15
Nathan klickt an dem Verschluss seiner Brotdose herum. Auf, zu, auf, zu. Er rutscht außerdem auf seinem Stuhl herum, als finde er keine gemütliche Position.
John schmunzelt vor sich hin, als er die Alufolie aufwickelt und seelenruhig in sein Käsebrot beißt. So hat er Nathan noch nie gesehen, aber er findet es irgendwie niedlich. Sicher wird er jeden Moment damit herausrücken, was ihn beschäftigt. Sie kennen einander nun bereits seit über zwei Wochen und verbringen jede Pause miteinander.
„Ich habe gesehen, es gibt da einen Mexikaner, nicht unweit von hier. Ich dachte, ich würde den gerne mal ausprobieren.", rattert Nathan schließlich herunter, mehr an den löchrigen Aufschnitt gerichtet als an John. Der spürt, wie sein Schmunzeln breiter wird, sich langsam zu einem Grinsen auswächst.
„Möchtest du vielleicht... Kommst du mit? Morgen Abend?"
John lächelt sein Gegenüber ehrlich an. „Klar, gerne.", sagt er. Und wundert sich ganz kurz über sich selbst, dass er so enthusiastisch zusagt, nachdem er geschworen hat, sich nie wieder zu mexikanischem Essen überreden zu lassen. „Es ist ganz mild.", sagen sie immer und trotzdem glaubt John schon nach einem Bissen, Feuer speien zu können. Mit einer Aussicht auf einen gemeinsamen Abend mit Nathan ist dieses Detail jedoch schnell vergessen.
Als es so weit ist und sie in einer kleinen Niesche über ihren Enchiladas hocken, ist John plötzlich mulmig zu Mute. Am Nachbartisch sitzt ein junges Pärchen, das einander immer wieder tief in die Augen blickt. Die Fingerspitzen der Dame tanzen über den dunklen Schriftzug am Unterarm des Mannes. Sie scheinen einander gerade erst gefunden zu haben.
Da wird John bewusst, dass er diesem Treffen unter falschen Voraussetzungen zugestimmt hat. Es ist nur ein Essen, hat er sich gesagt. Wir sind Kollegen, verstehen uns gut miteinander. Nur, dass das nicht wahr ist. Alleine die Art, wie Nathan beim Aussprechen seiner Einladung ganz unsicher geworden ist, zeigt doch, dass es für ihn mehr ist.
John ist hin- und hergerissen von seinen Gefühlen in dieser Angelegenheit.
Er kann sich, vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben ganz ohne Vorbehalte, vorstellen, eine Beziehung einzugehen. Er will Nathan nicht nur kennenlernen und jemanden in ihm sehen, mit dem er sich ab und zu unterhält, den er vielleicht sympathisch findet. Er will, dass es etwas bedeutet. Er kann sich sehr gut vorstellen, bald zu sagen: „Das ist Nathan, wir sind Freunde." Und wenn er ganz ehrlich zu sich ist, ist da ein Teil von ihm, der fühlt, dass das Wort, das am Ende dieses Satzes stehen sollte, nicht Freunde ist.
Und gleichzeitig sperrt sich etwas in ihm gegen diese Gefühle. Weil es einfach nicht sein kann, dass seine Schale auf einmal aufbricht: Hier, jetzt, und vor einem Mann, der nicht Esra Carlton ist. Er muss ihm gegenüber genauso gleichgültig sein, wie gegenüber allen anderen. Weil wenn er für Nathan das fühlt, was er gerade zu fühlen beginnt, wie kann er das dann vor Esra rechtfertigen?
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