Kapitel 11 Band 3
Kapitel 11 Band 3
Die Jungs hatten sich von dem beunruhigenden Knotenpunkt entfernt, doch die Dunkelheit des Ortes haftete noch an ihren Gedanken. Sie liefen schweigend durch die verworrenen Gänge der gesetzlosen Zone, ihre Schritte hallten leise auf dem kalten Gestein wider. Die Spannung zwischen ihnen war greifbar – nicht wegen eines Streits, sondern weil jeder wusste, wie nahe sie dem Abgrund gekommen waren. Doch gemeinsam hatten sie überlebt. Und gemeinsam würden sie Emilia finden.
Alex führte die Gruppe an, seine Augen wachsam und seine Schultern angespannt. Es war Ash, der das Schweigen schließlich brach. „Wenn wir das überleben, verspreche ich, ich koche nie wieder", sagte er trocken und ließ seine Finger ein kleines, blaues Flämmchen hervorrufen, das er spielerisch um seine Hand tanzen ließ.
Gray, der neben ihm ging, hob eine Augenbraue und verzog seine Lippen zu einem schmalen Lächeln. „Das ist das beste Versprechen, das ich seit langem gehört habe. Ich kann es kaum erwarten, deine Küchenschürze zu verbrennen."
Ash lachte leise und stieß Gray leicht an. „Hey, du hast dich nie über meine Kochkünste beschwert, als wir noch in der sicheren Zone waren."
„Das lag daran, dass ich mich heimlich an Chaids Rationen bedient habe", entgegnete Gray mit einem schelmischen Funkeln in den Augen.
Chaid, der mit verschränkten Armen die Unterhaltung beobachtet hatte, legte den Kopf schief und grinste. „Ich wusste es. Deshalb waren meine Vorräte immer so schnell leer. Und ich dachte schon, ich hätte unheimliche Mächte entfesselt."
„Du bist und bleibst ein wandelnder Katastrophenmagnet", neckte Ash und klopfte Chaid auf die Schulter.
Alex blieb stehen und wandte sich ihnen zu, seine ernste Miene wurde weicher. „Es tut gut, dass ihr scherzen könnt", sagte er leise. „Ich weiß, dass es schwer ist, Emilia nicht an unserer Seite zu haben... aber sie würde wollen, dass wir weitermachen – und nicht den Kopf hängen lassen."
Für einen Moment war es still. Dann trat Gray vor und legte eine Hand auf Alex' Schulter. „Wir holen sie zurück, Alex. So wie immer. Wir sind ein Team, und das wird sich nicht ändern."
Chaid trat näher und lächelte sanft. „Stimmt. Und außerdem habe ich noch viele Geschichten, die ich Emilia erzählen muss. Sie würde es hassen, das zu verpassen."
„Du meinst deine chaotischen Abenteuer, bei denen du nur halbwegs überlebt hast?" Ash grinste und rieb sich die Hände. „Ich kann es kaum erwarten, wie sie darauf reagiert."
„Du bist neidisch, weil meine Geschichten spannender sind als deine", erwiderte Chaid und stieß ihn spielerisch an.
„Eure Geschichten langweilen mich beide", sagte Gray und rollte mit den Augen. „Aber lasst uns ehrlich sein – es gibt nichts Spannenderes, als Alex' ernsten Gesichtsausdruck, wenn wir wieder irgendeinen Unsinn anstellen."
Alex sah zu Gray und ein Hauch von Lächeln zuckte über seine Lippen. „Ihr treibt mich zur Weißglut, wisst ihr das? Aber ich bin froh, dass ihr hier seid. Ohne euch wäre die Stille... zu viel."
„Das klingt fast wie ein Liebesgeständnis", flüsterte Ash und zwinkerte Alex zu. „Soll ich Blumen für den Anlass besorgen?"
Alex verdrehte die Augen, aber sein Blick wurde sanft. „Ein Blumenstrauß von dir würde wahrscheinlich brennen, bevor er ankommt."
Gray lachte, und der Klang war wie ein kleiner Lichtblick in der düsteren Umgebung. Sie waren erschöpft, von Sorgen geplagt und dennoch... zusammen. Die Bindung zwischen ihnen war unzerbrechlich. Sie trugen den Schmerz, die Verantwortung und die Hoffnung gemeinsam – und nichts, nicht einmal die gesetzlose Zone, würde sie auseinanderreißen.
Die Gruppe setzte ihren Weg fort, ihre Schritte synchron und ihre Entschlossenheit stärker als je zuvor. Sie mussten Emilia finden. Sie mussten die Dunkelheit überwinden – und sie würden es tun. Zusammen.
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Emilia und Orvan kämpften sich unermüdlich durch die schier endlosen Gänge der Grotte. Die anfängliche Vorsicht, die jeden ihrer Schritte begleitet hatte, wich einer routinierten Harmonie. Hindernisse wie Felsen, schmale Spalten oder wuchernde Ranken meisterten sie gemeinsam – Emilia mit ihrer rohen Kraft und Orvan mit der Anmut seiner Bewegungen und der Präsenz seiner Flügelhörner. Je länger sie Seite an Seite marschierten, desto stärker wurde das Band zwischen ihnen. Die Stille, die anfangs schwer und beklemmend gewesen war, verwandelte sich in eine beruhigende Begleitung, während Emilia mit Orvan sprach.
