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Anna war ihr erstes Kind. Sie war gesund und fröhlich, liebte Schmetterlinge und tanzte gern. Dann kam John auf die Welt, mit einem angeborenen Herzfehler und einem Namen auf seinem Unterarm.
Das ist durchaus ungewöhnlich. John ist noch keinem anderen Menschen begegnet, der seit seiner Geburt den Namen seines Seelenverwandten auf der Haut trug. In winzig kleinen Lettern, kaum zu entziffern und erst mehr wie ein Geburtsmal erscheinend, um dann langsam mitzuwachsen.
Natürlich hatten seine Eltern sich Sorgen gemacht. Sie sahen zwei Erklärungen dafür, dass der Name bereits bei seiner Geburt zu sehen war: Entweder würde diese Bindung (selbst für eine Seelenverwandtschaft, und jeder, der das Gefühl einer solchen Bindung kannte, glaubte nicht an die Möglichkeit, es könne noch potenziert werden) ganz besonders eng ausfallen oder John würde aufgrund seines Herzfehlers nicht allzu viel Zeit für seine Seelenverwandtschaft bleiben.
Im Nachhinein kommt diese Sorge John abwegig vor, obwohl sie seinen ängstlichen Eltern damals am plausibelsten erschienen ist. Immerhin ist der Name auf seinem Arm keiner, der der Familie bekannt war, und wie viele Fremde lernt ein Baby in seinen ersten Jahren kennen, mit denen es in der Lage ist, eine Beziehung aufzubauen, die enger wäre als die zu den eigenen Eltern?
Dennoch kann er es ihnen nicht übelnehmen, dass sie zu Anfang akribisch nach Esra Carlton gesucht hatten.
Viele Leute suchen, sobald ein unbekannter Name auf ihrem Arm erscheint (und auch das ist unüblich, denn in den meisten Fällen ist die betreffende Person ihrem auserkorenen Gegenstück bereits begegnet), nach ihrem fehlenden Puzzleteil. John findet das unsinnig, denn wenn das Schicksal schon meint, sich in die Liebe einmischen zu müssen, kann es einen doch auch in seiner eigenen Zeit den Weg zueinander finden lassen, ein bisschen dafür arbeiten, dass seine Erfolgsquote nicht plötzlich abfällt. Wieso ihm Arbeit abnehmen?
In seinem eigenen Fall, mit dem Damoklesschwert seines unter Umständen nicht langen Lebens, versteht er durchaus, dass seine Eltern gedacht haben, er müsse diese Verbindung möglichst bald knüpfen können, um sie so lange wie möglich genießen zu dürfen.
Mom und Dad sind froh, dass sie falsch gelegen haben, sagen sie. Doch nach vierunddreißig Jahren ist ihre Sorge von damals deutlich in Vergessenheit geraten. Sobald sein Herz gesund schlug, fragten sie sich, wieso diese Esra noch nicht aufgetaucht war, und wie lange es wohl dauern würde. Und damit würden sie ihn noch heute belagern, geböte er dem keinen Einhalt.
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