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Nathan wünscht, er könnte diese Sache mit dem Schicksal ignorieren. Es wäre so viel leichter, könnte ihm dieser Quatsch mit der Seelenverwandtschaft egal sein. Er ist Wissenschaftler: Er glaubt nicht an Magie. Natürlich hat er schon gesehen, wie die Namen auf den Armen der Leute erscheinen, aus dem Nichts, aber das, was dann beginnt, ist doch eher eine massenweise Gehirnwäsche an der Bevölkerung.
Da erscheint auf deinem Arm ein Name und du weißt genau, es bedeutet, du wirst die Person lieben. Du kennst sie womöglich schon und hast sie gern, oder lernst sie kennen und findest sie nett, aber du weißt, du wirst sie lieben, also tust du es. Und wenn du sie schon liebst, wie groß ist dann noch der Schritt dahin, es für Seelenverwandtschaft zu halten? Man muss doch nur fest daran glauben, so fühlt man es dann auch. Das ist keine Magie, kein Schicksal... Oder vielleicht steckt ein bisschen was davon dahinter, die Namen günstig zu platzieren, doch im Endeffekt ist es die Formbarkeit des menschlichen Verstandes: Was man sich erst selbst einredet, das glaubt man eben auch.
Dennoch hätte Nathan gerne einen Namen auf seinem Arm stehen. Bloß, um die Dinge leichter für ihn zu machen. Er würde die andere Person nicht suchen, es nicht auf eine Begegnung anlegen. Er würde nicht auf eine magische Beziehung hoffen, bloß weil die Leute daran glauben. Aber zumindest müsste er nicht schon wieder weglaufen, weil irgendjemand...
Das erste Mal ist es passiert, als er fünf war. Es war bloß ein Spiel. Lucie aus dem Kindergarten hat mit Edding in krakeliger Schrift seinen Namen auf ihren Arm geschrieben (es ist nur Platz für den Vornamen gewesen, da sie so groß schrieb, oder vielleicht war sie noch nicht im Stande, ein paar Buchstaben aus seinem Nachnamen zu formen) und verlangt, dass er sie heirate.
Natürlich ist er Lucie nicht böse deswegen, doch wegen dem, was danach passiert ist, kann er es ebenso wenig vergessen.
Der nächste war Clint, ein schüchterner Junge aus dem Chemiekurs, dem es gelang, die typische computerartige Schriftart akkurat nachzuahmen. Er war vielleicht verliebt in Nathan, vielleicht war er aber auch nur einsam und es gefiel ihm, dass Nathan während ihrer Experimente mit ihm sprach. Jedenfalls schien er damals, als er im Gebüsch hinter der Schule seinen Ärmel hochrollte, auf eine entsprechende Reaktion zu hoffen. Doch Nathan hatte ihn nur von oben bis unten gemustert und den Kopf geschüttelt. Es passte nicht ins Bild: Er empfand nichts für Clint und sah keinerlei Chance, dass ihre Beziehung jemals annähernd einen Charakter annehmen würde wie die seiner Mutter und Seb. Zuhause bedauerte er seine harsche Abweisung sogar, fragte sich, ob er Clint verletzt hatte, wenn der tatsächlich etwas empfand, das dem Konzept einer Seelenverwandtschaft gleichkam... Dass der Schriftzug allerdings nicht echt war, erfuhr er erst nach ein paar Tagen im Sportunterricht, als Clints T-Shirt seine blassen, blanken Arme entblößte.
Und dann kam Jim. Jim war ein Lehrender an der Universität und hatte einen Narren an Nathan gefressen. Er war beeindruckt von Nathans Talent, von seinem Aussehen, angefixt von seiner abweisenden Haltung. Und irgendwie gelang es ihm, auch Nathans Interesse zu wecken.
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