„Weißt du, Orvan", sagte sie leise, als sie eine kurze Rast einlegten, „ich hätte nie gedacht, dass ich hier unten Freundschaft schließen könnte. Es klingt verrückt, oder? Aber du... du bist so viel mehr als nur ein Gefährte. Du bist wie ein stiller Wächter. Ohne dich wäre es zu einsam hier unten. Danke das du da bist.'' Ihre Worte hallten in der Grotte wider, und Orvan hielt den Kopf leicht geneigt, seine leuchtenden Augen spiegelten Verständnis wider. Emilia lächelte. Auch wenn er sie nicht mit Worten trösten konnte, hatte seine bloße Anwesenheit eine heilende Wirkung auf sie.
Die Zeit schritt weiter, und mit jedem Schritt, den sie machten, vergingen Stunden. Emilia verlor das Gefühl für Tag und Nacht, doch sie wusste, dass sie ihrem Ziel näher kamen. Sie spürte es im Puls der Luft, in der Veränderung der Umgebung und in dem sanften Licht, das plötzlich vor ihnen auftauchte. Das Ende des Tunnels. Ein Ausgang – und vielleicht die Freiheit.
„Wir sind nah dran", flüsterte Emilia und fühlte, wie ihr Herz schneller schlug. Orvan schnaubte leise, als würde er ihre Hoffnung teilen. Mit vorsichtigen, aber entschlossenen Schritten näherten sie sich dem Licht. Emilia konnte die kühle, frische Luft spüren, die aus dem Ausgang strömte, und ihre Müdigkeit wich einem Funken von Energie. Doch dann – ganz schwach – hörte sie Stimmen. Bekannte Stimmen.
...
„Bist du sicher, dass dies der richtige Weg ist, Alex?" Ashs Stimme klang angespannt, aber auch besorgt. „Wir sind diesem verdammten Pfad lange genug gefolgt."
„Es muss hier sein", antwortete Alex, seine Stimme scharf und voller Entschlossenheit. „Ich... ich spüre es."
Emilias Augen weiteten sich, Tränen traten in ihre Augen. Die Stimmen ihrer Freunde waren wie ein Anker, der sie zurück ins Leben zog. Sie drehte sich zu Orvan um und spürte, wie ihr ganzer Körper vor Erleichterung bebte. „Das sind sie", sagte sie und kämpfte gegen den Kloß in ihrem Hals an. „Orvan... das sind sie."
Langsam bewegten sie sich weiter, und das Licht wurde heller. Die Stimmen wurden deutlicher, und schließlich, als sie den Ausgang erreichten, sah sie sie – Alex, Ash, Gray und Chaid. Sie standen beieinander, ihre Augen suchten die Dunkelheit des Tunnels, und für einen Moment schien die Zeit stillzustehen.
„Emilia...", hauchte Alex, als sein Blick auf sie fiel. Er stürzte nach vorne, gefolgt von den anderen. Emilia stolperte nach vorn, ihre Beine zitterten, und in dem Moment, als sie Alex erreichte, schloss er sie fest in die Arme. Die Welt schien zu verschwinden, als sie seinen Herzschlag spürte, stark und lebendig. „Du bist da", flüsterte er, und in seiner Stimme lag eine rohe, unkontrollierte Erleichterung.
„Ich bin hier", erwiderte sie, ihre Stimme zitterte. „Ich habe es geschafft."
Ash, Gray und Chaid waren gleich hinter Alex. Sie alle schlossen sie in ihre Umarmung ein, jeder mit seinen eigenen Gefühlen – Erleichterung, Freude, und eine Spur von Trauer über das, was hätte sein können. Ash legte die Stirn gegen ihre Schulter. „Wir haben dich nicht aufgegeben, Emilia. Nicht für einen Moment."
„Ich weiß", flüsterte sie und hielt jeden von ihnen fest. Sie spürte, wie sich die Last von den letzten Tagen in diesem einen Moment auflöste. „Ich habe es gespürt."
Gray trat zurück und betrachtete sie mit prüfendem Blick. „Du bist verletzt", sagte er und seine meerblauen Augen schimmerten besorgt. „Deine Kleidung..."
Emilia lächelte schwach und schüttelte den Kopf. „Es geht mir gut. Es... war hart, aber ich habe es geschafft. Und Orvan war bei mir." Sie wandte sich um und zeigte auf den Flügelhorn-Hirsch, der hinter ihr stand. Die Jungs beobachteten Orvan mit ehrfürchtiger Stille, und der majestätische Gefährte senkte kurz den Kopf, als Zeichen des Respekts.
Chaid trat näher und betrachtete Emilia mit funkelnden Augen. „Das nächste Mal, wenn du uns erschreckst, kleiner Sonnenstrahl, sorge dafür, dass es weniger dramatisch ist."
„Keine Versprechen", erwiderte sie mit einem müden Lächeln, während die ersten Tränen über ihre Wangen rollten.
Für einen Moment war alles, was zählte, die Tatsache, dass sie wieder zusammen waren. Die Dunkelheit um sie herum hatte keine Macht mehr, nicht in diesem Augenblick. Sie waren vereint, und das Band zwischen ihnen war stärker als jede Finsternis.
......
Die Umarmung der Gruppe war innig und voller Erleichterung – keiner von ihnen wollte Emilia loslassen. Die Dunkelheit, die sie zuvor umgeben hatte, schien in der Nähe ihrer Gefährten zu verblassen, und jeder Herzschlag in dieser innigen Umarmung war wie ein Sieg über die Schatten, die sie getrennt hatten. Alex drückte Emilia besonders fest an sich, als könnte er sie damit davor bewahren, je wieder zu verschwinden. Ashs Hände zitterten leicht, als er ihr Haar berührte, und Gray hielt ihre Hand, als ob er sicherstellen wollte, dass sie wirklich da war.
