Sie haben uns einfach liegen gelassen!

Vor einem Haus, dass aussah wie jedes andere in dieser Stadt auch, hielt Legolas an. Es war aus Holz, zweistöckig und stand inmitten genau gleicher Häuser, als hätte man die alle zur selben Zeit da hin gebaut. Oder die Leute in der Seestadt waren unkreativ und geschmacklos.

„Das ist das Haus, in dem sich die Zwerge aufhalten", erklärte der Elb.

„Okay, danke. Man sieht sich vielleicht irgendwann", verabschiedete sich Thalia von dem Elben, der mal wieder einfach davon lief.

Econa klopfte derweil an die Tür. Ein ängstlich aussehendes junges Mädchen öffnete die Tür.

„Hallo", grüßte Econa. „Wir gehören zu den Zwergen."

Das Mädchen machte ein skeptisches Gesicht. Zum Glück tauchte hinter ihr einer der Zwerge auf, die zurückgeblieben waren.

„Oh, ihr. Wir dachten schon, die Orks haben euch getötet", begrüßte er sie fröhlich. „Kommt rein."

Thalia presste die Lippen aufeinander, um ihm nichts böses an den Kopf zu werfen. Davon lag ihr gerade reichlich auf der Zunge. „Wie du siehst, leben wir noch", sagte sie schließlich kalt.

„Jetzt kommt schon rein, es sind bestimmt Orks draußen."

Die Freundinnen betraten das Haus. Sofort wurde die Tür hinter ihnen geschlossen. Sie betraten einen relativ großen Raum, wahrscheinlich das Wohnzimmer. Dort saßen die Zwerge und Bilbo alle zusammen.

„Hä? Ich dachte, ihr seid weg?", wunderte sich Econa. Perplex sah sie von einem Zwerg zum Anderen.

„Wer hat euch das denn erzählt?", kam es ebenso verwundert von einem der Zwerge zurück.

„Äh ... jemand, der angeblich mal kurz hier war. Also ich blick das nicht mehr." Econa schüttelte den Kopf und ließ sich irritiert auf dem noch freien Boden nieder.

Thalia nahm seufzend neben ihr Platz. „Ich auch nicht."

„Warte mal, ihr habt Waffen", bemerkte Econa. „Woher habt ihr Waffen?"

„Ihr auch", stellte Thorin fest. „Waffen von den Elben. Habt ihr uns verraten?" Der Zwergenkönig funkelte die Freundinnen aufgebracht und äußerst misstrauisch an. „Ich wusste doch, dass man euch nicht trauen kann."

Thalia hob abwehrend die Hände. „So ist das nicht, wir sind nur zufällig einem begegnet. Er hat uns vor den Orks gerettet. Die sind nämlich tatsächlich da draußen unterwegs", erklärte sie schnell.

„Die Orks sind hier?", fragte einer der Zwerge.

Econa nickte mir düsterem Gesicht. Sie ärgerte sich über Thorin, der in allem und jedem einen Feind sah.

„Wir müssen hier weg. Wenn der Morgen anbricht gehen wir", beschloss Thorin.

Eine heftige Diskussion unter den Zwergen entbrannte. Manche stimmte voll und ganz dafür, manche wollten noch einen Tag ausruhen und Proviant beschaffen.

Schlussendlich einigte man sich darauf, früh am Morgen zu fahren. Fili überzeugte jedoch seinen Onkel und Kili davon, dass dieser da bleiben solle und er selbst würde auch bleiben. Ihm schloss sich ein weiterer Zwerg an, der sich um den verletzten Kili kümmern wollte.

In der ganzen Debatte bemerkten sie gar nicht, dass ein Zwerg gar nicht da war. Der lag noch bei dem Festmahl für die Zwerge, von dem die Freundinnen noch gar nicht erfahren hatten und es wahrscheinlich auch nie würden.

Die Zwerge, Bilbo und die Freundinnen legten sich für den letzten Rest der Nacht hin.

