertraut und ruhig, als ob sie instinktiv wussten, dass sie nur in der Nähe des anderen wirklichen Trost finden konnten. Sie schlüpften ins Zelt, suchten und fanden die Wärme, die sie so dringend benötigten - in den Armen ihrer Gefährten.
Sie kuschelten sich eng aneinander, jeder von ihnen spürte die Nähe und das Leben, das in den Herzschlägen der anderen pulsierte. Ihre Atmung wurde langsamer, gleichmäßiger, und der Schlaf senkte sich über sie, wie eine sanfte, schützende Decke. Die Dunkelheit umhüllte sie, doch in ihrer Nähe fanden sie Licht - ein stilles Versprechen, dass sie jede Herausforderung gemeinsam bestehen würden.
So schliefen sie ein, eng aneinander geschmiegt, bereit, dem kommenden Tag und allen Prüfungen, die er mit sich bringen mochte, entgegenzutreten - als eine unzertrennliche Einheit.

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