„Ich gehe nicht wieder weg. Versprochen", murmelte Emilia, ihre Stimme schwach, aber voller Entschlossenheit. Die Last der letzten Tage war noch immer in ihren Gliedern zu spüren, doch die Nähe ihrer Freunde stützte sie. Sie wollte ihnen zeigen, dass sie stark war, dass sie es überstanden hatte – doch ihre Beine zitterten, und sie spürte, wie die Erschöpfung sie einholte.
„Du bist wieder bei uns. Das ist alles, was zählt", flüsterte Alex und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. Ash beugte sich vor und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange, während Gray, mit einem warmen, wenn auch erschöpften Lächeln, ihre Hand an seine Lippen führte. Chaid hielt sie am längsten, als würde er die Wärme ihres Körpers in sich aufnehmen wollen. „Kleiner Sonnenstrahl", murmelte er in ihre Haare, „dieser Moment hätte nicht besser sein können."
Die Erleichterung und der Enthusiasmus ihrer Wiedervereinigung ebbten allmählich ab, und Emilia merkte, wie ihre Kräfte sie verließen. Sie lehnte sich schwerer gegen ihre Gefährten, ihr Körper schien nachzugeben. „Ich habe schrecklichen Hunger, Gray", murmelte sie schwach, ihre Augen halb geschlossen.
Gray lächelte und nickte sofort, während er sich behutsam von ihr löste. „Oh, ich mache dir sofort etwas zu essen. Gib mir nur einen Moment." Seine Stimme klang voller Fürsorge, und er verschwand rasch, um etwas vorzubereiten. Ash und Alex halfen Emilia, sich auf einem behelfsmäßigen Lager aus zusammengerollten Decken niederzulassen. Orvan trat näher und ließ sich neben ihr nieder, seine Präsenz war beruhigend und beschützend.
Chaid trat zu dem Flügelhorn-Hirsch und musterte ihn mit einem respektvollen Blick. Orvan hob den Kopf und sah ihn an – in seinen Augen lag keine Spur von Misstrauen. Chaid streckte die Hand aus, und Orvan senkte den Kopf, um die Berührung zuzulassen. „Danke, Orvan", murmelte Chaid leise, seine Stimme von echter Dankbarkeit erfüllt. „Dass du auf sie aufgepasst hast." Der majestätische Gefährte antwortete mit einem leisen, tiefen Laut, fast wie ein Brummen, das durch die Luft vibrierte und Chaid zu verstehen schien.
Während Gray sich an die Zubereitung einer kleinen Mahlzeit machte – mit dem, was sie bei sich hatten – begannen die anderen, Emilia von ihren Erlebnissen zu berichten. Ihre Stimmen waren leise, manchmal von der Sorge durchzogen, die sie empfunden hatten. Alex hielt ihre Hand und erzählte ihr von der verfluchten Energie, dem Knotenpunkt, den sie entdeckt hatten. „Es war ein Albtraum", sagte er und suchte nach ihren Augen. „Wir wussten nicht, ob wir dich rechtzeitig finden würden."
„Aber ihr habt es", flüsterte Emilia, während sie ihre müden Augen öffnete. „Ihr habt mich gefunden." Ein warmes Gefühl durchströmte sie – ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit, das sie lange vermisst hatte.
Ash setzte sich zu ihr, seine Stimme war weicher als sonst. „Emilia, wir werden dich nie wieder verlieren. Darauf kannst du dich verlassen." Er griff nach ihrer Hand, und sie drückte sie schwach, aber dankbar.
Als Gray mit einer dampfenden Schale warmer Suppe zurückkehrte, nahm Emilia den ersten Löffel mit zittrigen Händen. Der Geschmack war einfach, aber er füllte sie mit einer Wärme, die über den bloßen Hunger hinausging. „Danke", murmelte sie und lächelte Gray an. „Das ist... genau das, was ich gebraucht habe."
Die Stimmung war für einen Moment leicht, trotz der Dunkelheit, die sie umgab. Sie tauschten Blicke, die keine Worte brauchten – eine stille Versicherung, dass sie zusammen weitermachen würden, egal, was kam. Emilia fühlte, wie ihre Müdigkeit langsam überwog, doch sie zwang sich wach zu bleiben, um diesen Moment auszukosten. Orvan legte sich dicht an ihre Seite und bot ihr so etwas wie eine Stütze und Wärmequelle.
„Orvan", sagte sie leise und streckte ihre Hand nach ihm aus. „Wir haben es geschafft. Zusammen." Der Flügelhorn-Hirsch blinzelte langsam und legte seinen Kopf näher an sie, als Zeichen seiner Zustimmung. Es war ein Moment des Friedens, und Emilia spürte, dass ihre Reise, so hart sie auch gewesen war, sie nur stärker gemacht hatte.
Die Jungs saßen nah bei ihr, ihre Präsenz war wie ein Schutzschild gegen jede Bedrohung. Sie lachten leise über alte Erinnerungen, neckten sich und stützten einander. In dieser kurzen Ruhepause hatten sie sich – und das war genug, um jede Dunkelheit zu überstehen.
