Kapitel 14

Kapitel 14 Band 2

Als der Regen nachgelassen hatte und die ersten Sonnenstrahlen des neuen Tages durch die dichten Baumkronen brachen, machten sich Emilia und Ash auf den Weg zurück zur Wohnung. Die Wärme der Nacht lag ihnen noch auf der Haut, und selbst das Zwitschern der Flügelschwinger schien ihnen diesmal heller und lebendiger. Sie gingen Hand in Hand, schwiegen aber, als wäre jedes Wort überflüssig. Die Welt wirkte für einen Moment wie neu erschaffen, und nichts konnte dieses Gefühl trüben.

Doch als sie die Wohnung erreichten, merkten sie, dass der Alltag sie nicht so einfach entkommen ließ. Kaum hatten sie die Tür geöffnet, trat Alex in den Raum, seine Augen blitzten vor Neugier. „Na, da kommen die Helden der Nacht", begrüßte er sie mit einem Grinsen. Seine Augen musterten die beiden aufmerksam, und ein amüsiertes Funkeln verriet, dass er genau wusste, worauf er hinauswollte. „Du siehst... entspannt aus, Emilia."

Emilia spürte, wie ihr Gesicht rot wurde, aber bevor sie etwas erwidern konnte, betrat auch Gray den Raum. Seine meerblauen Augen ruhten sanft auf ihnen, aber ein kaum merkliches Schmunzeln spielte um seine Lippen. „Ich würde sagen, ihr hattet eine produktive Kräuterjagd. Hat das Sammeln... Spaß gemacht?" Er legte betont langsam eine Hand ans Kinn und tat so, als ob er nachdachte.

Ash, der inzwischen neben Emilia stand, verschränkte die Arme vor der Brust und hob herausfordernd eine Augenbraue. „Ihr zwei seid wirklich zu durchschaubar", erwiderte er gelassen, aber das leichte Zucken seiner Mundwinkel verriet, dass auch er den Humor in der Situation nicht leugnen konnte.

Noch bevor jemand etwas hinzufügen konnte, öffnete sich leise die Tür und Chaid trat ein. Er bewegte sich mit jener fließenden Eleganz, die ihn auszeichnete, und sein Blick war auf Emilia und Ash gerichtet. Ein wissendes Lächeln umspielte seine Lippen, und seine grünen Augen schienen die Luft förmlich zu durchdringen. „Ah, ich spüre es", sagte er in seinem üblichen verspielten Tonfall und ließ den Blick zwischen den beiden hin und her gleiten. „Eine gewisse... Spannung scheint sich gelöst zu haben." Er zog die Worte absichtlich in die Länge und legte eine Hand dramatisch auf seine Brust. „Es war förmlich zu spüren - selbst aus der Ferne."

Emilia wich Chaids Blick aus, ihr Gesicht brannte förmlich. „Das ist... wirklich nicht nötig, Chaid", murmelte sie und versuchte, den entstehenden Kloß in ihrem Hals zu verdrängen.

„Oh, aber es wäre unhöflich, das nicht zu erwähnen", fuhr Chaid mit einem Augenzwinkern fort, während er sich lässig gegen die Wand lehnte. „Schließlich freue ich mich für euch beide. Es ist nur natürlich, Spannungen... kreativ abzubauen." Sein Lächeln war breit und vielsagend.

Alex schnaubte und schüttelte den Kopf. „Kreativ? Das ist wohl der subtilste Kommentar, den ich je von dir gehört habe, Chaid."

„Ich bin ein Mann der Feinheiten", erwiderte Chaid und zuckte mit den Schultern. „Ich kann es nicht ändern, wenn meine Wahrnehmung so... sensibel ist."

Ash zog Emilia sanft an sich und blickte in die Runde. „Habt ihr jetzt genug spekuliert?" Seine Stimme war ruhig, aber seine Augen funkelten belustigt. „Wir haben Kräuter gesammelt. Nicht mehr, nicht weniger."