Als die Freundinnen am nächsten Morgen erwachten, waren die Zwerge und Bilbo weg. Nur noch Fili, Kili, der dritte Zwerge und ein vierter - die Freundinnen waren sich sicher, dass dieser Bofur hieß, sein Name war der einzige, den sie neben den Hauptzwergen noch kannten - waren da.

„Ist das euer Ernst? Ihr lasst uns einfach liegen? Die Anderen sind einfach ohne uns gegangen? Oh, Bilbo dieser Verräter!", wütete Thalia aufgebracht.

„Thorin misstraut euch, deshalb hat er euch hier gelassen", erklärte Fili mit entschuldigender Miene.

„Irgendwann bring ich ihn noch um", grummelte Econa missgelaunt. Der ging es nämlich gehörig auf die Nerven, dass der Zwergenkönig sie so behandelte. „Wir hätten ihn damals einfach auf der Straße sitzen lassen sollen ..."

Thalia grinste. „Hier oder zu Hause?"

„Überall", brummte Econa.

Da sie schonmal wach waren, rappelten sich die Freundinnen auf und sahen sich um. Das Haus war relativ klein und sah schon etwas abgenutzt aus, aber ansonsten war es ganz passabel.

„Frühstück?" Econa sah erwartungsvoll in die Runde.

Fili sah überall hin, nur nicht zu den Freundinnen, Bofur fühlte sich garnicht erst angesprochen und der vierte im Bunde zuckte nur entschuldigend mit den Schultern.

„Argh ..."

Thalia konnte die Stimmung ihrer Freundin nachvollziehen, sie war ebenso genervt. „Ich glaub's nicht. Was haben wir euch denn getan?"

Wieder fühlte sich niemand dazu bemüßigt zu antworten.

„Komm, Lia, wir gehen. Das ist ja nicht auszuhalten hier. Wo sind eigentlich die Besitzer dieses Hauses? Ist Bard mit seinen Kindern auch abgehauen?", erkundigte sich Econa.

Fili schüttelte den Kopf, Bofur zuckte ahnungslos mit den Schultern. Die Zwerge waren an diesem Tag alles andere als auskunftsfreudig.

„Ja, wir gehen", stimmte Thalia zu. „Und wehe ihr verlasst die Stadt ohne uns." Drohend hob Thalia den Zeigefinger und hielt ihn den Zwergen vor die Nase, bevor sie und Econa das Haus verließen.

Gierig sog Econa die frische Luft ein. „Das ist ja echt nicht auszuhalten. Stell dir vor, wir wären gestern mit ihnen gegangen und nicht einfach so davon gelaufen. Ich könnte ihnen den Hals umdrehen", wütete Econa, während sie neben Thalia über die Stege lief.

Ab und zu warf ein Bewohner der Seestadt den zwei fremden Mädchen einen schiefen Blick zu. Doch daran störten diese sich nicht.

Die Freundinnen erfreuten sich an der frischen Luft und daran, dass es hinter jeder Straßenecke etwas neues zu entdecken gab.

Der Tag verging. Am frühen Nachmittag setzten sich die Freundinnen an den Rand eines Steges und ließen die Beine über dem Wasser baumeln. Schweigend saßen sie da und beobachteten die Menschen auf der gegenüberliegenden Seite des Steges.

„Lia, wir müssen definitiv mal gemeinsam nach Venedig. Am besten bevor die Stadt im Meer versinkt", sagte Econa unvermittelt.

„Okay", sagte das Mädchen mit dem lila Haar gedehnt.

Econa nickte heftig. „Ja, weil da ist es tausendmal besser als hier, es gibt gutes Essen und es gibt da wenigstens Tauben."

„Okay", wiederholte Thalia nur.

Als sie einen seltsamen Herren entdeckten, begannen sich die Freundinnen über die Menschen lustig zu machen, die über die Stege eilten.

