Kapitel 8

Wütend sah Jeff auf Liv hinab. ,,Ich habe jetzt jemand anderes los geschickt, um den Brief weg zu bringen. Kannst du mir mal erklären was das sollte?", fragte er angepisst. ,,Hast du Maggi mal gesehen. Wer auch immer das war, auf den solltest du wütend sein", erwiderte sie trocken und sah zu ihm hoch. ,,Das mit Maggi war ihre eigene Schuld. Sie wollte fliehen, da muss sie bestraft werden. Du kannst dir schon mal für später merken, dass eine Flucht zwecklos ist. Und jetzt hau ab, ich will dich heute nicht mehr sehen." Schnell stand sie auf und verließ den Laden. Was war nur mit denen schief gelaufen? Liv wusste einfach nicht wie sie das alles kapieren sollte und war deshalb fest entschlossen, ihren Freund zu fragen. Er muss irgendetwas wissen.
So schnell sie konnte rannte sie zu dem grauen Hochhaus. Heute erschienen ihr die Treppen länger als sonst, die sie hoch rannte um kurz darauf in der Wohnung zu stehen. Von Dustin war keine Spur und auch Lee war nicht da. Sie beschloss erst mal duschen zugehen und sich umzuziehen.
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Eine Stunde später saß sie auf der Couch im Wohnzimmer und guckte etwas Fernsehen. Sie hatte eine lockere Jogginghose an, die am linken Hosenbein einen Schriftzug hatte. Da es noch wärmer war hatte sie ein trägerloses weißes Top an und eine fette Goldkette. Die Kette von Dustin trug sie darunter. An ihren Füßen trug sie Nikes und an ihren Fingern hatte sie zwei Goldringe. Auf dem Kopf trug sie eine Snapback verkehrt herum und hatte ihre Haare über die Schulter gelegt. Liv liebte es diese Klamotten zu tragen. Anders gewohnt war sie es eh nicht, da in so einer Gegend fast jeder im 'Gangster Style' rum lief. Lustlos zappte sie durch die Programme und bleib schließlich bei den Tagesnachrichten hängen. Es wurde nur etwas von dem Präsident erzählt und dem Stromgewinn, der durch die Sonne gemacht wurde. in den letzten Tagen schien diese aber auch oft genug, fand Liv. Seufzend stellte sie den Fernseher wieder ab und stand auf. Ihre Beine trugen sie in die Küche, wo sie erst mal ein glas Wasser trank. Da entdeckte sie auch ihr Handy, welches auf der Theke lag. Jeff war irgendwann mal so gnädig gewesen und hatte dem Großteil seiner 'Arbeiter' ein Handy gekauft, damit sie anrufen konnten, wenn etas war. Benutzt hatte sie es kaum, da es so ein altes Schrotteil war. Kopfschüttelnd ging sie hoch in ihr Zimmer und schmiss sich auf´s Bett. Es war erst halb eins, wie Liv mit einem Blick auf die Uhr feststellte.

Während sie langsam in einen unruhigen Schlaf driftete diskutierte Dustin mit Marcell. ,,Tu ihr das nicht an", flehte Dustin und sah Marcell bittend an. ,,Wenn Jeff sie da unten haben will, dann kommt sie runter", erwiderte dieser kalt. ,,Das wird sie zerstören!", rief Dustin fassungslos. ,,Ich weiß, denn es hat bis jetzt alle zerstört. Sie wird Maggi´s Platz einnehmen und wenn sie irgendwann mal nicht mehr kann, wird jemand anderes ihren Platz einnehmen", erklärte Marcell und fixierte wieder die Monitore. ,,Was habt ihr mit Maggi gemacht?", flüsterte Dustin wütend und ballte seine Hände zu Fäusten. Sie war das einzige Mädchen was manchmal im Laden war und so kam es, dass auch er ihr mal über den Weg lief. Außerdem wusste er, dass sie Liv etwas bedeutete. ,,Dustin. Ich bitte dich, tu doch nicht so dämlich. Du weißt ganz genau was passiert", seufzte Marcell und fasste sich an die Schläfen. ,,Wenn ich nicht Liv hätte, wäre ich schon längst weg!", knurrte er. ,,Dann geh doch. Deine kleine Liv wird schon bald von der Bildfläche verschwinden. Sie kriegt dann nämlich eine andere Augabe. Andere Kunden", grinste Marcell fies und stand auf. ,,Also kannst du deine Sachen packen. Der Vertrag mit dir ist abgelaufen, also brauch dich Jeff nicht mehr und jetzt verschwinde. Kannst deine Freundin ja schon mal vorbereiten", zwinkerte Marcell und grinste pervers. ,,Weißt du was, ich werde jetzt auch zu ihr gehen, aber nur um sie zu holen. Denn wir werden verschwinden!" Er war fest entschlossen mit Liv abzuhauen, denn hier konnte er ihr kein gutes Leben bieten. ,,Versuch es doch", sagte Marcell abschätzend und sah ihn an, als wäre er nicht mehr wert, als der Dreck auf dem Fußboden. Sofort stürmte Dustin aus dem Laden und rannte los. Er musste zu ihr. Er musste sie retten.