Emilia schloss langsam die Augen und lehnte sich an Ashs Schulter, die Wärme seiner Nähe ließ ihre Anspannung nach all den Strapazen schmelzen. Der Moment der Ruhe war wie ein kostbarer Atemzug nach einem langen Tauchgang in die Dunkelheit. Ohne ein Wort legte Ash seinen Arm sanft um sie, hielt sie vorsichtig, als würde er befürchten, dass selbst ein Atemzug sie auseinanderreißen könnte. Seine Finger glitten zart durch ihr Haar, und er spürte, wie ihr Atem sich beruhigte, wie der Rhythmus ihres Herzschlags langsamer wurde. Es war ein Zeichen, dass sie für diesen Moment sicher war – endlich.
Alex beobachtete die Szene mit einer Mischung aus Zärtlichkeit und stiller Wachsamkeit. Seine sonst so scharfen Augen waren weich, während er Emilia betrachtete, die sich erschöpft an Ash lehnte. Für einen Augenblick legte sich Stille über die Gruppe, und das sanfte Knistern des Feuers, das Gray für die Mahlzeit entfachte, war das Einzige, was den Moment begleitete.
„Du hast es dir verdient, endlich zur Ruhe zu kommen", murmelte Ash leise, nur für Emilia bestimmt. Seine Stimme war sanft, und ein schwaches Lächeln legte sich auf seine Lippen, als er sie weiterhin behutsam streichelte. Jeder in der Gruppe konnte fühlen, wie viel Gewicht von ihren Schultern gefallen war – für einen Moment hatten sie ihre Emilia wieder bei sich, und das war alles, was zählte.
Gray, der mehr Essen vorbereitete, warf einen schnellen Blick über die Schulter und bemerkte den friedlichen Ausdruck auf Emilias Gesicht. Er nickte vor sich hin, als wollte er den Moment in seinem Inneren bewahren. „Wir müssen ihr eine ordentliche Mahlzeit servieren", sagte er leise, fast wie ein Versprechen an sich selbst.
Chaid unterdessen bei Orvan, seine Haltung betont locker, aber seine Augen ernst. Er kannte den Flügelhorn-Hirsch, und es war klar, dass Orvan ihn ebenfalls erkannte. „Danke, Orvan wirklich, dass du sie zu uns zurückgebracht hast, pass auch weiterhin gut auf sie auf," sagte er mit einer Mischung aus Respekt und Dankbarkeit. Orvan schnaubte leise, eine Geste, die wie eine Mischung aus Anerkennung und tiefer Erschöpfung wirkte. Chaid legte seine Hand sanft auf Orvans Flanken und flüsterte leise, als wäre es ein Versprechen zwischen alten Gefährten. „Wir finden Jake zusammen."
Die Gruppe sammelte sich, jeder auf seine Weise bemüht, den Augenblick der Ruhe zu bewahren, auch wenn die Welt um sie herum noch voller Gefahren war. Es war ein Moment, der ihre Verbundenheit spürbar machte – ein Versprechen, dass sie alles überstehen würden, solange sie zusammenhielten.
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Nachdem Emilia die Augen aufschlug, bemerkte sie, dass man sie behutsam auf eine Decke gelegt hatte. Das weiche Licht der untergehenden Sonne fiel durch die Bäume und warf tanzende Schatten auf ihr Gesicht. Sie fühlte sich ein wenig ausgeruhter, auch wenn ihre Muskeln noch schmerzten. Als sie sich aufrichtete, spürte sie das Aroma von etwas Herzhaftem in der Luft. Gray war dabei, das Essen zuzubereiten und winkte ihr mit einem amüsierten Lächeln zu. „Guten Morgen, oder eher guten Abend, Schlafmütze", sagte er scherzhaft.
Emilia lächelte verschlafen und setzte sich. „Morgen, Gray", murmelte sie leise. Sie konnte spüren, wie ihre Gefährten sie beobachteten, und sie wusste, dass sie alle brennende Fragen hatten. Noch bevor sie richtig in den Moment zurückfinden konnte, trat Alex vor, seine Augen funkelten vor Neugier und Sorge zugleich. „Emilia", begann er mit einer Mischung aus Zärtlichkeit und Ernsthaftigkeit. „Wie hast du es geschafft, da rauszukommen? Was ist dir und Orvan widerfahren?"
Emilia griff nach dem Teller mit dem dampfenden Essen, den Gray ihr reichte, und mied für einen Moment Alex' Blick. Sie kaute langsam, als ob sie Zeit gewinnen wollte. Die Erinnerung an die Grotte, an ihre Bestiengestalt und die Herausforderungen, die sie mit Orvan gemeistert hatte, war noch zu frisch. „Nichts Besonderes", sagte sie halbherzig, während sie in den Teller starrte. „Es war... na ja, eine Mischung aus Glück, Geschick und... Orvans Hilfe."
Alex wollte mehr wissen, das war klar. „Was machte er überhaupt dort unten?" Seine Stimme war sanft, aber das Drängen war nicht zu überhören.
Bevor Emilia antworten konnte, mischte sich Chaid ein, seine Stimme betont leicht und neckend. „Hör auf, Alex. Lasst Emilia erst einmal essen. Wir bombardieren sie später mit all unseren Fragen." Er grinste, aber in seinen Augen lag Sorge. „Manchmal, weißt du, Alex, ist Geduld eine Tugend."