„Natürlich", sagte Gray mit einem gespielten Lächeln, als er eine Augenbraue hob. „Und ich bin sicher, dass die Mondflügelblätter besonders... anspruchsvoll waren."

Emilia schnaubte leise und vergrub ihr Gesicht für einen Moment in Ashs Schulter, bevor sie sich wieder aufrichtete. „Ihr seid unmöglich", sagte sie und funkelte jeden der Anwesenden nacheinander an, konnte aber das Lächeln auf ihren Lippen nicht verbergen. „Ein Bad wäre jetzt wirklich nötig."

„Das wäre es", stimmte Ash zu und schob Emilia sanft Richtung Badezimmer. Bevor sie ganz verschwanden, warf er den anderen über die Schulter einen letzten Blick zu. „Amüsiert euch ruhig weiter."

Chaid winkte ihnen spielerisch nach, und als die Tür hinter Emilia und Ash zufiel, drehte er sich wieder zu Alex und Gray. „Wisst ihr, manchmal beneide ich die Einfachheit solcher Momente. Es hat etwas... schönes."

Gray nickte und nahm einen Schluck aus seiner Tasse. „Schön - und längst überfällig."

Alex verschränkte die Arme vor der Brust und ließ ein amüsiertes Lächeln aufblitzen. „Die zwei sind unzertrennlich. Und das ist gut so."

Emilia und Ash traten aus dem Badezimmer, frische Kleidung an und mit einem entspannten Ausdruck auf den Gesichtern. Die Luft war noch warm vom Bad, das sie gerade genommen hatten, und sie fühlte sich erfrischt, auch wenn ein Hauch von Verlegenheit in ihren Wangen lag, sobald sie die anderen sah.

Im Essbereich wartete bereits ein vorbereitetes Frühstück. Gray hatte den Tisch gedeckt, und das Aroma von frischem Brot, Kräutertee und warmem Gebäck erfüllte die Luft. Alex stand an der Seite, die Arme verschränkt und ein spöttisches Lächeln auf den Lippen, während Chaid sich lässig in einem Sessel zurücklehnte, seine grünen Augen mit einem amüsierten Glanz.

„Wer hätte ahnen können, dass ihr die ganze Nacht fortbleibt?" Alex' Stimme war halb scherzhaft, halb vorwurfsvoll. „Ich habe mir schon ein bisschen Sorgen gemacht."

Ash blieb ungerührt und zog einen Stuhl zurück, bevor er Emilia sanft zum Sitzen ermutigte. Er summte ein leises Lied, das beinahe übermütig klang, während er sich selbst auf den nächsten Stuhl fallen ließ. „Das nächste Mal", sagte Alex mit scharfer, aber nicht wirklich wütender Stimme, „schick einfach eine Nachricht. Du weißt schon, wie du es sonst tust. Dann kann ich wenigstens beruhigt schlafen."

„Ach, Alex", entgegnete Ash gelassen und schnappte sich ein Stück Brot. „Ich war ja nicht allein."

Gray, der neben Alex Platz nahm und sich eine dampfende Tasse Tee einschenkte, schüttelte den Kopf und grinste. „Gib es auf, Alex. So zuverlässig ist er dann doch nicht."

Beide lachten, und Emilia spürte, wie sich die Spannung in ihren Schultern löste. Es war seltsam, aber die Mischung aus Humor und Vertrautheit machte diesen Moment perfekt.

„So, so", ertönte Chaids Stimme, und seine grünen Augen musterten Emilia mit einer Mischung aus Neugier und Schalk. „Also, kleine Valkyrie..." Er lehnte sich leicht vor, als hätte er ein Geheimnis zu lüften. „Dieser Gefährte da - gehört er zu dir? Oder ist das nur ein weiterer Fan, der sich an dich klammert?"

Emilia sah hinunter und bemerkte die kleine Vier-Pfote, die sich zu ihren Füßen zusammengerollt hatte. „Oh..." Sie spürte, wie sie rot wurde. „Das... er ist uns einfach gefolgt. Ich sollte sie füttern."