Marcell lächelte boshaft, als er sein Handy raus holte und eine ganz bestimmte Nummer wählte. Mit den Augen verfolgte er dabei den Jungen, den er auf einen der Monitore sehen konnte. ,,Marcell, was kann ich für dich tun?", fragte jemand auf der anderen Seite. ,,Der Vertrag ist abgelaufen, außerdem hat er etwas dummes vor", sagte er kurz und legte wieder auf. Milo wusste sofort wen er meinte und was zu tun war.

Dustin konnte schon das graue Hochhaus sehen und musste unweigerlich lächeln. Er würde sie von hier wegbringen. Noch einmal legte er einen Zahn zu und sprintete durch die leere Gasse. Motorengeräusche waren zuhören. Ganz in der Nähe, doch Dustin blendete alles aus. Seine Gedanken kreisten nur um sie. Ihren Duft, ihre weichen Lippen und ihre wunderschönen Haare. So weich und schön. Doch am meisten freute er sich auf ihre Augen. Die ihn immer so sanft und liebevoll ansahen. Er war Hals über Kopf verliebt in dieses schöne Mädchen und er wollte nichts anderes, als sie zu schnappen und mit ihr ans andere Ende der Welt zureisen, damit sie in Sicherheit war. Es war ihm egal wie kitschig und schwul das klang. Er liebte sie und würde alles für sie tun. Das er schon in so jungen Jahren die Liebe seines Lebens fand war ein Segen und sie erwiderte diese Liebe auch noch. Etwas was sich jeder wünschte. Eine erwiderte Liebe. 

Die kaputte, alte Haustür rückte immer näher, aber mit ihr das Motorengeräusch. Plötzlich raste ein schwarzer Jeep mit getönten Scheiben aus der Nebenstraße, genau auf Dustin zu. Seine Beine überschlugen sich, sein Herzschlag setzte aus und sein letzter Gedanken galt Liv. Dem Mädchen mit den vielen Geheimnissen, dem Mädchen das er liebte. Es gab einen ohrenbetäubenden Knall und grässliches Knirschen, was Liv aufschrecken ließ. Schnell stolperte sie die Treppe runter und sah ihm Wohnzimmer aus dem Fenster. Etwas weiter entfernt waren Motorengeräusche zu hören, sonst war alles still. Liv atmete erleichtert aus, weil sie dachte er wäre passiert, als sie etwas af der Straße lagen sah. Ihre Augen weiteten sich und ihr Schrei blieb ihr in der Kehle stecken. Nein, nein!, schrie sie in Gedanken und riss die Wohnungstür auf. So schnell sie konnte rannte sie die ganzen Treppen runter und wischte sich immer wieder über das Gesicht um die Tränen weg zu machen. Unten angekommen  lief sie sofort auf die Straße. Je näher sie kam, desto langsamer wurde sie. Ein starker schluchzer brachte ihren Körper zum erbeben, als sie sah wer dort lag. Sie hatte richtig gesehen. Es war Dustin. Der Junge mit süßen Sommersprossen, der Junge den sie liebte. Ein Klageschrei entwich ihrer Kehle und sie brach vor ihm zusammen. Ununterbrochhen flossen Tränen über ihr Gesicht und sie konnte nicht anders als zu ihm hin zu kriechen und seine Hand zu greifen. Dabei ertönte ein leises Knacken, was sie erneut aufschreie ließ. Sein Kopf war blutüberströmt und seine Brust war platt gefahren. Sie war nicht dicker als ein Buch und schwarze Reifenabdrücke waren auf seinem T-Shirt zu erkennen. Seine Augen waren offen und sahen direkt in die von Liv. In ihnen lag ein unausgesprochener Wunsch und Schmerz. Dieser Schmerz schien sich auf Liv zu übertragen, denn sie brach erneut zusammen und weinte noch stärker. Ängstlich legte sie sich so dicht sie konnte neben ihn und klammerte sich an seine Hand. Er wurde ihr genommen. Der Junge den sie von ganzen Herzen liebte. Der Junge, der sie immer lächeln ließ. Er hatte ihr in der kurzen Zeit so viel geschenkt, so viel Liebe. Es zerbrach sie förmlich, dass er ihr genommen wurde. Sie hatte sich nicht verabschieden können. Nicht seine schönen Lippen berühren können und auch nicht in seine wundervollen braunen Augen sehen können. Heiß brannten die Tränen auf ihren Wangen und fanden ihren weg zum Boden. Sie brannten sich wie Feuer in ihre Haut und hinterließen überall tiefe Narben. Narben, die nun ihr gebrochenes Herz zierten.