Emilia schenkte ihm ein dankbares Lächeln und stach erneut mit der Gabel in ihr Essen. Sie wollte nicht über ihre Bestienform wie die einer Raubpfote sprechen, nicht jetzt. Der Gedanke daran war ihr peinlich – nicht, weil es ungewöhnlich war, sondern weil sie wusste, dass die Jungs sie ermutigen würden, sich zu zeigen, und das war das Letzte, was sie im Moment wollte. „Es war... seltsam", sagte sie schließlich, als sie merkte, dass alle gespannt lauschten. „Die Grotte war... heilend. Irgendwie. Meine Wunden wurden geheilt, aber ich weiß nicht wirklich, warum oder wie."
Ash, der sich neben sie gesetzt hatte, nickte nachdenklich. „Magische Orte haben ihre Eigenheiten", meinte er, ohne weiter ins Detail zu gehen. Er wusste, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war, um Fragen zu vertiefen. Die Erleichterung, Emilia bei sich zu haben, war zu groß, um den Moment mit Analysen zu trüben.
„Das Wichtigste ist, dass du es geschafft hast", sagte Gray und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Seine Stimme klang voller Stolz und Wärme. „Egal, wie du es gemacht hast."
Emilia nickte und spürte, wie ein kleiner Knoten der Anspannung sich in ihrem Brustkorb löste. Es war nicht nötig, alles jetzt zu erzählen. Nicht jetzt. Nicht hier. Sie genoss den Geschmack des Essens und das Zusammensein mit ihren Gefährten, während die ernsten Themen, die sie noch besprechen mussten, wie dunkle Wolken über ihnen hingen, aber für einen Moment in den Hintergrund rückten.
Die Stimmung im Lager wurde zunehmend ernster, als die Gespräche abklangen und die Realität ihrer Situation wieder in den Vordergrund trat. Der Abend brach herein, und während die Sterne über ihnen leuchteten, versammelten sich Emilia und ihre Gefährten im flackernden Schein des Lagerfeuers. Die knisternden Flammen warfen tanzende Schatten auf ihre Gesichter, und die Erleichterung über ihre Wiedervereinigung wich allmählich einer drängenden Entschlossenheit.
Chaid blickte zu Orvan, der sich neben Emilia niedergelassen hatte. Der Flügelhorn-Hirsch wirkte ruhiger, aber seine Augen glühten vor einer tiefen Trauer und einem noch tieferen Bedürfnis, wieder mit Jake vereint zu sein. Chaid neigte sich leicht vor, seine Stimme war sanft und respektvoll. „Orvan", begann er und hielt den Blickkontakt mit dem stolzen Gefährten. „Du hast Emilia beschützt. Dafür danken wir dir. Aber... weißt du, wo Jake ist? Hast du irgendeine Spur?"
Orvan reagierte mit einem schwachen Zucken seiner Flügelhörner und einem langen, leisen Atemzug. Er hob den Kopf und sah Emilia an, seine Augen voller unausgesprochener Worte. Es war klar, dass er etwas wusste – oder zumindest einen Instinkt hatte. Emilia spürte, wie eine leise Hoffnung in ihr aufstieg, und sie griff nach dem Taschenspiegel, der sanft in ihrer Hand glühte. „Vielleicht... kann ich den Spiegel nutzen", sagte sie leise, während sie das kunstvolle, silbrig glänzende Stück näher betrachtete. „Er hat mir schon zuvor Hinweise gegeben. Vielleicht zeigt er uns einen Weg."
Die Gruppe um sie herum wurde still, als Emilia sich konzentrierte. Sie schloss die Augen und ließ ihr Mana in den Spiegel fließen. Ein leichter Schimmer erhellte die Oberfläche, die nun wie ein bewegter Teich wirkte. Nebel zog über das Glas, und ein Bild begann sich zu formen – flüchtig, schwer greifbar, aber doch da. Es zeigte einen dichten, düsteren Wald und den Umriss von jemandem, der in der Ferne verborgen war. Emilia spürte, wie sich ihr Herz zusammenzog. „Jake...", flüsterte sie. „Er ist... dort draußen."
Alex trat näher, sein Blick voller Entschlossenheit. „Dann wissen wir, was zu tun ist", sagte er fest. „Wir holen ihn zurück."
Ash legte eine Hand auf Emilias Schulter. „Aber nicht heute Nacht. Wir sind erschöpft. Du mehr als alle anderen. Wenn wir Jake finden wollen, müssen wir stark sein. Du musst stark sein."
Emilia wollte widersprechen, doch sie spürte die Wahrheit in seinen Worten. Sie waren am Ende ihrer Kräfte, und selbst Orvan brauchte noch Erholung. Also nickte sie langsam. „Morgen", sagte sie, während sie jeden ihrer Gefährten ansah. „Morgen brechen wir auf. Zusammen."
Die Nacht war ruhig, aber ihre Gedanken waren rastlos. Während die Gruppe sich zur Ruhe begab, saß Emilia für einen Moment neben Orvan. „Wir finden ihn", flüsterte sie und strich sanft über sein warmes Fell. Orvan erwiderte nichts, aber er legte seinen Kopf an ihre Seite – ein stilles Versprechen, das sie beide teilten.
Am nächsten Morgen war die Stimmung im Lager entschlossen und konzentriert. Sie packten ihre Ausrüstung, prüften ihre Vorräte und machten sich bereit für die Reise. Die Müdigkeit wich einer brennenden Entschlossenheit, und als sie sich gemeinsam auf den Weg machten, war klar: Sie würden nicht ruhen, bis sie Jake gefunden und gerettet hatten. Schulter an Schulter, mit Orvan als treuem Begleiter, traten sie dem nächsten Kapitel ihres Abenteuers entgegen – bereit, jede Herausforderung zu meistern, die ihnen bevorstand.