„Ein treuer Anhänger", murmelte Chaid, während er sich ein Stück Obst nahm und es genießerisch in den Mund schob. „Das passt irgendwie zu dir."

Ash räusperte sich, und seine Augen blitzten leicht amüsiert. „Es war mehr als das. Wir sind auf verfluchte Energie gestoßen, die den Gefährten beinahe getötet hätte. Es war ein riskanter Moment."

Die Aufmerksamkeit der Anwesenden richtete sich sofort auf Ash und Emilia. Die fröhliche Atmosphäre wich für einen Moment einem ernsten Ausdruck. Alex stellte seine Tasse ab, und sein Blick wurde scharf. „Verfluchte Energie? Wieder?"

Ash nickte knapp und berichtete knapp, aber präzise von der Begegnung. Seine Stimme blieb ruhig, doch in seinen Worten lag eine Schwere, die die Ernsthaftigkeit des Erlebten verdeutlichte.

Gray runzelte die Stirn, seine meerblauen Augen glitzerten vor Nachdenklichkeit. „Das klingt beunruhigend. Es wird immer häufiger, dass wir auf solche Energie stoßen. Wir müssen herausfinden, woher sie kommt."

„Oder wer dahintersteckt", ergänzte Alex, seine Stimme dunkler geworden.

Chaid, der bis dahin scheinbar desinteressiert geschienen hatte, lächelte ein wenig zu breit. „Verfluchte Energie, verletzte Gefährten und nächtliche Abenteuer - ihr habt wirklich eine Gabe, euch in Schwierigkeiten zu bringen."

„Das nennt man wohl Abenteuerlust", erwiderte Emilia und bemühte sich um ein Lächeln, das die Anspannung durchbrach. Doch ihr Blick blieb bei der kleinen Vier-Pfote, die jetzt zufrieden auf ihrem Schoß ruhte und die Augen schloss.

„Abenteuerlust oder Wahnsinn", fügte Chaid mit einem theatralischen Seufzen hinzu und hielt eine Hand über sein Herz. „Aber keine Sorge, kleine Valkyrie. Wir halten dir den Rücken frei - zumindest so lange, bis es wirklich ernst wird."

Emilia schenkte ihm ein schiefes Lächeln, während Ash ihr sanft über die Hand strich. „Das wissen wir zu schätzen, Chaid."

Chaid zuckte mit den Schultern, sein Lächeln wurde sanfter. „Jeder hat seine Rolle zu spielen. Und meine ist es, sicherzustellen, dass ihr euch nicht von der Dunkelheit verschlingen lasst. Egal, ob es sich um verfluchte Energie handelt... oder andere Anspannungen."

Ein leises, wissendes Lächeln umspielte seine Lippen, und Ash verdrehte die Augen. „Manchmal bist du wirklich unerträglich, weißt du das?"

„Aber du liebst es, Ash", entgegnete Chaid grinsend, bevor er sich zurücklehnte und seine Tasse hob. „Auf weitere Abenteuer."

„Auf weitere Abenteuer", wiederholte Emilia und hob ebenfalls ihre Tasse. Der Moment war perfekt - eine Mischung aus Ernsthaftigkeit, Leichtigkeit und dem Wissen, dass sie inmitten all der Gefahren und Herausforderungen nicht allein waren.

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Das Frühstück am Küchentisch war lebendig und voller Gespräche. Das Klirren von Tassen und das leise Knistern des Brotes im Feuer schufen eine warme, fast familiäre Atmosphäre. Emilia saß zwischen Ash und Gray, während Alex mit verschränkten Armen das Geschehen aus der Ecke beobachtete. Chaid hingegen nahm es sich nicht, zurückhaltend zu sein, und saß lässig auf seinem Stuhl, ein amüsiertes Lächeln auf den Lippen.

Chaid nahm sich gerade ein Stück Obst, als seine blauen Augen zu Emilia glitten. „Sag mal, Kleine Valkyrie, wie gedenkst du eigentlich, deinen neuen Gefährten zu füttern? Wird das eine tägliche Aufgabe für dich?"