Ein lauter Knall und ein darauf folgender Schrei ließen alle Anwesenden des Ladens zusammenzucken. Die meisten beschäftigten sich kurz darauf wieder mit ihrem eigenen Leben, doch Lee sah ängstlich zu Finn. Sie hatte ihm eben die Gegend gezeigt und saß jetzt mit ihm im Laden, um etwas zu trinken. ,,Lass uns lieber nachgucken", sagte sie und stand auf. ,,Ich dachte hier wäre so etwas normal und dass sich jeder um sich selbst kümmern muss?", fragte er. ,,Ja, aber irgendwo da draußen läuft meine Freundin rum die heute auch noch geburtstag hat. Ich habe ein mieses Gefühl", erwiderte sie. Er nickte zustimmend und verließ mit ihr den Laden. Gemeinsam schlenderten sie die Straße entlang, an dessen Ende ein schwarzer Jeep mit getönten Scheiben und Blut an der Frontscheibe, sowie an den Reifen stand. Bemerken taten sie ihn aber nicht. Zwar war Lee etwas nervös, doch mit Finn an ihrer Sete fühlte sie sich sicher. Sie bogen gerade in die Straße, die zu dem Hochhaus führte, ab, als Finn stehen blieb. ,,Was ist denn?", fragte sie. Er schluckte schwer und deutete mit dem Finger auf Dustin und Liv. Sie erkannten erst beim näher kommen, dass es die beiden waren und auch wie Dustin aussah. Lee schlug sich die Hände vor den Mund um nicht zu schreien, während Finn schon näher auf die beiden zu ging. ,,Liv, Dustin", flüsterte sie leise und wischte sich die Tränen weg. ,,Sie lebt noch!", rief Finn plötzlich. ,,Liv!", kreischte Lee beinahe panisch und bewegte sich endlich weiter vorwärts. Völlig fertig ließ sie sich neben Finn auf die Knie sinken und sah die beiden entgeistert an. Dustin konnte sie gar nicht beschreiben, so furchtbar fand sie es und ihre Freundin lag dicht an ihn gekuschelt und weinte stumm. Es war schrecklich sie so zu sehen. Sie hatte an ihrem eigenen geburtstag die Liebe ihres Lebens verloren. Lee wollte sich gar nicht vorstellen wie sich das anfühlen musste. ,,Liv. Bitte Liv, sieh mich an", flüsterte sie mit tränenerstickter Stimme und berührte sie sanft an der Schulter. ,,Er ist weg. Er ist weg...", kam es nur von Liv, der noch immer die Tränen über´s Gesicht liefen. ,,Ich bin bei dir. Ich bin für dich da", murmelte sie und musste sich selber auf die Lippe beißen um nicht zu schluchzen. ,,Ruf bitte George an", sagte sie traurig und reichte Finn ihr Handy. Dieser nickte und lächelte sie schwach an. Lee wand sich wieder zu Liv und streichelte sanft über ihre Schulter. ,,Es wird alles gut", sagte sie um einfach irgendwas zu sagen. ,,Da-das habe ich auch ge-gesagt...", flüsterte Liv und gab einen gequälten Laut von sich. ,,George ist auf dem Weg", sagte plötzlich Finn. ,,Ich will spüren das er lebt, Lee", sagte Liv und setzte sich mühsam auf. In ihrer linken Hand hielt sie dennoch seine Hand. ,,Mach das er wieder warm wird!", schrie sie. ,,Ich will seine lebenden Augen sehen. Ich will, dass er lebt!", schrie sie und heulte noch mehr, wenn das überhaupt möglich war. Lee zuckte zusammen und spürte wie ihr erneut die Tränen kamen. ,,Mach-", Liv´s