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Die Gruppe hatte sich über Nacht gestärkt und war bereit, den nächsten Schritt ihrer Reise anzutreten. Die Morgensonne drang durch die Bäume und malte sanfte Muster auf den Boden, während Emilia, Alex, Ash, Gray und Chaid – mit Orvan an ihrer Seite – ihren Weg durch das unwegsame Gelände fortsetzten. Sie wussten, dass sie keine Zeit zu verlieren hatten, aber dennoch schien die Spannung durch die Nähe ihrer Gefährten erträglicher zu sein.
„Also", begann Emilia mit einem verschmitzten Lächeln, während sie neben Alex herging. Ihre Stimme klang lässig, aber man hörte die unterschwellige Erwartung heraus. „Ich finde, ich habe mir ein Lob verdient. Schließlich war es meine Heilung, die Orvan geholfen hat, sich zu erholen." Ihre Augen funkelten herausfordernd, und sie schielte zu ihm hinüber.
Alex hob eine Augenbraue, tat aber so, als würde er den Kommentar zunächst überhören. Nach ein paar Schritten blieb er stehen und wandte sich direkt zu ihr. „Du willst also Lob für etwas, das du von mir gelernt hast?", fragte er trocken, konnte das Schmunzeln jedoch nicht ganz verbergen. „Das klingt ja fast, als würdest du mich anbeten, Emilia."
Emilia verschränkte die Arme und verzog gespielt beleidigt das Gesicht. „Anbeten? Das würde ich nie tun. Ich gebe nur zu, dass ich ein wenig inspiriert wurde." Sie hielt seinem Blick stand und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Aber ganz im Ernst – ich konnte mich nicht selbst heilen, aber bei Orvan hat es funktioniert. Das war das erste Mal, dass ich so etwas wirklich... hinbekommen habe."
Ein Funken Ernsthaftigkeit glitt in Alex' Augen. Er legte eine Hand auf ihre Schulter und nickte anerkennend. „Das war nicht nur inspiriert. Das war großartig, Emilia. Es zeigt, dass du deine Kräfte beherrschst – auch wenn du das selbst manchmal nicht glauben willst."
Ash, der die Szene beobachtet hatte, konnte es sich nicht verkneifen, sich einzumischen. „Okay, genug mit dem ganzen Lob! Sonst wächst ihr noch ein Heiler-Hochmut, und wir haben dann einen zweiten Alex in der Gruppe."
Die anderen lachten, und Emilia schüttelte den Kopf, während sie Ash einen spielerischen Stoß versetzte. „Ich habe noch viel zu lernen, aber keine Sorge, ich überlasse die Überheblichkeit lieber dir, Alex."
Chaid trat zu ihnen, seine Augen mit einem spitzbübischen Glanz erfüllt. „Genug der Selbstbeweihräucherung. Was ich eigentlich wissen will, Emilia – fühlte es sich magisch an? Oder war es eher ein 'Oh, bitte funktioniert das'-Moment?" Sein Ton war locker, doch in seinen Worten lag ehrliches Interesse.
Emilia musste lachen. „Ein bisschen von beidem, ehrlich gesagt. Es war... seltsam. Ich habe einfach versucht, mich auf die Verbindung zu konzentrieren. Bei mir selbst hat das nie richtig funktioniert, aber bei Orvan... Ich wusste, dass ich es versuchen musste. Es war ein Gefühl, als ob unser Mana für einen Moment synchron war."
Orvan, der ihnen dicht folgte, warf einen kurzen Blick zu Emilia, als ob er ihre Worte spüren konnte. Es schien, als wäre auch er aufmerksam und neugierig auf diese Verbindung.
Die Gruppe setzte ihren Weg fort, der sich durch das hügelige Gelände zog. Der Boden unter ihnen war uneben, und das hohe Gras raschelte bei jedem Schritt. Doch trotz der körperlichen Anstrengung war die Atmosphäre gelöst. Sie wussten, dass sie nach Jake suchen mussten, doch der Zusammenhalt der Gruppe ließ die Schwere der Aufgabe etwas leichter erscheinen.
Gray, der die Stille schließlich brach, warf Emilia einen Seitenblick zu. „Wirst du uns in Zukunft öfter so überraschen, Emilia?", fragte er mit einem sanften Lächeln.
Emilia zuckte mit den Schultern und erwiderte schlagfertig: „Das hängt davon ab, ob ihr es verdient, überrascht zu werden."
Während die Gruppe weiterging, führte der Weg sie durch eine Reihe von alten Bäumen, die ihre Äste wie schützende Arme über den Pfad spannten. Die Geräusche des Waldes – das Zwitschern der Flügelschwinger, das Rascheln der Blätter – schienen ihnen den Weg zu weisen. Sie fühlten, dass die Reise noch lang und voller Herausforderungen sein würde, aber in diesem Moment war ihre Entschlossenheit stärker denn je.
Chaid lief ein Stück vor und hielt plötzlich inne, seine Haltung angespannt. Er wandte sich zu den anderen um und deutete auf eine schmale, von dichten Wurzeln durchzogene Passage. „Das könnte ein Abkürzung sein – oder ein Umweg ins Verderben. Was denkt ihr?"
Die Gruppe tauschte Blicke, und Emilia trat einen Schritt nach vorne. „Was immer kommt – wir schaffen das zusammen." Ihre Stimme war klar, und die anderen nickten zustimmend. Gemeinsam traten sie vor, ihre Schritte fest und ihre Herzen bereit, was auch immer auf sie zukommen würde.