Emilia verschluckte sich fast an ihrem Tee und schüttelte den Kopf, ihre Wangen gerötet. „Er... ich meine, sie ist mir einfach gefolgt. Ich werde mich um sie kümmern."

„Kleine Valkyrie?" fragte Emilia skeptisch und warf Chaid einen prüfenden Blick zu. „Du weißt, dass du mich auch einfach Emilia nennen kannst, oder? Oder... Amy?"

Ein leichtes Lächeln huschte über Chaids Gesicht, und er lehnte sich mit einer anmutigen Bewegung zurück. „Oh, Emilia ist ein schöner Name", erwiderte er mit gespielt nachdenklicher Miene. „Und Amy... nun ja, klingt nett. Aber bei dir..." Er machte eine kleine Pause, als wollte er die Spannung absichtlich in die Länge ziehen. „Da passt etwas anderes."

„Etwas anderes?" Emilia sah ihn verwirrt an.

Chaid ließ seine Finger über den Rand seines Bechers gleiten, als würde er über ihre Worte nachdenken. „Ja, ‚Kleine Sonne'", sagte er schließlich. „Das passt besser."

„Kleine Sonne?" Gray hob eine Augenbraue und schmunzelte. „Das ist... poetisch, Chaid."

Alex stieß ein trockenes Lachen aus. „Poetisch oder einfach nur ein weiterer Versuch, Eindruck zu schinden?"

„Beides", entgegnete Chaid mit einem unverblümten Grinsen und richtete seinen Blick wieder auf Emilia. „Aber vor allem ist es wahr. Du strahlst. Du bringst Licht in düstere Momente, und..." Er beugte sich ein wenig vor, als wolle er ihr ein Geheimnis anvertrauen. „Manchmal blendest du sogar."

Emilia spürte, wie sich ihre Wangen erneut röteten, doch sie hielt seinem Blick stand. „Kleine Sonne also... das klingt seltsam, aber irgendwie... mag ich es."

Ash, der bis dahin schweigend geblieben war, schüttelte den Kopf und lächelte. „Das passt zu dir, Emilia."

Chaid hob seine Tasse, als wollte er auf sie anstoßen. „Auf die Kleine Sonne, die selbst die kältesten Schatten erhellt."

Gray stimmte leise zu, während Alex ein amüsiertes Schnauben von sich gab. Die Atmosphäre am Tisch lockerte sich, als die Gespräche weitergingen, und Emilia fühlte sich für einen Moment wie ein Teil von etwas größerem - einer Gemeinschaft, die trotz all ihrer Unterschiede und Eigenarten zusammengehörte.

~ ~ ~

Das Gespräch am Küchentisch verlief in lockeren Bahnen, als Gray sich mit einer sanften Neugier in den Dialog einklinkte. Seine meerblauen Augen ruhten auf Emilia, während er sich vorlehnte und sie mit einem kleinen Lächeln ansah. „Und wie gedenkst du, deine neue kleine Gefährtin zu nennen?"

Emilia blinzelte und sah ihn einen Moment lang verwirrt an. „Wie... sie zu nennen?"

Gray nickte und deutete mit einem kaum merklichen Kopfnicken auf das kleine Wesen, das sich dicht an Emilias Seite geschmiegt hatte und jetzt mit halb geschlossenen Augen ruhte. „Ja. Ein Name. Sie gehört doch jetzt zu dir, oder?"

Emilia senkte den Blick und betrachtete die Vier-Pfote. Die zarten, silbrig schimmernden Haare des Gefährten glitzerten im Licht, und eine sanfte Welle von Zuneigung überkam sie. Für einen Moment verlor sie sich in Gedanken und spürte, wie etwas tief in ihr aufflackerte - wie ein Echo aus einer Zeit, die sie nicht bewusst kannte, die aber wie ein vertrautes Flüstern in ihrem Inneren klang.