Die Sonne neigte sich langsam dem Horizont entgegen. Thalia und Econa beschlossen, dass sie genug abstand von den Zwergen hatten und machten sich auf den Weg zurück. Jedenfalls glaubten sie, dass es der Weg zurück war, denn ohne Stadtkarte glich ein Weg dem Anderen.

Immer weniger Menschen kreuzten ihren Weg, bis die Stege schließlich wie ausgestorben dalagen, nur von Laternen dämmrig erhellt.

Die Freundinnen irrten über die Stege. In dieser Dunkelheit glich mal wieder ein Haus dem anderen.

„Ich fühle mich wie in Hobbingen, da sah auch alles gleich aus", bemerkte Thalia. Econa brummte eine Zustimmung.

„Oh, hey, da ist Legolas wieder. Und Tauriel ist auch dabei. Wo die wohl hinrennen?" Econa sah zum gegenüberliegenden Steg, den die beiden Elben gerad entlang gehuscht waren.

Abrupt blieb Thalia stehen. „Na, zu den Zwergen natürlich. Bist du blöd? Wo hast du die zwei denn gerade gesehen?"

„Da drüben." Econa deutete auf die Straßenecke, um die die Elben verschwunden waren.

Thalia fluchte leise. „Die finden wir nie wieder. So ein Pech können aber auch nur wir haben."

Trotzdem wechselten die Freundinnen die Kanalseite und schlugen den Weg ein, den die Elben zuvor gewählt hatten. Dies bekamen sie nicht wieder zu Gesicht.

Dafür aber andere bekannte. Obwohl, von bekannten konnte man nicht reden, es waren eher Bekannte von Bekannten. Um es einfacher auszudrücken, die Orks waren wieder in der Stadt. Sie schlichen über Stege und kletterten über Dächer. Alle hielten auf ein Haus zu.

„Das wird dann wohl Bards Haus sein", murmelte Thalia.

Die Freundinnen hatten in einem dunklen Hauseingang Schutz gesucht, da sie fast von einem Ork entdeckt worden waren.

Econa nickte grimmig. Wie auch Thalia hielt sie den Dolch von Legolas umklammert, den sie ihm noch nicht wieder gegeben hatten. Beide waren zwar nicht darauf aus, diese wirklich hübschen Waffen auch zu benutzen, aber sie gaben ihnen ein wenig das Gefühl von Sicherheit.

Die Orks stürzten sich regelrecht auf das Haus. Dieses schien unter der Masse von ihnen regelrecht unterzugehen, dabei waren sie eigentlich nur wenige.

Die Zwerge und auch die Elben, die ihnen zur Hilfe eilten, schlugen sie jedoch erfolgreich zurück. Es wurde ruhiger um das Haus. Bis Legolas und Tauriel vor die Tür traten, sich stritten und der blonde Elb einfach davon lief.

Schneller als man seinen Namen hätte sagen können, stürmte Legolas an den Freundinnen vorbei. Diese überlegten gar nicht lange und rannten ihm hinterher. Warum wussten sie selbst nicht.

Der Elb bog um ein paar Ecken, bis er schließlich langsamer wurde und stehen blieb. Dabei rannte Thalia fast in ihn hinein und Econa konnte gerade so anhalten, bevor sie ihre Freundin umrannte und doch noch alle auf dem Boden landeten.

„Ihr schon wieder", bemerkte Legolas.

Thalia nickte. „Ja, wir schon wieder. Übrigens, du hast doch gestern erzählt, dass die Zwerge weg wären. Das war gar nicht so. Die sind erst heute abgehauen. Und rate mal wen sie liegen lassen haben!", rief sie erbost aus. Eigentlich wollte sie nur Legolas die Hölle heiß machen wegen seiner Fehlinformation, doch da sie sich auch über die Zwerge aufregte, scheiterte sie daran.