So setzten sie ihre Reise fort – mit wachsamer Entschlossenheit, einer Prise Humor und dem unerschütterlichen Band, das sie alle miteinander verband.
~ ~ ~ ~
Die Gruppe wanderte tiefer in das Gebiet hinein, das sich zunehmend düsterer und bedrohlicher anfühlte. Die Luft war dicht, als ob ein unsichtbares Gewicht auf ihren Schultern lastete. Jeder Atemzug war schwerer als der vorherige, und selbst der Wind, der durch die Bäume strich, schien ein unheilvolles Flüstern mit sich zu tragen. Sie wussten, dass sie sich dem Ursprung der verfluchten Energie und Jakes Aufenthaltsort näherten. Doch die Umgebung machte es ihnen nicht leicht.
Der Boden unter ihren Füßen war uneben, als ob die Erde selbst von innen heraus zerstört worden wäre. Überall um sie herum lagen verbrannte und verkohlte Baumstümpfe, und der Geruch von Asche und verbranntem Mana hing in der Luft. Schwarze, schimmernde Spuren zogen sich durch den Boden wie Narben, die von unglaublicher Macht gezeichnet waren. Es war, als hätte jemand das Leben aus diesem Land herausgesogen und durch kalte, tödliche Energie ersetzt. Selbst die Pflanzen, die hier wuchsen, waren verzerrt, ihre Farben krankhaft blass oder pechschwarz, als ob sie das Licht selbst nicht mehr ertragen könnten.
Alex trat vor, seine Augen fokussiert auf die Umgebung, als er die Hand hob und die Gruppe zum Anhalten brachte. „Seht euch das an...", murmelte er mit ernster Miene und deutete auf eine Stelle, an der der Boden förmlich verglüht war. Die Steine waren geschmolzen und hatten bizarre Formen angenommen, als ob sie für einen Moment der puren Hitze ausgesetzt und dann wieder abgekühlt worden wären.
Ash kniete sich nieder, seine Finger tasteten vorsichtig über den Boden. „Das ist kein Zufall. Das hier... ist eindeutig der Einfluss von Nuklearmagie." Er sprach leise, als ob er den Boden nicht weiter erzürnen wollte. „Nur jemand, der die Kontrolle darüber verloren hat, könnte so etwas verursachen."
Chaid ließ seinen Blick schweifen, seine Augen verengten sich leicht, während er die Umgebung beobachtete. „Das passt zu dem, was wir über Jake wissen. Wenn er in einem Zustand des Wahns ist, dann ist seine Magie unberechenbar und zerstörerisch. Wir sollten vorsichtig sein."
Emilia spürte, wie eine Welle des Mitgefühls und der Besorgnis über sie hinwegspülte. Sie wusste, dass Jake ihnen allen wichtig war, und die Vorstellung, dass er in einem solchen Zustand gefangen war, ließ ihr Herz schwer werden. „Er ist hier... ganz in der Nähe. Ich kann es fühlen", sagte sie leise, während sie versuchte, die angespannte Atmosphäre um sie herum zu durchbrechen.
Orvan, der an ihrer Seite stand, hob seinen Kopf und schnupperte die Luft. Seine Flügelhörner zuckten nervös, und sein Blick wurde scharf. Emilia legte eine Hand auf ihn und spürte, wie sich seine Muskeln unter ihrem Griff anspannten. Er war bereit – bereit, Jake zu finden und zu beschützen, koste es, was es wolle.
Die Gruppe schritt vorsichtig weiter. Jeder Schritt brachte sie tiefer in ein Gebiet, das sich wie ein verzerrtes Labyrinth anfühlte. Plötzlich ertönte ein tiefer, grollender Laut, der die Luft zum vibrieren brachte. Der Boden bebte, und Risse zogen sich wie Blitze durch die Erde. Flammenähnliche Strahlen von purer, dunkler Energie schossen aus dem Boden empor und formten wabernde Silhouetten, die wie gequälte Geister wirkten.
„Das...", begann Gray mit unruhiger Stimme, „ist mehr als nur verfluchtes Mana. Das ist ein Echo seines Zorns."
Bevor jemand reagieren konnte, manifestierte sich die dunkle Energie zu einem schattenhaften Abbild – eine groteske, unförmige Gestalt, die aus reinem Wahnsinn zu bestehen schien. Die Augen glühten rot, und aus ihrem Maul drang ein tiefes, bestialisches Knurren. Die Gruppe spannte sich an – sie wussten, dass dies ein Vorbote von Jakes Präsenz war. Es war, als ob sein verwundeter Geist und seine verzerrte Magie diese Manifestationen erschaffen hatten, um alles, was ihm nahekam, abzuwehren.
„Bleibt zusammen!", rief Alex, während er seine Magie konzentrierte und ein schützendes Licht aus seiner Handfläche schoss, das den Nebel für einen Moment zurückdrängte. Emilia blieb dicht bei Orvan, ihre Hände bereit, ihre eigene Energie zu nutzen. Ash ließ Flammen um seine Finger tanzen, und Gray bereitete sich darauf vor, mit der Gewalt des Wassers anzugreifen.
Die Kreatur griff an, und für einen Moment wirkte es, als ob die Zeit stillstand. Jeder von ihnen kämpfte mit allem, was sie hatten – nicht nur gegen die Manifestation, sondern auch gegen die Hoffnungslosigkeit, die dieser Ort in ihren Herzen säen wollte. Sie mussten Jake erreichen, bevor er sich und alles um ihn herum endgültig verlor.