„Saphira", murmelte sie schließlich, fast wie in Trance. „Ich glaube... ich werde sie Saphira nennen."

Ein Moment des Schweigens legte sich über den Tisch. Die Luft schien plötzlich schwerer, und selbst die kleinen Geräusche des Frühstücks verstummten. Alex, Gray und Ash tauschten einen schnellen Blick, und sogar Chaid, der normalerweise alles mit einem spielerischen Lächeln begegnete, hielt inne. Ihre Augen ruhten auf Emilia, tief beeindruckt und voller stiller Erkenntnis. Für sie war es nicht einfach nur ein Name - es war eine Erinnerung, die wie ein zarter Faden aus der Vergangenheit aufgetaucht war.

„Saphira...", wiederholte Gray leise, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Das ist... ein wunderschöner Name, Emilia." Er verbarg die tiefe Bedeutung hinter diesen Worten, aber seine Augen sprachen Bände. Es war der Name eines Gefährten, der in einem früheren Leben für Emilia - oder besser gesagt, für Ari - eine große Rolle gespielt hatte. Und dass sie diesen Namen jetzt gewählt hatte, konnte kein Zufall sein.

Emilia bemerkte die plötzliche Schwere im Raum und sah fragend in die Runde. „Warum... seht ihr mich alle so an? Ist der Name seltsam?"

Ash schüttelte den Kopf und griff nach ihrer Hand. Seine Berührung war warm und beruhigend, und in seinen goldenen Augen lag eine Mischung aus Zärtlichkeit und Bewunderung. „Nein, gar nicht. Im Gegenteil. Er passt perfekt. Er... bedeutet etwas besonderes."

Chaid lehnte sich zurück, seine grünen Augen blitzten vor Neugier und einem Hauch von Respekt. „Du hast wirklich ein Händchen für Namen, Kleine Sonne. Saphira... ein seltener Name, nicht wahr?" Er ließ die Worte bewusst vage klingen, aber jeder in der Runde verstand die Andeutung.

Emilia spürte, wie eine leichte Gänsehaut über ihren Rücken lief. „Ich... weiß nicht, warum ich diesen Namen gewählt habe", gab sie zu, ihre Stimme leise und unsicher. „Es fühlte sich einfach... richtig an."

„Vielleicht ist es das", sagte Gray sanft. „Ein Fragment, das seinen Weg zu dir gefunden hat."

„Ein Fragment?" fragte sie, und ihre kastanienbraunen Augen suchten den Blick ihrer Freunde. Sie spürte, dass hinter diesen Worten mehr steckte - etwas, das sie noch nicht ganz begreifen konnte.

„Ein Teil deiner Erinnerungen", erklärte Alex mit ruhiger Stimme. „Vielleicht ist es nichts, worüber du dir jetzt den Kopf zerbrechen musst. Aber... es zeigt, dass du stärker wirst, Emilia. Deine Schamanenkräfte wachsen. Und das bedeutet, dass du dich immer mehr an die Vergangenheit erinnerst."

Emilia schloss die Augen für einen Moment und ließ die Worte auf sich wirken. Sie fühlte sich überwältigt - von der Bedeutung, von der Verantwortung, die damit einherging, und von der unbewussten Verbindung, die sie zu diesem Namen spürte. Doch dann spürte sie Ashs Hand auf ihrer und das warme Gewicht der Blicke ihrer Freunde. Sie war nicht allein.

„Saphira also", sagte sie schließlich und öffnete die Augen. Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen, zart, aber voller Entschlossenheit. „Dann ist es beschlossen."

Der kleine Gefährte an ihrer Seite schnurrte leise, als hätte er die Worte verstanden. Und für einen Moment schien es, als würde ein Hauch von Magie den Raum durchdringen - ein Versprechen aus der Vergangenheit, das sich mit der Gegenwart verband und Emilia zeigte, dass sie auf dem richtigen Weg war.