Econa nickte zustimmend mit finsterem Gesicht. „Das war echt irreführend. Wir haben schon an den Gesetzen der Physik und der Logik gezweifelt, weil plötzlich alles keinen Sinn mehr gemacht hat", fügte das braunhaarige Mädchen hinzu und rettete somit Thalias Strafpredigt.

Doch Legolas wirkte nicht sehr betroffen. „Physik?", fragte er nach.

„Ja, Physik", bestätigte Econa. „Diese Wissenschaft, die die meisten Schüler in ihrer Schulzeit quält, weil sie unheimlich kompliziert ist."

Thalia hob sie Hanf. „Eco, das ist nicht hilfreich. Wir haben hier bald die Hölle auf Erden, schon vergessen?", rief sie sich und ihrer Freundin in Erinnerung.

„Oh, ja, stimmt. Tschuldigung Legolas, mach weiter."

Legolas blickte noch verwirrter drein, was Econa zum grinsen brachte.

Thalia schüttelte den Kopf. „Elb, vergiss es einfach. Alles was wichtig ist, ist dass du ein Idiot bist."

Besagter Idiot schüttelte den Kopf. „Ihr solltet diese Stadt wirklich verlassen. Es ist gefährlich hier", wiederholte er sein Anliegen vom Vorabend.

„Schon klar, aber wie soll man denn eine Stadt verlassen, in der man sich dauernd verläuft? Wir haben bis jetzt noch keinen Ausgang gefunden."

Legolas seufzte und schien, mit sich zu ringen. „Kommt mit", sagte er schließlich. Dieses mal lief er in einem angemessenen Tempo los. Und wären nicht schon wieder Orks im Weg gewesen, hätten sie sogar tatsächlich die Stadt verlassen. Die Freundinnen hatten reichlich wenig Lust darauf, durch eine brennende Stadt zu hetzen, in der einem jederzeit ein Drache auf den Kopf spuken oder fallen könnte.

„Hey, war der nicht gestern schon da?", flüsterte Econa und deutete auf den Ork, der grinsend am Ende eines Steges stand.

„Aber natürlich." Thalia klatschte dich die Hand an die Stirn. „Das ist doch dieser Bolg-Typ. Der Sohn", fiel dem lilahaarigen Mädchen ein.

Legolas hörte den Beiden gar nicht zu. „Bleibt hier", sagte er leise zu ihnen und schob sie hinter einen Stapel Kisten. Econa wagte es zu bezweifeln, dass es schlau war, sich vor den Augen des Feindes zu verstecken, doch sie sagte nichts.

Das  Mädchen mit dem braunen Haar musterte stattdessen besagten Ork mit schief gelegtem Kopf. „Stimmt, der hat ja diese Metalldinger da in sich drinnen", bemerkte sie.

Thalia nickte zustimmend. „Und sein Gesichtsausdruck ist auch einmalig."

Die Freundinnen änderten ihre Sitzposition, um Orks und Elb besser im Blick zu haben.

Wieder prügelten sie sich. Vor allem der Kampf zwischen Bolg und Legolas dauerte lange und nicht selten donnerten sie sich gegenseitig gegen irgendwelche Pfosten oder Kisten oder was sonst noch so herumstand.

Irgendwann stieß der Ork den Elben von sich, direkt in die Arme seiner Begleiter und lief davon. Legolas entledigte sich der Beiden, wobei die Freundinnen lieber den Blick abwandten.

Erschöpft lehnte sich der Elb neben dem Freundinnen an die Hauswand.

„Du hast schon wieder Nasenbluten", bemerkte Econa besorgt. „Vielleicht solltest du dich das nächste mal nicht wieder gegen Pfosten donnern lassen", schlug sie vor.

„Oder du wirst alt", warf Thalia ein.

Legolas wischte sich nur wieder das Blut unter der Nase weg, das wirklich dezent geflossen war - es verdiente die Bezeichnung Nasenbluten gar nicht - und schaute für einen Moment wirklich unglücklich drein.

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