Der Kampf tobte, und die Gruppe hielt sich gegenseitig aufrecht. Ihre Entschlossenheit wuchs mit jedem Herzschlag. Sie würden Jake retten – koste es, was es wolle. Denn das war ihre Aufgabe, und das war der Weg, den sie als Verbündete, als Familie, gemeinsam beschritten hatten.
Die Gruppe schritt mit schweren Schritten voran, während sich die Energie der Umgebung verdichtete. Jeder Meter, den sie zurücklegten, brachte eine neue Welle von Wahnsinn mit sich, die wie ein lebendiger Schatten durch die Luft kroch. Es war, als ob die Dunkelheit sie verschlingen wollte, jede ihrer Bewegungen genau beobachtete und auf ihre Schwächen wartete. Der Weg war von Rissen durchzogen, aus denen schwarze Dämpfe aufstiegen, die unheilvoll zischten und kleine schattenhafte Gestalten formten. Diese Kreaturen bestanden aus nichts als verfluchter Energie, ihre glühenden Augen funkelten vor Zorn und Chaos.
„Je näher wir kommen, desto schlimmer wird es", murmelte Gray, während er eine schattenhafte Gestalt mit einem gezielten Wasserstoß zerschmetterte. Doch anstelle, dass sich der Nebel auflöste, zog er sich nur kurz zurück, um dann in einer anderen Form wieder aufzutauchen. „Es ist, als ob dieser Ort selbst gegen uns kämpft."
„Das ist nicht der Ort", entgegnete Alex mit scharfer Stimme, während er Lichtmagie in seinen Händen konzentrierte. „Das ist Jake. Sein Wahnsinn verzehrt alles hier."
Ash, dessen Gesicht ernst war, ließ Flammen um seine Hände tanzen und setzte sie gegen die schattenhaften Wesen ein, die sich ihnen näherten. „Er erschafft das alles, oder? Diese Kreaturen... dieser Wahnsinn... es ist sein verzweifelter Versuch, uns fernzuhalten."
„Wenn es so ist, dann bedeutet das, dass er uns immer noch erkennt", sagte Emilia mit fester Stimme, auch wenn ihre Hände leicht zitterten. Sie spürte den Wahnsinn um sie herum wie ein bösartiges Kribbeln auf ihrer Haut. „Wir müssen ihn erreichen, bevor er sich verliert."
Chaid blieb kurz stehen, seine Augen durchbohrten die Dunkelheit vor ihnen. „Wenn er uns erkennt, bedeutet das auch, dass er leidet. Es ist kein Zufall, dass die Energie hier so chaotisch ist. Er kämpft – gegen sich selbst, gegen den Wahnsinn, gegen... alles." Seine Stimme war rau, als ob er die Qualen seines Freundes spüren konnte. „Wenn es hier so heftig ist, muss Jake in einem schlimmen Zustand sein. Er würde seine Natur niemals so frei entfalten, wenn er bei Verstand wäre."
Die Luft begann zu knistern, als ob unsichtbare elektrische Ströme durch sie hindurchschossen. Plötzlich zog sich ein greller Blitz durch den Himmel und schlug in den Boden ein. Die Explosion war ohrenbetäubend, und der Druck ließ die Gruppe zurückweichen. Aus der entstandenen Staubwolke formte sich eine gigantische, schattenhafte Gestalt mit langen, knochigen Armen und einem Gesicht, das vor Wahnsinn verzerrt war. Sie starrte sie mit glühenden, roten Augen an, und die Hitze ihrer Präsenz ließ die Umgebung knistern und pulsieren.
„Das ist eine Verformung seiner Nuklearmagie", flüsterte Ash und spürte, wie der Schweiß über seine Stirn lief. „Unkontrollierte Nuklearmagie."
Die Kreatur erhob eine ihrer gewaltigen, geisterhaften Klauen und schlug nach der Gruppe. Sie sprangen auseinander, jeder nutzte seine Kräfte, um den Angriffen auszuweichen oder sie abzuwehren. Doch die Kreatur war gnadenlos. Jeder Treffer, den sie landete, ließ den Boden erbeben und sendete Wellen des Wahnsinns durch die Luft, die das Mana in ihnen durcheinanderbrachten.
„Jake!", schrie Emilia verzweifelt, als sie einen weiteren Angriff mit letzter Kraft abwehrte. „Wir sind hier, um dir zu helfen! Hörst du mich?!" Doch ihre Worte schienen in der Dunkelheit zu verhallen.
Chaid, der sich mit wilder Entschlossenheit in den Kampf stürzte, sah Emilia an. „Wenn er uns hören kann, dann müssen wir lauter werden. Wir müssen ihn erreichen, bevor der Wahnsinn ihn verschlingt."
Alex nickte, sein Blick hart und entschlossen. „Dann kämpfen wir. Nicht gegen ihn – sondern für ihn."
Die Gruppe stellte sich der Kreatur entgegen, während um sie herum die Schatten zuckten und tobten. Jeder Schlag, jeder Zauber, jede Bewegung war ein Versuch, Jake zu erreichen – und ein stummer Kampf gegen den Wahnsinn, der die Welt um sie herum verzerrte. Es war ein Tanz auf Messers Schneide, ein Balanceakt zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Der Wahnsinn tobte weiter, doch sie gaben nicht auf.
Jake war hier. Und sie würden ihn retten – mit allem was sie hatten.
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