~ ~ ~

Das Frühstück verlief lebhaft, und obwohl die heitere Atmosphäre Emilias Herz erleichterte, spürte sie die Schwere der Realität, die unausgesprochen im Raum schwelte. Chaid, Ash, Gray und Alex mochten sich gegenseitig necken und mit kleinen Bemerkungen auflockern, aber sie alle wussten, dass die bevorstehenden Herausforderungen nicht länger ignoriert werden konnten. Jeder Atemzug, jedes Lächeln war von einer unausgesprochenen Anspannung unterlegt - dem Wissen, dass die Bedrohung näher rückte.

Als die Teller leer waren und das Klirren von Besteck verstummte, war es Chaid, der das Schweigen durchbrach. „Also, kleine Sonne," begann er mit einem leicht amüsierten Ton, der seine Augen aufblitzen ließ. „Was steht heute auf deinem strahlenden Plan? Etwas Magisches entdecken? Oder gar verborgene Legenden enthüllen?" Seine Stimme klang spielerisch, doch die unausgesprochene Ernsthaftigkeit lag in der Luft.

Emilia setzte ihre Tasse langsam ab und ließ den Blick über die Gesichter ihrer Gefährten wandern. „Wir müssen über die verfluchte Energie sprechen", sagte sie leise, aber bestimmt. „Das, was gestern passiert ist, war kein Zufall. Es taucht überall auf, und wir... wir können das nicht länger ignorieren."

Die Leichtigkeit des Gesprächs wich sofort einer angespannten Stille. Gray legte seine Hände ineinander, seine meerblauen Augen nachdenklich und ernst. „Du hast recht, Emilia", sagte er langsam. „Die Häufung dieser Vorfälle ist mehr als nur beunruhigend. Wir müssen herausfinden, was dahintersteckt - oder wer."

„Einverstanden", ergänzte Alex, sein Blick wurde schärfer. „Das ist keine gewöhnliche Bedrohung. Die Quelle dieser Energie könnte mächtiger und gefährlicher sein, als wir vermuten."

Chaid, der mit nachdenklichem Ausdruck zugehört hatte, legte einen Finger an die Lippen und lehnte sich zurück. „Verfluchte Energie entsteht nicht einfach so", sagte er, seine Stimme tief und fast meditativ. „Sie speist sich aus verzerrtem Mana - genährt von Hass, Rache, Flüchen oder tiefen negativen Gefühlen. Ich könnte tiefer graben - wenn ihr es für notwendig haltet."

Emilia nickte, und ein Ausdruck von Entschlossenheit trat in ihre Augen. „Ich werde meine Schamanenkräfte einsetzen, um nach einer Spur zu suchen. Wir müssen dem Ursprung auf den Grund gehen, bevor es außer Kontrolle gerät."

Ash legte beruhigend eine Hand auf ihre Schulter und sah ihr fest in die Augen. „Wir stehen hinter dir, Emilia", sagte er. „Und das Training - das Training für Eversum könnte uns helfen, dich auf das vorzubereiten, was vor uns liegt."

Emilia atmete tief durch, während sie die Schwere der Verantwortung spürte. „Dann sollten wir keine Zeit verlieren. Zu viele unschuldige Leben stehen auf dem Spiel. Wir müssen stark genug sein, um das zu stoppen."

Gray erhob sich langsam, als ob er die Bedeutung ihrer Worte abwog. „Ich schlage vor, wir beginnen in der Nähe der Gesetzlosen Zone, in der Grenzregion - dort, wo die Spuren am deutlichsten sind. Vielleicht finden wir einen Hinweis."

Ein Lächeln breitete sich auf Chaids Lippen aus, doch seine Augen funkelten entschlossen. „Ein aufregender Ausflug? Wie könnte ich widerstehen? Ich werde meine Sinne schärfen und jede Spur aufspüren, die uns weiterführt. Aber bevor wir loslegen..." Er hielt inne und ließ den Blick auf Emilia ruhen, ein Schimmer von Neugier und etwas tiefer Verborgenem in seinen Augen. „Kleine Sonne, soll ich dich wirklich so nennen? Oder wünschst du dir, dass ich dich anders anspreche?"