Stimme brach kurz ab und sie schnappte nach Luft. ,,Mach, dass er lebt. Bitte Lee, mach, dass er lebt. Er muss leben", schluchzte sie und schrie  auf. Ängstlich krabbelte Lee neben sie und nahm sie in den Arm. Sie wusste nicht was sie sonst machen sollte, da Liv sonst hyperventiliert wäre. Anfangs wehrte sie sich und versuchte Lee von sich zudrücken, doch dann gab sie auf und heulte hemmungslos in ihren Armen. ,,Mach, dass er lebt", hörte sie ihre Freundin erneut flüstern. ,,Es tut mir so leid, Liv. Es tut mir leid", flüsterte Lee zurück und drückte sie noch fester an sich. Es war komplett still, nur Liv´s Schluchzer waren zu hören. Lee wusste natürlich, dass es für Dustin zu spät war. Keiner hätte ihm mehr helfen können und doch hoffte sie, dass er wieder atmete und sagte es sei ein Scherz. Allein schon damit ihre Freundin nicht komplett zuammen brach. ,,Es tut so weh, Lee. Mein Herz tut so weh", schluchzte Liv weiter und krallte sich in Lee´s T-Shirt. Doch mit der einen Hand hielt sie immer noch die von Dustin. Sein Körper war inzwischen kalt und verfiel in eine Starre. ,,Ich... ich muss ihn noch einmal sehen", flüsterte Liv und entfernte sich von Lee. Diese nickte traurig und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Liv wand sich Dustin zu und musste erneut schluchzen. Als sie ihn so sah, war es anders als beim ersten mal. Diesesmal waren seine Augen leer. Dort lag kein Schmerz, gar nichts. ,,Ich liebe dich", flüsterte sie unter all den Tränen und schloss seine Augen. Sanft faltete sie seine Hände auf seiner nicht vorhandenen Brust, ehe sie sich wieder in Lee´s Arme warf. ,,Was ist los?", fagte plötzlich George. Er sah nur Finn, der inzwischen wieder stand und die beiden Mädchen die weinend auf dem Boden knieten und sich in den Armen hielten. Lee sah ihn aus brennenden Augen an und schüttelte kaum merklich den Kopf. Liv hatte nichtmal bemerkt, dass George und drei andere Männer hier waren. Die Anderen waren keine anderen als Marcell, Jeff und Milo. Sie wussten was passiert war und hatten ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen. George kam näher und stockte, als er Dustin sah. Augenblicklich fuhr er herum und stellte sich vor Jeff. ,,War das wirklich nötig?", zischte er leise. Doch Lee und Finn hatten es gehört und sahen ihn verwirrt an. Auch Liv schien zu bemerken, dass noch Andere hier waren und versuchte ihre Schluchzer zu unterdrücken, damit sie zuhören konnte. Sie wollte wissen wer das Dustin angetan hatte, damit sie diesen eigenhändig töten konnte. ,,War das wirklich nötig?", fragte George dieses mal lauter. ,,Ja", antworteten alle drei gleichzeitig und Marcell zeigte auf Liv. ,,Sie wird jetzt mitkommen. Wir brauchen jemand neues für Maggi", sagte er kalt. Liv sah fassungslos zwischen den dreien hin und her. Sie haben Dustin getötet. Sie haben Maggi getötet. Sie haben Dustin getötet. Sie haben Maggi getötet. Sie haben Dustin und Maggi getötet. Dustin....

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