Emilia erwiderte seinen Blick, ihre Wangen wurden leicht warm, doch sie hielt den Kopf erhoben. „Du kannst mich Emilia nennen - oder Amy, wenn dir das lieber ist."

Chaid schüttelte sanft den Kopf, und ein amüsiertes Grinsen legte sich auf seine Lippen. „Nein, kleine Sonne passt besser. Es spiegelt dein Strahlen wider - und das kann ich nicht ignorieren. Aber gut, wenn du es wünschst... vielleicht werde ich dich hin und wieder ‚Amy' nennen."

Die anderen sahen dem kurzen Austausch mit leichten Schmunzeln zu, doch sie spürten die unausweichliche Ernsthaftigkeit, die sich wieder über den Raum legte. Jeder von ihnen wusste, dass die bevorstehende Mission eine Wende bringen würde - für Emilia und für sie alle. Es war Zeit, sich den Schatten zu stellen.

_______

Die folgenden Wochen wurden für Emilia zu einer intensiven Herausforderung. Ihr Alltag war geprägt von Trainingseinheiten, die jede ihrer Fähigkeiten bis an die Grenze testeten. Sie wusste, dass die Prüfungen in Eversum alles von ihr fordern würden, und ihre Gefährten waren entschlossen, sie bestmöglich darauf vorzubereiten. Jeder Tag war gefüllt mit Schweiß, Konzentration und einer Prise Humor, die die Schwere ihrer Mission erträglicher machte.

Der erste Morgen begann mit Gray. Er führte sie an den Rand eines Sees, dessen Oberfläche still und glatt wie Glas war. Die morgendliche Kühle ließ Nebelschwaden über das Wasser ziehen, und das Plätschern eines entfernten Wasserfalls war das einzige Geräusch, das die Stille durchbrach. Gray stand mit geschlossenen Augen am Ufer, und als Emilia nähertrat, öffneten sich seine meerblauen Augen mit einer Ruhe, die er stets ausstrahlte.

„Wasser ist mehr als ein Element", erklärte er sanft, seine Stimme trug das Gewicht seiner Erfahrung. „Es ist ein lebendiges Wesen, das dich spüren kann. Versuch, dich mit ihm zu verbinden - nicht es zu kontrollieren."

Er ließ das Wasser vor ihnen tanzen - kleine Spiralen und Wellen, die auf seine Fingerbewegungen reagierten. Emilia atmete tief durch und versuchte, sich zu konzentrieren. Doch die ersten Versuche waren frustrierend; das Wasser wich ihr aus, als würde es sie verspotten. Sie seufzte, ihre Stirn legte sich in Falten.

„Geduld", sagte Gray und trat hinter sie. Seine Hände ruhten sanft auf ihren Armen, und er führte ihre Bewegungen behutsam. „Lass das Mana durch dich fließen. Es ist kein Kampf, Emilia. Es ist ein Tanz."

Die Stunden vergingen, das Licht der Sonne wandelte sich, und Emilia kämpfte mit jeder Faser ihres Wesens. Schließlich begannen kleine Strömungen zu tanzen, gehorchten ihren Gedanken und Bewegungen. Es war nicht perfekt, aber es war ein Anfang. Gray nickte zufrieden. „Du wirst es meistern. Es liegt bereits in dir."

....
Am Nachmittag führte Ash sie in seine provisorische Werkstatt. Der Raum war erfüllt von einem scharfen Geruch nach Kräutern und exotischen Pulvern. Regale voller Phiolen und magischer Utensilien säumten die Wände. Ash bewegte sich sicher zwischen den Zutaten und legte ein seltsames Gebräu vor Emilia. „Alchemie erfordert Geduld und Präzision", erklärte er mit ruhiger Stimme, während er das Mischen eines komplexen Elixiers demonstrierte. „Ein einziger Fehler - und das ganze Experiment kann scheitern."

Emilia biss sich auf die Lippe, während sie die Anweisungen befolgte. Trotz ihrer Konzentration brachten ihre ersten Versuche kaum brauchbare Ergebnisse hervor. Einmal rauchte der Trank so stark, dass sie hustend zurückwich. Doch Ash blieb geduldig, seine Bewegungen ruhig und seine Augen voller Zuversicht. Mit jedem misslungenen Versuch wuchs Emilias Wissen - über die feine Balance zwischen Mana und Zutaten, über die Bedeutung der kleinsten Details. Und mit jedem Erfolg wurde sie selbstbewusster.

Die Trainingseinheiten mit Alex hatten dagegen eine ganz andere Intensität. Er führte sie in einen Raum voller magischer Siegel. „Barriere-Magie erfordert Konzentration", erklärte er streng, sein Blick scharf. „Deine Barriere ist nur so stark wie dein Wille. Denk daran."

Emilia konzentrierte sich, während Alex sie Antrieb, immer neue Barrieren zu errichten und zu verteidigen. Er testete ihre Stärke mit gezielten Energieimpulsen. Jedes Mal, wenn die Barriere brach, forderte er sie auf, es erneut zu versuchen. „Werde eins mit deinem Schutz", sagte er leise, als sie am Ende ihrer Kräfte war. „Die Barriere ist eine Erweiterung deiner selbst. Gib nicht auf."

Neben der Barriere-Magie zeigte Alex ihr auch Heilzauber. Er führte ihre Hände, ließ sie Energiekanäle spüren und lehrte sie, Mana zur Heilung zu lenken. „Du kannst Wunden schließen, Schmerzen lindern. Aber du musst es fühlen, Emilia. Es erfordert mehr als nur Konzentration."

Chaid tauchte in diesen Wochen oft auf und verschwand wieder. „Während ihr trainiert, habe ich meine eigenen Pfade", erklärte er mit einem Lächeln, das mehr verbarg, als es offenbarte. Manchmal kehrte er mit Berichten zurück, manchmal mit einem Hauch von Geheimnis, der in der Luft lag. „Verfluchte Energie hat viele Ursprünge. Einige sind tiefer in der grenzlosen Zone verborgen - und andere könnten uns näher sein, als wir denken."

Emilia spürte, dass er mehr wusste, als er preisgab, doch Chaid hielt sich zurück. Seine Augen verfolgten ihr Training, schienen jede Bewegung zu analysieren, während er Informationen sammelte. Sie wusste, dass er etwas suchte - und dass es wichtig war.

Die Wochen vergingen. Emilias Fortschritte waren sichtbar - sie konnte das Wasser kontrollieren, komplexe Elixiere mischen und Barrieren errichten, die selbst Alex zufriedenstellten. Doch mit jedem Erfolg wuchs auch die Schwere der Verantwortung. Der Gedanke an die bevorstehenden Prüfungen und die Bedrohung durch die verfluchte Energie lag wie ein Schatten über ihr.

Eines Abends, nach einem langen Trainingstag, saßen sie alle gemeinsam am Feuer. Das Licht der Flammen tanzte auf ihren Gesichtern, und die Wärme vertrieb die Kälte der Nacht. Doch die Ruhe war trügerisch - sie wussten, dass der Sturm bevorstand.

Ash legte eine Hand auf Emilias Schulter und sah sie an, sein Blick ernst. „Bist du bereit?"

Sie spürte die Blicke ihrer Gefährten auf sich. Sie atmete tief durch und ließ die Entschlossenheit in ihrer Brust aufsteigen. „Noch nicht ganz", gab sie zu. „Aber ich werde es sein. Wir alle werden es sein."

Die Reise nach Eversum war greifbar nah - und sie wussten, dass sie vorbereitet sein mussten. Jede Lektion, jedes Training würde zählen. Und gemeinsam würden sie kämpfen - für ihre Welt, für ihre Freunde und für die Geheimnisse, die in den Schatten lauerten.

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